AMT DER STEIERMÄRKISCHEN LANDESREGIERUNG

     

 

 

FA7C

An das

Bundesministerium für Inneres - Sektion III-Recht

Postfach 100

1014 Wien

     

Email: bmi-III-1@bmi.gv.at

     

è FA7C Staatsbürgerschaftsreferat  

                                                                                                                 

Bearbeiter: Dr.Bernd Michelitsch
Tel.:  0316 877 2088
Fax:   0316 877 802123
E-Mail: fa7c@stmk.gv.at

Bei Antwortschreiben bitte
Geschäftszeichen (GZ) anführen

 

 

GZ:

FA1F – 14.00-26/05-1

Bezug: BMI-LR1300/0106-III/1/c/2005

Graz, am 10. Oktober 2005

 

Ggst.:

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Staatsbürger-schaftsgesetz 1985 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden; Begutachtungsverfahren;

Stellungnahme des Landes Steiermark.

 

 

 

 

Zu dem mit do. Schreiben vom 16.09.2005, obige Zahl, übermittelten Entwurf wird folgende Stellungnahme abgegeben:

 

 

I. Allgemeines:

 

Die vorgeschlagenen Änderungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 werden zum Teil begrüßt, da manche bisherige Regelungen den Gegebenheiten nicht gerecht wurden.

 

 

Wichtige Punkte sind jedoch auch in diesem Änderungsvorschlag nicht berücksichtigt:

 

  1. Einführung des Erwerbes der österreichischen Staatsbürgerschaft des unehelichen Kindes durch Abstammung vom Vater. In vielen Ländern Europas ist diese Rechtslage bereits verwirklicht.

 

  1. Wegfall der Bestimmungen über die Ausstellung des Staatsbürgerschaftsnachweises. Der Reisepass kann den Staatsbürgerschaftsnachweis ersetzen. Bei den Gemeinden würde ein großer Aufwand für die Ausstellung der Staatsbürgerschaftsnachweise wegfallen, wenn es einen direkten Kontakt zwischen Evidenzstelle und dem zentralen Register der Passbehörden geben würde. Diese Schnittselle könnte auch das Dokumentenregister des ZMR2 sein.

 

 

 

Derzeit gilt der Staatsbürgerschaftsnachweis noch als Bestätigung über den Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft, obwohl sich der Reisepass durch seine heute zentrale Erfassung als geeigneteres Mittel anbieten würde. Die Ausstellung eines Reisepasses oder die Eintragung einer Person in den Reisepass des gesetzlichen Vertreters würden ein besseres Auskunftsmittel über den Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft darstellen. Dies unter der Voraussetzung, dass die Passbehörden gleichzeitig verpflichtet werden, bei Ausstellung eines Reisepasses die Frage des Besitzes der Staatsbürgerschaft bei der zuständigen Evidenzstelle oder beim Dokumentenregister des ZMR 2 zu hinterfragen. Damit wäre gewährleistet, dass bei allen Personen, die einen Reisepass beantragen, die Eintragung in der Staatsbürgerschaftsevidenz oder im Dokumentenregister des ZMR2 abgeglichen wurde.

 

  1. Die Einführung der Pauschalgebühr (Tarifpost 14 des Gebührengesetztes) für die Durchführung eines positiven Verleihungsverfahrens sollte unterstützt werden. Dies ist eine einheitliche Forderung der Bundesländer. Der entsprechende Antrag ist über die Verbindungsstelle bereits seit mehren Monaten beim Bundesministerium für Finanzen anhängig.

 

 

II. Zu den Kosten:

 

Im Vorblatt zu dieser Novelle wird zu den finanziellen Auswirkungen Folgendes festgeschrieben:

 

„Da die Vollziehung der Staatsbürgerschaftsangelegenheiten in den Vollzugsbereich der Länder fällt, werden für den Bund im Verleihungsverfahren keine zusätzlichen Kosten eintreten. Lediglich durch die Schaffung des § 34 Abs. 1a können in einem allfälligen Entzugsverfahren zusätzliche Verwaltungsaufwendungen in einer zu vernachlässigenden Höhe eintreten.

 

Durch die mit der nunmehrigen Novelle angestrebte Straffung der Verfahren kann bei den Vollzugskosten der Länder zumindest von einer Kostenneutralität ausgegangen werden. Mehrkosten werden jedoch durch die von den jeweiligen Ländern aufgrund des § 10a durchzuführenden Prüfungen eintreten, die jedoch derzeit seriöser Weise nicht berechnet werden können.“

 

Dazu ist Folgendes zu bemerken:

 

Die vorgeschlagene Regelung beinhaltet ein schriftliches Abhalten einer Prüfung, wobei die Grundkenntnisse der demokratischen Ordnung sowie die Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes, der Aufbau und die Organisation der Republik Österreich und ihre maßgeblichen Institutionen, die Grund- und Freiheitsrechte einschließlich der Rechtsschutzmöglichkeiten und die Voraussetzungen des Wahlrechts abgeprüft werden sollen.

 

 

 

 

 

Die Durchführung einer solchen Prüfung, also die Vorbereitung, die Korrektur und die Bewertung der Prüfungsarbeiten würde einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand und entsprechende Mehrkosten erfordern. In der Steiermark wären nämlich schätzungsweise 2500 bis 3000 schriftliche Prüfungen abzuhalten, für die sowohl das räumliche Umfeld geschaffen und das erforderliche Personal für die Prüfungsaufsicht und die Beurteilung des Prüfungsergebnisse bereitgestellt werden müsste.

 

Eine diesbezügliche Kosteneinschätzung fehlt im do. Entwurf zur Gänze. Die Steiermark ist daher der Auffassung, dass durch den vorliegenden Entwurf der Fristenlauf im Sinne der Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus nicht ausgelöst wird, weil das Rechtsetzungsvorhaben überhaupt keine oder jedenfalls keine der Vereinbarung entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen enthält. Die Weiterverfolgung eines derartigen  mangelhaften Rechtsetzungsvorhabens hat die Konsequenz, dass im Sinne des Art.4 Abs.2 „keine Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb der genannten Frist“ gegeben wurde. Dies bewirkt letztlich die Ersatzleistungspflicht des Bundes für die Kosten des gegenständlichen Gesetzesvorhabens.

 

 

III. Zu den einzelnen Bestimmungen:

 

1. Zu § 10 Abs. 2:

 

Im § 10 Abs. 2 werden Ausschließungsgründe angeführt, wobei auf Ziffer 1 dieses Absatzes besonders hingewiesen werden muss.

Im § 10 Abs. 2 Z 1 wird auf die Bestimmungen des § 60 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz verwiesen in dem verschiedene Sachverhalte festgelegt wurden, bei deren Bestehen ein Ansuchen um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft abzuweisen ist, auch wenn es zu keiner Verurteilung gekommen ist. In den Punkten 5. bis 14. ist keine Verurteilung und daher auch keine eingeleitete Strafverfolgung vorgesehen. Das wiederum bewirkt, dass ein solcher Sachverhalt, wenn er einmal festgestellt wurde, immer aufrecht festgestellt bleibt und damit die Abwicklung eines positiven Verleihungsverfahrens immer behindert.

Als Beispiel sei angeführt:

Jemand, der gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise- oder Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen, setzt einen Tatbestand, der eine Einbürgerung für immer unmöglich macht.

Ob diese Rechtsfolge tatsächlich in diesem Umfang gemeint ist, erscheint fraglich zu sein.

 

Auch bei den weiteren Bestimmungen treten ähnliche Situationen ein, die zur Abweisung eines Antrages führen müssten.

 

2. Zu § 10a:

 

Diese Bestimmung wird aus Kostengründen (siehe oben unter II.) abgelehnt.

 

Es wird eine Regelung angeregt, die den Ländern keine Kosten verursacht. Dies könnte dadurch erreicht werden, dass dem Antragsteller die Absolvierung des Modul2 nach den Bestimmungen des NAG als Nachweis der Deutschkenntnisse vorgeschrieben wird.

 

3. Zu den Übergangsbestimmungen:

 

Derzeit sind keine Übergangsbestimmungen in den Begutachtungsentwurf eingearbeitet.

 

Um unsere laufenden Verfahren kontinuierlich weiter bearbeiten zu können, wird es erforderlich sein, Übergangsregelungen für

a)      gestellte Anträge,

b)      mit der Zusicherung abgeschlossene Anträge und für

c)      neue Anträge hinsichtlich der erforderlichen „neuen“ Deutsch-Kenntnisse

 

zu berücksichtigen, wobei die eingeforderten Übergangsregelungen unter der Voraussetzung, dass der über die Verbindungsstelle vorgelegte Änderungsvorschlag zum § 10a akzeptiert wird, zu sehen wären.

 

 

Im Einzelnen sei dazu Folgendes bemerkt:

 

Zu a) (bereits gestellte Anträge)

 

Für bereits gestellte Anträge sollten die bisherigen Bestimmungen weitergelten, da auch das Modul 2 nach dem NAG erst ab 1. Jänner 2006 eingeführt wird und die erforderliche Erfüllung des Modul 2 auch bei der geänderten Variante am 2. Jänner 2006 nicht eingefordert werden kann. Anbieten dieser Kurse, Schulung nach diesen Kursen und die Erfüllung der Voraussetzungen für den positiven Abschluss können nicht ab 1. Jänner 2006 eingefordert werden, da dem betroffenen Personenkreis Zeit und Gelegenheit gegeben werden muss, diese Voraussetzungen nach 10a zu erfüllen.

 

Wichtig ist, dass § 10a eine zukünftige Regelung darstellt und ein „Hinauszögern“ der Wirksamkeit dieser Bestimmung in Anbetracht des bisherigen Fehlens dieser Voraussetzung mengenmäßig nicht von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Zu b) (mit der Zusicherung abgeschlossene Anträge)

 

Anträge, die mit der Zusicherung der Verleihung abgeschlossen wurden, beinhalten eine positive Entscheidung der Behörde über den gestellten Antrag. Es wird lediglich die Entlassung eingefordert, wobei die bisherigen allgemeinen Einbürgerungsvoraussetzungen auch während des Zeitraums zwischen erlassenem Zusicherungsbescheid und endgültiger Entscheidung der Behörde über den Antrag erfüllt sein müssen.

 

Daher ist es auch für diese Fälle vom Ablauf her nicht zielführend, die neue Rechtslage wirksam werden zu lassen.

 

Zu c) (neue Anträge ab Wirksamwerden des Gesetzes)

 

Für Anträge, die ab Wirksamwerden des Gesetzes gestellt werden, sollten alle Bestimmungen, mit Ausnahme des § 10a neu, gelten, da es sinnvoll ist, die Voraussetzungen des § 10a neu erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam werden zu lassen. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten die bisherigen Bestimmungen des § 10a weitergelten. Begründet wird diese „Verzögerung“ damit, da das NAG erst ab 1. Jänner 2006 in Kraft tritt und der Ablauf der Integrationsvereinbarung gemäß Modul 2 sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht etabliert hat.

 

Im Sinne der Kontinuität der bisherigen Einbürgerungsmöglichkeiten wäre es daher sinnvoll, die Erfüllung des Modul 2 nach dem vorgeschlagenen § 10a neu erst für Anträge, die ab einem bestimmten Zeitpunkt nach Wirksamwerden der Staatsbürgerschaftsnovelle eingereicht werden, wirksam werden zu lassen. Damit wäre gewährleistet, dass zukünftige Antragsteller ausreichend Gelegenheit haben, sich mit dem Modul 2 NAG auseinander zu setzen und diese Voraussetzungen bei Einbringung eines Ansuchens um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft auch erfüllen können.

 

 

Dem Präsidium des Nationalrates werden unter einem 25 Abdrucke dieser Stellungnahme zugeleitet. Eine weitere Ausfertigung ergeht an die Email-Adresse begutachtungsverfahren@parlament.gv.at.

 

 

 

Für die Steiermärkische Landesregierung

 

 

 

 

(Landeshauptmann Waltraud Klasnic)