15441/J XXVII. GP

Eingelangt am 29.06.2023
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Anfrage

des Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Anzahl der in Österreich geschlossenen Kinderehen 2023

 

Eheschließungen sind in Österreich grundsätzlich erst ab 18 Jahren möglich. Das Ehegesetz sieht allerdings in § 1 Abs 2 eine Ausnahme vor: Personen ab 16 Jahren können ehefähig erklärt werden, wenn der/die künftige Ehepartner_in volljährig ist, sie für die Ehe reif erscheinen und die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertretung haben.  Die österreichische Rechtslage wird von UNICEF als Kinderehe definiert: Unter Kinderehen werden formale Eheschließungen verstanden, bei der mindestens eine_r der Partner_innen unter 18 Jahren alt ist. (1) Auch die Erfahrungen der Einzelfallarbeit der Kinder- und Jugendanwaltschaften (kija) zeigen, dass in Österreich immer wieder - vor allem weibliche - Minderjährige gegen ihren Willen von ihren Eltern verheiratet bzw. mit Verheiratung bedroht werden. 

Einige Anlassfälle haben in den letzten Jahren für Medieninteresse gesorgt. Deutschland hat auf dergleiche Fälle bereits 2017 mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen reagiert, das u.a. eine Anhebung des Mindestalters für Ehen auf 18 Jahren enthält - ohne Ausnahmemöglichkeiten. (2) Auch in Österreich gab es derartige Bestrebungen. Bereits 2017 hat die damalige Familienministerin Karmasin angekündigt, Eheschließungen generell erst ab 18 ermöglichen zu wollen. (3) Die Prüfung der Anhebung des Ehealters auf 18 Jahre wurde im türkis-grünen Regierungsprogramm verankert und noch im Dezember 2020 im Rahmen einer Anfragebeantwortung (3965/AB) von Justizministerin Alma Zadic bestätigt. Seitdem ist es allerdings still um die angekündigte Reform des Ehe- und Partnerschaftsrechts, im Rahmen derer auch § 1 Abs 2 EheG evaluiert und möglichweise abgeschafft werden soll. Während der parlamentarischen Fragestunde im Februar 2022 konnte die Justizministerin keinen definitiven zeitlichen Rahmen für das Verbot von Kinderehen nennen - vielmehr soll die Ehe- und Partnerschaftsrechtsreform erst nach Abschluss der Kindschaftsrechtsreform in Angriff genommen werden. Diese war für Q1 2022 geplant, verzögert sich aber (8345/AB).

In einer Anfragebeantwortung vom September 2022 (10678/AB) berichtete das Justizministerium betreffend Reform des Ehe- und Partnerschaftsrechts von Vorbereitungshandlungen und berief sich wieder auf die zuerst geplante Kindschaftsrechtsreform, an der noch immer gearbeitet wird. Außerdem teilte das Justizministerium mit, dass Statistiken über die geschlossenen Ehen durch Minderjährige nicht geführt werden bzw. dass die Daten aus der Verfahrensautomation nicht für diesen Zweck ausgewertet werden können. 

 

(1)  https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/kinderehen-weltweit-fragen-und-antworten/199066

(2) https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/ehemuendig-ab-18-jahren-481606

(3) https://orf.at/v2/stories/2400746/2400763/

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wurden Änderungen in der Verfahrensautomation durchgeführt, um die Auswertung der in Österreich durch Minderjährige geschlossene Ehen zu ermöglichen?
    1. Wenn ja, wie viele Ehen wurden in Österreich seitdem von Jugendlichen (unter Anwendung von § 1 Abs 2 EheG) geschlossen?
    2. Wenn ja, in wie vielen Fällen wurde der Antrag auf Ehemündigkeit vom Gericht abgewiesen?
    3. Wenn nein, wieso wurden keine Änderungen vorgenommen?
  1. Was ist der Stand der geplanten Reform des Ehe- und Partnerschaftsrechts?
    1. Welche Schritte wurden seit September 2022 gesetzt?
    2. Wann soll die Reform abgeschlossen sein?
    3. Wann soll die Kindschaftsrechtsreform, auf deren Abschluss man laut AB 10678 wartet, bevor die Reform des Ehe- und Partnerschaftsrechts angegangen werden soll, umgesetzt sein?