18289/J XXVII. GP

Eingelangt am 02.04.2024
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Anfrage

 

des Abgeordneten Kai Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

 

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend „Rätselhaftigkeiten um den Tod eines Sektionschefs“

 

Das Online-Medium „ZackZack“ berichtet in einem Artikel vom 22. März 2024[1] über neue, ungeklärte rätselhafte Vorgänge im Zusammenhang mit dem Tod des ehemaligen Sektionschefs im Justizministerium Mag. Christian Pilnacek im Oktober des vergangenen Jahres. Demzufolge seien am Tag seines Todes zwei Kriminalbeamte vor der Haustür der Lebensgefährtin aufgetaucht und hätten Handy, Schlüssel, Geldbörse und Laptop des Verstorbenen gefordert – eine staatsanwaltliche Anordnung zur Sicherstellung weisen sie nicht vor. Woher die Beamten der Polizei Niederösterreich den Auftrag zur Sicherstellung dieser Gegenstände hatten, will die Landespolizeidirektion Niederösterreich bis heute nicht beantworten. Handy, Schlüssel und Geldbörse nehmen sie mit, der Laptop ist nicht auffindbar.

 

Ebensowenig wie ein USB-Stick, den Pilnacek laut seiner Lebensgefährtin immer bei sich trug.

Auf diesem USB-Stick, so die Vermutung, befand sich Pilnaceks „Lebensversicherung“. Akten und Unterlagen, Wissen über die Spitzen der ÖVP. Denn der ehemalige Sektionschef war zu seinen Lebzeiten derjenige, bei dem alle Fäden im Justizministerium zusammen liefen. Als Chef der Sektion IV hatte er im September 2010 die Kontrolle über die Staatsanwaltschaften übernommen, 2018 wurde er schließlich Generalsekretär im Justizministerium. An der Spitze der Weisungskette lag es immer öfter in seiner Entscheidung, welches Verfahren zur Anklage kommen würde und welches nicht. Bekannt ist sein Ausspruch zum Eurofighter Verfahren: „Daschlogts es!“. Danach folgte sein tiefer Fall und sein Konflikt mit der WKStA. In Zuge dessen wurde sein Handy beschlagnahmt, belastende Chats führten zu seiner Suspendierung durch Justizministerin Dr.in Alma Zadić. Kurz vor seinem Tod soll er, so „ZackZack“, jedoch wieder guten Mutes gewesen sein, die letzten Verfahren zu gewinnen und bald wieder ins Amt zurückkehren zu können.

 

Bei ihrer polizeilichen Einvernahme nach dem Ableben von Pilnacek, wird seine Lebensgefährtin von einem Beamten auch nach dem USB-Stick des ehemaligen Sektionschefs gefragt. Es entsteht der Eindruck, die Beamten suchen kurz nach dessen Tod nicht nach der Todesursache Pilnaceks, sondern vielmehr nach dessen Datenträgern.

 

Kurz nachdem die Todesnachricht öffentlich wurde, erstaunt der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz, am Rande des Prozess wegen Falschaussage gegen ihn, mit einer interessanten Äußerung: er habe noch kurz vor dessen Tod mit dem ehemaligen Sektionschef telefoniert. Er ist es auch, der als Erster öffentlich eine Todesursache nennt – Selbstmord: „Am heutigen Tag ist es vor allem der Tod von Christian Pilnacek, der mich extrem betroffen macht. Ich habe gestern Abend noch mit ihm telefoniert und wenige Stunden später hat er sich das Leben genommen“.  

 

In informierten Kreisen hat dieses Verhalten zu heftiger Empörung geführt, insbesondere bei zwei Personen, welche mit dem Sektionschef geraume Zeit vor dessen Tod intensive persönliche Gespräche geführt hatten. Mag. Pilnacek habe ihnen hierbei anvertraut, vom nunmehrigen Nationalratspräsidenten Mag. Sobotka zum Amtsmissbrauch durch Niederschlagung von Strafverfahren gegen Angehörige der ÖVP aufgefordert worden zu sein. Der Sektionschef habe sich gegen diese Anmaßungen Sobotkas aber zur Wehr gesetzt und dessen Wünsche zurückgewiesen. Der Versuch von Herrn Kurz, den Tod des Sektionschefs für seine Zwecke zu nutzen, habe die beiden Teilnehmer am Gespräch mit Dr. Pilnacek dermaßen empört, dass sie einen infolge des bemerkenswerten Inhalts des Gesprächs erstellten Mitschnitt hiervon einem Medium übergaben, was dessen Veröffentlichung entsprechend dem öffentlichen Interesse ermöglichte.

Entgegen diesem öffentlichen Interesse erfolgte allerdings bis dato keine in Rechtsstaaten sonst übliche nachvollziehbare Aufklärung über den tatsächlichen Hergang der Geschehnisse um den Tod des vormaligen Sektionschefs.

Aus dem politischen Umfeld von Sobotka wurde verlautbart, solche Klärungsversuche würde mit der „Totenruhe“ des Betroffenen nicht vereinbar sein.

 

Die Rätselhaftigkeiten rund um den Tod des ehemaligen Sektionschefs werden immer mehr und gehören aufgeklärt. Berechtigte Fragen mit einer Mauer des Schweigens zu beantworten, ist keine gute Idee. Es braucht hier volle Aufklärung und Transparenz.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Wann und durch wen erfolgte die Bekanntgabe des Fundes der Leiche des Mag. Pilnaceks an das Justizministerium?

 

2.    Was war der Inhalt dieser Information? 

 

3.    Wann und durch wen wurde die Staatsanwaltschaft vom Fund der Leiche des Mag. Pilnaceks informiert?

 

4.    Welche Anordnungen wurden daraufhin von dieser getroffen?

 

5.    Wann erfolgte die Information betreffend Abnahmen von Handy, Schlüssel und Geldbörse des Mag. Pilnaceks? An wen durch wen erfolgte diese Information?  Welche Anordnungen wurden in Zuge dessen von der Staatsanwaltschaft getroffen?

 

6.    Welche Informationen und Kontakte hat es zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft bezüglich des Fundes der Leiche der Mag. Pilnaceks gegeben? Wann? Gab es Anordnungen oder Aufträge durch die Staatsanwaltschaft?

 

7.    Welche Informationen und Kontakte hat es zwischen Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft bezüglich des Fundes der Leiche der Mag. Pilnaceks gegeben? Wann? Gab es Anordnungen oder Aufträge durch die Staatsanwaltschaft?

 

8.    Welche Informationen und Kontakte hat es zwischen dem zuständigen Amtsarzt und Staatsanwaltschaft bezüglich des Fundes der Leiche der Mag. Pilnaceks gegeben? Wann? Gab es Anordnungen oder Aufträge durch die Staatsanwaltschaft an den zuständigen Amtsarzt (Insbesondere toxikologische Gutachten oder dergleichen)?

 

9.    Erachten Sie eine umfassende Aufklärung der Öffentlichkeit über den nicht natürlichen Tod eines ehemalig an der Weisungsspitze der österreichischen Staatsanwaltschaften stehenden Funktionärs der Justiz als notwendig und wenn nein, warum nicht?

 

10.  Konnte eruiert werden, mit welchen Personen Herr Mag. Pilnacek in der Zeit vor seinem Tod (48 Stunden) telefonischen oder persönlichen Kontakt hatte und ob ein Zusammenhang zwischen diesen Kontakten und dem Tod von Mag. Pilnacek besteht? Falls nein, warum erfolgten derartige Untersuchungen nicht?

 

11.  Wurde im Rahmen der Untersuchungen geprüft, ob Druck jedweder Art auf Herrn Mag. Pilnacek ausgeübt wurde und wenn ja, durch wen und mit welcher Absicht? Wurden diesbezüglich naheliegende Auswertungen elektronischer Einrichtungen durchgeführt und wenn nein, warum nicht?

 

12.  Rechtfertigt es Ihres Erachtens selbst für den Fall, dass zweifelsfrei Selbstmord festgestellt werden sollte, dass die Ursachen für diesen lebensbeendeten Schritt eruiert werden und falls nein, warum nicht?

 

13.  Sind noch weitere Untersuchungen angeordnet oder absehbar?

 

14.  Gab es einen staatsanwaltschaftlichen Auftrag an die LPD Niederösterreich zur Sicherstellung für das Handy des verstorbenen Mag. Pilnaceks? Wenn nein, wer hat dann den Auftrag zur Sicherstellung gegeben?

 

15.  Gab es einen staatsanwaltschaftlichen Auftrag an die LPD Niederösterreich zur Sicherstellung für den Laptop des verstorbenen Mag. Pilnaceks? Wenn nein, wer hat dann den Auftrag zur Sicherstellung gegeben?

 

16.  Gab es einen staatsanwaltschaftlichen Auftrag an die LPD Niederösterreich zur Sicherstellung für die Geldbörse des verstorbenen Mag. Pilnaceks? Wenn nein, wer hat dann den Auftrag zur Sicherstellung gegeben?

 

17.  Gab es einen staatsanwaltschaftlichen Auftrag an die LPD Niederösterreich zur Sicherstellung für die Schlüssel des verstorbenen Mag. Pilnaceks? Wenn nein, wer hat dann den Auftrag zur Sicherstellung gegeben?

 

18.  Hat die Polizei das sichergestellte Handy der Staatsanwaltschaft übergeben? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?

 

19.  Hat die Polizei die sichergestellte Geldbörse der Staatsanwaltschaft übergeben? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?

 

20.  Hat die Polizei die sichergestellten Schlüssel der Staatsanwaltschaft übergeben? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?

 

 

21.  Was geschah mit den abgenommenen Gegenständen? Welche Rechtsgrundlage gibt es jeweils für             a) die Abnahme dieser?

b)    die Aufbewahrung dieser?

c)    die Weitergabe dieser?

 

22.  Wurde beim Verstorbenen ein USB-Stick aufgefunden? Wenn ja, wurde dieser der Staatsanwaltschaft übergeben? Wenn nein, wurde der USB-Stick mittlerweile aufgefunden? Wo befindet sich dieser?

 

23.  Wurde der vormalige Bundeskanzler Kurz zum Tod von Mag. Pilnacek befragt? Es darf darauf verwiesen werden, dass dieser selbst die Medien darüber informierte, am Vortag des Todes telefonischen Kontakt mit Mag. Pilnacek gehabt zu haben.

 

24.  Kann Drittverschulden am Tod von Mag. Pilnacek ausgeschlossen werden und wenn ja, warum?

 



[1] https://zackzack.at/2024/03/22/polizeifall-pilnacek-wir-wollen-handy-schluessel-und-computer