Bundesrat Stenographisches Protokoll 627. Sitzung / Seite 31

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Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Nein, das kann und darf man nicht vermischen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Ein Aspekt ist allerdings interessant. In dem Vertrag, der in der Regierungskonferenz beschlossen wird, ist klar verzeichnet, daß sich die Europäische Union das schrittweise Einbeziehen der Westeuropäischen Union vorbehält. Das ist ein Textteil, der bereits außer Streit steht; er steht übrigens auch innerösterreichisch außer Streit. Wenn das so ist, dann ist bereits in diesem Vertrag zugrunde gelegt, daß es irgendwann zum Verschmelzen der Sicherheitsstruktur – der Westeuropäischen Union – mit der politischen Struktur – der Europäischen Union – kommen wird. Ebenso klar ist, daß eine Vollmitgliedschaft oder eine Verschmelzung innerhalb der Westeuropäischen Union nur möglich ist, wenn es eine deckungsgleiche Mitgliedschaft in der NATO gibt.

Daher kann man zwar darüber diskutieren, wann etwas richtig ist und ob der Zeitpunkt dafür gekommen ist, aber ich plädiere dafür, folgendes zu beachten: Man schließt eine Feuerversicherung nicht ab, wenn das Haus brennt oder wenn die Zündler schon unterwegs sind, sondern vielmehr in sicheren Zeiten. Dann ist es – nebenbei bemerkt – auch am billigsten.

Daher sollte man ehrlich sagen: Das eine hat mit dem anderen nicht notwendigerweise jetzt etwas zu tun. Ein Fernbleiben würde nicht unsere Mitgliedschaft in der EU gefährden. Aber es würde uns Mitwirkungsmöglichkeiten nehmen, die meiner Einschätzung nach nicht unwichtig sind.

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gelangen zum Aufruf der 14. Anfrage, 760/M, des Herrn Bundesrates Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich) an den Herrn Vizekanzler und Außenminister. Ich bitte Herrn Bundesrat Ferdinand Gstöttner höflich um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner: Herr Vizekanzler! Meine Frage lautet:

760/M-BR/97

Wie beurteilen Sie nach dem Sturz von Staatspräsident Mobutu die Chancen für den Prozeß der Demokratisierung im ehemaligen Zaire, jetzt Demokratische Republik Kongo?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Bundesrat! Ehrlich gesagt sehe ich mich ein wenig veranlaßt zu passen, weil die Frage derzeit sehr schwer zu beantworten ist.

Über die Qualität des alten Regimes brauchen wir nicht lange zu diskutieren. Wir wissen, wohin es geführt hat. Wir haben gesehen, was alles an Ausplünderungen, Geldverlagerungen und dergleichen mehr geschehen ist. Ob die neuen Machthaber – mit Kabila an der Spitze – alles völlig anders und vor allem besser machen werden, wage ich heute nicht zu sagen.

Von Europa aus sollten wir mit einer Stimme sprechen und sagen: Freunde, wir werden euch daran messen, wie ihr es mit den Menschenrechten haltet, mit der Behandlung von Bevölkerungsgruppen und Stämmen, die nicht der Stammeskoalition angehören, die jetzt die Macht übernommen hat. Wir werden euch auch daran messen, ob ihr wirklich die für 1999 angekündigten Wahlen durchführt.

Es ist zunächst einmal ermutigend, daß es diesen Zeitplan für Wahlen gibt. Ermutigend ist auch, daß innerhalb von 60 Tagen eine verfassunggebende Versammlung einberufen werden soll. Jedoch sind auf der anderen Seite auch negative Elemente zu vermerken. Daß die Posten des Vizepräsidenten und des Premierministers gestrichen wurden und daß der neue Machthaber, Präsident Kabila, gleich auch den Posten des Verteidigungsministers mit übernommen hat, führt zu einer unglaublichen Machtzusammenballung in der Hand einer Person.


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