20.48
Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt muss ich noch etwas zur Patientenmilliarde sagen, weil Herr Kollege Kaniak mich dazu ermuntert hat. Kollege Kaniak, die neun Gebietskrankenkassen haben 1,4 Milliarden Euro an Rücklagen in diese Fusion eingebracht – die sind fast weg. Jetzt haben wir jedes Jahr ein Minus in der ÖGK von fast 400 Millionen Euro pro Jahr. (Abg. Kaniak: Setzt die Strukturreform um!) Das war eine Geldverbrennungsfusion, sonst nichts, auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das sind Sozialversicherungsbeiträge! (Beifall bei der SPÖ.)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass die psychischen Erkrankungen mit Sicherheit zu den größten Herausforderungen in der Gesundheitspolitik zählen. Auch in Österreich war in den letzten Jahren der Anstieg dieser psychischen Erkrankungen extrem hoch. Die Statistik Austria hat für 2022 ausgewiesen, dass es 144 524 Krankenstandsfälle wegen psychischer Erkrankungen gibt, mit einer durchschnittlichen Dauer von 38,5 Tagen – einer durchschnittlichen Dauer von 38,5 Tagen! Das sind 5,5 Millionen Krankenstandstage.
Ein Drittel der Pensionszuerkennungen wegen Invalidität beziehungsweise Berufsunfähigkeit und 45 Prozent der Rehageldzuerkennungen beruhen auf einer psychischen Diagnose. Neben dem persönlichen menschlichen Leid entstehen dann natürlich direkte und indirekte Kosten, die enorme Dimensionen erreicht haben. Gemäß einer Studie wäre Psychotherapie vor allem für leichte und mittelschwere Erkrankungen wesentlich effektiver und kostengünstiger als eine Medikationstherapie.
Jetzt ist in Österreich bei der psychosozialen Versorgungssituation das Problem, dass es nach wie vor lange Wartezeiten gibt, wenige Kassenverträge gibt, finanzielle Hürden gibt. Im Sommer 2023 hat es betreffend die Krankenversicherungsträger geheißen, dass speziell die ÖGK 50 Millionen Euro pro Jahr bekommt. Im Herbst 2023 hat es noch geheißen: Na ja, nicht jedes Jahr!, dann hat es geheißen: Einmal 2024 und 2025 nur noch 25 Millionen Euro! – Natürlich kann man der defizitären ÖGK nicht zumuten, dass sie langfristige Verträge mit Psychotherapeuten abschließt, wenn sie nicht weiß, inwiefern die Finanzierung in Zukunft gesichert ist. Das ist eigentlich eine unseriöse Politik, lieber Herr Bundesminister.
Ich möchte noch dazusagen: Das Psychotherapiegesetz 2024 wäre wirklich eine Chance gewesen, einen Grundstein für eine flächendeckende Versorgung zu legen. Grundsätzlich ist ja die Reform mit den Zielen der Akademisierung der Psychotherapieausbildung sowie der Konkretisierung des Berufsbildes und der Berufspflichten zu begrüßen, aber allein der Deckel von 500 Studienplätzen, Ausbildungsplätzen und diese enormen Kosten von 10 000 bis 20 000 Euro in der dritten postgradualen Ausbildungsphase sind einfach für uns nicht tragbar.
Ich kann nur das unterstreichen, was vorhin die Jugendlichen oben gesagt haben: Ausbildung für alle, und zwar kostenlos! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
20.51
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Josef Smolle. – Bitte schön, Herr Professor.