19.55

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wurde gefragt, wieso eigentlich Herr Kocher und nicht Herr Brunner auf der Regierungsbank sitzt. Das ist relativ einfach: Herr Brunner weilt, glaube ich, in Armenien, und Herr Kocher ist heute Finanzminister. Er ist auch Wirtschaftsminister. (Abg. Totter: Der Herr Kocher ist ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Er hat sich auch als OeNB-Präsident beworben – Entschuldigung, als Gouver­neur natürlich, als OeNB-Gouverneur. (In Richtung Bundesminister Kocher:) Da werden Sie ja bald ein Vorstellungsgespräch bei Herrn Mahrer haben. Herr Mahrer ist der Präsident der OeNB, aber gleichzeitig auch der Präsident der WKO. Da stellt sich natürlich die Frage, in welcher Eigenschaft Sie dann eigentlich mit ihm reden, weil Sie sich einerseits beim OeNB-Mahrer bewerben, andererseits haben Sie aber die Rechtsaufsicht über den WKO-Mahrer. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jetzt nur eine Frage: Wo findet denn eigentlich das Bewerbungsgespräch statt? (Ruf bei der ÖVP: Zur Tagesordnung! – Abg. Schmuckenschlager: Zur Sache! – Weitere Rufe bei der ÖVP: Herr Präsident, zur Sache!) Das findet in der WKO statt. Also das wird für Sie sehr schwierig sein, zu wissen, welchen Hut Sie aufhaben. (Ruf bei der ÖVP: Was hat das mit der Tagesordnung zu tun? Hör auf, dir da solche Sorgen zu machen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ehrlich gesagt, ich verstehe es nicht ganz, ich verstehe es wirklich nicht. (Rufe bei der ÖVP: Eh klar, dass du es nicht verstehst! ... wenn man nicht so gescheit ist wie der Minister!) Es ist total okay, dass Sie sich bewerben. Es ist total okay, dass Sie sich als Gouverneur bewerben, aber dann – bitte – müssen Sie eigentlich Ihr Minis­teramt zurücklegen (Widerspruch bei der ÖVP), nämlich auch aus dem Grund, weil Sie dann selber darüber abstimmen, ob Sie das werden oder jemand anderer. (Ruf bei der ÖVP: Wenn man es nicht versteht, dann sollte man es sich erklären lassen!) Das ist eine klassische Unvereinbarkeit, wenn man selber wählt, ob man eine Funktion bekommt oder nicht. – Ehrlich gesagt, ich verstehe das einfach nicht. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Doppelbauer. – Widerspruch bei der ÖVP.)

Ich komme für die ÖVP aber gern zur Sache. Wir reden hier über ein Wohnbau­paket, das die Länder umsetzen sollen. Man muss dazusagen: Das ist jetzt, glaube ich, 33 Tage in Kraft – 35 Tage, so circa – und ist schon wieder in der Reparaturwerkstatt. Wir müssen also jetzt ein Gesetz reparieren, das nicht einmal zwei Monate alt ist. (Abg. Kollross: ... Reparaturbonus!)

Man merkt, wie hervorragend diese Regierung arbeitet. Stellen Sie sich vor, Sie kaufen einen Neuwagen und nach einem Monat muss er schon das erste Mal in die Werkstatt! (Zwischenruf der Abg. Tomaselli.) Ich sage Ihnen, er wird noch einmal in die Werkstatt müssen, weil Sie mit den Ländern noch immer nicht vernünftig gesprochen haben, wie das umgesetzt werden soll. Sie können es in den „Salzburger Nachrichten“ lesen, Sie können es überall lesen, dass die Wohnbaureferenten der Länder sagen: Dieses Gesetz funktioniert nicht!

Sie reparieren jetzt wieder nur einen Teil. Ich weiß es nicht, Sie sind ja für den Reparaturbonus zuständig: Kriegen die Abgeordneten vielleicht einen Reparaturbonus oder so, wenn wir da permanent die Gesetze reparieren? (Heiterkeit des Abg. Schroll.)

Wenn wir gerade über den Reparaturbonus reden, das gehört ja auch zu den Dingen, die man nicht versteht: Den Reparaturbonus genauso wie das Supersparbuch bei der Oebfa bekommt man ausschließlich digital und das Supersparbuch überhaupt nur über die ID Austria. Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher haben keinen Zugang dazu – das ist ein staatliches Programm, eine staatliche Förderung –, und ein Drittel hat keinen Zugang zum Reparaturbonus. Wir haben schon öfters gesagt: Bitte, es muss doch auch einen Weg geben, wie man den Reparaturbonus nicht über ein Smartphone oder übers Internet beantragt, sondern den muss doch auch jeder bekommen, der kein Handy hat oder das nicht gut bedienen kann! – Wir reden da über ein Drittel der Bevölkerung.

Wir reden da vor allem von der älteren Generation. Das können viele sehr gut, aber manche halt auch nicht, und das kann doch nicht sein, dass die von derartigen Leistungen ausgeschlossen werden. Deswegen bringen wir einen Antrag ein, dass das eben ermöglicht werden soll, damit nicht ein Drittel oder zwei Drittel der Bevölkerung von derartigen Leistungen ausgeschlossen werden.

Deswegen darf ich jetzt folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Recht auf analoges Leben“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung – insbesondere der Bundesminister für Finanzen sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit –“, das sind zwei Personen, heute eine, „wird aufgefordert, in den Richtlinien zum Handwerkerbonus sowie dem Zugang zum Bundesschatz sowie bei allen anderen Amtswegen, die aktuell nur über die ID Austria oder digital zugänglich sind, sicherzustellen, dass Personen, die über kein Smart-Phone bzw. Internetzugang verfügen, auch Zugang zu diesen erhalten. Dies sollte entweder über einen Antrag auf der Gemeinde – unter entsprechend personeller Bedeckung durch den Bund –“ , der verursacht das ja auch, „sichergestellt werden, oder durch die Möglichkeit, den Handwer­kerbonus direkt auf der Rechnung abzuziehen und vom ausführenden Betrieb abrechnen zu lassen.“

*****

Es geht einfach darum: Hören Sie auf, die ältere Generation zu diskriminieren! Diese muss genauso wie alle anderen in diesem Land einen Zugang zum Handwerkerbonus und zu anderen Leistungen des Staates haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.00

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

betreffend Recht auf analoges Leben

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 4014/A der Abgeordneten Peter Haubner, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanz­ausgleichsgesetz 2024 geändert wird (2544 d.B.) (Top 10)

Der Handwerkerbonus dient der Unterstützung der schwachen Baukonjunktur und der Sicherung der Beschäftigung. Natürlich hat das Instrument Schwächen, wie etwa einige Mitnahmeeffekte, die zu erwarten sind. Auf der anderen Seite wird Schwarz­arbeit bekämpft und Baukosten bzw. Sanierungsarbeiten werden für die Betroffenen in Zeiten der Rekordteuerung leichter erschwinglich.

Die Initiative ist grundsätzlich unterstützenswert. Es ist jedoch absolut inakzeptabel, wie die Abwicklung des Bonus über die Richtlinie gestaltet werden soll. Es soll vorgesehen werden, dass der Handwerkerbonus ausschließlich online zu beantragen ist - entweder über die ID-Austria oder über das Hochladen eines Lichtbildausweises.

Wir wissen, dass viele - insbesondere ältere - Personen über diese technischen Möglichkeiten heute nicht verfügen. 2,5 Mio. Menschen nutzen derzeit die ID-Austria. Das sind nur knapp 1/3 aller Menschen (Personen über 14 Jahre). 2/3 benutzen die ID-Austria derzeit nicht. Man kann davon ausgehen, dass unter diesen Bedingungen 80 bis 90 % der älteren Menschen nicht ohne Hilfe von Kindern und Enkelkindern auf die staatliche Förderung zugreifen können.

Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit von moderner Verwaltung: Es ist respektlos Förderprogramme - insbesondere, wenn sie für einen sehr breiten Adressat:innenkreis konzipiert werden - so aufzusetzen, dass erhebliche Teile der Gesellschaft davon ausgeschlossen werden. Insgesamt sind alle Amtswege so zu gestalten, dass Bürger:innen auch analog Dienstleistungen der Gesellschaft abrufen können!

Es geht um die Absicherung des Zugangs von Menschen, die kein Smartphone besitzen oder keinen Zugang zum Internet haben, beziehungsweise alleine die ID Austria nicht bedienen können, was insbesondere für ältere Menschen schwierig sein kann. Die jetzt gewählte Vorgangsweise zur Beantragung ist also eine eklatante Diskriminierung älterer Menschen, die verhindert werden muss. Gemeindebund­präsident Johannes Pressl (ÖVP) hat dazu, dem Vorschlag der SPÖ folgend, aufhorchen lassen, den Zugang auch über die Gemeindeämter möglich zu machen.

Dieselbe Problematik findet sich auch beim Zugang zum Bundesschatz, dem Sparprodukt des Bundes, der ebenso nur über die ID Austria zugänglich gemacht werden soll und damit 2/3 der Menschen in Österreich ausschließt. Zur Anlage finanzieller Mittel im Bundesschatz schreibt die Österreichische Bundesfinanzie­rungsagentur (OeBFA) auf ihrer Seite dazu folgendes:

Dabei hat dieses Vorgehen System, wie die Regelungen bei der Förderung zum Heizungstausch oder auch zum Reparaturbonus nahelegen, wie auch von Senior:innenvertreter:innen kritisiert wurde. Insofern ist davon auszugehen, dass es sich bei der erneuten Einschränkung bei der Beantragung für den Handwerkerbonus und den Bundesschatz vor allem um eine Maßnahme handelt, um die ID Austria zu jenem Erfolg zu machen, der politisch von der Bundesregierung gewünscht ist, sich aber wegen mangelhafter politischer Umsetzung nicht durchgesetzt hat.  Das passiert auf dem Rücken vorwiegend älterer Menschen, die das System jahrelang am Laufen gehalten haben. Das ist nicht hinzunehmen.

Zudem haben die Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne im Bundesrat – im Angesicht der eklatanten Schwächen ihres Gesetzesvorschlags – einen Entschließungsantrag an ihre eigene Bundesregierung gerichtet, in dem sie darum ersuchen, „[…] Lösungs­möglichkeiten im Zusammenhang mit der Beantragung von diversen Förderungen, aber z.B. auch für Online-Geldanlageprodukte des Bundes, zu prüfen […]“. Das ist Beweis genug, dass das beschlossene Gesetz lückenhaft ist und somit nicht in unveränderter Form beibehalten werden kann.

Zur sofortigen Behebung dieser Lücken ist eine Abwicklung über die Gemeinden ein sinnvoller Schritt! Die Gemeinden dürfen mit dieser zusätzlichen Aufgabe keinesfalls alleine gelassen werden. Deshalb soll der Bund zum Beispiel auch unter Zuhilfenahme von Beschäftigungsprojekten für eine personelle Bedeckung zu sorgen. Das wäre Politik mit Herz und Hirn.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung – insbesondere der Bundesminister für Finanzen sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit – wird aufgefordert, in den Richtlinien zum Handwerkerbonus sowie dem Zugang zum Bundesschatz sowie bei allen anderen Amtswegen, die aktuell nur über die ID Austria oder digital zugänglich sind, sicher­zustellen, dass Personen, die über kein Smart-Phone bzw. Internetzugang verfügen, auch Zugang zu diesen erhalten. Dies sollte entweder über einen Antrag auf der Gemeinde - unter entsprechend personeller Bedeckung durch den Bund – sicherge­stellt werden oder durch die Möglichkeit, den Handwerkerbonus direkt auf der Rechnung abzuziehen und vom ausführenden Betrieb abrechnen zu lassen."

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Mag. Nina Tomaselli. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.