Stellungnahme zum
Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Grundversorgungsgesetz - Bund 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden
Die asyl- und fremdenrechtlichen Regelungen der letzten Jahre haben das Asylverfahren extrem verkompliziert, Kontroll- und Ausschlussmechanismen haben vermehrt Eingang gefunden, Verfahrensgarantien wurden eingeschränkt, spezielle Haftbestimmungen für Asylsuchende eingeführt. Während an der Trennung von Asyl und Zuwanderung festgehalten wurde und wird, unterlässt es der Gesetzgeber, ein an den Erfordernissen aktueller Migration orientiertes Zuwanderungssystem zu schaffen. Durch einen restriktiven Kurs in der Asylpolitik wird versucht, den bestehenden Migrationsdruck abzuwenden, selbst auf die Gefahr hin, dass Grundrechte und Flüchtlingsschutz gefährdet werden. Wir möchten daher unsere grundsätzlichen Bedenken gegen asylrechtliche Regelungen anmerken, die anstatt der bestmöglichen Umsetzung des Schutzgedankens und des uneingeschränkten Achtung der Menschenrechte vom Geist des Misstrauens und der weit reichenden Kontrolle getragen werden.
Seit der Neufassung des Asyl- Fremdenpolizei- und Aufenthaltsrechts ab Jänner 2006 wird nun bereits der dritte Novelle vorgelegt, die wiederum einschneidende und weit reichende Änderungen mit sich bringt. Da dieser Entwurf die durch das Inkrafttreten der EU-Rückführungsrichtlinie erforderlichen Anpassungen nicht berücksichtigt, sollte der Entwurf zurückgezogen und überarbeitet werden, damit die Gesetzesänderungen nicht fortgesetzt als Stückwerk erfolgen. Diesbezüglich möchten wir die von Verfassungsgerichtshofpräsident Holzinger geäußerte Kritik zu den zu häufigen Novellierung und der zu komplizierten Ausgestaltung der asyl- und fremdenrechtlichen Regelungen in Erinnerung rufen, die auch für die vorliegende Novelle als zutreffend angesehen wird.
Die asylkoordination österreich geht in dieser Stellungnahme auf jene geplanten Änderungen ein, die Schutzsuchende betreffen.
Neu im Asylgesetz eingeführt wird der Begriff der Straffälligkeit (§ 2 Abs. 3), diese liegt bei einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Vorsatztat vor, bei einer in die Zuständigkeit eines Landesgerichts fallenden bereits nach einer einmaligen Verurteilung, bei einer in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte fallende Straftat bei mehreren Verurteilungen. Dem Vorliegen von „Straffälligkeit“ folgen eine Reihe von massiven Einschränkungen von Rechten von Schutzberechtigten und AsylwerberInnen, die insgesamt als überschießend und mit völkerrechtlichen Verpflichtungen kaum mehr vereinbar angesehen werden.
Straffälligkeit löst bei Schutzberechtigten unter der Bedingung, dass ein Endigungsgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegt, die verpflichtende Einleitung eines Aberkennungsverfahrens aus. Durch diese Neuregelung werden den ohnehin bereits stark belasteten Asylbehörden zusätzliche Verfahren aufgebürdet (das Bundesasylamt hat zwingend zu prüfen, ob eine Aberkennung wahrscheinlich ist), die nach den Erfahrungen mit bisherigen Aberkennungsverfahren zu schließen, vielfach im Sande verlaufen werden. Diese Einschätzung trifft vor allem auf Schutzberechtigte zu, bei denen ein Schutzbedarf aufgrund der unveränderten Gefährdungssituation im Herkunftsstaat weiter besteht.
Der Intention des Gesetzgebers, einen Schutzstatus wieder abzuerkennen, stehen die Schranken des auch für Österreich verbindlichen völkerrechtlichen Schutzes und die Judikatur der Höchstgerichte entgegen, nach denen nur ein besonders schweres Verbrechen zur Aberkennung des Status führen kann und eine Prognose über die Gefahr für die Gemeinschaft erforderlich ist.
Vom subsidiären Schutz können gemäß Status-RL nur Personen ausgeschlossen werden, die aus schwerwiegenden Gründen „eine Gefahr für die Allgemeinheit oder die Sicherheit“ des Aufnahmestaates darstellen. Dieser Ausschlussgrund wird nun in § 9 Abs. 2 Zi 2 aufgenommen, ohne jedoch das EU-rechtliche Erfordernis der schwerwiegenden Gründe. Diese allgemeine Voraussetzung wäre jedenfalls zu ergänzen.
Weiters stellt eine Verurteilung wegen eines Verbrechens einen Aberkennungsgrund dar.
Als schärfere Vorgangsweise gegen straffällig gewordene Schutzberechtigte soll neben der von den Gerichten verhängten Sanktionen als weitere Sanktion auch den Verlust des Aufenthaltsrechts folgen, auch wenn eine Ausweisung/Abschiebung der Betroffenen nicht zulässig ist. Da mit der Aberkennung des Status auch der Verlust der damit verbundenen Rechte steht, etwa der Zugang zu Erwerbstätigkeit oder des Familiennachzugs, werden durch die vorgeschlagenen Neuerungen Nicht-Abschiebbare Personen ohne Rechte geschaffen. Für ihren Lebensunterhalt müsste die öffentliche Hand im Weg der Grundversorgung aufkommen. Die Sanktion widerspricht dem Grundgedanken der Resozialisierung und macht erfolgte soziale und berufliche Integration zunichte.
Die vorgesehene amtswegige Einleitung eines Aberkennungsverfahrens bei den unter die neue Definition von Staffälligkeit fallenden subsidiär Schutzberechtigten erscheint auch aus verwaltungsökonomischer Sicht überschießend, da die Behörde ohnedies bei jeder Verlängerung, also ein mal jährlich, das weitere Vorliegen der Voraussetzungen zu prüfen hat. Derzeit kommt es bei der Verlängerungsanträgen bereits zu erheblichen Verzögerungen, die durch die zusätzlich einzuleitenden Verfahren voraussichtlich noch größer werden.
Ein eingeleitetes Aberkennungsverfahren verhindert den Nachzug von Familienangehörigen. Da durch die zahlreichen neuen Verfahrenshandlungen der Asylbehörde nicht mit raschen Entscheidungen (weder über die Schutzgewährung, noch im Aberkennungverfahren) zu rechnen ist, wird die Zusammenführung von Familien voraussichtlich auf Jahre hin verzögert, sollte sich herausstellen, das die Gründe für eine Aberkennung nicht vorliegen.
Weiters bedenklich ist das Abgehen vom Prinzip der Aufenthaltsverfestigung, sobald ein Konventionsflüchtling als straffällig gilt. War bisher 5 Jahre nach Gewährung ein Verlust des Aufenthaltsrechts durch Aberkennung der Asylstatus aufgrund geänderter Umstände im Herkunftsland nicht möglich, sondern fand eine Überleitung ins Niederlassungsrecht statt, wird der weitere legale Aufenthalt nunmehr davon abhängen, dass der Betroffene die Erteilungsvoraussetzungen für eine Niederlassungsbewilligung erfüllt. Trotz langjährigem Aufenthalt könnte die Überleitung etwa daran scheitern, dass das dafür erforderliche Einkommen nicht erzielt wird. Es ist auch zu befürchten, dass das Erteilungshindernis „Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“ dieser entgegenstehen könnte.
Bei der Verlängerung des subsidiären Schutzes ist die Festlegung, dass diese nur jeweils für ein Jahr zu erfolgen hat, ein wenig integrationsfördernder Weg. Die relativ kurz befristete Aufenthaltsberechtigung bringt auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt erhebliche Nachteile und psychische Belastungen aufgrund des ungesicherten Aufenthalts mit sich und stellt für die Behörde einen unnötigen Arbeitsaufwand dar. Die Regelung erscheint auch nicht erforderlich, da das Bundesasylamt ohnehin die Möglichkeit hat, jederzeit ein Aberkennungsverfahren einzuleiten, wenn die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz nicht mehr vorliegen. Schon jetzt kommt es bei Verlängerung zu unbilligen Wartezeiten.
Bei Verlängerungen sollten Prognosen über die Situation im Herkunftsland zugrundegelegt und dementsprechend auch länger als 1 Jahr gültige Verlängerungen des subsidiären Schutzes erteilt werden. Dies würde der Intention der Status-Richtline eher entsprechen, die hinsichtlich der notwendigen Dauer des subsidiären Schutzes von mindestens einem Jahr deutlicher offener ist. Unnötige Probleme würden vermieden, wenn eine Verlängerung auch amtswegig erfolgen und der Passus gestrichen würde, wonach das Aufenthaltsrecht nur dann weiter besteht, wenn der Verlängerungsantrag vor Ablauf gestellt wird.
Ausweisung (§ 10)
Die Verlängerung der Sperrwirkung einer Ausweisung für die Wiedereinreise gemäß § 10 AsylG von 12 auf 18 Monate führt zu einer sachlich nicht rechtfertigbaren Ungleichbehandlung unter Fremden und erscheint daher verfassungsrechtlich bedenklich. Die Zuständigkeit der Asylbehörde für die Erlassung einer Ausweisung im Zuge eines asylrechtlichen Verfahrens wurde in der Novelle 2003 aus Gründen der Verfahrensökonomie eingeführt und unterscheidet sich von der fremdenrechtlichen Ausweisung durch die Angabe des Zielstaates. Eine fremdenrechtliche Ausweisung wird mit der Ausreise gegenstandslos, die asylrechtliche Ausweisung erhält jedoch die Wirkung eines Aufenthaltsverbot durch das 18 Monate dauernde Wiedereinreiseverbot.
Die geplante Änderung lässt auch für die in der Rückführungs-Richtlinie Art. 11 geforderte Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bei der Festsetzung der Dauer des Wiedereinreiseverbots keinen Raum. Außerdem wären entsprechende Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie erforderlich, so etwa eine zwischen 7 und 30 Tagen anzusetzende Frist für die freiwillige Ausreise bzw. ein Antragsrecht für eine Ausreisefrist, sofern diese nicht bereits im Ausweisungsverfahren festgelegt wird.
Es wird daher nahegelegt, die Vorgaben der EU Rückführung-Richtlinie umzusetzen.
Während des Zulassungsverfahrens soll die bestehende 20-Tage Frist der Gebietsbeschränkung entfallen, während der der Aufenthalt eines Asylwerbers nur im Bezirk der Erstaufnahmestelle geduldet ist. AsylwerberInnen können dadurch Rechtsbeistände oder Gutachter nur noch konsultieren, indem sie die Gebietsbeschränkung verletzen. AsylwerberInnen werden dadurch an der Wahrnehmung ihrer Rechte, insbesondere am Einlegen eines Rechtsmittels gehindert, weil diese ohne rechtkundige Unterstützung nicht wahrgenommen werden können. In den Bezirken der Erstaufnahmestellen sind NGOs nur eingeschränkt tätig und fehlt auch die entsprechende Struktur (z. B. DolmetscherInnen). In den meisten Fällen ist nur eine Erstabklärung, aber keine umfassende Rechtsberatung und Unterstützung beim Einlegen eines Rechtsmittels möglich, weshalb eine Weiterleitung an die Büros in Wien oder Linz erforderlich ist. Auch die Kanzleien der auf asylrechtliche Fragen spezialisierten Anwälte wären für die Dauer des Zulassungsverfahrens nicht erreichbar. Es ergibt sich aus der Gebietsbeschränkung ein Spannungsverhältnis zu Art 6 der EU-Aufnahmerichtlinie, nach der das „ zugewiesene Gebiet hinreichenden Spielraum dafür bieten [muss], dass Gewähr einer Inanspruchnahme der Vorteile aus dieser Richtlinie gegeben ist.“ Dazu gehören neben Zugang zur Rechtsberatung jedenfalls Zugang für Minderjährige zu Bildung, Rehabilitation und Therapie (bei traumatisierenden Erfahrungen) und für Traumatisierte und Folteropfer zu Therapie.
Es wird vorgeschlagen, die Gebietsbeschränkung auf den kürzestmöglichen Zeitraum zu beschränken und spätestens nach der ersten Einvernahme zu beenden.
Die Verletzung einer Gebietsbeschränkung führt zu einer Verwaltungsstrafe, die primär mit einer Freiheitsstrafe im Ausmaß bis zu 3 Wochen, im Wiederholungsfall bis zu 6 Wochen, laut EB um den „Unrechtsgehalt der Übertretungen zu verdeutlichen und diesem Nachdruck zu verleihen“. Da die Bestrafung in keinerlei Zusammenhang mit den Mitwirkungspflichten des Asylwerbers am Verfahren steht, ist die Bestrafung unverhältnismäßig. Da AsylwerberInnen in der Regel mittellos sind, wird die Verhängung einer Geldstrafe bis zu € 2.180,- auch kaum anwendbar sein.
Mit dem verfassungsrechtlichen Gebot des Schutzes der persönlichen Freiheit unvereinbar erscheint auch die Verhängung der Schubhaft im Fall der Verletzung der Gebietsbeschränkung, wenn dem Asylwerber die geplante Zurück- oder Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz mitgeteilt worden ist. Hier wird eine strikt abzulehnende Doppelbestrafung eingeführt.
Es wird vorgeschlagen, die Strafandrohung wegen Verletzung der Gebietsbeschränkung zu streichen.
Wir möchten die Gelegenheit der Novelle nutzen, um eine Korrektur des § 28 Abs. 1 letzter Satz anzuregen. Obwohl sich aus den Erläuterung ergibt, dass nur ein nachträglich bekannt gewordener Umstand, der zur Zuständigkeit eines anderen Staates führen könnte, eine zurückweisende Entscheidung nach Zulassung des Verfahrens ermöglichen soll, kommt es in der Praxis zu willkürlicher Anwendung. Regelmäßig wird nach der Zulassung des Verfahrens Monate später vom Bundesasylamt eine zurückweisende Entscheidung getroffen, obwohl keine neuen Umstände vorliegen.
Meldeverpflichtung
Neben der Meldeverpflichtung nach dem Meldegesetz wird AsylwerberInnen, denen eine Gebietsbeschränkung auferlegt ist und die weder in der EAST vorsorgt werden noch in Schubhaft sind, vom Bundesasylamt eine spezielle Meldeverpflichtung am Aufenthaltsort auferlegt (täglich, bestimmte Zeiten), deren Notwendigkeit und Administrierbarkeit stark bezweifelt wird. Fraglich ist, ob obdachlose AsylwerberInnen diese behördlichen Auflagen erfüllen können.
Die Verhängung einer Freiheitsstrafe als Sanktion ist unverhältnismäßig
Auch hinsichtlich der Annahme, dass eine 48 Stunden überschreitende Abwesenheit aus der Betreuungsstelle des Bundes eine Verletzung der Meldeverpflichtung gleichkommt, bestehen ernsthafte Bedenken. Immer wieder wurden uns Fälle bekannt, wo Personen aus der Grundversorgung wegen Abwesenheit abgemeldet wurden, obwohl diese ihre Unterkunft in der Betreuungsstelle nicht aufgegeben haben (z.B. durch Fehler in der Registrierung beim Verlassen oder Betreten der Erstaufnahmestelle, wegen Nichtantreffen bei einer Bestandskontrolle). Zu unbilligen Härten kann die Bestimmung bei AsylwerberInnen führen, die beispielsweise Familienangehörige in Österreich besuchten und nicht innerhalb der 48 Stundenfrist in die EAST zurückkehrten. Es sei nochmals betont, dass diese Sanktion überschießend ist, wenn durch die Abwesenheit die Durchführung des Verfahrens nicht beeinträchtigt wird und der Asylwerber seinen Mitwirkungspflichten im Verfahren nachkommt.
Da jeder Asylantrag, der nach einer rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, als Folgeantrag gilt, können die Einschränkungen der Verfahrensgarantien unverhältnismäßige und völkerrechtswidrige Folgen für Flüchtlinge haben.
Bei Vorliegen einer aufrechten Ausweisung kann das Bundesasylamt den faktischen Abschiebungsschutz aufheben. Da nach unseren Beobachtungen das Bundesasylamt bei einem weiteren Asylantrag reflexartig von einem unbegründeten Antrag ohne geändertem Sachverhalt ausgeht, ist zu erwarten, dass das nunmehr zur Verfügung gestellte Instrument des eingeschränkten Rechtsschutzes nicht mit der nötigen Sorgfalt angewandt werden wird. Die amtswegige Prüfung der Aberkennung des faktischen Abschiebungsschutzes (§ 41a) durch den Asylgerichtshof ist zwar ein Versuch, den mangelnden Rechtsschutz abzufangen, ist aber ein unzulängliches Korrektiv und bürdet diesem die Prüfung des Aktes innerhalb eines Tages auf. Das Recht des Asylwerbers auf eine Beschwerde, in der er der Begründung der Behörde entgegentreten kann, wird durch dieses Konstrukt unterlaufen.
Zumindest sollte, um eine sorgfältige Überprüfung zu gewährleisten, diese Reaktionsfrist des AsylGH verlängert werden bzw. die bestehende Entscheidungsfrist von 7 Tagen für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde beibehalten werden. Bei den amtswegig zu prüfenden Entscheidungen handelt es sich nicht um Anträge, die in Kenntnis eines bevorstehenden Abschiebungstermins gestellt werden, eine längere Frist für den Asylgerichtshof führt somit auch keine Verzögerung der Abschiebung herbei.
Betroffen von der Aberkennung des faktischen Abschiebungsschutzes sind auch Flüchtlinge, die nach einer Abschiebung/Rückkehr binnen 18 Monaten wieder nach Österreich einreisen und einen Asylantrag stellen. In diesen Fällen sollte der Rechtsschutz keinesfalls eingeschränkt werden.
Auch bei Folgeanträgen nach einer Dublin-Entscheidung kann nicht automatisch von missbräuchlicher Antragsstellung ausgegangen werden. So führt beispielsweise Untätigkeit der Behörden dazu, dass AsylwerberInnen einen weiteren Asylantrag stellen, weil die Zuständigkeit für das Asylverfahren auf Österreich übergegangen ist, durch die Untätigkeit der Behörden Betroffene veranlasst sind, das Aufenthaltsrecht und die Versorgung auf diesem Wege sicherzustellen. Auch wenn eine Überstellung nach einer Zurückweisung gemäß §5, aus welchem Grund auch immer, nicht möglich ist, bleibt nur ein neuer Asylantrag um das Verfahren fortzusetzen. Der Versuch, in Österreich durch einen weiteren Asylantrag zu verbleiben, erscheint auch angesichts des völligen Versagens der Asylsysteme in anderen EU-Staaten nicht aussichtslos, wenn zur Frage der Verletzung von europa- und völkerrechtlichen Bestimmungen Verfahren bei den europäischen Gerichtshöfen anhängig sind. Die EB zu § 12 Abs 4 die von „dem unverändert hohen rechtsstaatlichen Niveau der Dublin-Staaten, insbesondere hinsichtlich des ‚Non-Refoulement’-Grundsatzes und der Einhaltung völkerrechtlicher, menschenrechtlicher und gemeinschaftsrechlicher Verpflichtungen“ entsprechen jedenfalls in etlichen Mitgliedsstaaten nicht der Realität.
Die Einschränkung der Verfahrensrechte ist zudem wenig bestimmt und könnte zu verfassungswidriger Auslegung führen: Unklar ist, wann und nach welchen Ermittlungen die Feststellung zu treffen ist, dass die Zurückweisung eines Folgeantrages wahrscheinlich ist (§12 Abs 4 Zi 1), ob überhaupt Ermittlungen nach einer zurückweisenden Entscheidungen erfolgen müssen. Ebenso problematisch ist die Formulierung in § 12 Abs.4 Zi 2, „auf Grund der bisher vorliegenden Ermittlungen“, weil damit die Ermittlung des Sachverhalts unzulässigerweise eingeschränkt wird. Im Extremfall könnten sich die Ermittlungen auf das Einsehen des Voraktes beschränken.
Rechtsstaatliche Grundsätze haben auch für beschleunigte Verfahren zu gelten. Dazu gehören die Pflicht zur Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes und die Wahrung der Parteienrechte.
Bei Folgeanträgen, die 10 bzw. 2 Tage vor der geplanten Abschiebung gestellt werden, erfolgt ex lege die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes. In diesen Fällen erfolgt auch keine Einvernahme durch das Bundesasylamt, lediglich eine Befragung durch Exekutivbedienstete, die auf asylrechtliche Fragen nicht spezialisiert sind. Bei Folgeanträgen innerhalb von 2 Tagen vor der Abschiebung hat nicht einmal mehr eine Erstbefragung zu erfolgen, lediglich eine Änderung der objektiven Situation im Herkunftsland wäre beachtlich (§ 12 Abs 6).
Die gänzliche Ausklammerung des Asylgerichtshof in den Fällen der ex lege-Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes verletzt jegliche Prinzipien einer Kontrolle des verwaltungsrechtlichen Handeln von Behörden, dies umso mehr, als ein gesonderter Antrag auf Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes nicht möglich ist. Die Beurteilung des Bundesasylamt, ob die Antragstellung aus subjektiven Gründen zu keinem früheren Zeitpunkt möglich war bzw. ob sich die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat, bleibt somit gänzlich unüberprüft und unüberprüfbar.
Die diesbezüglichen Bestimmungen unterschreiten sogar die europarechtlichen Minimalvorgaben der Verfahrens-Richtlinie (RL 2008/115/EG) und stehen auch mit dem Erfordernis eines effektiven Rechtsbehelfs iSd Art. 13 EMRK in Zusammenschau (mit den jeweiligen Grundrechten) in Widerspruch.
Den betroffenen AsylwerberInnen sollte zumindest ein Antragsrecht eingeräumt werden, sodass er/ sie begründet darlegen kann, weshalb der faktische Abschiebeschutz im konkreten Fall zuzuerkennen ist. Zudem sollte vorgesehen werden, dass jedenfalls – also auch für den Fall der Nichtzuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes – bescheidbegründend darzulegen ist, weshalb der faktische Abschiebeschutz (nicht) zuerkannt wurde.
Aus rechtstaatlichen Erwägungen sollte daher jedenfalls (zumindest) eine Erstbefragung durchgeführt werden, sodass der Grund der Folgeantragstellung in Erfahrung gebracht werden kann. Um Verletzungen der EMRK und der GFK durch die Republik Österreich hintan zu halten, sollten individuell vorgebrachte Gründe jedenfalls berücksichtigt werden.
Die bescheidlose Erledigung eines binnen 2 Tagen vor der Abschiebung gestellten Antrags als gegenstandslos ist mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens mangels Überprüfbarkeit nicht in Einklang zu bringen und sollte gestrichen werden.
Datenweitergabe (§ 57 Ab. 10)
Erweitert wird die Möglichkeit der Datenweitergabe an den Herkunftsstaat, wenn bei einem Folgeantrag der faktische Abschiebungschutz (ex lege) nicht zukommt. Da, wie oben bereits ausgeführt, nicht jeder weitere Antrag ohne beachtliche Gründe ist, dies aber aufgrund der Verfahrensausgestaltung vielfach nicht hervorkommen wird, kann die Weitergabe der Daten sehr wohl eine Gefährdung der schutzsuchenden Person als auch von im Heimatland verbliebenen Angehöriger darstellen. In diesem Zusammenhang möchten wir die Änderung anregen, dass die Weitergabe personenbezogener Daten erst nach einer rechtskräftigen Abweisung zulässig ist.
Verkürzung der Beschwerdefrist bei Zurückweisungen (§ 22 Abs. 12)
Der Verfassungsgerichtshof[1] hat im Jahr 1998 zur Frage der Verfassungskonformität einer lediglich zweitägigen Berufungsfrist im Asylverfahren auf die besonderen Schwierigkeiten im Asylverfahren festgestellt, „daß der Asylwerber im Regelfall der deutschen Sprache nicht mächtig ist und daher schon zum rein sprachlichen Verständnis des ihm zugestellten Bescheides fremder Hilfe bedarf, zumal – wie auch in den Schriftsätzen dargetan ist – im hier in Betracht kommenden Fall einer negativen Erledigung auf dem Boden des § 4 AsylG dem Asylwerber zwar der Spruch, die Rechtsmittelbelehrung, der Hinweis nach § 61a AVG sowie eine Übersetzung des § 4 AsylG als der maßgeblichen Gesetzesbestimmung, nicht jedoch die Begründung in einer ihm verständlichen Sprache zukommen muß (§ 29 AsylG). Hinzu tritt der Umstand, daß das rein sprachliche Verständnis des Bescheides (insbesondere der Begründung) – soweit ein solches unter Bedachtnahme auf die Fähigkeit des Bescheidadressaten zur vollständigen Erfassung einer u.U. knapp gehaltenen und notwendigerweise mit gewissen Fachausdrücken versehenen behördlichen Enuntiation überhaupt erzielt werden kann – zur sachgerechten Aktualisierung eines notwendigen Rechtsschutzes nicht ausreicht. Dem Rechtsschutzsuchenden muß vielmehr grundsätzlich auch das rechtliche Verständnis des Bescheides – einschließlich der rechtlichen Wertung des zur Bescheiderlassung führenden Verfahrens – möglich gemacht werden; demnach muß ihm die Möglichkeit geboten werden, sich der Hilfe einer fachkundigen (wenngleich nicht notwendigerweise rechtskundigen) Person als Beistand zu bedienen, was wohl häufig die Beiziehung einer weiteren, der Sprache des Asylwerbers mächtigen Person erfordert. Schließlich ist das Erfordernis gegeben, anzunehmende Mängel des Bescheides in materieller und formeller Hinsicht in die Form eines den Standpunkt des Asylwerbers deutlich zum Ausdruck bringenden Schriftsatzes zu kleiden und die damit verbundenen manipulativen Umstände zu bewältigen.“ Der Verfassungsgerichtshof erachtet es als möglich, „daß dem – im allgemeinen in einer schwierigen Lage befindlichen – Asylwerber auch eine kürzere Berufungsfrist eingeräumt werden kann, sofern sie es ihm (auch unter Berücksichtigung besonderer Kalenderkonstellationen wie zB dem Aufeinanderfolgen von Feiertagen) ermöglicht, fachliche Hilfe beizuziehen und eine ausreichend begründete Berufung einzubringen. Eine Frist von einer Woche dürfte hiefür als Mindestmaß anzusehen sein, das (auch) zur Erreichung faktisch effizienten Rechtsschutzes eingehalten werden muß.“
Das Mindestmaß von einer Woche, das demnach einem Asylsuchenden zur Wahrnehmung eines effizienten Rechtsschutzes eingeräumt werden muss, erscheint aufgrund der seit 1998 erfolgten Änderungen im Asylbereich für einen effizienten Rechtschutz nicht ausreichend.
Die Rechtsmaterie im Asylbereich hat deutlich an Komplexität gewonnen, und es sind nicht nur nationale, sondern auch europarechtliche Bestimmungen bei der Prüfung eines Asylantrags heranzuziehen. Durch die Einführung des AsylGH und die Abschaffung der Möglichkeit einer nachprüfenden Kontrolle der Rechtsrichtigkeit der Entscheidungen dieser Rechtsmittelinstanz durch den VwGH sind die Anforderungen an Rechtsmittel deutlich gestiegen, zudem kommt, dass in diesen Verfahren keine Verhandlungen von den Einzelrichtern beim Asylgerichtshof stattfinden und AsylwerberInnen daher auch keine Möglichkeit außerhalb der schriftlichen Beschwerde haben, Widersprüche aufzuklären oder ihre spezielle Situation darzulegen.
Bei der Suche noch kostenloser Rechtsberatung und Unterstützung beim Einlegen eines Rechtsmittels sind AsylwerberInnen mit einem Kahlschlag des BMI bei geförderten Rechtsberatungsprojekten von NGOs konfrontiert, sodass entsprechende Hilfe auch nicht einfach und schnell zu erlangen ist. Anzumerken ist, dass die gesetzlich vorgesehene Rechtsberatung im Zulassungsverfahren nur eine Beratung vor der Einvernahme durch das Bundesasylamt beinhaltet, diese vom BMI bestellten RechtsberaterInnen aber kein Mandat für das Einlegen eines Rechtsmittels haben außer bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, wo ihnen die gesetzliche Vertretung zukommt.
Schließlich ist hervorzuheben, dass sich aufgrund von geänderten Schubhaftbestimmungen eine nicht unbeträchtliche und durch die Erweiterung der Haftgründe steigende Zahl von Asylsuchenden, deren Anträge zurückgewiesen werden, in Schubhaft befinden, wo sie in der Regel keinen Zugang zu rechtlicher Beratung und Vertretung haben. Darauf hat erst kürzlich der Menschenrechtsbeirat[2] aufmerksam gemacht. Dieser unhaltbare Zustand dürfte demnächst noch weiter verschärft werden, nachdem das Bundesministerium für Inneres bei der Vergabe von Beratungsprojekten in der Schubhaft die Projekte der Caritas Eisenstadt und der Diakonie in Salzburg und Kärnten zugunsten des Vereins Menschenrechte Österreich nicht mehr fördert, wohl in der Absicht, Asylanträge und Rechtsmittel bei Schubhäftlingen zu unterbinden. Nach eigenen Aussagen des Geschäftsführers des Vereins Menschenrechte bietet dieser keinerlei rechtliche Hilfestellung für Asylsuchende. Eine Anwaltsliste kann bei meist mittellosen AsylwerberInnen dieses Defizit an Rechtsberatung und Beistand nicht kompensieren.
Eine einwöchige Beschwerdefrist stellt keinen faktischen effizienten Rechtsschutz für Asylsuchende dar, weshalb dringend empfohlen wird, § 22 Abs. 12 zu streichen.
Dringender Handlungsbedarf besteht hingegen bei der Umsetzung des im Bedarfsfall kostenlosen Rechtsbeistands, da die Frist für die Gewährleistung der Verfahrensrechte nach der Verfahrens-Richtlinie bereits im Dez 08 bisher unbeachtet verstrichen ist.
Zustellung (§23)
Bei einer Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung bei der Behörde besteht bereits jetzt das Problem, dass AsylwerberInnen, die nicht in der Betreuungsstelle des Bundes in der EAST Traiskirchen oder Thalham betreut werden, de facto keinen Zugang zu den ausgehängten Bescheiden haben. Zu diesen faktischen Schwierigkeiten sollen nun noch rechtliche treten, etwa durch eine Gebietsbeschränkung. Die Abschaffung der Zustellung an eine Abgabestelle wird vermehrt dazu führen, dass Bescheide AsylwerberInnen nicht mehr zugänglich sind
Für unter die neue Definition von Straffälligkeit fallende Familienmitglieder soll die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzes ausgeschlossen werden. Noch bevor über die Frage entschieden ist – es reicht die amtswegig einzuleitende Prüfung von Aberkennungsgründen bei Vorliegen einer Verurteilung –, ob ausreichende Gründe für die Aberkennung des Status vorliegen, werden die Betroffenen mit den Folgen der Entscheidung belastet und der Grundsatz der „Unschuldsvermutung“ außer Kraft gesetzt.
Da der Grundsatz der Wahrung der Familieneinheit gebrochen wird, sollte diese Bestimmung gestrichen werden.
Auch Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte aus „sicheren“ Herkunftsstaaten, die keine Möglichkeit eines fortgesetzten Familienlebens außerhalb Österreichs haben, sollte die Wahrnehmung dieses Grundrechts ermöglicht werden. Die vorgeschlagene Regelung verletzt das Diskriminierungsverbot der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie dem Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander steht. Sie steht auch in Widerspruch zu Art. 23 der EU-Statusrichtlinie, wonach die Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung des Familienverbands und dafür zu sorgen haben, dass die Familienangehörigen Anspruch auf die in den Art. 24 bis 34 genannten Vergünstigungen haben.
Um unsachliche Ungleichbehandlung von Schutzberechtigten, die aus nunmehr als sicher deklarierten Herkunftsstaaten kommen zu vermeiden, sollte auf diesen Ausschlusstatbestand in Abs. 6 Ziffer 1 verzichtet werden.
Anstatt den Familienbegriff EMRK konform zu erweitern, ist eine Einschränkung des Rechts auf Familienleben für Schutzberechtigte vorgesehen, indem der Status nicht mehr von einem Familienmitglied abgeleitet werden kann, das nicht selbst die Voraussetzungen für den Status erfüllt. Dem leiblichen Vater eines Flüchtlingskindes, das seinen Status von der Mutter ableitet, soll demnach kein Schutzstatus mehr zukommen.
Um den in Art. 8 EMRK enthaltenen Familienbegriff Geltung zu verschaffen, sollte der Begriff „Familie“ nicht auf die so genannte „Kernfamilie“ beschränkt werden, sondern auch jene unterhaltsberechtigten Familienangehörigen einschließen, die im selben Haushalt leben. Weiters sollten neben verheirateten Paaren auch Paare, die eine echte und dauerhafte Familieneinheit bilden (einschließlich gleichgeschlechtlicher Paare), umfasst sein. Zumindest sollte die geplante Änderung gestrichen werden.
Familienzusammenführung: Einreiseantrag von Familienangehörigen
Das Rechtsschutzdefizit der derzeitigen Regelung wird nicht beseitigt, Angehörige von Schutzberechtigten haben weiterhin keine Möglichkeit, eine negative Einschätzung des Bundesasylamtes hinsichtlich der Voraussetzungen für den Asylstatus oder subsidiären Status zu bekämpfen. Eine falsche Entscheidung des Bundesasylamtes führt zu einer nicht anfechtbaren Verletzung von Artikel 8 EMRK.
Die Wartefrist für Angehörigen von subsidiär Schutzberechtigten von zumindest einem Jahr vor Einreise zum Zweck der Familienzusammenführung sollte abgeschafft werden. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass subsidiär Schutzberechtigte in der Regel ebenso lange internationalen Schutz benötigen wie Konventionsflüchtlinge, weshalb eine unterschiedliche Behandlung dieser beiden Personengruppen bzw. deren Familienangehörigen nicht gerechtfertigt ist. Zudem könnte eine sofortige Familienzusammenführung unmittelbar nach Schutzgewährung in Österreich wesentlich zur raschen und erfolgreichen Integration dieser Personen beitragen.
Nachweis des Verwandtschaftsverhältnisses (§ 18 Abs. 2)
Durch das Erfordernis der Vorlage „unbedenklicher Urkunden oder (…) gleichwertiger Bescheinigungsmittel“ wird vom Grundsatz der Glaubhaftmachung abgegangen und eine Beweispflicht normiert, wie sie dem österreichischen Asylverfahrensrecht bislang fremd war.
Bei der Familienzusammenführung verlangt das Bundesasylamt immer häufiger DNA-Tests, um die Abstammung nachzuweisen; das stellt für die Betroffenen eine unzumutbare finanzielle Belastung dar. Nun soll diese Praxis auch gesetzlich verankert werden. Dies kann zu massiven familiären Krisen führen. Gerade bei Flüchtlingen werden oft Kinder von getöteten oder verschollenen Angehörigen in die Familie aufgenommen oder der Vater hat keine Kenntnis von eine Vergewaltigung seiner Gattin.
Eine DNA-Analyse sollte nur dann angeordnet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für begründete Zweifel am behaupteten Verwandtschaftsverhältnis bestehen. Die Übernahme der Kosten für DNA-Analysen sollten nicht ausschließlich der den Antrag stellenden Personen aufgebürdet werden, sondern etwa nur dann, wenn sich mittels dieses Verfahrens die bereits vorhandenen begründeten Zweifel des Bundesasylamtes oder des Asylgerichtshofs bestätigt haben.
Alterseinschätzung bei Minderjährigen (§ 15 Abs. 1 Z 6)
Die geplante neue Regelung stellt eine unzulässige einseitige Übertragung der Beweislast auf die minderjährigen Asylsuchenden dar. Zum Verfahren zur Alterseinschätzung bei einem fehlenden Nachweis der behaupteten Minderjährigkeit sowie die im Fremdenpolizeilichen Verfahren vorgesehene Einbeziehung des Amtsarztes verweisen wir auf die ausführliche Stellungnahme der „Arbeitsgruppe Menschenrechte für Kinderflüchtlinge“, bei der die asylkoordination mitwirkt.
Erweiterte Ermittlungsbefugnis der Sicherheitsbehörde (§ 19 Abs.1)
die Einbindung der Sicherheitsbehörden, die im Asylrecht keine einschlägige Qualifikation mitbringen, ist bedenklich, weil Fluchtgründe bei Folgeanträgen nicht mehr von der qualifizierten Behörde ermittelt werden, die Befragung jedoch der Entscheidung zugrunde gelegt wird, ob ein faktischer Abschiebeschutz während des weiteren Verfahrens gewährt wird oder nicht.
Unabhängig vom Vorbringen des Asylsuchenden soll dem Bundesasylamt die Möglichkeit eingeräumt werden, die Rechtsschutzgarantien bei Vorliegen „besonderer öffentlicher Interessen“ im Sinne des § 27 Abs. 2 und 3 einzuschränken. Dieses besondere öffentliche Interesse soll nun ausgeweitet werden und auch bei AsylwerberInnen Anwendung finden, auf die die neue Definition von Straffälligkeit zutrifft sowie bei Verhängung einer Untersuchungshaft.
Für einen raschen Verfahrensabschluss bei straffälligen AsylwerberInnen erscheinen die bestehenden verkürzten Entscheidungsfristen ausreichend. Eingriffe in grundlegende Verfahrensrechtewie dem auf ein effektives Rechtsmittel können zu einer Verletzung der EMRK und GFK führen.
Die geplante Ziffer 7 in § 38 Abs. 1 sollte gestrichen werden.
Duldung (§ 46a, § 31a und § 120 FPG)
Da die Duldung auch Personen mit internationalem Schutzbedarf betreffen kann, die in Anbetracht der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht abgeschoben werden können, ist nicht auszuschließen, dass sich die Duldung teils auf einen sehr langen Zeitraum erstrecken kann. Eine langfristige Duldung ohne Perspektive hat voraussichtlich für die Betroffenen als auch die Öffentlichkeit nachteilige Folgen und sollte daher nicht in Erwägung gezogen werden. Darüber hinaus beinhaltet Art. 8 EMRK auch positive Gewährleistungspflichten des Staates. So genügt es nach der Rechtsprechung des EGMR nicht, dass ein Staat lediglich keine Ausweisung durchführt, sondern muss er im Wege positiver Maßnahmen die (ungehinderte) Ausübung der Rechte der betroffenen Person ermöglichen.
Die Ausstellung eines Identitätsdokuments an geduldete Personen, die keinen Ausweis haben, sehen wir als positiven Beitrag zur Vermeidung von Problemen im Umgang mit Behörden. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Ausstellung sollte aus dem Gesetzestext hervorgehen
Darüber hinaus fehlt eine entsprechende Anpassung bei den Verwaltungsstrafen des FPG, damit der geduldete, aber nicht rechtmäßige Aufenthalt straffrei gestellt wird.
Festnahme (§ 74 Abs.2)
Eine Festnahme zu dem Zweck, eine Befragungen durch Vertreter des Herkunftstaates durchzuführen, erscheint in einem Stadium, in dem noch nicht feststeht, ob überhaupt eine Ausweisung erlassen wird, jedenfalls bedenklich und sollte daher gestrichen werden.
Erweiterte Schubhaftbestimmungen (§ 76 Abs. 2a)
Die geplanten Verschärfungen zur Inhaftierung von Asylsuchenden stehen den Intentionen der europäischen Institutionen, vor allem des EU Parlaments und der Kommission entgegen, die Schubhaft bei AsylwerberInnen auf ein absolutes Mindestmaß zu beschränken. Dementsprechende Einschränkungen werden im Kommissionsvorschlag zur Dublin-Verordnung und zur Aufnahme-Richtlinie vorgesehen und wurden auch vom Europäischen Parlament als notwendig erachtet.
Wegen der Schubhaftnahme von AsylwerberInnen wird die Österreichische Bundesregierung vom Menschenrechtskommissar Thomas Hammarberg gerügt und in seinem am 12. Dezember 2007 veröffentlichen Bericht[3] empfohlen, die Inhaftierung von AsylwerberInnen während einer Zuständigkeitsprüfung zu überprüfen, Schubhaft nur dann anzuordnen, wenn die Abschiebung in unmittelbarer Zukunft erfolgen kann und kostenlosen Rechtsbeistand für (abgelehnte) Asylbewerber zu gewähren. Besorgt zeigte er sich über die Praxis, Schubhaft mit milderen Maßnahmen zu kombinieren, wodurch das Recht auf Privat- und Familienleben beeinträchtigt wird, wenn dadurch Familien völlig getrennt werden.
Auch der Bericht des UN Menschenrechtsausschusses[4] anläßlich seines Österreichbesuchs kritisiert insbesondere, dass Asylwerber bereits in einem frühen Stadium des Asylverfahrens inhaftiert werden und oft mehrere Monate in den Polizeianhaltezentren verbringen, die nicht für eine längere Anhaltung eingerichtet sind. Die Mehrzahl der Häftlinge sei 23 Stunden des Tages in versperrten Zellen, getrennt von ihren Familien und ohne Zugang zu qualifizierter rechtlicher Hilfe oder adäquater medizinischer Versorgnung. Der Ausschuss fordert, dass Österreich diese Haftpolitik gegenüber AsylwerberInnen überdenkt, insbesondere bei traumatisierten Personen. Gefordert werden alternative Formen der Unterbringung von Asylwerbern und sofortige und wirksame Maßnahmen, die sicherstellen, dass alle Asylwerber, die in Schubhaft sind, in für diesen Zweck geeigneten Zentren angehalten werden, bevorzugt in offenen Stationen, die ihrem rechtlichen Status entsprechende Bedingungen haben. Dazu zählen Beschäftigungsmöglichkeiten, das Recht Besuche zu empfangen, uneingeschränkter Zugang zu kostenloser und qualifizierter rechtlicher Beratung sowie entsprechende medizinische Versorgung.
Die vorgesehenen Gesetzesänderungen ignorieren diese Kritik völlig.
Die zusätzlichen 5 Tatbestände für die Inhaftierung werden zu systematischer Inhaftierung von AsylwerberInnen führen, da nunmehr die Verhängung der Schubhaft nicht mehr im Ermessen der Fremdenpolizei liegt, sondern diese bei Vorliegen der Voraussetzungen die Schubhaft zu verhängen und jedenfalls von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen hat. Davon soll lediglich bei haftunfähigen AsylwerberInnen abgesehen werden.
Im Gegensatz dazu hat der Verfassungsgerichtshof in den letzten Jahren wiederholend betont, dass die gesetzliche Ermächtigung, Schubhaft zu verhängen, im Lichte des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und dem daraus erfließenden Gebot der Verhältnismäßigkeit auszulegen ist.[5] Dem prinzipiellen Verständnis des VfGH, dass Schubhaft als Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit immer „ultima ratio“ bleiben muss, wird hier offensichtlich nicht Rechnung getragen.
§ 76 Abs 2a
Schubhaft wird gemäß Ziffer 1 grundsätzlich für alle AsylwerberInnen verhängt, bei denen sich die (auch stillschweigende) Zustimmung eines anderen EU-Staates für die Durchführung des Asylverfahrens vorliegt. Nach der Judikatur der Höchstgerichte rechtfertigt der Umstand, dass ein Asylwerber bereits in einem anderen Land die Gewährung von Asyl beantragt hat für sich allein nicht den Schluss, dass es einer Schubhaftverhängung bedarf.[6] Vielmehr fordern die Höchstgerichte diesbezüglich weitere Umstände, die gerade in diesem konkreten Fall die Sicherung des Verfahrens dringend notwendig erscheinen lassen. In diesem Verfahrensstadium gibt es noch keine Ausweisung und keine (rechtskräftige) Entscheidung über die Zuständigkeit eines anderen Staates und ist auch nicht geklärt, ob eine Überstellung zulässig ist. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die bestehende Judikatur der Höchstgerichte umgangen werden soll.
Eine unverhältnismäßige Sanktion und nicht den von den Höchstgerichten gesetzten Kriterien entsprechend ist auch die Schubhaftverhängung bei AsylwerberInnen, die einer Gebietsbeschränkung unterliegen und denen bereits mitgeteilt wurde, dass ihnen eine zurückweisende oder abweisende Entscheidung bevorsteht (Ziffer 2). Eine Verletzung der Gebietsbeschränkung lässt nicht automatisch darauf schließen, dass der Asylwerber beabsichtigt unterzutauchen.
AsylwerberInnen mit eingeleiteten Ausweisungsverfahren, deren Aufenthalt geduldet ist und die ihrer Meldeverpflichtung mehr als einmal nicht nachgekommen sind (Ziffer 3), sollen mit Schubhaftverhängung bestraft werden. Der für die Inhaftierung verfassungsrechtlich erforderliche Sicherungsbedarf ist auch in diesem Fall nicht zu prüfen, die zwingend zu verhängende Schubhaft wird zur Strafhaft.
Als weiterer Anlass für Schubhaft ist eine Verletzung der Meldeverpflichtung bei AsylwerberInnen unter Gebietsbeschränkung vorgesehen, wenn diese eine Änderung des Aufenthaltsortes gemäß Meldegesetz nicht unverzüglich bekannt geben oder bei einmaliger Verletzung der täglichen Meldeverpflichtung bei der Polizei im Fall der Obdachlosigkeit.
Unter die verschärften Schubhaftbestimmungen sollen auch AsylwerberInnen fallen, die einen Folgeantrag gestellt haben, dem kein faktischer Abschiebungsschutz zukommt
Da die vorgeschlagenen erweiterten Möglichkeiten der Schubhaftnahme dem Schutz der persönlichen Freiheit der EMRK sowie dem Gebot der Verhältnismäßigkeit widersprechen sowie die neu eingeführten Bestimmungen in §76 Abs.2a bereits durch § 76 Abs.2 abgedeckt werden, sollte von der Erweitung Abstand genommen werden.
Abschließend bleibt zu den zusätzlichen Schubhaftbestimmungen anzumerken, dass durch die enorme Komplexität der Bestimmungen ein rechtswidriger Vollzug geradezu vorprogrammiert ist.
Subsidiär Schutzberechtigte können in der Regel für einen langen Zeitraum aufgrund von Menschenrechtsverletzungen nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren. Da die Ausstellung eines Fremdenpasses nach wie vor an das Vorliegen humanitärer Gründe und die Notwendigkeit der Anwesenheit in einem anderen Staat geknüpft ist, bedeutet dies für viele subsidiär Schutzberechtigte, dass sie in Österreich festsitzen und familiäre Beziehungen zu Angehörigen in anderen Staaten nur in Ausnahmefällen pflegen können.
Die Erteilungsvoraussetzungen humanitäre Gründe und Notwendigkeit der Reise sollten entfallen.
Die Wiedereinführung eines „Personalausweises“ für Konventionsflüchtlinge ist zu begrüßen, da Asylberechtigte ohne Konventionsreisepass andernfalls keine Dokumente zum Nachweis ihrer Identität haben. Die Karte sollte zusätzlich Informationen über den Status enthalten. Weiters wird angeregt, die Behörde zur Ausstellung zu verpflichten.
Datenweitergabe durch Beförderungsunternehmen (§ 111 Abs 2)
Da die Einreise eines Österreichischen Staatsangehörigen in das Bundesgebiet in der Regel wohl legal erfolgt, stellt sich die Frage, zu welchem Zweck die Identitätsdaten von ÖsterreicherInnen sowie der benutzten Dokumente aufzubewahren und auf Anfrage an die GreKo zu übermitteln sind. Mit dem aus Art. 8 EMRK erfließenden Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens wie auch dem in Verfassungsrang stehenden Grundrecht auf Datenschutz des DSG 2000 erscheint diese Neuerung unvereinbar.
Ermittlungen zu Aufenthaltsehe und Aufenthaltsadoption (§ 110 FPG)
Warum bei einem bereits vorliegenden begründeten Verdacht auf eine Aufenthaltsehe oder eine Aufenthaltsadoption nach 3monatigen Ermittlungen der Fremdenpolizei keine Ergebnisse vorliegen und die Frist um 3 Monate verlängert werden soll, ist nicht nachvollziehbar. In der Praxis kann es dadurch zur ungerechtfertigten Verzögerung bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln und den daraus ableitbaren Rechten kommen. Es wird daran erinnert, dass ohnedies die gesetzliche Möglichkeit besteht, Aufenthaltstitel nachträglich für nichtig zu erklären, sollten sie auf Aufenthaltsehen oder -adoptionen beruhen.
Bei den generellen Verschärfung der Strafbestimmungen des FPO gibt es eine positive Ausnahme: die Strafbarkeit mit bis zu 6 Monate Freiheitsentzug wegen Erleichterung unbefugten Aufenthalts wird für Familienangehörige (Ehegatten, Kinder, Eltern) gestrichen (§ 115 Abs. 4). Angeregt wird auch weitere Familienangehörige, z.B. Geschwister zu berücksichtigen.
Generell wird die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Anhebung des Strafrahmens auf das Doppelte sowie die Umwandlung in eine Freiheitsstrafe bezweifelt.
Erschleichung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels, unrechtmäßige Inanspruchnahme sozialer Leistungen (§ 119 Abs.3)
Eine derartige Kriminalisierung (Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr, ab einem Wert der sozialen Leistungen über € 3.000,- bis zu 3 Jahre Freiheitsstrafe) erscheint aufgrund der Möglichkeit der Behörden, erschlichene Titel wieder abzuerkennen und zu Unrecht bezogene Leistungen zurückzufordern als völlig überschießend.
§ 120 Abs. 1 und 2 § 121 Abs. 1a, 1b, Abs. 3
Bei unbefugtem Aufenthalt, bei Übertretung der Gebietsbeschränkung, bei Verletzung der Meldeverpflichtung wird nicht mehr eine Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit, sondern eine Geldstrafe bis zu € 2.180,- alternativ eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Wochen (im Wiederholungsfall verdoppelt sich die Höhe des Strafrahmens) vorgesehen; gleiches gilt für die Verweigerung des Zutritts zu Grundstücken, Betriebsstätten, Räumen oder Fahrzeugen, wobei hier der Strafrahmen bis zu € 4.360 Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen beträgt.
Eine Freiheitsstrafe von 3 Wochen erscheint angesichts des geringfügigen Vergehens des bloßen Aufenthalts im Bundesgebiet ebenso unverhältnismäßig wie ein Aufenthalt außerhalb des geduldeten Bereichs oder der Verletzung einer Meldeverpflichtung.
In all diesen Fällen entscheiden nicht unabhängige Richter, sondern Referenten der zuständigen Verwaltungsbehörde über die allfällige Verhängung einer Freiheitsstrafe.
Eine Freiheitsstrafe sollte auf Delikte von bestimmter Erheblichkeit beschränkt bleiben, bei den genannten Verwaltungsübertretungen liegt eine solche nicht vor. Angesichts der notorischen Mittellosigkeit und des fehlenden Zugangs zu Erwerbstätigkeit von AsylwerberInnen ist auch der Strafrahmen für Geldstrafen als deutlich überzogen anzusehen.
Grobe Verstöße gegen die Hausordnung können gemäß § 2 Abs. 4 Z. 1 des Grundversorgungsgesetzes – Bund 2005 unter bestimmten Bedingungen zu Einschränkungen oder gar zum Entzug der Versorgung führen. Aus Sicht der asylkoordination erscheint es nicht nötig, die Einhaltung der Nachtruhe gesetzlich verpflichtend vorzuschreiben.
Im Rahmen der vorliegenden Novelle sollte vielmehr die erforderliche Anpassung an die EU-Aufnahme-Richtlinie erfolgen. Diese sieht zwar Sanktionen bei groben Verstößen vor, nicht jedoch einen Entzug oder die Einstellung von Leistungen.
Kontrolle in Grundversorgungseinrichtungen (§ 9a GVG-B)
Es wird bezweifelt, dass die vorgesehenen Kontrollen durch das BMI unter Einbeziehung der Fremdenpolizei sowie der Abgabenbehörden zur Erstellung von periodischen Analysen (laut EB) nötig sind. Weiters wird bezweifelt, dass durch eine Vor-Ort-Kontrolle die Hilfsbedürftigkeit der betreuten Personen festgestellt werden kann. Bereits jetzt werden in den Betreuungsstellen des Bundes permanent Kontrollen durchgeführt, sodass der zusätzliche Nutzen der Befugnis nicht erkenntlich ist
Zusätzlich sind unangekündigte Kontrollen zu jeder erdenklichen Uhrzeit mit einem nicht unbeträchtlichen Eingriff in die Menschenwürde verbunden. Gerade Flüchtlinge, die häufig traumatisiert sind und in ihrem Herkunftsland Willkür und Gewalt von Behördenseite erfahren haben, steigern derartige Methoden nur die Angst und das Misstrauen.
Von überschießenden Kontrollmaßnahmen sollte jedenfalls Abstand genommen werden.
Ehemündigkeit (§ 2 Abs. 1 Z 9)
Die Anhebung des Alters von Ehegatten und Ehegattinnen von Fremden für die Familienzusammenführung von 18 auf 21 Jahre ist verfassungsrechtlich unzulässig, da sie eine unsachliche Ungleichbehandlung von Fremden untereinander bewirkt. Fraglich ist, ob damit Zwangehen verhindert werden können. Für junge Familien sind unverhältnismäßige Härten zu befürchten.
Unterhaltsmittel (§ 11 Abs. 5)
Kürzlich stellte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VWGH 2008/22/0711
fest, dass ein Einkommen in der Höhe der jeweils geltenden ASVG-Richtsätze den
Unterhaltskriterien des NAG genügt. Weder Mietkosten noch das Institut der „freien
Station“ dürfen in die Berechnung einbezogen werden.
Durch die Neuformulierung wird der höchstgerichtliche Spruch unwirksam gemacht.
Auch entspricht die Regelung inhaltlich nicht mehr den Vorgaben des Art. 7 der Richtlinie
2003/83/EG betreffend das Recht auf Familienzusammenführung.
Niederlassung von Subsidiär Schutzberechtigten (§ 43 Abs. 4-7)
Die Überleitung von Subsidiär Schutzberechtigten in das Niederlassungsregime wird von der asylkoordination begrüßt, allerdings schlagen wir vor, die Frist von 5 auf 3 Jahre zu verkürzen.
Aufenthaltsrecht für unbegleitete Minderjährige (§ 69a Abs. 11)
Die asylkoordination österreich begrüßt die Einführung eines Aufenthaltstitels für unbegleitete Minderjährige bzw. für Minderjährige in Obhut von Pflegeeltern.
Leistungsfähigkeit einer Patenschaftserklärung (§ 77 Abs. 2 Z 3)
Die neue Strafnorm, mit der Handlungen sanktioniert werden sollen, die zu einem Verlust der Leistungsfähigkeit führen ist zu unbestimmt, auch die Androhung einer primären Freiheitsstrafe erscheint als unverhältnismäßig.
Änderungen im Staatsbürgerschaftgesetz (§ 10 Abs.5)
Das für die Einbürgerung nötige Mindesteinkommen wurde jenem des NAG angepasst, wodurch die vom Verwaltungsgerichtshof als genügend erachteten Einkommen in der Höhe des ASVG Richtsatzes aufgehoben werden sollen.
Grundsätzlich sollte die Möglichkeit die Möglichkeit wieder eingeführt werden, bei unverschuldeter Notlage von den Erfordernissen des § 10 Abs. 5 absehen zu können. Nach
Ansicht des Gesetzgebers soll ja am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses die
Einbürgerung stehen. Unverschuldete Notlagen spiegeln aber die gesellschaftlichen
Gegebenheiten wider und können nach langjährigem Aufenthalt nicht als mangelnde
Integrationswilligkeit gewertet werden.
Wien, 22.7.2009
[1] G 31/98, G 79/98, G 82/98, G 108/98, 24.06.1998.
[2] Rechtsschutz für Schubhäftlinge, Bericht und Empfehlungen des Menschenrechtsbeirates, 2008.
[3] Bericht des Menschenrechtskommissars Thomas Hammarberg über seinen Besuch in Österreich 21. – 25. Mai 2007 CommDH(2007)26. Straßburg, 12. Dezember 2007
[4] Human Rights Committee Concluding observations of the Human Rights Committee. Austria. CCPR/C/AUT/CO/4. Geneva, 15 October2 November 2007
[5] S.z.B. VfGH, 24. 6. 2006, B362/06; s. auch VwGH 30. 08.2007, 2007/21/0043 in Hinblick auf AsylwerberInnen
[6] S. z.B. VwGH, 30.08.2007; 2007/21/0043 mit Verweis auf VfGH28. 9. 2004; B292/04; VfSlg. 17288