16.21

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ernsthafte Politik hat viele Seiten. Eine davon ist, dass man nicht unbedingt Dinge versprechen soll, die schlichtweg nicht einlösbar sind. Eine andere ist, dass man nicht grundsätzlich einmal alles als Wahlgeschenk diffamiert, was in Wirklichkeit sozialpolitisch notwendig ist.

Was wir heute beschließen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind keine Wahlgeschenke, sondern das ist schlichtweg eine sozialpolitische Notwendigkeit. Zum einen werden wir heute die gesetzliche Pensions­erhöhung beschließen. Das heißt, alle Pensionen bis zur Höchstbeitragsgrundla­ge von 6 060 Euro pro Monat werden um 4,6 Prozent erhöht – das ent­spricht der Inflation, das ist errechnet worden, das ist Gesetz –, und darüber wird mit einem Fixbetrag von 278,78 Euro gedeckelt. Davon sind auch Sonder­pensionen erfasst. Das heißt, die Pensionssteigerungen gehen bei den hohen Pensionen nicht ins Uferlose, sondern es wird eben ein Deckel eingezogen. Wie gesagt ist das kein Wahlgeschenk, sondern ein gesetz­licher Auftrag.

Das Zweite, das wir beschließen, ist die Verlängerung der Schutzklausel. Das ist ebenfalls kein Wahlgeschenk, denn das haben wir schon im letzten Jahr gemacht und wir haben heuer vor dem Sommer schon angekündigt, dass wir prüfen werden, ob wir das wieder brauchen werden. – Ja, und wir brau­chen es wieder, weil die Inflationsrate im letzten Jahr relativ hoch war und sonst die ausgesprochen absurde Situation entstehen würde, dass Menschen, die jetzt im Jahr 2024 statt 2025 in Pension gehen würden, also die ihren Pen­sionsantritt vorziehen würden, eine höhere Pension bekommen würden, als wenn sie regulär im Jahr 2025 in Pension gehen würden.

Das würde bedeuten, dass Menschen dafür, dass sie länger arbeiten, später in Pension gehen, weniger Pension bekommen würden – und das kann, Entschuldigung, nicht der Sinn der Lösung sein, das kann nicht der Sinn des Pensionssystems sein, denn das würde vor allem auch das Ziel konter­karieren, das wir hier herinnen eigentlich alle haben sollten. Ich bezweifle aber, dass wir alle dieses Ziel haben, nämlich das faktische Pensionsantritts­alter tatsächlich näher an das gesetzliche Pensionsantrittsalter heranzuführen. Dafür braucht es diese Schutzklausel, dafür braucht es auch das Ausset­zen der Aliquotierung für das Jahr 2026.

Da bin ich gleich beim zweiten Thema: Die SPÖ stellte heute wieder einmal den Antrag auf völlige Abschaffung der Aliquotierung, die interessanterweise bislang eigentlich noch gar nicht in Kraft getreten ist und auch 2026 nicht in Kraft treten wird, weil wir sie jetzt einmal aussetzen werden. Ich erin­nere aber bei derartigen Sitzungen immer wieder daran, was es denn mit dieser sogenannten Erstaufwertung, Erstanpassung der Pensionen so auf sich hat. Daran werden SPÖ und FPÖ halt nicht besonders gerne erinnert. Die Erstaufwertung der Pension wurde nämlich gerade von diesen beiden Par­teien regelmäßig abgeschafft und wieder eingeführt und abgeschafft und wieder eingeführt.

Ich erinnere daran: 2003 hat die FPÖ mit der ÖVP gemeinsam die Erstaufwer­tung abgeschafft. Bis 2008 hat es sie dann nicht gegeben, nicht einmal eine Aliquotierung, gar nichts. 2008 wurde die Erstaufwertung dann von SPÖ und ÖVP wieder eingeführt, dann hat es die Inflationsanpassung gege­ben. 2011 wurde sie mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP wieder abgeschafft. Mit dabei waren sehr viele Abgeordnete, die heute dafür eintreten, dass sie unbedingt wieder eingeführt wird. Dann wurde die Pension im ersten Jahr von 2011 bis 2019 nicht erhöht. Was hat Kollege Alois dazu gesagt? – Eine Schweinerei – das kann man so nennen –, übrigens unter einem sozialde­mokratischen Sozialminister. 2019 wurde sie dann wieder eingeführt.

Schließlich haben wir dann in dieser Koalition beschlossen, dass wir einen neuen Weg probieren, nämlich die Aliquotierung, sodass wir vielleicht endlich einmal aus dem ständigen Einführen, Abschaffen, Einführen, Abschaffen rauskommen.

Gut, jetzt kann man sagen, das ist nicht die optimale Lösung, es gibt bessere Lö­sungen. Wir sind auch gerne dazu bereit, bessere Lösungsvorschläge, die finanziell und sozial nachhaltig sind, anzuschauen. Ich habe bis jetzt leider noch keine derartigen Vorschläge gesehen, aber vielleicht schaffen wir es ja im nächsten Jahr.

Zuletzt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Unser Pensionssystem ist wirklich eines der besten Pensionssysteme der Welt, und das soll es auch bleiben. Dazu wird es einerseits notwendig sein, dass wir einen möglichst hohen Beschäftigungsstand mit guten Jobs haben, andererseits aber auch, dass wir das faktische Pensionsantrittsalter näher an das gesetzliche heranführen, da­mit wir das gesetzliche Pensionsantrittsalter von 65 Jahren auch möglichst lange erhalten können. Es geht einfach nicht, dass man sich in den Sonntagsre­den ständig dazu bekennt, aber dann von Montag bis Samstag allen und jedem und jeder verspricht, er oder sie könnte mit noch mehr Geld früher in Pension gehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das wird sich nicht ausgehen!

Genauso wenig geht sich aber unserer Meinung nach aus, dass man bei der Fi­nanzierung des öffentlichen Pensionssystems den Teufel an die Wand malt und dann gleichzeitig die steuerlich hoch subventionierte, hoch geförderte private Pensionsvorsorge als Alternative darstellt. Das wird sich ebenfalls nicht ausgehen.

Das, was wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade bei unserem Pensionssystem brauchen, ist Realismus mit sozialer Verantwortung. Den haben wir Grüne, dafür stehen wir, und am 29.9. wird auch darüber entschie­den. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Wöginger und Strasser.)

16.27

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Gewessler. – Bitte sehr, Frau Bundesministerin.