10.56
Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen gerade über die Änderung im Verbotsgesetz, und da stelle ich ganz klar voran: Wir Freiheitliche lehnen den Nationalsozialismus, nationalsozialistische Wiederbetätigung in jeglicher Form genauso wie Judenhass jedweder Prägung auf das Schärfste ab. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schallmeiner: Auch in den Buden? Auch bei den Schlagenden? Auch bei den Identitären?)
Mit dieser Regierungsvorlage erreicht die Bundesregierung ihr erklärtes Ziel, nämlich die Bekämpfung des Judenhasses, jedoch nicht, weil sie damit an dessen Wurzeln komplett vorbeiarbeitet.
Ja, ich verwende bewusst den Begriff Judenhass und nicht Antisemitismus, weil meine jüdischen Freunde mich gebeten haben, diesen Begriff zu verwenden und eben nicht den anderen, der aber auch immer wieder von Regierungsseite verwendet wird. Meine jüdischen Freunde haben mich auch immer wieder darauf hingewiesen, dass sie sich nicht vor irgendwelchen dämlichen Neonazis fürchten, sondern vor radikalisierten muslimischen Jugendlichen, die in Österreich ihr Unwesen treiben. (Beifall bei der FPÖ.)
Offenbar wissen viele Menschen nicht, was sich in Österreich, was sich in Wien abspielt, wie viele Juden überfallen und belästigt werden und was sich auch an Universitäten abspielt, beispielsweise unter dem Deckmantel einer gewissen politischen linken Einstellung hier in Österreich.
In der Seitenstettengasse wurde die Israelfahne von offensichtlich Muslimen herabgerissen, und am 2. November 2020 war es auch ein muslimischer Attentäter, der im Judenviertel herumgeschossen und Menschen ermordet hat.
Anlass dieses Gesetzes waren unter anderem die Coronademonstrationen, weil man behauptet hat, dass da Antisemitismus Fuß gefasst hätte. In Wirklichkeit war das eine völlige Fehleinschätzung, denn das, was da zur Schau gestellt wurde, war in Wirklichkeit Regierungskritik und es war sicherlich keine Verharmlosung oder gar Verherrlichung des Nationalsozialismus. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schallmeiner: Das ist Geschichtsklitterung!) Das war manchmal sicherlich eine ungeschickte und überzogene Art der Präsentation, das würde ich zugestehen (Abg. Schallmeiner: Das ist nicht ungeschickt, das ist einfach geschichtsvergessen!), aber Tatsache ist, dass das nicht deren Anliegen war.
Ich will da nur kurz auf etwas hinweisen: Es waren bei allen Coronademonstrationen in Wien Gruppen mit Israelfahnen dabei. Ich habe die einmal angesprochen und gefragt, was sie da machen. Da haben sie gesagt: Wir sind Doppelstaatsbürger, aber wir wollen auch darauf hinweisen, dass auch gerade in Israel die Coronamaßnahmen völlig überschießend sind! – Diese Gruppen wurden aber niemals angefeindet, sie hatten kein Problem, dort mitzugehen, sie haben sich dort auch nicht gefürchtet.
Wie wäre es aber, wenn eine solche Gruppe derzeit an einer österreichischen Universität auftreten würde oder an einer Fridays-for-Future-Demonstration mit der Israelfahne mitgehen würde? – Die hätten ein Problem, und das ist in Wirklichkeit der Zustand, von dem wir reden, und daher: Verdrehen Sie die Dinge nicht! (Beifall bei der FPÖ.)
Jetzt konkret zu diesem Gesetz, das wie gesagt meines Erachtens in Wirklichkeit an den Ursachen vorbeigeht: Ein Punkt, den wir da kritisieren, ist, dass es bei jeder Verurteilung nach dem Verbotsgesetz zu einem automatischen Amtsverlust kommt. Dazu muss man sagen, es gibt bisher eine Regelung, dass man bei einer Verurteilung über ein bestimmtes Ausmaß hinaus – bei jeder Art von Verurteilung – sein Amt verliert. Nach dem, was hier vorliegt, könnte man weiterhin wegen sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung, Reisen für terroristische Zwecke, Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten, wie etwa jene der Hamas, oder der Preisgabe von Staatsgeheimnissen verurteilt werden. Das sind alles Verurteilungen, die, wenn sie unter einer bestimmten Höhe bleiben, ermöglichen würden, dass man heutzutage Beamter bleibt. Bei einer Verurteilung – und wenn es nur zu einer Woche ist – nach dem Verbotsgesetz verliert man das Amt. (Abg. Kassegger: Überschießend!)
Das ist eine Ungleichbehandlung, die auch verfassungsrechtlich bedenklich ist und auch als solche angesprochen wurde. Wir machen allerdings heute ein Verfassungsgesetz, damit der Verfassungsgerichtshof das nicht aufheben kann – das ist einfach rechtsstaatlich nicht sinnvoll. Jetzt wird eingewendet werden: Wir wollen halt keine Nazis als Beamte!, aber das wollen wir auch nicht, und ich will auch niemanden als Beamten oder vielleicht als Lehrer haben, der die Hamas gutheißt oder der sexuelle Übergriffe gegen Minderjährige oder Kinder macht und denen lebenslang Schaden zufügt. Auch das will ich nicht! (Beifall bei der FPÖ.)
Dann wird vielleicht auch eingewendet werden, dass es jetzt ja auch die Diversion im Verbotsgesetz gibt. – Ja, das stimmt, aber es kann auch viele Gründe geben, dass eine Diversion nicht zustande kommt, die nicht im Bereich des Täters liegen – und dann verliert er wieder automatisch sein Amt. Das ist einfach nicht richtig, rechtsstaatlich problematisch, und man sollte sich auch überlegen, ob wir da nicht eine bestimmte Gruppe von Menschen, die ohne Zweifel fehlgeleitet sind und die etwas vertreten, was wir total ablehnen, nicht zu wichtig machen, denen nicht das Gefühl geben, sie sind ein großes Problem für die Gesellschaft, und die sich dann wichtiger vorkommen und wir sie in Wahrheit unnötig aufwerten. (Beifall bei der FPÖ.)
Der zweite Punkt, den wir kritisieren, ist, dass in dieser Gesetzesnovelle die Möglichkeit eingeführt wird, Dinge zu entziehen, einzuziehen, die als NS-Devotionalien bezeichnet werden – ein nicht sehr passender Ausdruck, denn der kommt eigentlich aus der Religion und hat etwas mit Verherrlichung zu tun –, ohne dass es im Zusammenhang mit der konkreten, mit Strafe bedrohten Handlung steht. Das ist etwas völlig Unpassendes, denn im Strafrecht gibt es keine Beweislastumkehr. Das ist etwas, was den Grundsätzen des Strafrechts und damit der Rechtsstaatlichkeit völlig zuwiderläuft. Da wird das gemacht. Das bedeutet, dass sich derjenige, bei dem etwas vorgefunden wird, was da eben als solches bezeichnet wird, dann quasi freibeweisen muss und beweisen muss, dass er das niemals für eine Straftat – vielleicht irgendwann einmal – verwenden werde. (Abg. Deimek: Das ist wie in der DDR!)
Das bedeutet, dass zum Beispiel ein Familienfoto, ein Hochzeitsfoto, auf dem die Großeltern aus der Zeit des Nationalsozialismus gezeigt werden und der Großvater vielleicht eine Soldatenuniform anhat, möglicherweise eingezogen werden kann. Das ist einfach überschießend. Es geht natürlich auch in den Bereich jener Menschen, die Sammler sind oder wissenschaftlich arbeiten: Die müssen sich dann alle freibeweisen. Auch das wurde in den Stellungnahmen aus der Justiz massiv kritisiert, weil es rechtsstaatlich und grundrechtlich bedenklich ist, weil es eben dieses Grundrecht auf Eigentum gibt. (Abg. Deimek: Die Staatsanwälte sind so was von grantig über die Ideologie ...! Es wird zwei Jahre dauern, bis ...!) Deshalb muss jeder Entzug wirklich eindeutig geregelt sein, und das ist hier sehr schwammig gemacht. Es ist auch die da vorhandene Beweislastumkehr wahrscheinlich nur deshalb nicht vom Verfassungsgerichtshof aufzuheben, weil wir hier ein Verfassungsgesetz beschließen werden. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Zusammenfassend: Es liegt ein rechtsstaatlich bedenklicher Gesetzentwurf vor, der die wahren Gefahren der Gegenwart ignoriert, somit keinen Beitrag zur Bekämpfung des Judenhasses leistet und daher von uns Freiheitlichen abgelehnt wird. (Beifall bei der FPÖ.)
11.05
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. – Bitte.