10.50

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sie bei dieser Sitzung zusehen, hier im Saal oder auch von zu Hause aus! Vorerst herzlichen Dank, Herr Bundeskanzler, lieber Alexander Schallenberg, dafür, dass du in dieser Zeit diese Funktion wieder übernommen hast und damit auch Verantwortung für dieses Land übernimmst, uns Stabilität und Sicherheit gibst. Vielen Dank auch für die Worte in deiner Regierungserklärung, die viel mehr waren als die Erfüllung einer Usance, und in diesen Dank schließe ich ganz ausdrücklich auch Karl Nehammer ein. Es wäre gut gewesen, wenn vieles, das jetzt über ihn gesagt wird, die vielen anerkennenden und lobenden Worte, vor seinem Rückzug aus der Politik gesagt worden wären. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage es auch ganz offen: Dass es heute eine Regierungserklärung gibt, hätte ich nach den letzten Wochen und Monaten fast erwartet. Dass sie von dir, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, hier abgegeben wird, haben wir so nicht erwartet, weil der Grund für diese Regierungserklärung eben die Verhandlungen und der Verlauf der Verhandlungen über eine Dreierkoalition gewesen sind. 

Ich sage hier auch ganz deutlich: Ich war Teil dieses Verhandlungsteams. Ich habe ganz viele Verhandlungen selbst geführt, und ich hätte sie sehr gerne zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht. Ich bedanke mich sehr, sehr herzlich bei den NEOS, die in all diesen Verhandlungen ein konstruktiver Partner gewesen sind, und ausdrücklich auch bei Teilen der SPÖ. Ich sage das hier ganz offen: Es ist ja vieles auch gut verhandelt worden. Dass sie letztlich dann gescheitert sind, lag nicht an Hintergrundgesprächen mit der FPÖ, lieber Philip Kucher, und du weißt genau, dass es diese Hintergrundgespräche nie gegeben hat. (Abg. Krainer [SPÖ]: Was sagt der Herr Knill? Abg. Wöginger [ÖVP]: Und wer ist der? Wo gehört der hin? Der gehört nicht zu uns! Abg. Kogler [Grüne]: Das ist ein Grüner!)

Ich nehme ja gerne zur Kenntnis, sehr geehrter Abgeordneter Krainer, dass alle jetzt über diese Verhandlungen reden, die nie dabei waren. Das habe ich bei Ihnen gesehen, und das machen auch andere. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist aber einfach so, dass es diese Gespräche nicht gegeben hat. Und ich sage auch dazu: Dass die Verhandlungen gescheitert sind, lieber Herr Klubobmann der SPÖ – so wollen Sie angesprochen werden –, das haben Sie sich auf Ihre Fahnen zu schreiben. (Abg. Babler [SPÖ]: Budgetgruppe, gell? Abg. Schroll [SPÖ]: Das nimmt euch ja keiner mehr ab!)

Ich sage Ihnen auch: Aller Kritik an meiner Person, allen Vorwürfen, die ich natürlich auch höre und denen ich mich stelle (Abg. Krainer [SPÖ]: Das glaubst du ja selber nicht! Ich dachte, es geht um Ehrlichkeit! – Abg. Wöginger [ÖVP]: Die habt ihr nicht!), allem, was hier ins Treffen geführt wird, dem allen stelle ich mich gerne, aber ich würde erwarten, dass auch Sie sich Ihrer Verantwortung für das Scheitern dieser Gespräche stellen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Babler [SPÖ]: Genau, in der Budgetgruppe, gell?)

Das, was Sie hier gesagt haben, war aus meiner Sicht in gewisser Weise auch eine Demaskierung. Wir haben erlebt, dass das Ausspielen der Konzerne, der Banken gegen jene, die es in der Krise schwer hatten, die Methode ist, wie die SPÖ die Zukunft dieses Landes gestalten will. Wir sehen es als nicht erfolgversprechend an, dass mit einem Klassenkampf der Vergangenheit eine Debatte über Umverteilung geführt wird, die in dieser Republik nicht unser großes Problem ist. Schauen Sie sich unsere Umverteilung an: Wir haben da für den Sozialstaat vieles erreicht. Das ist nicht unser erstes Problem. Mit Klassenkampf und Umverteilung werden wir die Probleme des 21. Jahrhunderts nicht lösen und den Herausforderungen dieser Zeit nicht begegnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Und ich frage Sie angesichts dieses Kampfes gegen Konzerne, weil die Gewinne unmoralisch sind, dieses Kampfes gegen Banken, weil alle als Krisengewinnler von Ihnen bezeichnet werden (Rufe bei der SPÖ: Stimmt ja auch!): Wer wird denn in Zukunft die Arbeitsplätze für all jene zur Verfügung stellen, die Arbeit brauchen? (Abg. Krainer [SPÖ]: Na die Banken ganz sicher!) Wer wird unsere Wirtschaft denn tragen? Und: Wer wird unsere Wirtschaft und unser wirtschaftliches Leben finanzieren, wenn nicht auch Konzerne, wenn nicht Banken? (Abg. Silvan [SPÖ]: Die habt ihr schon einmal gerettet mit Steuergeldern!)

Was bedeutet denn diese vereinfachte Darstellung: Die sollen zahlen und wir verteilen es wieder um!? Was bedeutet denn das? Wenn heute Unternehmertum mit keinem Gewinn mehr verbunden sein darf, ja wer soll denn das Risiko tragen, wer soll Arbeitsplätze schaffen und für andere Arbeit zur Verfügung stellen? Wer macht denn das? (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scherak [NEOS].) Machen Sie das dann als SPÖ oder als Staat? Wie soll denn das funktionieren?

Ich sage Ihnen auch ganz offen: Banken finanzieren dieses System, und wenn Sie die Banken besteuern und über Gebühr in Anspruch nehmen, was wird denn das Ergebnis sein? – Die Finanzierung der Konzerne, die Sie hier immer in den Mund nehmen, wird im Ausland erfolgen, aber die Häuslbauer werden sich nach wie vor bei der Hausbank finanzieren, und dort wird es teurer werden.

Wenn man die Dinge, die Sie so gerne für sich in Anspruch nehmen, zu Ende denkt, dann muss doch auch die Sozialdemokratie und müssen vor allem Sie persönlich erkennen, dass wir längst weiter sind, als Sie es die Menschen glauben machen wollen. Wirtschaft und Arbeit gehören zusammen (Abg. Babler [SPÖ]: Danke, Herr Pierer!), Gewinne und Einkommen gehören zusammen und lassen sich nicht auseinanderdividieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Wohlstand, Aufstieg, Bildung und Soziales erhalten werden sollen, brauchen Sie eine Wirtschaftsstruktur, die das auch leisten kann, und wer das alles infrage stellt, hat einfach nicht verstanden, worum es jetzt in dieser Situation in diesem Land geht. (Abg. Krainer [SPÖ]: Ja, der Pensionist und der Arbeitnehmer soll für eure Fehler zahlen, aber die Banken dürfen ja keinen Beitrag leisten!)

In welchem Umfeld stellen wir uns mit der kommenden Regierung den Herausforderungen in Europa und in der Welt? – Wir alle haben die Entwicklungen in den USA verfolgt, und ich sage ganz offen, beruhigend sind sie nicht. (Ruf bei den Grünen: Und Ihr neuer Koalitionspartner sagt, genau dort müssen wir hin!) Wir alle erleben, dass China immer stärker die Wirtschaft der Welt dominiert. Wir sehen, dass die Brics-Staaten sich zusammenfinden, um ein Gegengewicht zu anderen Wirtschaftssystemen zu bilden. Wir sehen auch, dass die Bedrohung unserer freien westlichen Welt und auch Europas durch Russland gegeben ist (Abg. Krainer [SPÖ]: Der Wegbereiter des Trumpismus in Österreich!), und wer Russland nicht als Bedrohung versteht, versteht auch nicht, welche Herausforderungen wir in Zukunft zu bewältigen haben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Wenn wir das alles sehen, dann heißt die Lösung Kooperation und Zusammenarbeit; das heißt, in der Welt Freunde und Bündnispartner zu finden (Abg. Disoski [Grüne]: Russland, oder?), und das heißt, in der Europäischen Union ein verlässlicher Partner zu bleiben.

Europa hat für viele Staaten Grundlagen dafür geschaffen, wie sie ihr Staatswesen organisiert haben. Vieles, was sich in Verfassungen findet, vieles, was sich in Rechtsstaaten findet, kommt aus europäischen Ideen. Im Wirtschaftsbereich ist es ähnlich: Vieles, was die Welt weitergebracht hat, wurde in Europa erfunden und entwickelt. 

Wenn wir aber nur zurückblicken und uns auf dem ausruhen wollen, was wir erreicht haben, dann werden wir den zukünftigen Wettbewerb verlieren. Daher gilt es, den Blick nach vorne zu richten, in die Zukunft zu richten, denn: Nur wer auch wirtschaftlich stark ist, nur wer auch bereit ist, für seine eigene Sicherheit im Inneren wie im Äußeren zu sorgen und einen Beitrag zu leisten, und nur wer solidarisch in der Gemeinschaft im Inland und im Ausland ist, der wird auch in Zukunft ein starker Partner und erfolgreich sein. Das gilt international, das gilt aber vor allem auch national.

Dafür, meine sehr geehrten Damen und Herren, verhandelt die Österreichische Volkspartei, dafür verhandle auch ich ganz persönlich. Ich habe diesen Schritt getan, weil ich ihn für notwendig erachte; ich hoffe, dass er richtig war – das werden die Verhandlungen zeigen –, denn wir verhandeln für Österreich und die Menschen in diesem Land. (Beifall bei der ÖVP.)

11.00

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Herr. Eingemeldete Redezeit: 4 Minuten.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.