RN/17
10.33
Abgeordneter Klaus Seltenheim (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ich darf vielleicht ad hoc noch Kollegen Hafenecker antworten: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Wir alle sind ja Zeitzeugen dieser historischen Chats gewesen, in denen auch der ehemalige Parteivorsitzende Strache versucht hat, den ORF aufzuteilen. Wir sind auch Zeugen geworden, als Ihr Parteivorsitzender nicht einmal mehr wusste, wie viel zusätzliches Geld er verdient (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ach, waren Sie dabei? Hat die SPÖ das Video finanziert?), dass er einen flotten Zehner mitverdient. Also da sollte man wirklich die Kirche im Dorf lassen. (Beifall bei der SPÖ.)
Der ORF ist Teil der österreichischen Identität. Egal ob jemand narrisch wird, weil Hans Krankl Fußballgeschichte schreibt oder weil uns jemand den Song Contest gewinnt, der ORF liefert jene Momente, die sich ins nationale Gedächtnis einprägen, zu uns nach Hause ins Wohnzimmer. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wer schaut sich den Song Contest an, bitte?) Nicht nur, aber auch deshalb bin ich froh, dass wir heute über die Gremienreform reden, die von der Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS auf den Weg gebracht wird.
Hätten wir heute einen blauen Kanzler, wäre die Welt schon eine andere – davon bin ich überzeugt. Zu viel haben wir von FPÖ-Politiker:innen gehört und gelesen, was sie mit dem ORF, mit Zeitungen und dem Privatfernsehen – kurz gesagt mit dem gesamten Medienstandort Österreich – vorgehabt hätten. Heute ginge es nicht um die Weiterentwicklung des ORF, sondern heute wären wir damit konfrontiert, dass es den ORF gar nicht mehr geben würde.
Der ORF ist für den Medienstandort Österreich ganz besonders wichtig. Er ist ein Grundpfeiler der journalistischen Qualität, der kulturellen Vielfalt und der demokratischen Kontrolle in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.)
Deswegen wird seine Unabhängigkeit gestärkt, und dem Publikum werden mehr Möglichkeiten gegeben, sich einzubringen. Heute setzen wir die ersten wesentlichen Schritte dieses Weges: die ORF-Gremienreform. Was bedeutet das konkret? – In Zukunft wird die Bundesregierung nur noch sechs statt bisher neun Personen in den Stiftungsrat entsenden. Der Publikumsrat wird aufgewertet: Statt sechs Vertreter:innen sind in Zukunft neun im Stiftungsrat. Das bedeutet mehr Einfluss für das Publikum. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl [FPÖ]: Fürs Publikum! – Heiterkeit des Abg. Kickl [FPÖ]. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Deswegen sitzt ja die Sozialversicherung drin! – Abg. Kickl [FPÖ]: Ich fürchte, der glaubt das wirklich!)
Außerdem bedeutet ein Regierungswechsel künftig nicht mehr automatisch das Austauschen von Mitgliedern in den Gremien. Damit machen wir den ORF strukturell unabhängiger und widerstandsfähiger gegen parteipolitische Eingriffe.
Gleichzeitig sorgen wir auch für finanzielle Planbarkeit: Der ORF-Beitrag bleibt bis 2029 unverändert. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wow!) In Zeiten, in denen alle sparen müssen, ist es, glaube ich, auch opportun, dass große öffentliche Institutionen ihren Beitrag dazu leisten. (Abg. Kickl [FPÖ]: Werden die Gehälter auch eingefroren?) Das ist verantwortungsvolle Politik. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir handeln rechtzeitig: Heute wird diese Reform im Plenum beschlossen, fristgerecht, dem Erkenntnis des VfGH aus dem Jahr 2023 folgend.
Zweifellos waren die ersten zwei Monate dieses Jahres innenpolitisch durchaus turbulent. Die Österreicherinnen und Österreicher wurden Zeug:innen davon, wie überfordert die FPÖ ist, wenn sie Verantwortung in diesem Land übernehmen soll und – so muss man deutlich sagen – an sich selbst scheitert.
Apropos an sich selbst scheitern, da muss man noch kurz etwas einschieben: Die FPÖ Niederösterreich hat gestern in der Causa Wirtshausbriefe der „Tagespresse“ überhaupt den Vogel abgeschossen. Da zieht die FPÖ Niederösterreich vor Gericht, bekommt recht, liest dann aber einfach das Urteil nicht sinnerfassend und schenkt der „Tagespresse“ somit 62 000 Euro. (Beifall bei SPÖ und NEOS. – Abg. Stefan [FPÖ]: Aber geh, wir können Urteile lesen!)
Liebe Kameraden von der FPÖ, hättet ihr doch gleich gesagt, dass Slogans wie „Deutsch statt ‚nix verstehen‘“ an euch selbst gerichtet sind, hätten wir uns alle viele Diskussionen erspart! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ich weiß, Sie sind Experten bei Schrebergartenkaufverträgen! – Abg. Kassegger [FPÖ]: Zum Glück bist du so ein Gescheiter! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Unser Schrebergarten für unsere Leut’!)
Aber zurück zum Thema: Wir haben uns alle ein Bild machen können, wohin die FPÖ mit dem Arbeitspensum von einer halben Stunde Verhandlungen pro Tag die Medienlandschaft und die Demokratie in diesem Land führen wollte. Am besten beschreibt das ein Zitat aus dem offenen Brief der österreichischen Chefredakteur:innen, die vor einer Regierungsbeteiligung der FPÖ gewarnt haben: „Die Freiheit der Medien ist die Freiheit aller“. – Deshalb bin ich froh, dass die nun seit wenigen Wochen im Amt befindliche Bundesregierung Österreich mit ruhiger Hand wieder auf Kurs bringen wird (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Der kann nicht einmal eine freie Rede halten! Freie Rede, freie Rede!), egal ob es den Budgetpfad, den Mietpreisstopp oder eben eine Medienpolitik, die die so wichtige vierte Säule der Demokratie schützt und stärkt, betrifft. Die Bundesregierung wird den ORF und unabhängige Medien stärken, statt sie auszuhungern, die Medienförderungen an Fakten koppeln, statt Fake-News-Schleudern zu belohnen, und rechte Propagandamedien nicht weiter auf Kosten der Steuerzahler:innen mit Steuergutschriften subventionieren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Rechte Propagandamedien! Das ist Medienvielfalt, oder nicht?)
Mit dem ersten Schritt – mit dieser durch den Spruch des VfGH notwendigen Gremienreform – und den noch folgenden Vorhaben im Bereich Medien sorgen wir dafür, dass weiterhin eine freie Medienwelt und der Medienstandort Österreich gesichert sind. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Außer für rechte Propagandamedien!) Wir stehen zum ORF: objektiv, unabhängig, stark. Wir fördern Medienvielfalt, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, und wir wollen digitale Plattformen endlich in die Pflicht nehmen, wenn es um Desinformation und Onlineradikalisierung geht. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie machen DDR-Fernsehen!)
Es liegt an uns, heute die richtigen Weichen zu stellen. Mehr Publikum, mehr Demokratie – das ist unser Weg. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und NEOS. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das ist ja schlimmer als die Fragestunde, was du dir jeden Tag anschauen musst!)
10.38
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Maurer. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.