7082/J XXIV. GP

Eingelangt am 06.12.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Muchitsch, Preiner, Keck

und GenossInnen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Versuch der Zerstörung der Lebensgrundlagen durch industrielle

Massentierhaltung in Österreich

In Österreich besteht seit Jahrzehnten gesellschaftspolitischer Konsens, dass die
kleinstrukturierte, kleinb
äuerliche Landwirtschaft in Form von Familienbetrieben die
Grundlage f
ür die Sicherstellung rückstandsfreier, hochqualitativer, regionaltypischer
Lebensmittel darstellt. Dafür sind auch die Konsumentinnen und Konsumenten in
unserem Land bereit, durch ausreichende F
ördermittel jene hart arbeitenden
B
äuerinnen und Bauern durch Förderungen zur Erhaltung ihrer kleinen
Betriebseinheiten zu unterst
ützen. So ist weiterhin unsere typische Essenskultur als
Teil österreichischer Identität mitgesichert. Der überdurchschnittlich hohe Anteil an
Biobauern, die erfreulich hohe Teilnahme an Umweltprogrammen - ebenfalls durch
F
ördermittel in beträchtlichem Ausmaß unterstützt - sollen Umwelt, Trinkwasser und
Böden schützen.

Förderungen für diverse Modellregionen, die die Lebensqualität der Menschen in
l
ändlichen Lebensräumen nicht nur entscheidend verbessert haben, sondern den
Regionen mit Tourismus einen weiteren Wirtschaftszweig er
öffnet hat, haben heute
ein erfreulich hohes Niveau erreicht.

Trotzdem soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich auch Österreichs Landwirtschaft
dem Globalisierungsdruck und europaweiten Wettbewerb nicht ganz entziehen kann.


Eine jener Landwirtschaftssektoren, die einen besonders hohen Konzentrationsgrad
aufzuweisen hat, ist die Schweineproduktion in unserem Land. So haben allein in
den letzten 4 Jahren
25% der Schweinebauern aufgegeben. Dies wiederrum hat eine
unglaubliche Konzentration zur Folge gehabt.

Nun allerdings gibt es einige wenige Versuche, die auch in unserem Land - vor dem
oben beschriebenen Hintergrund und den Bem
ühungen der Menschen und der
Politik - industrielle Massentierhaltung mit allen Konsequenzen für Menschen und
Umwelt in
Österreich zu etablieren. So wird im steirischen Gralla, Bezirk Leibnitz eine
PIG Ferkel GmbH" von Tierärzten und Privatpersonen geplant, mit etwa
2100 Muttersauen die im Schnitt 24 Ferkel pro Jahr werfen und somit über
50.000 St
ück Tiere, errichten werden.

Umweltaktivisten und Bürgerinitiativen sind seit Monaten aktiv, um diesen
unglaublichen Anschlag auf die Lebensqualit
ät der dort wohnenden Menschen und
gegen den Anschlag auf die wirtschaftliche Grundlage der heimischen, regionalen
Schweineerzeuger aufzutreten. Bedauerlicherweise ist dies nicht der einzige
Versuch, auch in unserem Land Massentierhaltung Hoff
ähig zu machen und dies in
unmittelbarer Nähe von Wasserschongebieten und Trinkwasserbrunnen. Auch in der
niederösterreichisch-burgenländischen Grenzregion zwischen Lichtenwörth,
Zillingdorf, Neufeld und Ebenfurt soll direkt im Zustrombereich der Neufelder
Brunnen, die f
ür die Trinkwasserversorgung des gesamten Nordburgenlandes von
zentraler Bedeutung ist, eine Schweinefabrik errichtet werden. Das dort gewonnene
Wasser wird bis nach Kittsee und in den Seewinkel gepumpt und versorgt dort ca.
150.000 Menschen. Nachdem erst vor kurzem ein
ähnliches Großprojekt zur
industriellen Massentierhaltung in Lichtenwörth verhindert werden konnte, sind durch
ein neues Projekt in unmittelbarer Nähe die Trinkwasserversorgung und damit die
Lebensqualität des gesamten Nordburgenlandes erneut gefährdet. Den Preis für das
Einbringen industrieller Massentierhaltung müssten in diesem Fall die
Konsumentinnen und Konsumenten zahlen.

Was die betroffenen Menschen besonders empört ist die Tatsache, dass die
betroffenen Trinkwasserversorgung Gebietskörperschaften im Bewilligungsverfahren
keine Parteienstellung und damit keine Rechtsmittel gegen die Entscheidungen einer
weisungsgebundenen Beh
örde haben. Die Betroffenen sind daher der Meinung,
dass die Entwicklung der industriellen Landwirtschaft in Trinkwassersensiblen
Regionen nicht weiter im Projekt bewertet werden, sondern in ihrer Gesamtheit zu
betrachten ist. Ein Einzugsgebiet der wichtigsten Trinkwasserspender des
Nordburgenlandes muss einem Schutz- und Sanierungsprogramm unterstellt
werden. Im Gegenteil: Gerade in Trinkwassersensiblen Bereichen sind dringend
landwirtschaftliche Ma
ßnahmenprogramme erforderlich, welche durch Kürzung bzw.
Deckelung der F
örderungen der Agrarindustriebetriebe leicht finanziert werden
könnten.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Land-
und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende

Anfrage

1.                             Wie lauten Ihre Erkenntnissen bzw. Recherchen in den geschilderten Fällen?

2.              Wie viele Schweinebetriebe größeren Ausmaßes industrieller Form gibt es nach
gesicherten Erkenntnissen Ihres Hauses in Österreich? (Anm.: Bitte um
getrennte Auflistung nach Bundesl
ändern, Größe, Tieranzahl und Schweine-
Betriebszweigen f
ür Betriebe über 2000 Stück Tiere.)

3.              Wie viele Betriebe dieser Art erhalten und unter welchen Titeln öffentliche
Förderungen aus Ihrem Hause seit 2000? (Anm.: Bitte getrennt nach
einmaligen Investf
örderungen sowie laufender Förderungen sowie nach
Bundesländern.)

4.              Wie viele dieser Betriebe werden von Ihrem Haus direkt oder indirekt über
allf
ällig kofinanzierte (GAP-, Bundesländer-, andere) Fördertitel gefördert?

5.              Inwieweit berücksichtigen Sie in Ihrem Ressort bzw. bei Ihrer hoheitlichen
F
örderkulisse, dass diese Art(en) der Schweinekonzentration (Anm.:
Schweinebetriebe über 2000 Tiere) den familiären bäuerlichen Betrieben keine
wettbewerbsrechtlichen wie auch sonstige Schäden zufügt oder durch Ihre
(Teil)F
ördergeldgewährung zufügen könnte?

6.         Sind Ihre Ressort- Förderungen für Schweinebetriebe ab 2000 Stück im
Einklang mit der Zielsetzung, die heimischen bäuerlichen Familienbetriebe zu
erhalten und weiter zu entwickeln
überhaupt in Einklang zu bringen? Wenn ja,
wie?


7.              Welche gesetzlichen Maßnahmen zur Verhinderung einer Etablierung
industrieller Massentierhaltung in den ländlichen Räumen stehen Ihrem Ressort
zur Verfügung bzw. können Sie im Sinne des Gedankens der Nachhaltigkeit,
eines positiven Tierschutzes, Umwelt- und Naturschutzes sowie des
Landschafts- und Wasser(ressourcen)schutzes f
ür das Gemeinwohl zur
Verf
ügung? Und wie nutzt dies Ihr Haus seit 2000 tatsächlich?

8.              Wie ist Ihre grundsätzliche Haltung als Umweltminister vor allem zu den
Auswirkungen der in Rede stehenden Massentierfabriken" in Bezug auf den
Umwelt-, Boden-, Wasser- und Konsumentenschutz sowie des Tourismuses?

9.             Wie hoch sind die Kosten der öffentlichen Hand zur Begrenzung und Sanierung
von negativen Auswirkungen bestehender Massentierhaltung im
Schweinebereich (Emissionen, G
ülleausbringung, etc.) in Österreich?

10.         Sind derartige geplante oder bereits in Betrieb befindlichen Schweine-
Massentierhaltungen zur letztendlichen Gewinnung des agrarischen Rohstoffes
Schweinefleisch mit dem seit Jahren proklamierten Feinkostladen Österreich"
bzw. den
Genussregionen Österreich" in Einklang zu bringen?

11.         Welche möglichen Begrenzungen der Auszahlungen von Fördermittel gibt es
bei den Förderprogrammen national bzw. auch bei den GAP- und LE-
F
ördermitteln für Schweinebetriebe über 2000 Stück Tiere?

12.         Werden Sie eine Gesetzesinitiative einleiten, damit der (weiteren) Etablierung
von Schweinebetrieben mit einer Tieranzahl von über 2000 Einhalt geboten
wird? Wenn nein, warum nicht?