17426/J XXVII. GP

Eingelangt am 21.12.2023
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Hafenecker, MA

an die Bundesministerin für Landesverteidigung

betreffend Investitionen in das Bundesheer, insbesondere in die Luftstreitkräfte, und damit in Zusammenhang stehende Beschaffungsvorgänge

 

 

Das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz (LV-FinG) bildet die Grundlage für das Verteidigungsbudget. Mit über 4 Milliarden Euro verfügt Österreich 2024 über das höchste Verteidigungsbudget seiner Geschichte. Bis 2032 werden 16,6 Milliarden Euro investiert – in Luftabwehr, Abfangjäger, Transportflugzeuge, Drohnen, Hubschrauber, Kampfpanzer und Gewehre. Die Erfahrung mit Beschaffungen von Rüstungsgütern und militärischem Gerät in der Vergangenheit (z.B. „Eurofighter“) zeigen, wie wichtig Transparenz, die nötige Nachverfolgung von Zahlungen im Zusammenhang mit Rüstungskonzernen sowie ein äußerst sorgsamer Umgang mit derart viel Steuergeld sind.

 

Zu den größten Verteidigungsausgaben zählen die Beschaffung von 36 neuen Hubschraubern vom italienischen Rüstungskonzern Leonardo sowie die Nachbeschaffungen bzw. Modernisierungsmaßnahmen betreffend die Transportflugzeuge des Typs C130 Hercules und den Jet Saab 105. Die bisher bekannt gemachten und bekannt gewordenen Umstände der diesbezüglichen Beschaffungsvorgänge lassen Zweifel an der Transparenz sowie an einem wirtschaftlichen, zweckmäßigen sowie sparsamen Umgang mit Steuermitteln aufkommen.

 

Offensichtlich ist die Government-to-Government-Beschaffung allein keine Garantie dafür, dass eine Beschaffung transparent, ordentlich und sauber abläuft. Fragen wirft die Beschaffung des brasilianischen Transportflugzeuges Embraer C390 auf. Auffällig scheint auch eine Vorliebe für den italienischen Rüstungskonzern Leonardo, der in der Vergangenheit in Skandale verwickelt war. Neuerliche Unregelmäßigkeiten, dubiose Zahlungen an diverse Lobbyisten, überhöhte Angebote, mögliche Parteienfinanzierung, Beschaffungen, die nicht den nötigen Qualitätskriterien und Leistungsanforderungen entsprechen muss Vorschub geleistet werden. Transparenz sowie der wirtschaftliche, sparsame und zweckmäßige Umgang mit Steuermitteln müssen sichergestellt werden.

 

 

In diesem Zusammenhang stellt der unterfertigte Abgeordnete an die Bundesministerin für Landesverteidigung nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Wie sollen die bis 2032 zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel für das Bundesheer genutzt werden und wie viel Budget für welche Investitionen in Rüstungsgüter und militärisches Gerät ist jeweils vorgesehen?

 

2.    Wie lauten die Entscheidungsstrukturen im Bundesheer und im Bundesministerium für Landesverteidigung betreffend Verwendung der rund 16,6 Milliarden Euro für das Bundesheer personell und institutionell?

a.    Welche Personen konkret sind auf welcher institutionellen Ebene, rechtlichen Basis und Befugnis für welche Beschaffungsvorgänge zuständig verantwortlich?

b.    Welche Personen konkret haben auf welcher institutionellen Ebene, rechtlichen Basis und Befugnis, die finale Entscheidungsgewalt inne?

c.    In welcher Form sind das Verteidigungsministerium und Sie als verantwortliche Ministerin persönlich in die Beschaffungsvorgänge eingebunden und involviert?

d.    Sind bei Ihnen persönlich Rüstungsfabrikanten, Vertreter von Rüstungs- und Waffenanbietern oder Waffen-Lobbyisten vorstellig geworden bzw. wollten vorstellig werden und wenn ja, welche konkret, in wessen Auftrag bzw. von welchem Rüstungs- und Waffenanbieter und mit welchen Zielen und Anliegen?

 

3.    Welche Konsequenzen wurden aus negativen Erfahrungen, dem nicht effizienten Einsatz von Steuergeld, fraglichen Preis-Leistungs-Verhältnissen, Intransparenz und undurchsichtigen Gegengeschäften gezogen und welche Maßnahmen in welcher konkreten Form ergriffen, um das bei den nunmehr geplanten Ankäufen zu verhindern?

 

4.    Inwieweit wurde sichergestellt, dass in sämtlichen Bereichen im Bundesheer, in denen dringender Verbesserungs-, - Modernisierungs-, und Investitionsbedarf besteht, dieser Bedarf gedeckt wird?

a.    Gab es mündliche oder schriftliche Beschwerden von Seiten des Bundesheeres über eine nicht fair erfolgte Planung der Vergabe der zur Verfügung stehenden Mittel? Wenn ja, von wem, weswegen sowie welche Schritte haben Sie als Verteidigungsministerin unternommen, um dem entgegenzuwirken?

 

5.    Wie wurde die Anforderung aus dem Landesverteidigungsbericht 2022 (erstellt auf Grundlage des LV-FinG), dass Impulse für die relativ bedeutende österreichische Zulieferindustrie im Bereich der Luftfahrt gesetzt werden sollen und somit die inländische Wertschöpfung gesteigert wird, im Rahmen des Kaufes der 36 Hubschrauber des Typs AW169 vom italienischen Rüstungskonzern Leonardo (Kostenpunkt rund 870 Millionen Euro) erfüllt?

a.    Ist es richtig, dass auf die Einbindung österreichischer Zulieferer, wie bei Government-2-Government-Vereinbarungen anderer Staaten durchaus üblich, und damit auf Wertschöpfung in Österreich, verzichtet wurde?

b.    Ist Ihnen bekannt, wie viele und welche österreichischen Unternehmen sich um Zulieferverträge im Rahmen der Beschaffung der 36 Hubschrauber des Typs AW169 bemüht haben und wie viele von ihnen Zulieferverträge tatsächlich abgeschlossen haben?

c.    Ist es richtig, dass der italienische Rüstungskonzern Leonardo in Österreich Vertreter beschäftigt, die von der Beschaffung durch die Republik direkt, indirekt oder bei Folgebestellungen wie beispielsweise Ersatzteilen profitieren?

d.    Ist Ihnen bekannt, ob der in Österreich als Waffenlobbyist bekannte Geschäftsmann Walter Schön für den italienischen Rüstungskonzern Leonardo tätig ist bzw. in einem Vertragsverhältnis mit diesem steht?

e.    Ist Ihnen bekannt, ob die in Wien ansässige Firma Newole & Partner, Agency for Industrial Cooperation Gesellschaft m.b.H. für den italienischen Rüstungskonzern Leonardo tätig ist bzw. in einem Vertragsverhältnis mit diesem steht?

 

6.    Warum haben Sie, Frau Bundesministerin, zur Nachfolge des Lufttransportsystems C130 Hercules im Budgetausschuss erklärt, dass nach intensiver Marktbeobachtung die Entscheidung für das brasilianische Transportflugzeug Embraer C390 gefallen sei, da es als einziges am Markt verfügbares Modell den Anforderungen des Bundesheeres entspreche (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1208 vom 17.11.2023), obwohl beispielsweise das Emirat Katar vier neuwertige Transportflugzeuge vom Typ Hercules C130 J verkaufen wollte?

a.    Wurde ein Angebot über vier neuwertige und verfügbare Transportflugzeuge Hercules C130 J geprüft und einem Kostenvergleich mit dem Transportflugzeug Embraer C390 unterzogen?

b.    Hat der Beschaffungschef des Bundesheeres, Generalmajor Harald Vodosek, am 15. September 2023 per E-Mail ein Angebot über gebrauchte Transportflugzeuge des Typs Hercules C130 J erhalten?

                                          i.    Wenn ja, wie wurde mit diesem Anbot weiter verfahren?

c.    Wann erwarten Sie die erste Lieferung des brasilianischen Transportflugzeuges Embraer C390 und wie hoch sind die Kosten pro Flugzeug?

d.    Wie wird die Zeit bis zur ersten Lieferung des brasilianischen Transportflugzeuges Embraer C390 überbrückt und welche Kosten ergeben sich gegebenenfalls aus der Instandhaltung der vorhandenen Transportflugzeuge bzw. einer anderen Lösung für den Steuerzahler?

 

7.    Wie viele Hersteller von Jets wurden im Rahmen der Beschaffung einer Nachfolge des Jets Saab 105 angefragt bzw. an wie viele Hersteller ist ein entsprechender Request for Information (RFI) ergangen?

a.    Wurde der Hersteller Saab, der gerade mit Boeing den Jet-Trainer T7 entwickelt, im Rahmen der Beschaffung einer Nachfolge des Jets Saab 105 angefragt?

b.    Wurde der Jet des südkoreanischen Herstellers Korean Aerospace Industries des Typs KAI T50, der beispielsweise von Polen geordert worden ist, im Rahmen der Beschaffung einer Nachfolge des Jets Saab 105 angefragt?

c.    Warum wurde bereits im März 2023, noch bevor Angebote für die Nachfolge des Saab 105 eingeholt wurden, ein Budget von 1,6 Milliarden Euro dafür reserviert, wie der „Kronen Zeitung“ mitgeteilt worden ist (siehe Artikel vom 29. März 2023, Seiten 10/11)?

d.    Entspricht ein Budget von 1,6 Milliarden Euro in etwa dem Kaufpreis von 24 Jets des Typs M346 des italienischen Konzerns Leonardo?

 

8.    Auf wie viele Modelle konzentriert sich die Auswahl für die Beschaffung einer Nachfolge des Jets Saab 105?

a.    Wie hoch sind die Kosten dieser Modelle für den österreichischen Steuerzahler in der Anschaffung jeweils?

b.    Wie hoch sind die Betriebskosten dieser Modelle pro Flugstunde und insgesamt auf 10, 20 und 30 Jahre gerechnet jeweils?

c.    Ist es richtig, dass der Unterschied im Treibstoffverbrauch hochgerechnet auf die Lebensdauer von 20 Jahren einen Unterschied in den Betriebskosten von einer halben Milliarde Euro oder mehr ausmachen kann?

d.    Falls eine solche Berechnung der Kosten und ein entsprechender Vergleich nicht vorliegt, warum nicht und wäre das im Sinne des wirtschaftlichen, zweckmäßigen und sparsamen Umgangs mit Steuermitteln nicht geboten?

e.    Bis wann können Sie dem Parlament eine solche Kostenrechnung mit Vergleichszahlen aller möglichen Modelle vorlegen?

 

9.    Gibt es Unterschiede bei einstrahligen Jets wie dem T7 und dem L39NG und zweistrahligen Jets wie dem M346, was den Verbrauch von Treibstoff und die Lärmentwicklung betrifft?

a.    Wie wird der Treibstoffverbrauch bei der Beschaffung berücksichtigt?

b.    Ist es richtig, dass die Lärmentwicklung von zweistrahligen Jets wesentlich größer ist als jene von einstrahligen?

c.    Wie wird die Lärmentwicklung bei der Beschaffung berücksichtigt und haben Sie vor, die betroffene Bevölkerung insbesondere in Linz und Umgebung in die Entscheidung einzubinden?

d.    Werden die Vertreter der betroffenen Gemeinden Gelegenheit erhalten, sich von der Lärmentwicklung der in Aussicht genommenen Jets zu überzeugen?

 

10. Kann das Ziel eines Jet-Trainers, das Training der österreichischen Eurofighter-Piloten, das derzeit zum Teil in Italien stattfindet, wieder nach Österreich zurückzuholen und somit auch in diesem Teil des Bundesheeres autark zu sein, mit dem Modell Leonardo M346 erreicht werden?

a.    Kann das Ziel eines Jet-Trainers, das Training der österreichischen Eurofighter-Piloten nach Österreich zurückzuholen und somit auch in diesem Teil des Bundesheeres autark zu sein, mit dem Modell Aero L39NG erreicht werden?

b.    Kann das Ziel eines Jet-Trainers, das Training der österreichischen Eurofighter-Piloten nach Österreich zurückzuholen und somit auch in diesem Teil des Bundesheeres autark zu sein, mit dem Modell Saab T7 erreicht werden?

c.    Welche zusätzlichen Trainingseinheiten auf anderen Flugzeugtypen im Ausland sind für die Eurofighter-Piloten beim Modell Leonardo M346 nötig?

d.    Welche zusätzlichen Trainingseinheiten auf anderen Flugzeugtypen im Ausland sind für die Eurofighter-Piloten beim Modell Aero L39NG nötig?

e.    Welche zusätzlichen Trainingseinheiten auf anderen Flugzeugtypen im Ausland sind für die Eurofighter-Piloten beim Modell Saab T7 nötig?

 

11. Wurde im Request for Information (RFI) für die Nachfolge des Jets Saab 105 die Spezifikation einer Luftbetankung angefragt?

a.    Verfügt das Bundesheer über Tankflugzeuge für die Luftbetankung?

b.    Erachten Sie die Möglichkeit einer Luftbetankung, die die Kosten eines solchen Jets deutlich erhöhen kann, als zweckmäßig, obwohl dieser Vorgang beispielsweise von der deutschen Luftwaffe als risikoreich eingestuft wird und deshalb nur über wenig besiedeltem Gebiet stattfinden darf?

c.    Welche Strecke in Kilometern legt ein Jet während einer vollen Luftbetankung in etwa zurück?

d.    Welche Strecke in Österreich würde eine Luftbetankung erlauben, wenn man das Kriterium eines wenig besiedelten Gebietes und die zurückzulegende Strecke während einer Luftbetankung berücksichtigt?

e.    Haben Sie die Möglichkeit erwogen, dass das Kriterium einer Luftbetankung deshalb aufgenommen wurde, um bestimmte Modelle zu bevorzugen bzw. andere Modelle auszuschließen?

 

12. Wurde im Request for Information (RFI) für die Nachfolge des Jets Saab 105 die Spezifikation einer Aufhängung für eine Luft-Luft-Rakete angefragt?

a.    Ist eine Luft-Luft-Rakete nicht eher die Bewaffnung eines Jet-Fighters wie des Eurofighter und zu schwer für die Nachfolge des Saab 105?

b.    Ist ein Überschall-Jet wie der Eurofighter gegenüber einem Unterschall-Jet wie dem Nachfolger des Saab 105 in einem Luftkampf das überlegenere Gerät und deshalb eine Luft-Luft-Rakete für einen Unterschall-Jet kaum praxisgerecht?

c.    Haben Sie die Möglichkeit erwogen, dass das Kriterium einer Luft-Luft-Rakete deshalb aufgenommen wurde, um bestimmte Modelle zu bevorzugen bzw. andere Modelle auszuschließen?

 

13. Wie weit ist die Planung gediehen, zusätzlich vier zweisitzige Eurofighter anzuschaffen, und welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um ein Desaster wie beim ursprünglichen Eurofighter-Kauf zu vermeiden und die österreichischen Steuerzahler, die nach Ihren Worten vom 13. Februar 2020 die Geschädigten des ursprünglichen Kaufes der Eurofighter sind, nicht wieder zu schädigen?

a.    Welchen Erfolg hatten Sie mit Ihrer Forderung nach Wiedergutmachung für die österreichischen Steuerzahler durch den Konzern Airbus, die Sie am 13. Februar 2020 bekanntgegeben hatten?

b.    Gab es seit 13.Februar 2020, als Sie öffentlich sagten, der Eurofighter-Hersteller Airbus werde Sie noch kennenlernen, bereits Gelegenheit zu einem solchen Kennenlernen und falls ja, mit wem haben Sie gesprochen und was war das Ergebnis?

c.    Ist der geplante Kauf von vier weiteren Eurofightern ein Ergebnis Ihres angekündigten Kennenlernens mit Airbus?

 

14. Wie weit ist das Vorhaben, die von Österreich gekauften Eurofighter-Jets nachzurüsten, gediehen und welches Budget haben Sie dafür vorgesehen?

a.    Welche Maßnahmen haben Sie getroffen, um dabei die österreichischen Steuerzahler, die nach Ihren Worten die Geschädigten des ursprünglichen Kaufes der Eurofighter sind, nicht wieder zu schädigen?

b.    Ist die geplante Nachrüstung der österreichischen Abfangjäger des Typs Eurofighter ein Ergebnis Ihrer am 13. Februar 2020 angekündigten Kontaktaufnahme mit Airbus?

c.    Ist Ihnen bekannt, ob der in Österreich als Waffenlobbyist bekannte Geschäftsmann Walter Schön für den Eurofighter-Hersteller tätig ist bzw. in einem Vertragsverhältnis mit diesem steht, das ihm bei einer Nachrüstung der österreichischen Eurofighter eine Provision einbringt?