428/AB XXI.GP

 

B e a n t w o r t u n g

 

der parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr.

Elisabeth Pittermann, Dobnigg und Genossen betreffend die Umsetzung der

unsozialen Pensionspläne der FPÖVP Bundesregierung

(Nr. 395/J)

 

 

Einleitend verweise ich auf das Koalitionsabkommen, das im Kapitel II unter dem

Titel „Sicherung der Pensionen und der Altersvorsorge“ folgende Aussagen enthält:

 

„Folgende Maßnahmen sind umzusetzen:

 

(1) Das Zugangsalter zu den vorzeitigen Alterspensionen bei langer Ver -

sicherungsdauer und bei Arbeitslosigkeit sowie zur Gleitpension (55 für Frauen / 60

für Männer) wird angehoben. Beginnend mit dem 1. 10. 2000 wird das Zugangsalter

je Quartalsbeginn um zwei Monate in neun gleichen Schritten angehoben, bis per

1. 10. 2002 eine Anhebung von 18 Monaten erreicht ist. Im gleichen Zeitraum ist

das Zugangsalter zur vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit

(55 für Frauen / 57 für Männer) anzuheben. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass Ver -

sicherte mit einer Beitragsdauer von mindestens 45 Jahren weiter mit 60 Jahren in

Pension gehen können. Dabei sind für Frauen Kindererziehungsersatzzeiten als

echte Beitragszeiten zu werten.

 

(2) Parallel zu den gesetzlichen Pensionsversicherungen soll das Pensionsan -

trittsalter im öffentlichen Bereich angehoben werden.

(3) Ausbau des Bonus/Malus - Systems: Der Bonus beträgt 4% pro Jahr. Für jedes

Jahr früheren Pensionsantritts vor dem Regelpensionsalter erhöht sich der Malus

- beginnend mit 2% bei 59/64 Jahren - um je 1 % pro Jahr. Dabei soll es mit dem

Bonus möglich sein, die Bemessungsgrundlage von 80 Prozent zu überschreiten,

wobei ein absoluter Deckel von 90 Prozent vorzusehen ist. Maßnahmen mit ent -

sprechender Wirkung sind in den Pensionssystemen der öffentlich - rechtlich Be -

diensteten vorzusehen.

 

(4) Vollständiger Entfall der Ruhensbestimmungen für PensionistInnen bei Er -

reichen des Regelpensionsalters (Frauen 60 / Männer 65) oder bei solchen

PensionistInnen, die vorzeitig nach einer Beitragsdauer von 45 Beitragsjahren die

Pension angetreten haben.

 

(5) Um den Gebietskörperschaften eine Modernisierung der Pensionssysteme für

ihre Bediensteten zu ermöglichen, wird das Pensionskassengesetz ... novelliert ...

 

(6) Im Rahmen der Maßnahmen zur Pensionssicherung wird in Zusammenarbeit

mit Ländern, Gemeinden, Sozialpartnern, AMS und den Sozialversicherungsträgern

ein Maßnahmenpaket für ältere ArbeitnehmerInnen erarbeitet, das spätestens am

1. Oktober 2000 mit dem Ziel, die Erwerbschancen älterer ArbeitnehmerInnen zu

erhöhen, in Kraft tritt. Arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen für Arbeitnehmer, die

knapp vor der Pensionierung stehen, sind vorzunehmen. Übergangsregelungen für

allenfalls betroffene Sozialpläne sind von den Sozialpartnern vorzusehen.

 

(7) Begleitend zur Anhebung der Altersgrenzen für die vorzeitigen Alterspensionen

ist eine Überprüfung und daraus resultierende erforderliche Harmonisierung der

Zugangsbedingungen zu sämtlichen krankheitsbedingten Pensionsarten in der Pen -

sionsversicherung (einschließlich der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter

Arbeitsfähigkeit) und bei den Beamtenpensionen, mit dem Ziel größerer Treffsicher -

heit, mehr Gerechtigkeit, Anpassung an die sich ändernden Gegebenheiten am

Arbeitsmarkt sowie Vermeidung sozialer Härten sowie verbesserte Gesundheitsvor -

sorge durchzuführen.

(8) Die Pensionsanpassung hat sich künftig am Ziel der Wertsicherung zu

orientieren (bei Berücksichtigung eines Lebenserwartungsfaktors). Wir haben die

Absicht, Einmalzahlungen sowie Fix - und Sockelbeträge an sozial Schwächere vor -

zusehen.

 

(9) Zum Zweck der klaren Aufgabenteilung zwischen öffentlichem Pensionssystem

und Privatversicherung wird die freiwillige Höherversicherung im Rahmen des öffent -

lichen Pensionssystems nicht weiter fortgeführt, wobei bereits geleistete Ein -

zahlungen vom Auslaufen dieser Maßnahme nicht berührt sind.

 

(10) Die Erhöhung des Eigenfinanzierungsanteils der Selbständigen und der Bauern

und Bäuerinnen um jeweils 250 Millionen Schilling ist notwendig.

 

(11) Bei künftigen Hinterbliebenenpensionen ist eine Spreizung der 40/60 - Regelung

auf 20/60 vorzusehen.

 

(12) Um das Vertrauen der Jugend und PensionsbezieherInnen in die Stabilität und

die Finanzierung des öffentlichen Pensionssystems nachhaltig zu sichern, wird unter

dem Vorsitz des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales eine

Expertenkommission zur Rahmenplanung eingerichtet, die weitere Reformschritte

zur Anpassung unseres Pensionssystems an den gesellschaftlichen Wandel

erarbeitet. Die nachfolgenden Reformmaßnahmen sind so zu erarbeiten, dass sie

mit 1. Jänner 2001 in Kraft treten können. Von dieser Expertenkommission sind

insbesondere folgende Themen und Vorgaben zu behandeln:

 

- In bestehende Pensionen wird nicht eingegriffen.

 

- Jährliche Berücksichtigung der steigenden Lebenserwartung bei der Pensions -

  festsetzung nach Inkrafttreten der Anhebung des Zugangsalters für die

  vorzeitigen Alterspensionen.

 

- Einheitliches Pensionssystem für BerufsanfängerInnen in der Privatwirtschaft und

  im öffentlichen Dienst bei Beachtung der unterschiedlichen Beitragsregime.

- Stärkung der Bedarfsorientierung der Hinterbliebenenpensionen bei Zusammen -

  treffen von hohem Erwerbseinkommen bzw. hoher eigener Alterspension und

  Hinterbliebenenpension.

 

- Alterssicherung von Frauen mit geringen eigenen Versicherungszeiten aufgrund

  langer Phasen von Familienarbeit im Trennungsfall.

 

- Weitere Entwicklung des Betriebspensionsrechtes.

 

- Die Einführung eines persönlichen Pensionskontos, damit jeder/jede Versicherte

  jederzeit seine/ihre Anwartschaften überprüfen kann.

 

- Überprüfung der Beitragszeiten und der Durchrechnungszeiten.

 

- Überprüfung der Steigerungsbeträge.

 

(13) Der Pensionsanpassungsbeirat beim Sozialminister soll künftig nur für die

Grundlagenermittlung des Erhöhungssatzes dienen und nicht für konkrete

Empfehlungen des Anpassungsfaktors.“

 

Wie im Regierungsübereinkommen im Kapitel ,,Budgetpolitik“ angeführt, ist außer -

dem unbestritten, dass die derzeitige Situation des Bundeshaushaltes auch im

Bereich der Pensionsversicherung bzw. der Pensionsansprüche der BeamtInnen bis

zum Jahre 2003 eine Einsparung von bis zu 15 Mrd. S erforderlich macht. Davon

entfallen etwa 10 bis 12 Mrd. S auf die gesetzliche Pensionsversicherung.

 

Auch in den Verhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP war dies unbestritten. Selbst

der ehemalige Finanzminister Edlinger hat immer wieder betont, dass der Bundes -

beitrag zur Sozialversicherung gesenkt werden müsse. Edlinger hat aus diesem

Grund die kurzfristige Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters gefordert.

 

Die im Koalitionspapier genannten Zielvorstellungen entsprechen sowohl der

geschilderten langfristigen Reformnotwendigkeit der Pensionsversicherung als auch

den kurzfristigen Notwendigkeiten der Budetkonsolidierung.

 

Unmittelbar nach meinem Amtsantritt habe ich eine Expertenkommission unter dem

Vorsitz von Univ. - Prof. Dr. Theodor Tomandl eingesetzt, die am 18. Februar 2000

ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Zur Behandlung der kurzfristigen Probleme wurden

vier Arbeitsgruppen eingesetzt, deren Vorsitzende der Kommission zunächst jeweils

einen Zwischenbericht erstatteten. Die Aufgabenstellungen der Arbeitsgruppen

waren folgende:

 

1. Pensionsanpassung (Leitung Dr. Gerhard Lehner)

 

Zu diskutieren waren die beabsichtigte künftige Orientierung an der Wertsicherung

unter Berücksichtigung eines Lebenserwartungsfaktors sowie die Gewährung von

Einmalzahlungen, Fix - und Sockelbeträgen für sozial Schwächere sowie die künftige

Aufgabenstellung des Beirats für die Renten - und Pensionsanpassung.

 

2. Sicherung der Hinterbliebenen (Leitung Univ. Prof. Dr. Ulrich Runggaldier)

 

Zu diskutieren war die beabsichtigte stärkere Bedarfsorientierung bei Zusammen -

treffen von Hinterbliebenenpensionen mit hohem Erwerbseinkommen (hoher Eigen -

pension).

 

3. Pensionszugang (Leitung Univ. Prof. Dr. Wolfgang Mazal)

 

Zu diskutieren war die Umsetzung der geplanten stufenweisen Erhöhung des

Pensionszugangsalters bei vorzeitigen Pensionen (insbesondere der Pensionen

wegen Minderung der Arbeitsfähigkeit) samt den erforderlichen flankierenden Maß -

nahmen.

 

4. Pensionsberechnung (Leitung Univ. Prof. Dr. Theodor Tomandl)

 

Zu diskutieren waren die Gestaltung der Beitragszeiten, des Durchrechnungszeit -

raums, der Steigerungsbeträge und des Bonus - Malus - Systems, wobei der Zusam -

menhang mit der beabsichtigten Erhöhung des Zugangsalters für vorzeitige Pen -

sionen und der steigenden Lebenserwartung zu beachten war. Bedacht zu nehmen

war auch auf den beabsichtigten Entfall der Ruhensbestimmungen für die Regel -

alterspension bzw. für Versicherte mit 45 Beitragsjahren.

 

Die Endberichte der Arbeitsgruppen wurden in den Gesamtbericht eingebaut und

von der Kommission am 28. März 2000 beschlossen. Dieser erste Bericht zur

Rahmenplanung des österreichischen Pensionssystems wurde noch am selben Tag

der Öffentlichkeit vorgestellt.

 

Die Regierung hat die Vorschläge der Expertenkommission beraten und sich auf ein

Reformpaket als Grundlage für Verhandlungen mit den Sozialpartnern geeinigt. Ich

habe in der Folge im Ministerrat am 5. April 2000 gemeinsam mit der Bundes -

ministerin für öffentliche Leistung und Sport und dem Bundesminister für Wirtschaft

und Arbeit der Bundesregierung einen Bericht betreffend Maßnahmen zur länger -

fristigen Sicherung des Pensionssystems und begleitende Maßnahmen für die

Beschäftigung älterer Arbeitnehmer erstattet.

 

Seit dem 10. April 2000 wird mit den Sozialpartnern über die konkrete Ausgestaltung

der zu treffenden Maßnahmen verhandelt. Konkrete Ergebnisse liegen noch nicht

vor. Ich kann mich zu den einzelnen Punkten der gegenständlichen Anfrage daher

nur vorbehaltlich der in den Verhandlungen zu erzielenden Ergebnisse äußern.

 

 

Zu den einzelnen Fragen führe ich Folgendes aus:

 

 

Zur Frage 1:

 

Die Absicherung und Weiterentwicklung unseres Sozialsystems ist eine

vordringliche Aufgabe für die neue Bundesregierung. Jeder, der Sozialleistungen

braucht, soll diese ausreichend, sicher und schnell erhalten. Innerhalb unseres

bewährten Sozialsystems gilt es, eine verbesserte Aufgabenteilung zwischen Staat

und Privat zu finden. Die Bundesregierung will neben dem Wohlfahrtsstaat eine

leistungsstarke und lebendige Wohlfahrtsgesellschaft etablieren.

 

Verantwortungsbewusst Politik zu machen heißt, für unsere Kinder eine gerechte

und sichere Zukunft zu schaffen. Die Lebensarbeitszeit sinkt, die Lebenserwartung

steigt. Wir müssen daher unser Pensionssystem den geänderten Voraussetzungen

anpassen. Österreich zählt zu den Ländern mit dem niedrigsten Pensionsalter.

Nahezu in ganz Europa wurde das Pensionsalter bereits angehoben. Über die

notwendige Anpassung sollte auch in Österreich Parteienkonsens bestehen. Auch in

den Verhandlungen mit der SPÖ wurde vom damaligen Finanzminister die

Notwendigkeit einer Anpassung und Anhebung des Pensionsalters um zwei Jahre

für die Frühpension vorgeschlagen. Um soziale Härtefälle zu vermeiden, wird die

Anhebung schrittweise erfolgen.

 

Auf Basis des Regierungsprogrammes vom Februar 2000 und des Berichtes der

Expertenkommission zur Rahmenplanung des österreichischen Pensionssystems

(Leitung Univ. Prof. Dr. Theodor Tomandl) plant die Bundesregierung mit den von ihr

vorgeschlagenen Maßnahmen einen wichtigen Schritt zur Erreichung des Zieles der

nachhaltigen Sicherung des Vertrauens der Jugend und der Pensionsbezieher in die

Stabilität und Finanzierbarkeit des öffentlichen Pensionssystems.

 

Die langfristige Sicherung des Pensionssystems kann allerdings nicht in einem

Schritt erfolgen, sie verlangt vielmehr eine kontinuierliche „Systempflege“.

 

Entsprechend den Empfehlungen der Expertenkommission wird die Bundes -

regierung die Weiterentwicklung des öffentlichen Pensionssystems in Richtung

"mehr Leistungsgerechtigkeit“ gestalten. Sozialen Aspekten ist bei der

Ausgestaltung eines leistungsgerechten Modells große Beachtung zu schenken,

ihre Umsetzung sollte jedoch in einer systemkonformen Weise erfolgen.

 

Alte und junge Erwerbstätige sowie Pensionisten bilden eine Solidargemeinschaft,

innerhalb derer eine ausgewogene Lastenverteilung vorgenommen werden muss. In

diesem Sinne wird die Bundesregierung Maßnahmen zur Anhebung des Zugangs -

alters bei den vorzeitigen Alterspensionen, zum weiteren Ausbau eines Bonus -

Malus - Systems bei vorzeitiger, respektive späterer Inanspruchnahme einer Pension

sowie zur Berechnung neu anfallender Hinterbliebenen - Pensionen setzen. Die

künftige jährliche Pensionsanpassung soll zwar nach dem Modell der

Nettoanpassung erfolgen, die Wertsicherung soll in solchen Jahren, in denen die

Inflationsrate über der errechneten Nettoanpassung liegt, durch Einmalzahlungen

erreicht werden.

Die Bundesregierung ist jedenfalls bestrebt, die langfristige Sicherung des

Pensionssystems in sozial ausgewogener Weise und unter fairer Einbeziehung aller

Bevölkerungsgruppen zu realisieren; gleichzeitig sollen beschäftigungspolitische

Maßnahmen, insbesondere für ältere Menschen, noch wirkungsvoller eingesetzt

werden.

 

 

Zur Frage 2:

 

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen fallen in den Zuständigkeitsbereich des

Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit. Ich verweise jedoch auf den

Bericht der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport, der Bundes -

ministerin für soziale Sicherheit und Generationen sowie des

Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an die Bundesregierung, Pkt. B).

 

 

Zur Frage 3:

 

Im Regierungsprogramm ist vorgesehen, dass Frauen, die bisher keinen eigen -

ständigen Pensionsanspruch hatten, der Erwerb eines Anspruchs auf eine Eigen -

pension ermöglicht werden soll. Die Expertenkommission "Alterssicherung" wird im

Rahmen der Diskussion über mittel - und langfristige Maßnahmen zur Reform der

gesetzlichen Pensionsversicherung mögliche Regelungsmodelle erarbeiten. Kurz -

fristig war dies aufgrund der Komplexität dieser seit Jahren in Diskussion stehenden

Problematik nicht möglich.

Zur Frage des Vertrauensschutzes und der Beurteilung der Auswirkungen des Bun -

desverfassungsgesetzes über unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und

weiblichen Sozialversicherten, BGBl. Nr.832/1992 verweise ich auf den Bericht der

Expertenkommission "Alterssicherung“ Kapitel 9.

Zur Frage 4:

 

Zur Frage des Vertrauensschutzes verweise ich auf den Bericht der Expertenkom -

mission, Kapitel 9.

Zu den geplanten Maßnahmen im Bereich der gesetzlichen Pensionsversicherung

verweise ich auf den Bericht der Bundesministerin für öffentliche Leistung und

Sport, der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen sowie

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an die Bundesregierung,

Pkt. A, sowie auf den Bericht der Expertenkommission „Alterssicherung“.

 

 

Zur Frage 5:

 

Die Problematik allfälliger Sonderregeln für diese Gruppe wird mit den

Sozialpartnern noch beraten werden.

 

 

Zu den Fragen 6 und 7:

 

Zur Frage des Vertrauensschutzes verweise ich auf den Bericht der Experten -

kommission, Kapitel 9.

Zu den geplanten Maßnahmen im Bereich der gesetzlichen Pensionsversicherung

verweise ich auf den Bericht der Bundesministerin für öffentliche Leistung und

Sport, der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen sowie

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an die Bundesregierung,

Pkt. A, sowie auf den Bericht der Expertenkommission „Alterssicherung“.

Zur Frage 8:

 

Die zur längerfristigen Sicherung des Pensionssystems notwendigen Maßnahmen

bedürfen keiner Verfassungsbestimmung.

 

 

Zur Frage 9:

 

Wie bereits einleitend ausgeführt, ist unbestritten, dass die derzeitige Situation des

Bundeshaushaltes auch im Bereich der Pensionsversicherung bzw. der Pensionsan -

sprüche der BeamtInnen bis zum Jahre 2003 eine Einsparung von bis zu 15 Mrd. S

erforderlich macht. Davon entfallen etwa 10 bis 12 Mrd. S auf die gesetzliche

Pensionsversicherung.

 

 

Zu den Fragen 10 und 11:

 

Diese Frage muss mit den Sozialpartnern noch beraten werden.

 

 

Zur Frage 12:

 

Bereits jetzt sind Abschläge in der Höhe von 2 % für jedes Jahr des vorzeitigen

Pensionsantritts vorgesehen. Die Expertenkommission hat vorgeschlagen, diese Ab -

schläge um einen Prozentpunkt zu erhöhen. Ich verweise hiezu auf deren Bericht,

Kapitel 8.

 

 

Zu den Fragen 13 und 14:

 

Der Schutz älterer ArbeitnehmerInnen vor Kündigungen ist der Bundesregierung ein

besonderes Anliegen. Ich verweise hiezu auf auf den Bericht der Bundesministerin

für öffentliche Leistung und Sport, der Bundesministerin für soziale Sicherheit

und Generationen sowie des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an die

Bundesregierung, Pkt. B1, in welchem eine Fülle von

beschäftigungspolitischen Maßnahmen für ältere ArbeitnehmerInnen

vorgeschlagen wird.

 

 

Zur Frage 15:

 

Das Thema der künftigen Bewertung von Ersatzzeiten und deren

kostenadäquater Finanzierung ist Gegenstand der Beratungen der Experten -

kommission zur langfristigen Sicherung des österreichischen Pensions -

systems. Durch eine Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung als

Beitragszeiten bis zu fünf Jahren würde das Erreichen von 40 bzw. 45

Beitragsjahren wesentlich erleichtert werden.

 

 

Zur Frage 16:

 

Eine Demontage der gesetzlichen Pensionsversicherung steht nicht zur

Diskussion. Die Bundesregierung wird jedoch auf der Basis eines

Dreisäulenmodells ein flexibles, modernes und leistbares Pensionssystem

entwickeln. Dieses Modell basiert auf der gesetzlichen Pensionsversicherung,

einer zusätzlichen Betriebspension und der ergänzenden Altersvorsorge

durch eigene Sparleistungen.

 

 

Zur Frage 17:

 

Das Thema der künftigen Bewertung von Ersatzzeiten und deren

kostenadäquater Finanzierung ist Gegenstand der Beratungen der Experten -

kommission zur langfristigen Sicherung des österreichischen Pensions -

systems.

 

Beilagen

Bundesministerium für

öffentliche Leistung und Sport

 

Bundesministerium für soziale                                                         Bundesministerium

Sicherheit und Generationen                                                           für Wirtschaft und Arbeit

 

 

Gemeinsamer Bericht der Bundesministerinnen für

öffentliche Leistung und Sport sowie für soziale Sicherheit

und Generationen und des Bundesministers für

Wirtschaft und Arbeit betreffend Maßnahmen zur längerfristigen Sicherung des

Pensionssystems und begleitende Maßnahmen für die Beschäftigung älterer

Arbeitnehmer

 

 

                A) Maßnahmen zur längerfristigen Sicherung des Pensionssystems

 

I. Ausgangspunkt

Auf Basis des Regierungsprogrammes vom Februar 2000 und des Berichtes der

Expertenkommission zur Rahmenplanung des österreichischen Pensionssystems

(Leitung Univ. Prof. Dr. Theodor Tomandl) plant die Bundesregierung mit den von ihr

vorgeschlagenen Maßnahmen einen wichtigen Schritt zur Erreichung des Zieles der

nachhaltigen Sicherung des Vertrauens der Jugend und der Pensionsbezieher in die

Stabilität und Finanzierbarkeit des öffentlichen Pensionssystems.

 

Die langfristige Sicherung des Pensionssystems kann allerdings nicht in einem Schritt

erfolgen, sie verlangt vielmehr eine kontinuierliche „Systempflege“.

 

Entsprechend den Empfehlungen der Expertenkommission wird die Bundesregierung

die Weiterentwicklung des öffentlichen Pensionssystems in Richtung „mehr

Leistungsgerechtigkeit“ gestalten. Sozialen Aspekten ist bei der Ausgestaltung eines

leistungsgerechten Modelles große Beachtung zu schenken, ihre Umsetzung sollte

jedoch in einer systemkonformen Weise erfolgen.

 

Alte und junge Erwerbstätige und Pensionisten bilden eine Solidargemeinschaft,

innerhalb derer eine ausgewogene Lastenverteilung vorgenommen werden muss. In

diesem Sinne wird die Bundesregierung Maßnahmen zur Anhebung des Zugangsalters

zu den vorzeitigen Alterspensionen, des weiteren Ausbaues eines Bonus - Malus -

Systems bei vorzeitiger respektive späteren Inanspruchnahme einer Pension so wie

zur Berechnung künftiger Hinterbliebenen - Pensionen setzen. Die künftige jährliche

Pensionsanpassung soll zwar nach dem Modell der Nettoanpassung erfolgen, die

Wertsicherung soll in solchen Jahren, in denen die Inflationsrate über der errechneten

Nettoanpassung liegt, durch Einmalzahlungen erreicht werden.

 

In einer Sammelnovelle ist die Umsetzung von Pkt. 1 des Regierungsübereinkommens

- Reform der gesetzlichen Pensionsversicherung aus dem Kapitel „Sicherung der

Pensionen und der Altersvorsorge" vorzusehen.

 

II. Maßnahmen

1. Künftige Hinterbliebenenpensionen:

Ab 1. Oktober 2000 wird eine Spreizung zwischen 0 % und 60 % der Pension des

verstorbenen Ehegatten eingeführt. Gleichzeitig wird einerseits eine Leistungsober -

grenze für die Bezieher hoher Einkommen geschaffen und andererseits eine Erhöhung

des „Schutzbetrages“ auf S 20.000,-- für die Bezieher geringer Einkommen

vorgenommen.

 

Diese Maßnahme wird inhaltlich identisch auch in das Beamtenpensionsrecht

übernommen.

 

2. Zugangsalter bei vorzeitigen Alterspensionen:

Das Anfallsalter für die vorzeitigen Alterspensionen (derzeit 55 Jahre für Frauen und

60 Jahre für Männer) wird, beginnend mit 1. Oktober 2000, jedes Vierteljahr für

Personen, die in diesem Vierteljahr das derzeitige Anfallsalter erreichen, um zwei

Monate erhöht, sodass im Dauerrecht ein Anfallsalter von 56 1/2 Jahren für Frauen und

61 1/2 Jahren für Männer erreicht wird.

 

Die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit)

wird ab 1. Oktober 2000 aufgehoben. Es wird sichergestellt, dass ungelernte Arbeiter,

Selbständige und Bauern nur in zumutbarer Weise auf eine andere als ihre bisherige

Berufstätigkeit verwiesen werden können.

Ab 1. Oktober 2000 wird die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit auch jenen

Personen (einschließlich der GSVG - und BSVG - Versicherten) gewährt, die aus

gesundheitlichen Gründen am Arbeitsmarkt als unvermittelbar gelten.

 

Gleichzeitig werden beschäftigungspolitische Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer

wirksam (siehe dazu Punkt B).

 

Für Beamte wird die derzeit ab dem vollendeten 60. Lebensjahr mögliche Versetzung

in den Ruhestand durch Erklärung erst ab dem vollendeten 738. Lebensmonat

(= 61,5 Jahre) ermöglicht. Die Anhebung dieser Altersgrenze wird ab 1. Oktober 2000

pro Quartal um jeweils zwei Monate erfolgen, sodass die Dauerregelung mit 1. Oktober

2002 wirksam wird. Nur wenn eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit von mindestens

40 Jahren vorliegt, kann die Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung weiterhin

mit dem vollendeten 60. Lebensjahr erfolgen.

 

Weiters wird die derzeit nur antragsgemäße Ruhestandsversetzung bei Erreichen

dieser Altersgrenzen durch die Möglichkeit der amtswegigen Ruhestandsversetzung

ergänzt, um eine den unterschiedlichen Anforderungen des öffentlichen Dienstes

entsprechende Altersstruktur gewährleisten zu können.

 

3. Ausbau des Bonus / Malus - Systems:

Der Abschlag bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Pension wird linear mit

3 Steigerungspunkten anstelle von 2 Steigerungspunkten pro Jahr bis zu höchstens

10,5 Steigerungspunkten oder 15 % der Pension festgelegt und zeitgleich und im

Gleichschritt mit der Erhöhung des Pensionsanfallsalters eingeführt. Bei Pensionen

wegen geminderter Arbeitsfähigkeit und wegen Erwerbsunfähigkeit wird die fiktive

Anrechnung von Versicherungszeiten ausgeweitet. Ergänzend sind

Übergangsbestimmungen erforderlich.

 

Für männliche Versicherte mit 45 Beitragsjahren, für weibliche Versicherte mit

40 Beitragsjahren wird weder die Verschärfung des Abschlages noch die Hinauf -

setzung des Pensionsanfallsalters wirksam. Kindererziehungszeiten sind dabei wie

Beitragszeiten zu berücksichtigen.

Im Beamtenpensionsrecht wird der derzeit bestehende Abschlag von 2 Prozentpunkten

für jedes Jahr der Ruhestandsversetzung vor Vollendung des 60. Lebensjahres auf

3 Prozentpunkte für jedes Jahr vor der Altersgrenze für die Ruhestandsversetzung

durch Erklärung erhöht. Die Abschlagsobergrenze von 18 Prozentpunkten bleibt

erhalten. Weiters werden die derzeitigen Regelungen betreffend Entfall des

Abschlages bei Erwerbsunfähigkeit und bei Anspruch auf eine Versehrtenrente

aufgehoben. Abweichende Abschlagsregelungen für einzelne Berufsgruppen

(Exekutive, Lehrer) werden im Rahmen der geplanten Sozialpartnergespräche einer

entsprechenden Revision unterzogen.

 

Ein Bonus für längeres Verbleiben im Dienststand wird nicht eingeführt, da ein Bonus

in einem Alter, in dem männliche ASVG - Versicherte Abschläge hinnehmen müssen,

nicht vertretbar erscheint und die Beschäftigung von Beamten über das 65. Lebensjahr

hinaus grundsätzlich nicht möglich ist.

 

4. Künftige Pensionsanpassung:

Die jährliche Pensionsanpassung wird strikt nach dem Modell der "Nettoanpassung“

(Mittelwert ohne Bandbreite) erfolgen. In Jahren, in denen dadurch die Inflationsrate

unterschritten wird, werden zum Ausgleich Einmalzahlungen in einem für alle

Pensionisten gleich hohen Ausmaß geleistet. Das Ausmaß der Einmalzahlungen wird

so errechnet, dass für die (bereits erhöhte) Durchschnittspension die Inflation voll

abgedeckt wird. Dadurch ergibt sich ein sozialer Ausgleich: die Bezieher niedriger

Pensionen erhalten etwas mehr und die Bezieher höherer Pensionen etwas weniger

als die reine Inflationsabgeltung.

 

Die schon bestehende Bindung der Anpassung der Beamtenpensionen an den

Anpassungsfaktor gemäß ASVG bleibt aufrecht. Einmalzahlungen zum Ausgleich des

allfälligen Unterschreitens der Nettoanpassung werden jeweils auch für niedrige

Beamtenpensionen vorgesehen.

 

5. Die Pensionskommission wird noch vor dem Sommer ihre Arbeit wieder

aufnehmen und vordringlich die Invaliditätsproblematik beraten. Längerfristig wird sie

sich mit weiteren Annäherungen an ein versicherungsmathematisch orientiertes

Pensionssystem befassen.

 

6. Weitere Maßnahmen im Beamten - Dienst - und Pensionsrecht:

Der von aktiven Beamten zu leistende Pensionsbeitrag und der von Pensionisten zu

leistende (Pensionssicherungs - ) Beitrag werden ab 1. Jänner 2001 um jeweils

0,8 Prozentpunkte erhöht. Diese gleichmäßige geringfügige Belastung der Aktiven und

der Pensionisten entspricht vollinhaltlich dem Generationenvertrag.

 

Zur Hintanhaltung langer ungerechtfertigter Krankenstände wird für Beamte eine

Entgeltfortzahlungsregelung im Sinne einer Bezugskürzung bei länger als

sechsmonatigem Krankenstand eingeführt.

 

Die derzeit bestehende beitragsfreie Zurechnung von Zeiten zur ruhegenussfähigen

Gesamtdienstzeit wird insofern beschränkt, als eine Zurechnung nur mehr bis zum

vollendeten 60. (61,5.) Lebensjahr möglich sein soll. Es sollen somit maximal soviele

Jahre zugerechnet werden, wie der Beamte bis zum abschlagsfreien

Pensionszugangszeitpunkt erreicht hätte, wenn er nicht erwerbsunfähig geworden

wäre. Weiters soll die Zurechnung im Sinne größerer Beitragsäquivalenz und als

Ausgleich für den Entfall der Dienstleistung nicht mehr zum höchstmöglichen

Ruhegenuss, sondern maximal zu einem Ruhegenuss von 60 % der

Bemessungsgrundlage führen.

 

7. Weitere Pensionsreformmaßnahmen im öffentlichen Bereich:

Die angeführten Reformmaßnahmen sind inhaltlich identisch auch im

Politikerpensionsrecht umzusetzen. Dies gilt auch für das Pensionsrecht

ausgegliederter Einrichtungen (Post, ÖBB), wobei in diesem Bereich aufgrund der vom

Bundesdienst abweichenden Personalstrukturen auch budgetär äquivalente

Alternativen in Betracht kommen.

 

 

                               B) Arbeitsplatzsicherheit und Beschäftigung für

ältere Arbeitnehmer

 

I. Ausgangspunkt

Geplant ist ein Bündel von Maßnahmen, mit denen Arbeitsplatzsicherheit und

Beschäftigung für ältere Arbeitnehmer geschaffen werden sollen.

An erster Stelle soll der Erhalt des Arbeitsplatzes für ältere Arbeitnehmer durch

arbeitsrechtliche und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen stehen.

Bei Arbeitsplatzverlust soll durch Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik eine

rasche Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess ermöglicht werden.

Das Bewusstsein um die Notwendigkeit der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer soll

durch einen Pakt für ältere Arbeitnehmer gestärkt werden.

 

II. Maßnahmen

1. Rascherer Rechtsschutz für ältere Arbeitnehmer:

Ältere Arbeitnehmer sollen in den Genuss von Verfahrensbeschleunigungen im

Arbeitsrecht kommen. Die Arbeits - und Sozialgerichte sollen angehalten werden, sehr

rasch Verhandlungstermine anzuberaumen, wenn es um Streitigkeiten bei der

Beendigung von Dienstverhältnissen geht (insbes. Kündigungsanfechtungen).

 

2. Ausdehnung des Kündigungsschutzes:

Neben der bestehenden Möglichkeit, eine Kündigung unter Zuhilfenahme des

Betriebsrates anzufechten, haben derzeit von Kündigungen betroffene Arbeitnehmer

auf Grund einer entsprechenden, im Arbeitsverfassungsgesetz verankerten Norm

(§ 105 i.V.m. §107 ArbVG) nur in Betrieben, in denen Betriebsräte zu errichten sind (ab

5 Arbeitnehmern), solche aber nicht bestehen, die Möglichkeit, binnen einer Woche

nach Zugang der Kündigung oder Entlassung diese beim Gericht anzufechten.

Diese Anfechtungsmöglichkeit soll nun auch auf Arbeitnehmer in Kleinbetrieben

ausgedehnt werden.

In der Praxis bestand für derartige Arbeitnehmer bisher nur die Möglichkeit, die

Kündigung wegen Sittenwidrigkeit (zum Beispiel bei unmittelbarer Diskriminierung)

anzufechten.

3. Ausbau des Altersteilzeitgeldes:

Altersteilzeitgeld soll auch ohne Einstellung einer Ersatzkraft gewährt werden können

die Arbeitszeitreduktion soll flexibel gehandhabt werden; die zulässige Höchstdauer

der Gewährung soll um den Anpassungszeitraum des Frühpensionsalters ausgedehnt

werden.

Eine befristete Inkraftsetzung (bis 31. Dezember 2002) dieser Maßnahme erscheint

aus Zweckmäßigkeitsgründen, vor allem im Hinblick auf die tatsächliche

Inanspruchnahme, angeraten.

Ausgehend von einer erwarteten Inanspruchnahme des Altersteilzeitgeldes für ca.

1.000 Arbeitnehmer bei einer Kostenschätzung von ca. ATS 170.000,-- pro

Arbeitnehmer und Unternehmen jährlich ergibt sich ein Gesamtaufwand von ATS

170 Mio.

 

4. Qualifikation älterer Arbeitnehmer:

Die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer soll durch rechtzeitige Maßnahmen zur

Förderung ihrer Qualifikation gesichert werden.

Im Rahmen des neuen Ziel - 3 - Programmes des Europäischen Sozialfonds wurde mit

der Europäischen Kommission ein Schwerpunkt zur Qualifizierung von Beschäftigten

vereinbart, der durch das Arbeitsmarktservice umgesetzt wird. Ziel ist die Qualifizierung

von zumindest 30.000 Personen im Jahr; Ältere bilden neben Frauen und

Unqualifizierten die zentrale Zielgruppe. Das jährliche Budget (befristet bis 2006)

beträgt ca. ATS 420 Mio und wird zu je einem Drittel von ESF, AMS und den

Unternehmen getragen. Es wird mit einem durchschnittlichen Schulungsaufwand von

ATS 14.000,-- / Person gerechnet.

 

5. Ausweitung des Bonus - Malussystems:

Das derzeit in der Arbeitslosenversicherung bestehende Bonus - Malussystem (§ 5 a

AMPFG) soll dahingehend verstärkt werden, dass die Verpflichtung zur Zahlung eines

einmaligen Arbeitslosenversicherungsbeitrages bei Freisetzung älterer Arbeitnehmer

bis zur Erreichung des gesetzlichen Anfallsalter der vorzeitigen Alterspension bei

langer Versicherungsdauer ausgedehnt wird.

Der bestehende Malus soll spürbar angehoben und um den Zeitraum der Verlängerung

des Frühpensionsalters ausgedehnt werden.

 

6. Ausbau von Jobtransfer:

Der sogenannte Jobtransfer wird in das Regelprogramm des Arbeitsmarktservice

aufgenommen. Die erforderlichen Beratungsleistungen werden zugekauft, wenn diese

Dienstleistungen nicht vom AMS selbst angeboten werden können.

Im Rahmen von Jobtransfer werden Projekte durchgeführt, deren Ziel es ist, Betriebe

vor Personalveränderungen zu erreichen. In Zusammenarbeit mit Steuer - und

Sanierungsberatern, Masseverwaltern, Personalverantwortlichen, Betriebsräten, den

Kammern sowie Vertretern von Ländern und Gemeinden werden für Betriebe und

deren Dienstnehmer alternative Konzepte erarbeitet.

 

7. Frühzeitige AMS - Interventionen:

Eingeführt wird ein vereinfachtes Frühwarnsystem, welches jedoch nicht die

Rechtsfolgen des bestehenden Frühwarnsystems nach § 45a AMFG nach sich zieht.

Dieses neu zu schaffende Frühwarnsystem enthält eine Verpflichtung des Arbeitgebers

zu einer entsprechenden AMS - Meldung zeitgleich mit dem Ausspruch der Kündigung

gegenüber Arbeitnehmern, die älter als 50 Jahre sind, damit für diese Personen

grundsätzlich ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit entsprechende Maßnahmen

gesetzt werden können.

Maßnahmen werden für Ältere grundsätzlich ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit

angeboten.

 

8. Vorübergehende Ausdehnung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld:

Die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld in der Arbeitslosenversicherung wird für ältere

Arbeitnehmer mit langer Versicherungsdauer vorübergehend angehoben (längste

Bezugsdauer 78 Wochen).

Dieser längere Anspruch soll ausschließlich jenen Arbeitnehmern zugute kommen,

welche aktuell von der Verschiebung des vorzeitigen Pensionsalters betroffen sind.

Eine vorübergehende Ausdehnung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld für ältere

Arbeitnehmer mit langer Versicherungsdauer könnte insbesondere in Anbetracht der

Anhebung des Frühpensionsalters verfassungsrechtliche Probleme entschärfen.

An Mehrkosten ergeben sich durch die Ausdehnung der Bezugsdauer von

Arbeitslosengeld für ältere Arbeitnehmer ca. ATS 800 Mio.

 

9. Evaluierung und Intensivierung bestehender Förderungsinstrumente:

Die Vielzahl bestehender Förderungsinstrumente soll rasch evaluiert werden; wo sich

Instrumente bewährt haben, hat eine Intensivierung zu erfolgen.

 

10. Ergänzung des bestehenden Paktes für ältere Arbeitnehmer (Pakt 2000):

Neben den o. a. Maßnahmen ist geplant, durch eine groß angelegte Kampagne das

gesellschaftliche Bewusstsein im Interesse von älteren Arbeitnehmern zu

sensibilisieren.

- Die Unternehmer werden direkt aufgefordert, die Beschäftigung älterer

  Arbeitnehmer zu forcieren. Z. B. sollen Arbeitskräfteüberlasser (private

  und öffentliche) daran interessiert werden, auch ältere Arbeitnehmer im

  Rahmen kurzfristiger Dienstverhältnisse zu beschäftigen.

  Jungunternehmer sollen von Arbeitszusatzkosten befreit werden, wenn

  sich ältere Arbeitnehmer (Know - how - Einbringer) beschäftigen.

- Interessenvertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind angehalten,

  an kollektivvertraglichen Umsetzungen obiger Maßnahmen zu arbeiten.

  Beispielsweise durch eine detaillierte Regelung das Altersteilzeitgeld

  betreffend in diversen Kollektivverträge.

 

C) Zielbestimmung

 

Im gegebenen Zusammenhang soll geprüft werden, ob das Bezügegesetz und das

Bezügebegrenzungs - Verfassungsgesetz mit dem Arbeiterkammergesetz sowie mit den

bezugnehmenden Regulativen in den einzelnen Arbeiterkammern und der

Bundesarbeitskammer hinsichtlich der Funktionsgebühren und der Pensionen im

Einklang stehen.

 

************

 

Es ist vorgesehen, sogleich Sozialpartnergespräche zu führen und einen einschlägigen

Gesetzentwurf bereits in der 16. Kalenderwoche der allgemeinen Begutachtung

zuzuführen.

Wir stellen den

 

A n t r a g,

 

die Bundesregierung wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Erster Bericht der Expertenkommission zur Rahmenplanung

des österreichischen Pensionssystems

 

 

Wien, 28. März 2000

Inhaltsverzeichnis

1.Das Koalitionsabkommen_________________________________________________________________________5

2. Vorgaben für die Arbeit der Kommission_____________________________________________________________9

3. Das Arbeitsprogramm___________________________________________________________________________10

  3.1. Kurzfristige Aufgaben________________________________________________________________________10

    3.1.1: Pensionsanpassung (Leitung Dr. Gerhard Lehner)_________________________________________________10

    3.1.2: Sicherung der Hinterbliebenen (Leitung Univ. Prof. Dr. Ulrich Runggaldier)____________________________10

    3.1.3: Pensionszugang (Leitung Univ. Prof. Dr. Wolfgang Mazal)__________________________________________10

3.1.4: Pensioneberechnung (Leitung Univ. Prof. Dr. Theodor Tomandl)_______________________________________10

  3.2. Mittelfristige Aufgaben________________________________________________________________________11

    3.2.1: Schaffung eines einheitlichen Pensionssystems für Berufsanfänger ____________________________________11

    3.2.2: Probleme bei der Ehetrennung _________________________________________________________________11

    3.2.3: Weiterentwicklung des Betriebspensionsrechts____________________________________________________11

    3.2.4: Einführung eines persönlichen Pensionskontos____________________________________________________11

    3.2.5: Probleme der Minderung der Erwerbsfhiiigkeit____________________________________________________11

4. Grundlegende Ausrichtung________________________________________________________________________12

  4.1. Allgemeines__________________________________________________________________________________12

  4.2. Leistungsgerechtigkeit versus soziale Umverteilung_________________________________________________12

  4.3. politische Grundentscheidungen sind notwendig____________________________________________________14

5. Vorschläge zur Pensionsanpassung__________________________________________________________________16

  5.1. Die geltende Rechtslage_________________________________________________________________________16

  5.2. Der Vorschlag der Regierungsparteien____________________________________________________________16

  5.3. Nettoanpassung versus Wertsicherung____________________________________________________________16

  5.4. (Ökonomische) Ausgangslage für die Pensionsanpassung____________________________________________17

  5.5. Kompromißlösung zwischen Nettoanpassung und Wertsicherung_____________________________________20

  5.6. Ermittlung der Wertsicherung___________________________________________________________________21

  5.7. Berücksichtigung der steigenden Lebenserwartung__________________________________________________21

  5.8. Fix - und Sockelbeträge_________________________________________________________________________22

  5.9. Neuordnung des Beirates für die Renten - und Pensionsanpassung_____________________________________23

6. Vorschläge zur Gestaltung von Witwen - und Witwerpensionen______________________________________­­­______24

  6.1. Geltendes Recht_______________________________________________________________________________24

  6.2. Der Vorschlag der Regierungsparteien____________________________________________________________24

  6.3. Vorschläge der Kommission_____________________________________________________________________24

  6.4. Die Gründe für diese Vorschläge_________________________________________________________________26

  6.5. Die finanziellen Auswirkungen___________________________________________________________________28

7. Vorschläge zum Pensionszugangsalter________________________________________________________________31

  7.1. Grundlagen___________________________________________________________________________________31

    7.1.1. Die derzeitige Gesetzeslage____________________________________________________________________31

    7.1.2. Die Vorschläge der Regierungsparteien___________________________________________________________31

  7.2. Allgemeine Überlegungen der Kommission________________________________________________________31

    7.2.1. Neugestaltung der vorzeitigen Alterspensionen_____________________________________________________31

    7.2.2. Europarechtliche Aspekte______________________________________________________________________32

    7.2.3. Sozialpolitische Aspekte_______________________________________________________________________33

  7.3. Modellvarianten_______________________________________________________________________________33

  7.4. Beschäftigungspolitische Effekte_________________________________________________________________35

    7.4.1. Allgemeines________________________________________________________________________________35

    7.4.2. Modellrechnungen___________________________________________________________________________36

      7.4.2.1. Variante 1:_______________________________________________________________________________36

      7.4.2.2. Variante 2:_______________________________________________________________________________36

      7.4.2.3. Variante 3:_______________________________________________________________________________37

  7.5. Begleitmaßnahmen____________________________________________________________________________37

  7.6. Einzelfragen__________________________________________________________________________________38

    7.6.1. Neugestaltung der (normalen) Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit____________________________38

    7.6.2. Sozialpläne_________________________________________________________________________________38

    7.6.3.Sondergruppen_______________________________________________________________________________38

8. Vorschläge zur Pensionsberechnung_________________________________________________________________39

  8.1. Die längerfristige Ausrichtung des Systems________________________________________________________39

  8.2. Bonus – Malus________________________________________________________________________________41

  8.3. Ruhensbestimmungen__________________________________________________________________________46

  8.4. Durchrechnungszeitraum_______________________________________________________________________47

  8.5. Abstimmung mit dem Beamtendienstrecht_________________________________________________________47

9.   Verfassungsrechtliche Überlegungen________________________________________________________________48

10. Einsparungspotential_____________________________________________________________________________54

11. Beilagen_______________________________________________________________________________________55

1. Das Koalitionsabkommen

 

Unter dem Titel „Reform der gesetzlichen Pensionsversicherung“ enthält das Koalitionsab -

kommen der beiden Regierungsparteien folgende Aussagen:

 

„Die nachhaltige Sicherung der gesetzlichen Pensionsversicherung ist eine unserer zentralen

Aufgaben, die besonders gegenüber den jüngeren Generationen notwendig ist, weil deren

Vertrauen in eine gesetzliche Altersvorsorge erhalten bleiben muß. Sozial verträgliche Än -

derungen innerhalb des bestehenden Systems sollen die Akzeptanz erhöhen und die Finan -

zierbarkeit in Zukunft erleichtern.

 

Die einzelnen Maßnahmen der Pensionsreform 1997 werden auf ihre Wirksamkeit überprüft

und ständig weiterentwickelt, inklusive Abfertigung neu / Pensionskassen.

 

Folgende Maßnahmen sind umzusetzen:

 

(1) Das Zugangsalter zu den vorzeitigen Alterspensionen bei langer Versicherungsdauer und

      bei Arbeitslosigkeit sowie zur Gleitpension (55 für Frauen / 60 für Männer) wird angeho -

      ben. Beginnend mit dein 1. 10. 2000 wird das Zugangsalter je Quartalsbeginn um zwei

      Monate in neun gleichen Schritten angehoben, bis per 1. 10. 2002 eine Anhebung von 18

      Monaten erreicht ist. Im gleichen Zeitraum ist das Zugangsalter zur vorzeitigen Alter -

      spension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (55 für Frauen / 57 für Männer) anzuheben.

      Gleichzeitig ist sicherzustellen, daß Versicherte mit einer Beitragsdauer von mindestens

      45 Jahren weiter mit 60 Jahren in Pension gehen können. Dabei sind für Frauen Kin -

      dererziehungsersatzzeiten als echte Beitragszeiten zu werten.

 

(2) Parallel zu den gesetzlichen Pensionsversicherungen soll das Pensionsantrittsalter im öf -

      fentlichen Bereich angehoben werden.

 

(3) Ausbau des Bonus / Malus - Systems: Der Bonus beträgt 4% pro Jahr. Für jedes Jahr frühe -

      ren Pensionsantritts vor dem Regelpensionsalter erhöht sich der Malus - beginnend mit

      2% bei 59 / 64 Jahren - um je 1% pro Jahr. Dabei soll es mit dem Bonus möglich sein, die

      Bemessungsgrundlage von 80 Prozent zu überschreiten, wobei ein absoluter Deckel von

      90 Prozent vorzusehen ist. Maßnahmen mit entsprechender Wirkung sind in den Pensi -

      onssystemen der öffentlich - rechtlich Bediensteten vorzusehen.

 

(4) Vollständiger Entfall der Ruhensbestimmungen für Pensionisten bei Erreichen des Regel -

      pensionsalters (Frauen 60 / Männer 65) oder bei solchen Pensionisten, die vorzeitig nach

      einer Beitragsdauer von 45 Beitragsjahren die Pension angetreten haben.

 

(5) ...

 

(6) Im Rahmen der Maßnahmen zur Pensionssicherung wird in Zusammenarbeit mit Ländern,

      Gemeinden, Sozialpartnern, AMS und den Sozialversicherungsträgern ein Maßnahmen -

      paket für ältere Arbeitnehmer erarbeitet, das spätestens am 1. Oktober 2000 mit dem Ziel,

      die Erwerbschancen älterer Arbeitnehmer zu erhöhen, in Kraft tritt. Arbeitsrechtliche

      Schutzbestimmungen für Arbeitnehmer, die knapp vor der Pensionierung stehen, sind

      vorzunehmen. Übergangsregelungen für allenfalls betroffene Sozialpläne sind von den

      Sozialpartnern vorzusehen.

 

(7) Begleitend zur Anhebung der Altersgrenzen für die vorzeitigen Alterspensionen ist eine

      Überprüfung und daraus resultierende erforderliche Harmonisierung der Zugangsbedin -

      gungen zu sämtlichen krankheitsbedingten Pensionsarten in der Pensionsversicherung

      (einschließlich der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit) und bei

      den Beamtenpensionen, mit dem Ziel größerer Treffsicherheit, mehr Gerechtigkeit, An -

      passung an die sich ändernden Gegebenheiten am Arbeitsmarkt sowie Vermeidung sozia -

      ler Härten sowie verbesserte Gesundheitsvorsorge durchzuführen.

 

(8) Die Pensionsanpassung hat sich künftig am Ziel der Wertsicherung zu orientieren (bei

      Berücksichtigung eines Lebenserwartungsfaktors). Wir haben die Absicht, Einmalzahlun -

      gen sowie Fix - und Sockelbeträge an sozial Schwächere vorzusehen.

 

(9) Zum Zweck der klaren Aufgabenteilung zwischen öffentlichem Pensionssystem und Pri -

      vatversicherung wird die freiwillige Höherversicherung im Rahmen des öffentlichen Pen -

      sionssystems nicht weiter fortgeführt, wobei bereits geleistete Einzahlungen vom Auslau -

      fen dieser Maßnahme nicht berührt sind.

(10) Die Erhöhung des Eigenfinanzierungsanteils der Selbständigen und der Bauern um jeweils

        250 Millionen Schilling ist notwendig.

 

(11) Bei künftigen Hinterbliebenenpensionen ist eine Spreizung der 40 / 60 - Regelung auf 20 / 60

        vorzusehen.

 

(12) Um das Vertrauen der Jugend und Pensionsbezieher in die Stabilität und die Finanzierung

        des öffentlichen Pensionssystems nachhaltig zu sichern, wird unter dem Vorsitz des Bun -

        desministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales eine Expertenkommission zur Rah -

        menplanung eingerichtet, die weitere Reformschritte zur Anpassung unseres Pensionssy -

        stems an den gesellschaftlichen Wandel erarbeitet. Die nachfolgenden Reformmaßnahmen

        sind so zu erarbeiten, daß sie mit 1. Jänner 2001 in Kraft treten können. Von dieser Ex -

        pertenkommission sind insbesondere folgende Themen und Vorgaben zu behandeln:

 

        • In bestehende Pensionen wird nicht eingegriffen.

 

        • Jährliche Berücksichtigung der steigenden Lebenserwartung bei der Pensionsfestset -

          zung nach Inkrafttreten der Anhebung des Zugangsalters für die vorzeitigen Alter -

          spensionen.

 

        • Einheitliches Pensionssystem für Berufsanfänger in der Privatwirtschaft und im öf -

          fentlichen Dienst bei Beachtung der unterschiedlichen Beitragsregime.

 

        • Stärkung der Bedarfsorientierung der Hinterbliebenenpensionen bei Zusammentreffen

          von hohem Erwerbseinkommen bzw. hoher eigener Alterspension und Hinterbliebe -

          nenpension

 

        • Alterssicherung von Frauen mit geringen eigenen Versicherungszeiten aufgrund langer

          Phasen von Familienarbeit im Trennungsfall.

 

        • Weitere Entwicklung des Betriebspensionsrechtes.

 

        • Die Einführung eines persönlichen Pensionskontos, damit jeder Versicherte jederzeit

          seine Anwartschaften überprüfen kann.

        • Überprüfung der Beitragszeiten und der Durchrechnungszeiten.

 

        • Überprüfung der Steigerungsbeträge.

 

(13) Der Pensionsanpassungsbeirat beim Sozialminister soll künftig nur für die Grundlage -

nermittlung des Erhöhungssatzes dienen und nicht für konkrete Empfehlungen des An -

passungsfaktors.“

2. Vorgaben für die Arbeit der Kommission

 

In der konstituierenden Sitzung der Kommission wurden im Beisein der Bundesminister Dr.

Elisabeth Sickl und Dr. Martin Bartenstein folgende Vorgaben für die Arbeit der Kommissi -

on festgelegt:

 

Die Mitglieder der Kommission sind, ungeachtet der sie entsendenden Stellen, nur in ihrer

persönlichen Eigenschaft als Experten tätig. Die Aufgabe der Expertenkommission besteht

nicht darin, politische Entscheidungen zu treffen, sondern Vorschläge für die politischen

Entscheidungsträger innerhalb des durch das Koalitionsabkommen und die Regierungserklä -

rung abgesteckten Rahmens zu liefern. Die Ausarbeitung von Alternativen ist möglich. Die

Vorschläge sollen der Anpassung an den gesellschaftlichen Wandel und der nachhaltigen Si -

cherung der gesetzlichen Pensionsversicherung dienen. Vorgeschlagene Veränderungen

sollen sozial verträglich sein, die Akzeptanz der Pensionsversicherung erhöhen und die Fi -

nanzierbarkeit in Zukunft erleichtern. Ein Eingriff in bestehende Pensionen ist nicht vorzu -

sehen. Auswirkungen für den öffentlichen Dienst und für Politikerpensionen sind mit zu be -

rücksichtigen. Notwendige flankierende Maßnahmen sollten bedacht werden.

 

Die zu behandelnden Sachfragen sind nur beispielsweise vorgegeben, eine Erweiterung

durch die Kommission ist möglich. Die im Koalitionsabkommen vorgesehenen konkreten

Maßnahmen sind dem Grunde und der Richtung nach verbindlich, können aber durch Alter -

nativen, die innerhalb dieses Rahmens bleiben, ergänzt werden. Die Vor - und Nachteile der

jeweiligen Vorschläge und möglichst auch ihre finanziellen Auswirkungen sollten skizziert

werden. Das für das Jahr 2003 anvisierte Einsparungspotential soll 15 Mrd. S betragen, wo -

bei 5 Mrd. S auf den öffentlichen Dienst entfallen sollen.

3. Das Arbeitsprogramm

 

Die Aufgaben der Kommission wurden in kurzfristige und mittelfristige unterteilt. Der Be -

richt über die kurzfristigen Maßnahmen sollte noch im März 2000 erstattet werden, für die

Behandlung der mittelfristigen Probleme wurde noch kein Zeitplan festgelegt.

 

3.1. KURZFRISTIGE AUFGABEN

 

Zur Behandlung der kurzfristigen Probleme wurden vier Arbeitsgruppen eingesetzt, deren

Vorsitzende der Kommission zunächst jeweils einen Zwischenbericht erstatteten. Die End -

berichte wurden dann in den Gesamtbericht eingebaut und von der Kommission am 28.

März 2000 beschlossen. Die Aufgabenstellungen der Arbeitsgruppen waren folgende:

 

    3.1.1.: Pensionsanpassung (Leitung Dr. Gerhard Lehner)

 

Zu diskutieren waren die beabsichtigte künftige Orientierung an der Wertsicherung unter

Berücksichtigung eines Lebenserwartungsfaktors sowie die Gewährung von Einmalzahlun -

gen, Fix - und Sockelbeträgen für sozial Schwächere sowie die künftige Aufgabenstellung

des Beirats für die Renten - und Pensionsanpassung.

 

    3.1.2.: Sicherung der Hinterbliebenen (Leitung Univ. Prof. Dr. Ul -

    rich Runggaldier)

 

Zu diskutieren war die beabsichtigte stärkere Bedarfsorientierung bei Zusammentreffen von

Hinterbliebenenpensionen mit hohem Erwerbseinkommen (hoher Eigenpension).

 

    3.1.3.: Pensionszugang (Leitung Univ. Prof. Dr. Wolfgang Mazal)

 

Zu diskutieren war die Umsetzung der geplanten stufenweisen Erhöhung des Pensionszu -

gangsalters bei vorzeitigen Pensionen (insbesondere der Pensionen wegen Minderung der

Arbeitsfähigkeit) samt den erforderlichen flankierenden Maßnahmen.

 

    3.1.4.: Pensionsberechnung (Leitung Univ. Prof. Dr. Theodor To -

    mandl)

 

Zu diskutieren waren die Gestaltung der Beitragszeiten, des Durchrechnungszeitraums, der

Steigerungsbeträge und des Bonus - Malus - Systems, wobei der Zusammenhang mit der be -

absichtigten Erhöhung des Zugangsalters für vorzeitige Pensionen und der steigenden Le -

benserwartung zu beachten war. Bedacht zu nehmen war auch auf den beabsichtigten Ent -

fall der Ruhensbestimmungen für die Regelalterspension bzw. für Versicherte mit 45 Bei -

tragsjahren.

 

3.2. MITTELFRISTIGE AUFGABEN

 

Aus dem Koalitionsabkommen ergeben sich folgende weitere Themenstellungen, die jedoch

durch die Kommission selbst noch ergänzt werden können.

 

    3.2.1.: Schaffung eines einheitlichen Pensionssystems für Berufs -

    anfänger

 

Zu diskutieren ist eine Vereinheitlichung für den privaten und öffentlichen Sektor. Die un -

terschiedlichen Beitragssysteme sollten jedoch beachtet werden.

 

    3.2.2.: Probleme bei der Ehetrennung

 

Zu diskutieren ist vor allem die Absicherung von Frauen mit geringen Versicherungszeiten

und langer Familienarbeit.

 

    3.2.3.: Weiterentwicklung des Betriebspensionsrechts

 

Das Thema ist jedenfalls im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Rechts der Abferti -

gung zu diskutieren.

 

    3.2.4.: Einführung eines persönlichen Pensionskontos

 

Zu diskutieren wären jedenfalls Möglichkeiten, die es den Versicherten gestatten, jederzeit

ihre Anwartschaften feststellen zu können.

 

    3.2.5.: Probleme der Minderung der Erwerbsfähigkeit

 

Begleitend zur Anhebung der Altersgrenzen für vorzeitige Alterspensionen sind die Lei -

stungsvoraussetzungen für alle Pensionen, die einen gesundheitsbedingten Abfall der Er -

werbsfähigkeit ausgleichen wollen, zu überprüfen. Anzustreben sind eine größere Treffsi -

cherheit, mehr Gerechtigkeit, Anpassung an die wechselnden Verhältnisse am Arbeitsmarkt.

Soziale Härten sollen vermieden und eine bessere Gesundheitsvorsorge angestrebt werden.

4. Grundlegende Ausrichtung

 

4.1.ALLGEMEINES

 

Die der Kommission erteilten Vorgaben stellen einen Rahmen dar, innerhalb dessen sich die

Vorschläge der Kommission zu bewegen haben. Die Kommission betrachtet es allerdings

nicht als ihre Aufgabe, lediglich punktuelle Vorschläge zu erstatten, die vor allem dem Ein -

sparungsziel dienen. Die kurzfristige Einsparungsnotwendigkeit ist nur einer der Gründe für

die im Koalitionsabkommen angesprochene Rahmenplanung. Aus dem Koalitionsabkommen

ergibt sich mit aller Deutlichkeit, daß der Kommission vor allem die Aufgabe übertragen

wurde, Reformschritte zur Anpassung des Alterssicherungssystems an den gesellschaftlichen

Wandel mit dem Ziel der nachhaltigen Sicherung des Vertrauens der Jugend und der Pensi -

onsbezieher in die Stabilität und Finanzierbarkeit des öffentlichen Pensionssystems zu erar -

beiten. Die Kommission ist der Überzeugung, daß die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen

einen wichtigen Schritt zur Erreichung dieses Zieles darstellen. Nationale und internationale

Erfahrungen lehren allerdings, daß die langfristige Sicherung des Pensionssystems nicht in

einem Schritt erfolgen kann, sondern immer wieder - wie dies in den letzten Jahren auch in

Österreich zum Teil geschehen ist - Anpassungen an sich ändernde Umstände verlangt.

Auch das Pensionssystem eines Landes braucht eine kontinuierliche „Systempflege“. Das

setzt allerdings klare politische Aussagen über die Richtung voraus, in die sich das Pensi -

onssystem längerfristig entwickeln soll. Die Politik steht dabei vor zwei Möglichkeiten: Soll

die Entwicklung in Richtung auf mehr Leistungsgerechtigkeit oder auf ein höheres Ausmaß

an sozialer Umverteilung gehen?

 

4.2.LEISTUNGSGERECHTIGKEIT VERSUS SOZIALE UMVER -

      TEILUNG

 

Was ist damit gemeint? In einem Pensionssystem des Modells Leistungsgerechtigkeit soll

die Pension möglichst jenen Leistungen entsprechen, die der Pensionswerber zur Aufrecht -

erhaltung des Systems erbracht hat. Vereinfacht gesagt: Wer mehr für das System geleistet

hat, der erhält auch ein Mehr an Pension. Diesem Modell entspricht es daher, daß sich die

Pensionshöhe an der Beitragsleistung des gesamten Erwerbslebens orientiert, daß bei vor -

zeitiger oder verspäteter Inanspruchnahme der Pension Pensionsabschläge bzw. Pensionszu -

schläge gewährt werden und daß das vorrangige Ziel der Pensionsanpassung die Erhaltung

der Kaufkraft der Pensionen ist. Dagegen widerspricht es diesem Modell, wenn Zeiten bei -

tragsfrei als pensionsbegründend oder pensionserhöhend anerkannt werden. Sollen solche

„Ersatzzeiten“ berücksichtigt werden, dann bedürfte es für sie jeweils einer Sonderfinanzie -

rung. Im Wege einer derartigen Sonderfinanzierung lassen sich auch sozialpolitisch er -

wünschte zusätzliche Leistungen (z. B. für Hinterbliebene) oder Leistungserhöhungen

durchaus systemkonform realisieren. Verfassungsrechtlich stehen einer Entwicklung in diese

Richtung keine kompetenzrechtlichen Hemmnisse entgegen, da für die Verwirklichung die -

ses Modells der Bund die volle Gesetzgebungszuständigkeit besitzt.

 

In einem Pensionssystem des Modells soziale Umverteilung soll die Pension an den sozia -

len Bedürfnissen orientiert sein, das Ausmaß des Beitrages zur Aufrechterhaltung des Sy -

stems soll hingegen keinen Einfluß auf die Pensionshöhe besitzen. Die Pension kann für alle

Pensionsberechtigten gleich hoch sein. Sie kann aber auch für verschiedene Personengrup -

pen unterschiedlich hoch angesetzt werden, allerdings bemessen nach sozialen Kriterien und

nicht nach der Höhe der Beitragsleistung. Vereinfacht gesagt: Wer mehr zur Aufrechterhal -

tung des Systems beigetragen hat, kann daraus keinen Anspruch auf höhere Leistungen ab -

leiten. Dem Modell entspricht am ehesten eine einheitliche Altersgrenze entweder für die

Gesamtbevölkerung oder jeweils für eine bestimmte Personengruppe (z. B. Frauen und

Männer). Abgeleitete Witwen(r)pensionen erscheinen entbehrlich, da das Modell auf die

Gewährung eigenständiger Leistungen für alle, die solche Leistungen benötigen, ausgerich -

tet ist. Für die Anpassung der Pensionen bietet sich eine Orientierung an der Entwicklung

des allgemeinen Wohlstandes an. Verfassungsrechtlich stehen einer Verwirklichung dieses

Modells allerdings Barrieren im Wege, da der Bund keine Gesetzgebungskompetenz für ein

System besitzt, das sich völlig vom Versicherungsgedanken löst.

 

Die derzeitige österreichische Sozialversicherung stellt sich als ein Mischsystem dar, das

Elemente beider Modelle enthält. Die Weiterentwicklung des Systems setzt daher die Klä -

rung der Grundfrage voraus, ob sie in Richtung einer Verstärkung der Leistungsgerechtig -

keit oder in die Richtung eines weiteren Ausbaues der sozialen Umverteilung gehen soll,

wobei dieser Ausbau allerdings an einem bestimmten Punkt an die erwähnten verfassungs -

rechtlichen Grenzen stoßen würde.

4.3.POLITISCHE                       GRUNDENTSCHEIDUNGEN SIND

      NOTWENDIG

 

Die Kommission kann in ihrer Eigenschaft als politikberatendes Organ diese Richtungsent -

scheidung zwar nicht selbst treffen, wohl aber einen diesbezüglichen Vorschlag erstatten.

Sie schlägt mit großer Mehrheit vor, den weiteren Ausbau in Richtung „mehr Leistungsge -

rechtigkeit“ vorzunehmen Die Weiterentwicklung des Systems in Richtung „mehr soziale

Umverteilung“ fand kaum Befürworter. Der Vorschlag, in die Richtung „mehr Leistungsge -

rechtigkeit“ zu gehen, darf allerdings nicht so interpretiert werden, daß sozialen Aspekten

bei der Ausgestaltung eines leistungsgerechten Modells keine Beachtung geschenkt werden

sollte. Ganz im Gegenteil, soziale Anliegen dürfen nie unbeachtet bleiben, ihre Umsetzung

muß jedoch in einer systemkonformen Weise erfolgen.

 

Nähere Begründungen für diesen Vorschlag und die daraus zu ziehenden Konsequenzen

werden im Zusammenhang mit den Vorschlägen zur Pensionsberechnung dargestellt.

 

Es gibt aber noch weitere Grundfragen, die einer politischen Klärung bedürfen. In der Ver -

gangenheit wurde das Pensionssystem bekanntlich ausgabenorientiert entwickelt, das heißt,

durch Gesetz wurden zuerst bestimmte Leistungen fixiert, die Deckung der dafür auflaufen -

den Kosten hatte dann durch Beiträge und Staatszuschüsse zu erfolgen. Diese Ausrichtung

ist offenbar nicht nur in Österreich, sondern auch in vielen anderen Staaten Europas nicht

mehr möglich, da die Belastungen des Staatshaushaltes und der Beitragspflichtigen ein

Ausmaß erreicht haben, das zumindest in naher Zukunft nicht weiter vermehrbar erscheint.

Das zwingt zu einer einnahmenorientierten Umgestaltung des Systems, und zwar unabhän -

gig davon, ob die Weiterentwicklung in Richtung mehr Leistungsgerechtigkeit oder mehr

soziale Umverteilung geht: Die Leistungen müssen sich in jenem Rahmen bewegen, der

durch die zur Verfügung gestellten Mittel abgesteckt wird. Das setzt voraus, daß für einen

überblickbaren Zeitraum zumindest annähernd entschieden wird, wie hoch die Mittel sind,

über welche die Pensionsversicherung verfügen kann.

 

Reichen die zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel nicht aus, um die derzeit vorgese -

henen Leistungen voll erbringen zu können, sind Leistungseinschränkungen unausweichlich.

Für diesen Fall bedarf es einer weiteren politischen Entscheidung über die Art der vorrangig

ins Auge gefaßten Einschränkungen: Soll die Einschränkung eher in einer Anhebung des

Pensionsantrittsalters, eher in einer Veränderung der Pensionsformel, in der Einbeziehung

der steigenden Lebenserwartung, in der stärkeren Belastung der Aktiven oder der Pensioni -

sten oder in einer Kombination dieser Maßnahmen bestehen?

 

Grundsätzliche politische Aussagen dieser Art über die von der Regierung geplante Ausrich -

tung des Systems der österreichischen Pensionsversicherung erscheinen der Kommission

aus zwei Gründen unentbehrlich. Der weitere Ausbau kann zwar nur schrittweise erfolgen,

doch besitzt die Bevölkerung ein Anrecht darauf, rechtzeitig zu erfahren, womit sie in der

Zukunft zu rechnen hat. Die Richtungsentscheidung sollte daher so früh wie möglich getrof -

fen werden. Dafür spricht auch eindeutig der vom Verfassungsgerichtshof entwickelte

Schutz des Vertrauens auf sozialrechtliche Ansprüche und Anwartschaften. Eine Klarstel -

lung der sozialpolitischen Zielsetzungen stellt aber auch die entscheidende Voraussetzung

für die kommende Arbeit der Kommission dar. Auch sie braucht eine Grundlage, auf der sie

aufbauen kann.

 

Der Bericht stutzt sich auf Auffassungen, die in der Kommission eine beachtliche Unter -

stützung erhalten haben. Den Vertretern von Auffassungen, die in diesen Bericht nicht auf -

genommen wurden, wurde es freigestellt, ihre abweichende Meinung dem Bericht beizule -

gen.

                                               5. Vorschläge zur Pensionsanpassung

 

5.1.DIE GELTENDE RECHTSLAGE

 

Derzeit sind die Pensionen jährlich durch Verordnung des Sozialministers anzupassen. Der

dabei festzulegende Anpassungsfaktor beruht auf dem System der Nettoanpassung, das

bewirken soll, daß die durchschnittliche Nettopensionshöhe (vor Besteuerung) im gleichen

Verhältnis wie die durchschnittlichen Nettolöhne und - gehälter (ebenso vor Besteuerung)

steigt. Der Anpassung liegt ein Gutachten des Beirates für die Renten - und Pensionsanpas -

sung zugrunde, in dem auch auf die Inflationsrate Bedacht genommen wird. Soll durch die

jährliche Anpassung eine bestimmte Bandbreite überschritten werden, hat durch Gesetz eine

Änderung des Finanzierungskonzepts zu erfolgen.

 

5.2.DER VORSCHLAG DER REGIERUNGSPARTEIEN

 

Die Regierungsparteien wollen die Pensionen künftig in ihrer Kaufkraft sichern. Die jährli -

che Anpassung soll sich daher an der Wertsicherung unter Berücksichtigung eines Lebens -

erwartungsfaktors orientieren. Die Regierungsparteien denken auch an Einmalzahlungen,

Fix - und Sockelbeträge für soziale Schwächere. Schließlich wollen sie die Aufgabe des Bei -

rates für die Renten - und Pensionsanpassung auf die Erarbeitung der Grundlagen für die

Ermittlung des Anpassungsfaktors beschränken.

 

5.3.NETTOANPASSUNG VERSUS WERTSICHERUNG

 

Die Kommission untersuchte zunächst, ob die Umstellung der Nettoanpassung zu einem

System der Wertsicherung zweckmäßig ist und welche budgetären Effekte davon zu erwar -

ten wären. Sie kam zu dem Ergebnis, daß am System der Nettoanpassung festgehalten wer -

den soll. Allerdings sollten systemwidrige Eingriffe, wie sie der Gesetzgeber in den letzten

Jahren vorgenommen hat, künftig vermieden werden. Die Bandbreite für die jährliche An -

passung wäre ebenfalls abzuschaffen.

 

Die Kommission sieht aus mehreren Gründen (zumindest kurz - und mittelfristig) keine

Vorteile in einer Umstellung auf eine jährliche Anpassung der Pensionen, die sich an der

Wertsicherung, gemeint ist offenbar an der Sicherung der Kaufkraft, orientiert.

Der Ersatz der Nettoanpassung durch die Wertsicherung sollte vermutlich zu Einsparungen

beim Bundesbeitrag und damit zur Budgetkonsolidierung in der Periode bis 2003 beitragen.

Allerdings liegen diesen Überlegungen noch Annahmen über die mittelfristige wirt -

schaftliche Entwicklung zugrunde, die inzwischen überholt sind.

 

5.4.(ÖKONOMISCHE) AUSGANGSLAGE FÜR DIE

      PENSIONSANPASSUNG

 

Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) hat im Jänner 2000 seine

jüngste Prognose über die mittelfristige Entwicklung der österreichischen Wirtschaft bis

zum Jahre 2004 veröffentlicht. Das WIFO rechnet für die Jahre 2001 / 2004 mit einer durch -

schnittlichen realen Wachstumsrate der österreichischen Wirtschaft von 2,4%. Das ist etwas

mehr als in den Jahren 1995 / 1999 (2,1%). Im Vergleich zur vorangegangenen mittelfristigen

Prognose, die dem Gutachten des Beirates für die Renten - und Pensionsanpassung vom

Oktober 1999 zugrunde lag, sind einzelne Komponenten spürbar revidiert worden. Das gilt

insbesondere für jene Faktoren, die für die Pensionsanpassung maßgeblich sind (Lohn - und

Gehaltsentwicklung, Verbraucherpreise).

 

Das WIFO rechnet nunmehr mit einer schwächeren Preissteigerung für die Jahre 2001 / 2004

von durchschnittlich knapp 1% jährlich, wobei die Entwicklung sehr stabil und kaum mit

jährlichen Schwankungen verlaufen wird. Diese günstige Entwicklung ist teils durch den

verstärkten Wettbewerb innerhalb der Europäischen Union und die erwartete Stabilisierung

der gegenwärtig relativ hohen Rohölpreise bedingt, teils durch die wachsende Konkurrenz

bei verschiedenen Dienstleistungen (insbesondere im Telekommunikationsbereich) sowie bei

Energie.

 

Die Zunahme der Löhne und Gehälter pro Kopf wird vom WIFO für die Jahre 2001 / 2004

mit 2,3% im Jahresdurchschnitt prognostiziert. Das ist zwar deutlich mehr als in den Jahren

1995 / 1999 (damals 1,6%). Dennoch ist die durchschnittliche Zunahme für die Jahre bis

2004 jährlich um fast 1 Prozentpunkt schwächer als dies im Gutachten des Beirates vom

Oktober 1999 angenommen wurde. Dieser geringere Anstieg ist einerseits mit der schwä -

cheren Inflation und der nur schwachen Verringerung der Arbeitslosenrate einerseits, aber

auch mit der wachsenden Teilzeitbeschäftigung andererseits zu erklären. Die Zahl der un -

selbständig Beschäftigten wird nach dieser mittelfristigen Prognose des WIFO in den Jahren

2001 / 2004 jährlich im Durchschnitt um 0,7% wachsen. Aufgrund dieser geänderten Pro -

gnose werden sich auch die jährlichen Anpassungsfaktoren im Vergleich zum Gutachten

vom Oktober 1999 spürbar verändern.

 

Auf Basis dieser neuen mittelfristigen Vorschau hat das Sozialministerium eine Neuberech -

nung der Anpassungsfaktoren für die Pensionen für die Periode 2001 / 2004 vorgenommen

(siehe nachfolgende Tabelle). Sie zeigt, daß die jährliche Anpassung der Pensionen in den

Jahren 2001 / 2003 mit 0,6% (2001), 0,8% (2002) und 0,7% (2003) unter der Inflationsrate

läge, wobei unterstellt ist, daß die Wertsicherung mit der Inflationsrate des jeweiligen Vor -

jahres (d. h. mit einjähriger Verzögerung) erfolgt. Die Berechnung unterstellt weiters, daß

die aufgrund des Berechnungsmodus ermittelten Anpassungsfaktoren im Gegensatz zu frü -

heren Jahren durch politische Eingriffe (Maßnahmen) nicht verändert werden. In den letzten

Jahren hat sich der Abstand zur Bandbreitenmitte (ständig) vergrößert. Falls die hier errech -

neten Anpassungsfaktoren tatsächlich umgesetzt und nicht modifiziert werden, würde sich

bis zum Jahre 2003 der Abstand zur Bandbreitenmitte wieder ausgleichen (auf Null zurück -

gehen).

Nettoanpassung / Inflationsanpassung

 

 

Anpassungsfaktoren

Inflationsrate

Differenz

In Prozent

 

 

 

1993

4,0

3,6

+ 0,4

1994

2,5

3,0

- 0,5

1995

2,8

2,2

+ 0,6

1996

2,3

1,9

+ 0,4

1997

0,0

1,3

- 1,3

1998

1,33

0,9

+ 0,43

1999

1,5

0,6

+ 0,9

2000

0,6

1,1

- 0,5

 

Prognose

 

2001

0,6

1,0

- 0,4

2002

0,8

0,9

- 0,1

2003

0,7

0,9

- 0,2

2004

1,3

0,9

+ 0,4

 

Diese Berechnungen zeigen, daß die Beibehaltung des Systems der Nettoanpassung, unter

den erwähnten Voraussetzungen (keine politischen Maßnahmen, Abschaffung der Bandbrei -

te) im Vergleich zur (jährlichen) Wertanpassung einen geringeren Bundesbeitrag zur Pensi -

onsversicherung (einschließlich Ausgleichszahlungen) erfordern würde. Im ersten Jahr

(2001) wäre er um rund 1,5 Mrd. S geringer, im zweiten Jahr (2002) zusätzlich um

0,62 Mrd. S und im dritten Jahr um weitere 0,65 Mrd. S. Kumulativ wurde die Nettoanpas -

sung im Jahre 2003 im Vergleich zur Wertanpassung eine Einsparung beim Bundesbeitrag

von 2,77 Mrd. S bedeuten.

Nicht nur aus grundsätzlichen Überlegungen, sondern auch aus budgetären Gründen ware

daher die Beibehaltung des bisherigen Systems der Nettoanpassung einer Wertsicherung

vorzuziehen; eine Wertsicherung wäre nur für die Ausgleichszulagen erforderlich. Im Regie -

rungsprogramm findet sich kein Hinweis, daß die Wertsicherung durch Bandbreiten oder

politische Eingriffe verändert werden kann. Unter diesen gleichen Voraussetzungen lassen

sich die Ziele der Regierungsparteien daher besser durch die Nettoanpassung als durch die

Wertsicherung erreichen. Das System der Nettoanpassung trägt außerdem dazu bei, daß

auch die schon in Pension befindlichen Personen einen Beitrag zur Stabilisierung des Sy -

stems leisten.

 

Die Nettoanpassung hat im Vergleich zur Wertsicherung allerdings den Nachteil, daß ihre

Berechnungsmethode der Öffentlichkeit schwerer verständlich zu machen ist als die Wertsi -

cherung, die sich an den Preissteigerungen orientiert. Es sollte daher nach Wegen gesucht

werden, das System und die Ermittlung der Nettoanpassung verständlicher und transparen -

ter zu gestalten.

 

5.5.KOMPROMIßLÖSUNG ZWISCHEN NETTOANPASSUNG UND

      WERTSICHERUNG

 

Falls die im Regierungsprogramm vorgesehene Wertanpassung dennoch verwirklicht

(durchgeführt) werden und als Orientierung für die Pensionserhöhung dienen sollte, könnte

ein Kompromiß darin bestehen, die prozentuelle jährliche Erhöhung der Pensionen aufgrund

der Nettoanpassung vorzunehmen und die Differenz zur (höheren) Inflationsrate (Wert -

anpassung) durch Einmalzahlungen auszugleichen.

 

In den Jahren 2001 / 2003 würde nach den Berechnungen des Sozialministeriums die Netto -

anpassung jeweils unter der Inflationsrate liegen. Um die Kaufkraft der Pensionen zu erhal -

ten, könnte die Differenz durch Einmalzahlungen ausgeglichen werden, die aber nicht auf

die jährliche Bemessungsgrundlage (Basis für die nächste Erhöhung) angerechnet werden.

Auf diese Weise würde sich im Vergleich zur reinen Wertsicherung ein Einsparungseffekt

im Bundeshaushalt ergeben, der im Jahre 2003 knapp 1 Mrd. S beträgt.

 

Zur Ermittlung der Einmalzahlungen bieten sich zwei Alternativen an. Die Unterschiede

zwischen Preissteigerungsrate und Nettoanpassung könnten für die Pensionen individuell

berechnet werden, was zu unterschiedlich hohen Einmalzahlungen führen würde. Die Ein -

malzahlungen könnten sich aber auch an der Durchschnittspension orientieren. Das würde

zu einem sozialen Ausgleich führen, weil die Bezieher geringerer Pensionen einen über -

durchschnittlichen Ausgleich erhielten, wogegen die Bezieher höherer Pensionen die Inflati -

onsrate nicht zur Gänze abgegolten erhielten.

 

Die Kommission schlägt ferner vor, diese Einmalzahlungen im Bundesvoranschlag getrennt

(unter gesonderten Posten) auszuweisen, um die budgetären Effekte deutlich zu trennen.

 

5.6.ERMITTLUNG DER WERTSICHERUNG

 

Falls die Wertsicherung als Orientierungsgröße für die Pensionsanpassung dienen soll,

schlägt die Kommission eine Orientierung am Verbraucherpreisindex vor. Dieser Index bie -

tet den Vorteil, daß er monatlich ermittelt und quartalsweise prognostiziert wird. Um die

Abweichung zwischen der tatsächlichen Entwicklung und der Prognose möglichst gering zu

halten, könnte als Basis für die Erhöhung des nächsten Jahres (T + 1) der Zwölfmonatsdurch -

schnitt der Verbraucherpreisentwicklung vom Oktober des Vorjahres (T - 1) zum September

des laufenden Jahres (T) herangezogen werden. Wenn die tatsächliche Entwicklung eines

Jahres von der Prognose abweicht, würden sich vermutlich Korrekturen ex post allerdings

nicht vermeiden lassen.

 

Die Vergangenheit hat gezeigt, daß solche Differenzen nicht selten vorkommen. Es müßte

allerdings Vorsorge dafür getroffen werden, daß solche Korrekturen nicht nur einseitig er -

folgen, also nur dann, wenn die tatsächliche Preissteigerungsrate höher ist als die progno -

stizierte und Nachzahlungen notwendig wären (die möglicherweise als Einmalzahlungen

erfolgen könnten). Korrekturen (in diesem Fall nach unten) wären auch dann erforderlich,

wenn die Preise tatsächlich geringer steigen als angenommen. Die Wertsicherung erfordert

daher ebenso wie die Nettoanpassung Korrekturen von Abweichungen zwischen der Pro -

gnose und der tatsächlichen Entwicklung. Sie würde daher auch in diesem Punkt keine

Vorteile zur Nettoanpassung bieten.

 

5.7.BERÜCKSICHTIGUNG DER STEIGENDEN LEBENSERWAR -

      TUNG

 

Die Kommission ist der Auffassung, daß das Problem der steigenden Lebenserwartung der -

zeit nicht im Rahmen der jährlichen Pensionsanpassung berücksichtigt werden soll.

Die Berücksichtigung eines Lebenserwartungsfaktors in den jährlichen Pensionsanpassun -

gen könnte zu einem Konflikt mit der Wertsicherung führen. Die steigende Lebenserwar -

tung dämpft die jährliche Anpassung, die sich an der Wertsicherung orientiert. Das würde

zu Realeinkommensverlusten für die Pensionisten führen und das Ziel der Wertsicherung

würde verfehlt.

 

Die Kommission schlägt daher vor, die Probleme der Berücksichtigung der steigenden Le -

benserwartung umfassend in ihr mittelfristiges Arbeitsprogramm aufzunehmen und etwa bis

Jahresende einer Lösung zuzuführen. Die Wirkungen der steigenden Lebenserwartung auf

die Pensionen sollten jedenfalls transparent gemacht werden und alle Altersgruppen sollten

dabei einbezogen werden..

 

5.8.FIX - UND SOCKELBETRÄGE

 

Die Kommission ist der Ansicht, daß die Einführung von Fix / Sockelbeträgen nicht zweck -

mäßig wäre. Sie verstoßen klar gegen das Versicherungsprinzip und bedeuten im Ergebnis

einen grundlegenden Eingriff in das Pensionssystem. Der Zusammenhang zwischen Bei -

tragszahlung und Pension ginge völlig verloren. Es geht um die grundsätzliche Frage, ob das

Pensionssystem primär - wofür die Kommission eintritt - weiter leistungsorientiert oder

umverteilungsorientiert sein soll.

 

Dazu kommt, daß zumindest bei den Sockelbeträgen administrative Probleme entstehen

können. Sockelbeträge wirken wie Einschleifregelungen. Mit wachsender Höhe der Pensio -

nen nimmt bei ihnen die prozentuelle Erhöhung ab. Zusammen mit den Einschleifregelungen

im allgemeinen Absetzbetrag des Einkommen(Lohn)steuertarifs würde sich daraus eine sehr

spürbare Verringerung der Nettoeinkommen ergeben, weil steigende Pensionen ge -

wissermaßen zweifach betroffen wären, einerseits von der sinkenden prozentuellen Erhö -

hung durch die Sockelbeträge und andererseits durch die steigende Steuerbelastung auf -

grund der sinkenden Absetzbeträge.

 

Fixbeträge würden das Versicherungsprinzip noch stärker als Sockelbeträge stören. Sie sind

außerdem in ihrer Festlegung (der Höhe) mit erheblichen Problemen behaftet. Es gäbe theo -

retisch zwei Möglichkeiten der Festsetzung von Fixbeträgen. Zum einen werden die

(möglichen) Ausgaben des Bundes für die Pensionen fixiert und durch die Zahl der Pensio -

nen dividiert. In diesem Falle stünde der finanzielle Aspekt im Mittelpunkt. Es wäre aber

auch denkbar, Fixbeträge so festzulegen, daß sie etwa der Steigerung der Durch -

schnittspensionen im Ausmaße der Inflationsrate entsprächen (die Durchschnittspensionen

wären in diesem Falle wertgesichert). Das ergäbe aber im Grunde jenen - nach Auffassung

der Kommission ungünstigen - Effekt, der bereits beim Ausgleich zwischen Nettoanpassung

und Wertsicherung durch Einmalzahlung beschrieben wurde.

 

5.9.NEUORDNUNG DES BEIRATES FÜR DIE RENTEN - UND PEN -

      SIONSANPASSUNG

 

Da die Pensionsanpassung sowohl nach den Vorschlägen der Regierung (Wertanpassung)

als auch nach jenen der Kommission keinen politischen Faktor (insbesondere keine Band -

breite) enthalten, sondern lediglich das Ergebnis von Berechnungen darstellen soll, sollte der

Anpassungfaktor von einem Gremium von Experten ermittelt werden, die durch kein Man -

dat gebunden sind. Der Faktor wäre dann nur durch Verordnung kundzumachen. Die

Kommission geht daher davon aus, daß die Festlegung der jährlichen Pensionserhöhung

künftig möglichst regelgebunden und frei von politischen Einflußnahmen erfolgen soll.

 

Im ASVG sollte als bleibender Grundsatz verankert werden, daß der Gesetzgeber, wenn er

beabsichtigt, von dem von diesem Gremium festgesetzten Anpassungfaktor abzuweichen,

gleichzeitig entsprechende Bedeckungsvorschläge zu beschließen hat.

 

Die Kommission schlägt vor, den Beirat für die Renten - und Pensionsanpassung in ein sol -

ches Expertengremium umzuwandeln. Dieses Gremium sollte darüber hinaus in regelmäßi -

gen zeitlichen Abständen (etwa alle zwei bis drei Jahre) der Öffentlichkeit einen Bericht

über die mittel - und längerfristige Situation des österreichischen Pensionssystems vorlegen.

Dabei ist nicht an eine Prognose der künftigen Entwicklung gedacht, sondern vielmehr an

die Ausarbeitung von Szenarien der sich abzeichnenden Tendenzen im österreichischen

Pensionssystem. Diese Szenarien sollten durch ein makroökonomisches Modell abgesichert

werden. Sie sollten vor allem die Auswirkungen der demographischen Entwicklung, der

(ökonomischen) Tendenzen am Arbeitsmarkt und alllälliger politischer Eingriffe in das Pen -

sionssystem aufzeigen.

6. Vorschläge zur Gestaltung von Witwen - und

Witwerpensionen

 

6.1.GELTENDES RECHT

 

Nach geltendem Recht variiert die Höhe der Witwen(r)pension zwischen 40 % und 60 % der

Pension des Verstorbenen. Ausgangspunkt der komplizierten Berechnung ist das Gesamt -

einkommen des Ehepaares; hat die Witwe (der Witwer) ein Einkommen von mindestens

150 % des Einkommens des verstorbenen Ehepartners, dann beträgt die Witwen(r)pension

40 %, haben beide Ehepartner ein gleich hohes Einkommen bezogen, beträgt sie 52 % und

hat der verstorbene Versicherte mindestens 150 % des Einkommens der Witwe (des Wit -

wers) bezogen, beträgt sie 60 %. Diese Berechnungsweise kann dazu führen, daß die Witwe

(der Witwer) durch die Witwen(r)pension und eine Eigenpension oder eigenes Einkommen

zusammen ein Gesamteinkommen erzielt, das über der höchsten erreichbaren Pension eines

Alleinstehenden liegt. Als Schutzklausel sieht der Gesetzgeber vor, daß die Wit -

wen(r)pension bis auf 60 % zu erhöhen ist, wenn die Summe aus Witwen(r)pension und ei -

genem Einkommen monatlich derzeit S 16.936 (Schutzbetrag) nicht erreicht.

 

6.2.DER VORSCHLAG DER REGIERUNGSPARTEIEN

 

Die Regierungsparteien haben vorgeschlagen, die Witwen(r)pension in Hinkunft zwischen

20 % und 60 % (sogenannte Spreizung) schwanken zu lassen.

 

6.3.VORSCHLÄGE DER KOMMISSION

 

Die Kommission schlägt mit großer Mehrheit vor, diesen Regierungsvorschlag mit Wir -

kung vom 1. 1. 2001 umzusetzen und zusätzlich in einem gleichzeitig zu setzenden zweiten

Schritt mit Wirkung vom 1. 1. 2004 die Spreizung auf 0 % bis 60 % auszudehnen. Gemein -

sam damit soll die Berechnungsformel des § 264 Abs 2 ASVG (bzw der entsprechenden

Bestimmungen im GSVG und BSVG) verändert werden. Derzeit wird zunächst die Berech -

nungsgrundlage der Witwe (des Witwers) durch jene des verstorbenen Ehepartners geteilt

und dieser Wert dann mit 24 multipliziert (Faktor X). Der Prozentsatz der Wit -

wen(r)pension ergibt sich dann aus der Verminderung der Zahl 76 um den Faktor X.

 

Ab 1. 1. 2001 soll die Zahl 24 bei der Ermittlung des Faktors X auf 30 erhöht werden. Die

Zahl 76 soll ab 1. 1. 2001 durch die Zahl 75 und ab 1. 1. 2004 durch die Zahl 70 ersetzt wer -

den. Dadurch würde die Witwen(r)pension bei gleich hoher Berechnungsgrundlage ab 2001

45 % und ab 2004 40 % betragen. Die Witwen(r)pension würde im Jahr 2001 20 % ausma -

chen, wenn die Berechnungsgrundlage der Witwe (des Witwers) 1,8 mal so hoch war wie

jene des verstorbenen Ehepartners; war sie 2,3 mal so hoch, würde ab 2004 keine Wit -

wen(r)pension zustehen. Nähere Details ergeben sich aus der Beilage A (Varianten 3 und

4). Die für den Versicherten schwer verständliche Formel sollte allerdings im Gesetz durch

eine verständliche Festlegung ihrer Ergebnisse ersetzt werden.

 

Um sozialpolitisch unerwünschte Auswirkungen zu vermeiden, wäre zu überlegen, den

„Schutzbetrag“ zum 1. 1. 2001 auf S 19.000 und zum 1. 1. 2004 auf S 21.000 zu erhöhen.

Unabhängig davon soll der „Schutzbetrag“ nicht mehr automatisch jedes Jahr, sondern nur

mehr alle zwei Jahre durch Verordnung des Sozialministers auf Vorschlag des in Abschnitt

5.9 erwähnten Expertengremiums valorisiert werden. Dieses Gremium hätte darauf zu ach -

ten, daß hierbei ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Höhe der jeweiligen Höchstpen -

sion und der Höhe des „Schutzbetrages" gewahrt bleibt und der sozialpolitische Zweck der

Schutzklausel weiterhin greifen kann.

 

Neu einzuführen wäre eine Leistungsobergrenze beim Zusammentreffen einer Eigenpension

nach ASVG, GSVG oder BSVG oder / und eines Erwerbseinkommens mit einer Hinterblie -

benenpension nach ASVG, GSVG oder BSVG: Überschreitet die Summe dieser Einkom -

men die Höchstbeitragsgrundlage (derzeit S 43.200), dann vermindert sich die Hinterbliebe -

nenpension um den Überschreitungsbetrag bis auf 0. Zur Lösung des Problems des Zusam -

mentreffens mit Versorgungsbezügen oder Ruhegenüssen von Beamten hätte die Kommis -

sion zur Reform der Alterssicherung im öffentlichen Dienst Vorschläge auszuarbeiten. Eine

Anregung dafür bestünde darin, eine Leistungsobergrenze unter Berücksichtigung der Be -

sonderheiten des für die Beamten geltenden Pensionsrechts festzulegen.

 

Die Berechnungsregeln für die Waisenpension und die derzeitige Rechtslage beim Zusam -

mentreffen einer Hinterbliebenenpension mit einer Hinterbliebenenrente sollen derzeit un -

verändert bleiben.

6.4.DIE GRÜNDE FÜR DIESE VORSCHLÄGE

 

Der von der Kommission unterbreitete Änderungsvorschlag erscheint nicht nur besser ge -

eignet, das im Koalitionsabkommen genannte Ziel einer stärkeren Bedarfsorientierung der

Hinterbliebenenpension zu verwirklichen; er knüpft auch an die mit dem Gedanken der Be -

darfsorientierung zusammenhängende ursprüngliche Unterhaltsersatzfunktion der Hinter -

bliebenenpensionen an. Ist das Einkommen der hinterbliebenen Person wesentlich höher als

jenes des verstorbenen Ehegatten, dann besteht kein konkreter Unterhaltsbedarf. Das mit

der Einführung der 40 / 60 Regelung angestrebte „Teilhabepensionsmodell“ (danach sollte die

Hinterbliebenenpension aus 70 - 75 % der von beiden Ehegatten insgesamt erworbenen An -

wartschaften berechnet werden) sollte als Orientierungsmodell für die Hinterbliebenenpensi -

on nicht weiter verfolgt werden. Die bloße Spreizung auf 20 / 60 ohne Änderung der Be -

rechnungsformel würde nur einzelne Fälle von Überversorgung entschärfen. Sie wäre daher

nicht geeignet, das von der Bundesregierung angepeilte Ziel einer Stärkung der Bedarfsori -

entierung der Hinterbliebenenpension bei Zusammentreffen von hohem Erwerbseinkommen

bzw hoher eigener Alterspension und Hinterbliebenenpension nachhaltig umzusetzen.

 

Die von der Kommission vorgeschlagene 0 / 60 % Regelung mit einer Obergrenze von

S 43.200 erscheint damit zweckmäßig und sozialpolitisch gerechtfertigt. Sie ist zudem so -

zial ausgewogen: Die angeregte zweimalige Erhöhung des „Schutzbetrages“ stellt sicher,

daß innerhalb dieser Einkommensgrenze auch dann eine Hinterbliebenenpension im Ausmaß

von 60 % gebührt, wenn die Berechnungsgrundlage der Witwe (des Witwers) gleich oder

höher ist als jene des Verstorbenen. Schließlich bleibt insbesondere bei Frauen, deren Be -

rechnungsgrundlage wegen Zeiten der Kindererziehung oder der Pflege älterer Menschen

niedriger ist als die durchschnittliche Berechnungsgrundlage der Versicherten, die 60 % -

Marke fast immer gewahrt.

 

Die Vorschläge der Kommission sind auch vor dem Hintergrund der Diskussion um die Si -

cherung eines Anspruches auf Eigenpension auch für solche Personen, die wegen Kinderer -

ziehung oder Alten – bzw. Behindertenpflege keine oder keine ausreichenden Versicherungs -

zeiten erworben haben, sachlich gerechtfertigt: So lange eine solche Sicherung nicht voll er -

reicht ist, müßte das Institut der Hinterbliebenenpension weiterhin aufrecht bleiben. Für Per -

sonen, die auf Grund einer ununterbrochenen Erwerbsbiographie und eines ausreichenden

Erwerbseinkommens eine entsprechend hohe Eigenpension beziehen, fallen die Hinterblie -

benenleistungen mit den hier präsentierten Vorschlägen ohnehin geringer aus. Sie stellen

sich zudem als Zwischenlösung auf dem Weg zur vollen Altersabsicherung jeder Person dar,

die entweder über Erwerbsarbeit oder über Erziehungs - (Pflege) arbeit oder auf beide Arten

gesellschaftlich relevante Werte geschaffen hat. Zu den Fragen ob, wann und wie dieser

Weg beschritten werden soll, hat die Kommission derzeit allerdings noch keine Meinung

gebildet.

 

Die Kommission hat auch eine parallel laufende Änderung der Waisenpension diskutiert.

Mehrheitlich wurde dieser Vorschlag jedoch mit dem Argument verworfen, Waisenpensio -

nen seien nur vorübergehende Leistungen, die wegen der besonderen Bedarfslage jugendli -

cher Waisen nicht gekürzt werden sollten.

 

Um zu einer ausgewogeneren Belastung der jüngeren Generation zu gelangen, wurde auch

erwogen, die jährliche Anpassung der laufenden Hinterbliebenenpensionen bis zur Errei -

chung der vorgeschlagenen niedrigeren Prozentsätze auszusetzen. Die Notwendigkeit einer

stärkeren generationsbezogenen Ausgewogenheit wurde zwar allgemein anerkannt, doch

war die Kommission mehrheitlich der Ansicht, daß die vorgeschlagene Pensionsanpassung

ohnedies diesem Ziel dient und daher alle Pensionsarten gleichmäßig erfassen sollte.

 

Ein Alternativvorschlag, der die Einführung eines Anrechnungsmodells vorsieht, fand keine

ausreichende Unterstützung. Insbesondere wurde die vorgesehene Anrechnung von Bezü -

gen aus einem betrieblichen Versorgungssystem abgelehnt, weil dadurch die Bemühungen

um den Ausbau der zweiten Säule der Alterssicherung beeinträchtigt würden.

6.5.DIE FINANZIELLEN AUSWIRKUNGEN

 

Über die zu erwartenden finanziellen Auswirkungen informieren die folgenden Tabellen:

 

                Geschätzte Aufwendungen für die kumulierten Neuzuerkennungen

                               an Witwen - / Witwerpensionen

 

 

Neuzugangskosten

(In Mio. S)

Kumul. Kosten

(In Mio. S)

 

Jahr

M

F

M + F

M

F

M + F

 

 

2001

117

1.183

1.300

117

1.183

1.300

 

2002

120

1.208

1.327

353

3.574

3.927

 

2003

124

1.240

1.363

596

6.021

6.618

 

2004

128

1.276

1.404

847

8.537

9.384

 

2005

132

1.312

1.444

1.107

11.125

12.232

 

 

 

 

Die Ersparnisse wurden für 4 Varianten berechnet: Variante 1 (bloße Spreizung 60 / 20),

Variante 2 (bloße Spreizung 60 / 0), Variante 3 (Spreizung 60 / 20 plus neue Berechnungsme -

thode) und Variante 4 (Spreizung 60 / 0 plus neue Berechnungsmethode).

                               Auswirkungen der bloßen Spreizung

 

 

Ersparnis in Variante

1 (60 / 20)

Ersparnis in Variante

2 (60 / 0)

 

Jahr

M

F

M+F

M

F

M + F

 

2001

20

0

20

35

0

35

2002

62

0

62

106

0

106

2003

104

0

104

179

0

179

2004

148

0

148

254

0

254

2005

194

0

194

332

0

332


 

Auswirkungen des Kommissionsvorschlages

 

 

Ersparnis in Variante

3 (60 / 20)

Ersparnis in Variante

4 (60 / 0)

 

Jahr

M

F

M + F
M

F

M + F

 

2001

23

12

35

35

30

65

2002

71

36

106

106

89

195

2003

119

60

179

179

151

329

2004

169

85

255

254

213

468

2005

221

111

333

332

278

610


 

                               7. Vorschläge zum Pensionszugangsalter

 

7.1.GRUNDLAGEN

 

    7.1.1. Die derzeitige Gesetzeslage

 

Für die sogenannte Regelalterspension gilt ein Pensionsanfallsalter von 60 Jahren für Frauen

und 65 Jahren für Männer. Bei den vorzeitigen Alterspensionen wegen langer Versiche -

rungsdauer (einschließlich der Gleitpensionen) und wegen Arbeitslosigkeit beträgt das Pen -

sionsanfallsalter 55 Jahre für Frauen und 60 Jahre für Männer. Bei der vorzeitigen Alter -

spension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (bzw. wegen Erwerbsunfähigkeit) beträgt das

Pensionsanfallsalter für Frauen 55 Jahre und für Männer 57 Jahre. Die verfassungsrechtli -

chen Bestimmungen über das unterschiedliche Pensionsalter werden im verfassungsrechtli -

chen Teil dieses Berichtes dargestellt.

 

    7.1.2. Die Vorschläge der Regierungsparteien

 

Die Bundesregierung will das Pensionsanfallsalter für alle vorzeitigen Alterspensionen in -

nerhalb von zwei Jahren schrittweise, beginnend mit 1. 10. 2000, um insgesamt eineinhalb

Jahre erhöhen. Diese Erhöhung soll für Versicherte mit 45 Beitragsjahren (einschließlich Er -

satzzeiten für die Kindererziehung) nicht gelten. Entsprechende Änderungen sind für Beam -

te vorgesehen, auf die in diesem Bericht aber nicht näher eingegangen wird, da dieses Pro -

blem von der für die Alterssicherung der Beamten eingerichteten Kommission zu behandeln

ist.

 

7.2.ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN DER KOMMISSION

 

    7.2.1. Neugestaltung der vorzeitigen Alterspensionen

 

Die Frage des Zugangsalters bei den vorzeitigen Alterspensionen läßt sich nicht losgelöst

von der Frage der Gestaltung jener weiteren Zugangsbedingungen zu diesen Pensionen dis -

kutieren, auf welche die Versicherten selbst Einfluß nehmen können. Als Kernpunkt der

Überlegungen hat sich daher als notwendig herausgestellt, den Zugang zu den vorzeitigen

Alterspensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit und wegen langer Arbeitslosigkeit zu

überdenken:

Die budgetär notwendigen Effekte und eine Homogenität der vorzeitigen Alterspensionen

können kaum erreicht werden, wenn die derzeitige vorzeitige Pension wegen geminderter

Arbeitsfähigkeit nicht aufgelassen und die vorzeitige Alterspension wegen Arbeitslosigkeit

nicht neu gestaltet wird.

 

Diese Neugestaltung erscheint vor allem deshalb erforderlich, weil sich Pensionswerber in

der Praxis für die Pensionsart mit dem leichteren Zugang entscheiden. Da bei der vorzeiti -

gen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit die Verweisung eines Versicherten

auf eine von seiner bisherigen abweichenden Erwerbstätigkeit so gut wie ausgeschlossen ist,

können sich ältere Versicherte, die sich der Anhebung des Pensionsalters entziehen wollen,

verhältnismäßig leicht in die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit

flüchten. Wenn viele Pensionswerber von dieser Möglichkeit Gebrauch machen - und davon

ist wohl auszugehen -, würde die beabsichtigte Anhebung des tatsächlichen Pensionsalters

nicht zu erreichen sein. Das Zugangsalter für die vorzeitige Pension sollte daher für alle vor -

zeitigen Alterspensionen dasselbe sein.

 

Hinsichtlich des Ausmaßes der Anhebung wurden auch progressive Varianten diskutiert, die

Kommission sprach sich aber letztlich - im Sinne des Koalitionsabkommens - für eine lineare

Anhebung aus.

 

    7.2.2. Europarechtliche Aspekte

 

Diese Ausführungen sind auch vor dem Hintergrund der zu erwartenden Aufhebung des für

Männer und Frauen unterschiedlichen Zugangsalters im Bereich der vorzeitigen Alterspen -

sion wegen geminderter Arbeitsfähigkeit zu sehen.

 

Die Kommission war einhellig der Auffassung, daß das derzeitige unterschiedliche Pensi -

onsalter von Männern und Frauen bei der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Ar -

beitsfähigkeit (55 bzw. 57 Jahre) aufgegeben werden muß, da diese Lösung dem Europa -

recht widerspricht. Dieses Problem ist bereits beim Europäischen Gerichtshof anhängig.

Dagegen gibt es durchaus Argumente dafür, daß das Europarecht einer Anknüpfung an die

Altersgrenze 55 / 60 nicht entgegensteht, wenn bei dieser Pension die bisherigen wesensprä -

genden Merkmale auch weiterhin im Vordergrund stehen. Dies wäre der Fall, wenn man

lediglich die Zugangsvoraussetzungen der bestehenden Pension wegen langer Arbeitslosig -

keit ändert. Die Kommission hält daher auch unter europarechtlichen Aspekten ihren Vor -

schlag aufrecht, da im Falle der drohenden Aufhebung der derzeitigen Altersgrenzen durch

den Europäischen Gerichtshof eine kaum verkraftbare finanzielle Belastung entstünde, die

wohl zur völligen Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfä -

higkeit führen würde.

    7.2.3. Sozialpolitische Aspekte

 

Dieser Vorschlag brächte jedoch für ältere ungelernte Arbeiter und selbständig Erwerbstäti -

ge ein massives soziales Problem mit sich, weil sie sich dann auf den allgemeinen Arbeits -

markt verweisen lassen müßten, ohne daß dabei nach der ständigen Rechtsprechung die

Zumutbarkeit dieser Verweisung geprüft würde. Die vorzeitige Alterspension wegen ge -

minderter Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit) spielt für Arbeiter (50 % der vorzeitigen

Alterspensionen), Bauern (60 % der vorzeitigen Alterspensionen) und sonstige Selbständige

(29 % der vorzeitigen Alterspensionen) eine große Rolle.

 

Die Anhebung des Zugangsalters auf 55 / 60 würde nur Männer betreffen. Sie und die spätere

weitere Anhebung um 1,5 Jahre würde zudem selbständig erwerbstätige Männer stärker

belasten als alle anderen Erwerbstätigen, weil für sie weder Arbeitslosengeld noch Kranken -

geld zur Verfügung steht. Die vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit stellt da -

her für sie den einzigen Ausweg aus krankheitsbedingt geminderter Erwerbsfähigkeit dar.

 

Angesichts dieser Überlegungen hat die Kommission als eine Variante auch die - europa -

rechtlich sicher zulässige - einheitliche Anhebung des Zugangsalters bei der vorzeitigen Al -

terspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit für Frauen auf 57 Jahre erörtert. Diese Va -

riante würde jedoch de facto weitaus überwiegend Frauen treffen.

 

In jedem Fall erweist es sich aber nach Auffassung der Kommission als erforderlich, die

Verweisung von ungelernten Arbeitnehmern und Selbständigen auf Tätigkeiten auszuschlie -

ßen, die ihnen angesichts ihrer persönlichen Situation nicht zugemutet werden können (siehe

dazu insbesondere Pkt. 7.6.1.).

 

7.3. MODELLVARIANTEN

 

Auf der Grundlage dieser Überlegungen wurden drei Varianten der Anhebung des Pensi -

onsanfallsalters für vorzeitige Alterspensionen erörtert.

 

Variante 1 stellt die von den Regierungsparteien vorgeschlagene schematische Anhebung

des Anfallsalters ab 1. 10. 2000 um jeweils 2 Monate pro Quartal dar. Dabei ist die Kommis -

sion davon ausgegangen, daß ein Jahrgangsschutz vorgesehen ist (die Anhebung soll für je -

ne Personen, die im betreffenden Quartal das Zugangsalter erreichen, um die jeweilige Zahl

von Monaten erhöht werden).

 

Variante 2 geht davon aus, daß es mit 1. 1. 2001 an vorzeitigen Alterspensionen nur mehr je -

ne wegen langer Versicherungsdauer (Gleitpension) und jene wegen Arbeitslosigkeit gibt,

die allerdings auch für jene Arbeitnehmer geöffnet wird, die aus gesundheitlichen Gründen

am Arbeitsmarkt als unvermittelbar gelten (Schritt 1). Damit würde es ab 1. 1. 2001 nicht

mehr möglich sein, in die derzeit bestehende vorzeitige Alterspension wegen geminderter

Arbeitsfähigkeit auszuweichen.

 

In weiterer Folge würde ab 1. 10. 2001 eine Anhebung aller vorzeitigen Alterspensionen pro

Quartal um jeweils 2 Monate mit Jahrgangsschutz erfolgen (Schritt 2).

 

Variante 3 unterscheidet sich von der Variante 1 dadurch, daß bei der vorzeitigen

Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit) das Anfallsalter für

Männer und Frauen in gleicher Weise mit 57 Jahren festgelegt wird.

 

Die näheren Voraussetzungen dieser Berechnungen enthält die Beilage B.

 

 

Finanzielle Auswirkungen beim Pensionsaufwand

 

Einsparungen in Mio S

 

Jahr

2000

2001

2002

2003

2004

2005

 

Variante 1

140

1.590

3.780

6.670

8.600

8.740

Variante 2 Schritt 1

-

600

1.860

3.170

4.555

5.955

Variante 2 Schritt 2

-

245

2.585

5.610

8.665

11.065

Summe

Variante 2

-

845

4.445

8.780

13.220

17.020

Variante 3

160

1.685

3.965

6.950

8.960

9.100


 

Finanzielle Auswirkungen bei den Beitragseinnahmen:

 

Mehreinnahmen in Mio. S

 

Jahr

2000

2001

2002

2003

2004

2005

 

Variante 1

40

480

1.110

1.920

2.460

2.500

Variante 2 Schritt 1

-

115

355

595

860

1.135

Variante 2 Schritt 2

-

70

735

1.570

2.410

3.065

Summe Variante 2

-

185

1.090

2.165

3.270

4.200

Variante 3

45

505

1.130

1.955

2.500

2.555

 

 

7.4. BESCHÄFTIGUNGSPOLITISCHE EFFEKTE

 

    7.4.1. Allgemeines

 

Der Kommission liegen Berechnungen des Sozialministeriums über die Auswirkungen die -

ser Varianten vor. Diese Berechnungen unterstellen ebenso wie jene unter Abschnitt 7.3 ei -

nen Ausweicheffekt auf die vorzeitigen Alterspensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit

von 90 % und beziehen sich lediglich auf die isolierte Erhöhung des Pensionszugangsalters.

Falls diese Annahme nicht zutreffen sollte oder zusätzliche Maßnahmen (wie zB wesentlich

erhöhte Abschläge) beschlossen werden sollten, würden sich auch entsprechende Mehr -

belastungen für den Arbeitsmarkt bzw. für die Gebarung Arbeitsmarktpolitik ergeben. Sollte

der Ausweicheffekt geringer als angenommen sein, könnten diese Auswirkungen bis zu

S 500 Millionen jährlich betragen. Die tatsächlichen Auswirkungen der Pensionsreform auf

den Arbeitsmarkt können damit lediglich nach Bekanntwerden des gesamten

„Maßnahmenpaketes“ abgeschätzt werden.

 

Im Folgenden werden die Auswirkungen der jeweiligen Varianten dargestellt

 

    7.4.2.

             Modellrechnungen

         

          7.4.2.1. Variante 1:

 

 

 

Erhöhung der Ar-

beitslosigkeit geg.

Unveränderter

Pensionsregelung

 

Mehrausgaben der

Gebarung Ar-

beitsmarktpolitik

Millionen S

Mehreinnahmen der

Gebarung Arbeits-

marktpolitik

Millionen S

Saldo in der Ge-

barung Arbeits-

marktpolitik

Millionen S

2001

+ 5.400

841

55

786

 

2002

+ 6.900

1.080

117

963

 

2003

+ 8.100

1.287

159

1.128

 

 

 

          7.4.2.2. Variante 2:

 

 

 

Erhöhung der Ar-

beitslosigkeit geg.

unveränderter

Pensionsregelung

Mehrausgaben der

Gebarung Ar-

beitsmarktpolitik

Millionen S

Mehreinnahmen der

Gebarung Arbeits-

marktpolitik

Millionen S

Saldo in der Ge-

barung Arbeits-

marktpolitik

Millionen S

2001

+ 2.800

428

41

387

 

2002

+ 12.900

2.020

248

1.772

 

2003

+ 15.100

2.406

338

2.068

 

 

 

          7.4.2.3.

                   Variante 3:

 

 

 

Erhöhung der Ar-

beitslosigkeit geg.

Unveränderter

Pensionsregelung

Mehrausgaben der

Gebarung Ar-

beitsmarktpolitik

Millionen S

Mehreinnahmen

der Gebarung Ar-

beitsmarktpolitik

Millionen S

Saldo in der Ge-

barung Arbeits-

marktpolitik

Millionen S

2001

+ 5.500

855

56

799

 

2002

+ 7.300

1.145

124

1.021

 

2003

+ 8.100

1.287

159

1.128

 

 

Die finanziellen Auswirkung wären zwar im Jahr 2003 noch gleich jener der Variante 1, in

den Vorjahren würden jedoch höhere Belastungen auftreten.

 

7.5. BEGLEITMAßNAHMEN

 

Die Kommission hält einhellig wirksame flankierende beschäftigungspolitische Maßnahmen

für ältere Arbeitnehmer für notwendig. Diese können sowohl in einer Ausweitung bestehen -

der Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik als auch in der Schaffung neuer Instrumen -

te bestehen; auch arbeitsrechtliche Regelungen; etwa im Bereich des Bestandsschutzes,

könnten eine Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer bewirken.

 

Die Kommission sah es allerdings nicht als ihre Aufgabe an, hier konkrete Vorschläge zu

machen. Sie möchte aber festhalten, daß Einsparungen als Folge der Anhebung des vorzei -

tigen Pensionsalters bzw. der Abschaffung der Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit

Mehrausgaben in anderen Bereichen provozieren.

 

Sollten die gesamten durch die Reform zu erzielenden Einsparungen höher als erwartet

ausfallen, sollten sie für eine spätere und langsamere Anhebung des Anfallsalters sowie für

arbeitsmarktpolitische Maßnahmen genützt werden, sodaß die zur Wahrung der Budgetvor -

gaben notwendigen Nettoeffekte auf einem möglichst sozialverträglichen Weg erreicht wer -

den.

7.6. EINZELFRAGEN

 

    7.6.1. Neugestaltung der (normalen) Pensionen wegen

          geminderter Arbeitsfähigkeit

 

Die Beratungen der Kommission haben mehrfach gezeigt, daß die Pensionen wegen gemin -

derter Arbeitsfähigkeit angesichts der bestehenden Ungleichgewichte im Berufsschutz einer

grundlegenden Neuregelung zugeführt werden sollten. Unbefriedigend ist vor allem die

schon dargestellte Rechtslage für ungelernte Arbeiter und für Selbständige. Dieses Thema

sollte unter den mittelfristigen Themen der Pensionsreform vorrangig behandelt werden.

 

    7.6.2. Sozialpläne

 

Große Probleme in der Praxis könnten im Zusammenhang mit Sozialplänen entstehen. Die

Kommission ist jedoch ebenso wie das Koalitionsabkommen einhellig der Auffassung, daß

die Lösung dieser Fragen nicht durch den Gesetzgeber im Rahmen der Pensionsreform er -

folgen soll, sondern Aufgabe der Sozialpartner ist.

 

    7.6.3. Sondergruppen

 

Für den Bereich des Beamtenrechts wird die Meinung vertreten, daß für eine Anhebung des

Pensionsalters eine längere Vorlaufzeit notwendig sein wird, da sonst Eingriffe in bereits

rechtskräftige Pensionierungsbescheide erfolgen könnten.

 

Beim Knappschaftssold (1998: 588 Personen) und der Sonderunterstützung waren die Mei -

nungen geteilt. Für ein Festhalten an den derzeit bestehenden Regeln spricht, daß es sich um

berücksichtigungswürdige Ausnahmesituationen handelt, nur wenige Personen betroffen

sind und die finanziellen Effekte einer allfälligen Anhebung geringfügig wären. Andererseits

sprechen Gerechtigkeitsgesichtspunkte dafür, das Anfallsalter auch dort anzuheben, wo es

sich nur um kleine Beträge und kleine Personengruppen handelt.

 

Bleibt man beim derzeitigen Recht und will man eine wegen der längeren Bezugsdauer für

Sonderruhegeld notwendige Anhebung des Beitrags im Nachtschwerarbeitsgesetz vermei -

den (von der vor allem Industrieunternehmungen betroffen wären), müßte man wie schon

in der Vergangenheit - eine leichte zusätzliche Belastung des Bundesbudgets hinnehmen.

                                               8. Vorschläge zur Pensionsberechnung

 

8.1.DIE LÄNGERFRISTIGE AUSRICHTUNG DES SYSTEMS

 

Wie eingangs dargestellt, befürwortet die Kommission ganz eindeutig eine Weiterentwick -

lung in Richtung „mehr Leistungsgerechtigkeit“. Zur Realisierung dieses Zieles empfiehlt sie

die grundsätzliche Ausrichtung auf ein versicherungsmathematisch bestimmtes Modell.

 

Folgt man diesem Vorschlag, dann bedarf es im Hinblick auf die Alterspension vor allem der

Festlegung (a) einer Pensionsformel bei Erreichung des Regelpensionsalters und (b) eines

Mindestpensionsalters. Die Pensionsformel müßte die Gesamtsumme der Beiträge berück -

sichtigen, die für den Versicherten während seines gesamten Erwerbslebens geleistet wur -

den. Dem Modell würde es weiters entsprechen, ausschließlich Beitragszeiten zu berück -

sichtigen; für die derzeitigen Ersatzzeiten müßte daher jeweils jemand gefunden werden, der

diese Beiträge im Wege einer Sonderfinanzierung aufbringt.

 

Das Hauptproblem ist die Festlegung des Pensionsprozentsatzes bei Erreichung des Regel -

pensionsalters. Diese Wahl müßte so getroffen werden, daß sie mittelfristig den Finanzie -

rungsmöglichkeiten entspricht. Das enthebt allerdings nicht von der Notwendigkeit, diesen

Prozentsatz von Zeit zu Zeit zu überprüfen und erforderlichenfalls neu festzusetzen, wenn

wesentliche Veränderungen eintreten, wobei vor allem an eine Veränderung in der Lebens -

erwartung zu denken ist. Das Modell der Leistungsgerechtigkeit beinhaltet, daß jener, der

die Pension vor Erreichung des Regelpensionsalters in Anspruch nimmt, mit versicherungs -

mathematisch berechneten Abschlägen rechnen muß und jener, der sie später in Anspruch

nimmt, ebensolche Zuschläge erhalten wird. Nur diese Berechnungsweise stellt sicher, daß

sich die Gesamtaufwendungen der Pensionsversicherung nicht verändern, gleichgültig ob die

Versicherten früher oder später in Pension gehen.

 

Auch die versicherungsmathematischen Ab - und Zuschläge müßten immer wieder an die

Veränderungen der Lebenserwartung angepaßt werden. Da die Lebenswartung für einzelne

Gruppen der Bevölkerung jedoch unterschiedlich lang ist, bedürfte es einer (politischen)

Entscheidung, ob die Pensionsformel auf die Lebenserwartung bestimmter Gruppen (etwa

für Frauen und Männer, für Arbeiter und Angestellte) oder - wofür die Kommission eintritt

- auf den Gesamtdurchschnitt der Bevölkerung abgestellt wird.

Den besonderen Vorteil dieser Ausrichtung erblickt die Kommission vor allem in ihrer inne -

ren Geschlossenheit, in der Gleichbehandlung aller in das System einbezogenen Personen

und in dem Umstand, daß der Gesetzgeber dem einzelnen die Wahl des Zeitpunktes des

Pensionsantritts nicht verbindlich vorschreibt. Sie würde die derzeitige Benachteiligung von

Versicherten mit flacher Lebenseinkommenskurve, zu denen vor allem Arbeiter und viele

kleine Selbständige gehören, gegenüber jenen Personen beseitigen, deren Einkommen im

Lebensverlauf größeren Schwankungen unterliegt oder stärker ansteigt. Denn diese Perso -

nen, zu denen vor allem berufliche Aufsteiger, öffentlich Bedienstete, Personen, die zwi -

schen Voll - und Teilzeitarbeit wechseln und das Gros der Angestellten zählen, erhalten der -

zeit eine höhere Pension als Versicherte mit flacher Lebenseinkommenskurve und gleicher

Lebensbeitragssumme. Eine Verschlechterung ihrer Position müßten jene Personen erwar -

ten, die Lücken in ihrem Erwerbsleben aufweisen, die derzeit durch beitragsfreie Ersatzzei -

ten abgedeckt werden. Diese Nachteile ließen sich aber aus sozialpolitischen Gründen durch

eine Sonderfinanzierung dieser Ersatzzeiten vermeiden. Für die Berechnung von Pensionen

wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (wegen Erwerbsunfähigkeit) bedarf es Sonderregelun -

gen, da der Verlust der Arbeitsfähigkeit in relativ jungen Jahren ansonsten zu völlig unzu -

reichenden Pensionen führen würde. Unter der Annahme, daß die Pensionsformel für die

Regelpension unverändert bleibt, wäre für die vorzeitige Inanspruchnahme der Pension mit

höheren Abschlägen zu rechnen als nach geltendem Recht. In der Kürze der zur Verfügung

stehenden Zeit war es jedoch nicht möglich, genaue versicherungsmathematische Berech -

nungen anzustellen. Grobe Schätzungen deuten darauf hin, daß die Abschläge (Zuschläge)

pro Jahr des früheren (späteren) Pensionsantrittes ungefähr 4 - 5 % der Pension ausmachen

müßten, wobei der Abschlag nach dem ersten Jahr leicht ansteigen würde.

 

Der überwiegende Teil der Kommission kam jedoch zur Auffassung, daß zum derzeitigen

Zeitpunkt noch keine konkreten Vorschläge zur Ausgestaltung dieses Modells ausgearbeitet

werden können, da die dafür erforderlichen Untersuchungen nicht so kurzfristig durchge -

führt werden können und der Vertrauensschutz ohnedies eine längere Übergangsphase ver -

langt. Wenn der weitere Ausbau des österreichischen Systems zu mehr Leistungsgerechtig -

keit führen soll, wie dies die Kommission vorschlägt, dann müßten nicht nur die nunmehr

kurzfristig zu setzenden, sondern auch weitere Zwischenschritte so gesetzt werden, daß sie

in diese Richtung gehen. Das bedeutet, daß mittelfristig der Durchrechnungszeitraum zu

verlängern, eine Sonderfinanzierung für derzeit nicht beitragsgedeckte Ersatzzeiten aufzu -

bauen, Ab - und Zuschläge an die versicherungsmathematisch gebotenen Werte anzunähern

und die Veränderungen der Lebenserwartung bei der Erstberechnung der Pensionen zu be -

rücksichtigen wären. In diesem Zusammenhang wäre auch eine Abstimmung mit dem Recht

der Arbeitslosenversicherung erforderlich.

 

Im einzelnen legt die Kommission folgende konkrete Vorschläge vor.

 

8.2.BONUS - MALUS

 

Nach derzeitigem Recht werden für die Alterspensionen in jedem Versicherungsjahr 2 Stei -

gerungspunkte (das entspricht 2 % der Bemessungsgrundlage) erworben. Für jedes Jahr, um

das Versicherte die Pension früher als bei Erreichung des Regelpensionsalters (60 Jahre für

Frauen, 65 Jahre für Männer) in Anspruch nehmen, werden von der Summe der Steige -

rungspunkte als Malus 2 Steigerungspunkte (das sind etwa 2,5 % der Pension) abgezogen.

Dieser linear gestaltete Abzug beträgt aber höchstens 10 Steigerungspunkte oder 15 % der

Pension. Nach den Vorstellungen der Regierungsparteien soll der Malus progressiv gestaltet

werden: er soll von 2 % bei einer Inanspruchnahme mit 59 / 64 Jahren bis auf 6 % bei einer

Inanspruchnahme mit 55 / 60 Jahren anwachsen. Eine Begrenzung ist nicht vorgesehen. Der

Bonus soll 4 % der Pension pro Jahr betragen.

 

Die Kommission hat zunächst erwogen, von der derzeitigen Berechnungsweise abzugehen

und Steigerungsbeträge nur bis zur Erreichung des Mindestpensionsantrittsalters (derzeit bei

Frauen 55 und bei Männern 60 Jahre) vorzusehen und bei späterem Pensionsantritt nur ei -

nen Bonus zu gewähren. Der Vorzug dieser Berechnungsweise wurde darin erblickt, daß

auf diese Weise der durch den Malus leicht entstehende unrichtige Eindruck vermieden

werden könnte, dem Pensionswerber würde irgend etwas weggenommen. Die Kommission

hat diesen Vorschlag aber letztlich nicht weiter verfolgt, da auf diese Weise wiederum der

Eindruck entstehen könnte, als Regelpensionsalter sollte in Hinkunft das 55. bzw. 60. Le -

bensjahr gelten.

 

Die Kommission schlägt vor, den Malus auch weiterhin linear zu gestalten, allerdings mit 3

Steigerungspunkten pro Jahr (das sind etwa 3,8 % der Pension) und unter Festlegung einer

Höchstgrenze von 10,5 Steigerungspunkten bzw. 15 % der Pension. Die Einführung sollte

zeitgleich und in denselben Etappen wie die Verlängerung des Pensionsanfallsalters für vor -

zeitige Alterspensionen erfolgen. Während dieser Übergangzeit sollte der Malus für jene

Versicherten, die zum frühest möglichen Zeitpunkt in Pension gehen, wie bisher höchstens

10 Steigerungspunkte betragen. Für Versicherte, die zu den Jahrgängen dieser Übergangs -

zeit zählen, und erst zu einem späteren Zeitpunkt in Pension gehen, sollte sich der derzeitige

Abschlag von 2 Steigerungspunkten pro Jahr in Etappen auf 3 Steigerungspunkte erhöhen.

 

Die vorgeschlagene Abweichung von den Vorstellungen der Regierungsparteien beruht auf

folgenden Erwägungen: Bei Verwirklichung der von der Kommission ins Auge gefaßten

künftigen Ausrichtung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen sollte der Abschlag

die Verlängerung der Bezugsdauer der Pension bei gleichzeitiger Berücksichtigung der

Restlebenserwartung möglichst ausgleichen. Die derzeit vorgesehenen Schritte sollten in

diese Richtung gehen. Eine progressive Gestaltung des Malus würde jedoch im Gegensatz

dazu stehen. Überdies würde bei Verwirklichung der von der Kommission vorgeschlagenen

gleichzeitigen etappenweisen Erhöhung des Pensionsantrittsalters und des Malus die vorge -

sehene Progression tatsächlich nicht wirksam werden. Quantitativ ist der Unterschied zwi -

schen dem Regierungsvorschlag und der von der Kommission vorgeschlagenen Lösung ge -

ring; er beträgt im Höchstfall 1 Steigerungspunkt.

 

Die Auswirkungen der diskutierten Varianten zur Ausgestaltung der Malusregelung ergeben

sich aus den folgenden Tabellen:

                               Auswirkungen der diskutierten Malusregelungen

 

1 = Geltendes Recht

 

2 = Regierungsvariante

 

3 = Variante „Untergruppe“

 

 

20 Versicherungsjahre

 

Alter

 

Pensionshöhe in % mit

Begrenzungen *)

 

1

2

3

56

1/2

61

1/2

 

34

28,5

34

57

62

34

31

34

58

53

36

35

34

59

64

38

38

37

60

65

40

40

40

 

30 Versicherungsiahre

 

 

1

2

3

58

1/2

51

1/2

 

53

48,5

51

57

62

54

51

51

58

63

56

55

54

59

64

58

58

57

60

65

60

60

60


 

37 1/2 Versicherungsjahre

 

 

 

1

2

3

56

1/2

61

1/2

68

63,5

64,5

67

62

69

66

66

58

63

71

70

69

59

64

73

73

72

60

65

75

75

75

 

40 Versicherungsjahre

 

 

 

1

2

3

56

1/2

61

1/2

73

68,5

69,5

57

62

74

71

71

58

63

76

75

74

59

64

78

78

77

60

65

80

80

80


 

45 Versicherungsjahre

 

 

1

2

3

56

1/2

61

1/2

 

80

78,5

79,5

57

62

80

80

80

58

63

 

80

80

80

59

64

80

80

80

60

65

80

80

80

 

*) Bei der Berechnung wurde die vorgesehene Begrenzung des Abschlages mit 15 % der

    Pension und das Höchstausmaß von 80 % der Bemessungsgrundlage berücksichtigt.

 

Die finanziellen Auswirkungen des Vorschlages der Kommission lassen sich derzeit nur

grob abschätzen. Nach Auslaufen der vorgesehenen Übergangsregelungen dürfte sich das

Niveau der neu angefallenen Pensionen im Durchschnitt um 3 - 5 % verringern. Da die bereits

zuerkannten Pensionen von der neuen Malusregel nicht erfaßt werden, werden die finanziel -

len Auswirkungen zwar zunächst nur gering, längerfristig aber beachtlich sein. Die von der

Kommission vorgeschlagene Malusregelung läßt im Vergleich zum derzeit geltenden Recht

Einsparungen in einer Größenordnung von etwa 50 Millionen S im Jahr 2002, von 200 Mil -

lionen S im Jahr 2003, von 450 Millionen S im Jahr 2004 und von 800 Millionen S im Jahr

2005 erwarten. Im Endstadium (nach 15 bis 20 Jahren) würde die Einsparung jedoch rund

11 Milliarden S betragen.

 

Bei den Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (bzw. Erwerbsunfähigkeit) werden

derzeit pro Versicherungsjahr in einer Art pauschaliertem Malus 1,8 Steigerungspunkte, al -

so um 10 % weniger als bei den Alterspensionen, erworben. Das würde angesichts der vor -

geschlagenen Malusregelung zu nicht vertretbaren Unterschieden in der Pensionshöhe von

Versicherten führen, die eine vorzeitige Alterspension und jenen, die nur wenig jünger eine

Pension wegen Minderung der Arbeitsfähigkeit erhalten. Um diese Ungereimtheiten zu

vermeiden, soll dieser Abschlag schrittweise auf 15 % (das heißt auf 1,7 Steigerungspunkte

pro Jahr) erhöht werden. Zur Vermeidung sozialer Härten soll jedoch die fiktive Anrech -

nung von Versicherungszeiten bei Minderung der Arbeitsfähigkeit in jüngeren Jahren ver -

längert werden.

 

Der Vorschlag der Regierungsparteien sieht für Versicherte, die ihren Pensionsantrag über

das Regelalter (60 / 65 Jahre) hinaus aufschieben, einen Bonus von jährlich 4 Steigerungs -

punkten bei einem Höchstausmaß der Pension von 90 % der Bemessungsgrundlage vor. Die

Kommission schlägt demgegenüber vor, diese Begrenzung mit 90 % fallen zu lassen. Sie

würde nämlich einerseits bei längerem Aufschub zu Verschlechterungen gegenüber dem

derzeitigen Recht führen und dadurch die gewünschte Anreizwirkung zum Pensionsauf -

schub verringern. Die Kommission weist zudem darauf hin, daß diesem Bonus nach einer

Realisierung des Vorschlages der Regierungsparteien, die Ruhensbestimmungen für die Zeit

nach Vollendung des Regelalters völlig aufzuheben, praktisch keinerlei Bedeutung zukom -

men wird, da die Versicherten in diesem Fall die Pension trotz Weiterarbeit voll beziehen

können. Die Praxis zeigt, daß von diesem Bonus auch derzeit so gut wie kein Gebrauch

gemacht wird.

 

8.3.RUHENSBESTIMMUNGEN

 

Nach den Vorschlägen der Regierungsparteien sollen die Ruhensbestimmungen für den Fall

des gleichzeitigen Bezuges einer Regelalterspension und von Erwerbseinkommen entfallen.

Die Kommission unterstützt diesen Vorschlag, da er einen weiteren kräftigen Anreiz zur

Erhöhung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters darstellt. Dagegen würde sie anregen, den

ebenfalls vorgesehenen Entfall der Wegfallsbestimmungen bei vorzeitigen Alterspensionen

bei Vorliegen von mindestens 45 Beitragsjahren nicht umzusetzen. Diese Lösung würde

dem Ziel, das tatsächliche Pensionsalter zu erhöhen, widersprechen und ein unerwünschtes

Signal zur vorzeitigen Pensionierung darstellen. Die Kommission vertritt zum weit über -

wiegenden Teil die Auffassung, daß die Voraussetzungen zum Bezug einer vorzeitigen Al -

terspension keineswegs erleichtert, sondern eher verschärft werden sollten. Bei einem Über -

gang zu versicherungsmathematisch berechneten Pensionen würde sich dieses Problem al -

lerdings von selbst erledigen, da es dann jedem Versicherten freigestellt werden kann, ab Er -

reichung eines bestimmten Mindestalters den Zeitpunkt seiner Pensionierung ohne jede Ru -

hensbestimmungen selbst frei zu bestimmen.

 

Die Kommission weist aber auf ein Problem des geltenden Rechts hin, das einer Lösung

bedarf. Die bestehenden Ruhens - bzw. Wegfallsbestimmungen gestatten den Bezug eines

geringfügigen Erwerbseinkommens pro Monat. Wenn in einem oder nur wenigen Monaten

eines Jahres ein höheres, in den übrigen aber nur ein höchstens geringfügiges Erwerbsein -

kommen erzielt wird, führt das bei der Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit zu Un -

gleichbehandlungen und unerwünschten Konsequenzen. Der Grund liegt darin, da bei dieser

Versichertengruppe eine Jahresdurchrechnung erfolgt, die überdies im Regelfall erst zwei

Jahre später vorgenommen werden kann. Es kommt nun vor, daß sich erst gegen Ende des

Jahres herausstellt, daß die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wurde, was zur Rückfor -

derung der bereits ausbezahlten Pension dieses Jahres führt. Eine Lösung könnte darin be -

stehen, einen rückwirkenden Wegfall dann auszuschließen, wenn ein zu erwartendes, die

Geringfügigkeitsgrenze übersteigendes Einkommen rechtzeitig gemeldet wird. Da sich ähn -

liche Probleme, wenngleich nicht in dieser Schärfe, auch bei Arbeitnehmern stellen, sollte

dieses Gesamtproblem überarbeitet werden.

 

8.4.DURCHRECHNUNGSZEITRAUM

 

Im Sinne der von der Kommission vorgeschlagenen künftigen versicherungsmathemati -

schen Ausrichtung der Pensionsberechnung läge die schrittweise Verlängerung der Durch -

rechnung der Beitragsgrundlagen bis zur Erfassung der gesamten Versicherungsdauer.

Diesbezügliche konkrete Vorschläge können aber erst bei Ausarbeitung eines umfassenden

Modells erstattet werden.

 

8.5.ABSTIMMUNG MIT DEM BEAMTENDIENSTRECHT

 

Die Probleme des Malus bei vorzeitiger Inanspruchnahme von Pensionen und der Ausübung

einer Erwerbstätigkeit während des Bezuges einer vorzeitigen Pension stellen sich auch im

Beamtenrecht. Die zur Behandlung der Alterssicherung der Beamten eingesetzte Kommissi -

on sollte sich daher mit dieser Problematik befassen.

                               9. Verfassungsrechtliche Überlegungen

 

Ergänzend zu den bereits angeschnittenen kompetenzrechtlichen Fragen hat die Kommissi -

on auch die Zulässigkeit der vorgeschlagenen gesetzgeberischen Maßnahmen im Hinblick

auf weitere verfassungsrechtliche Grenzen überprüft und ist dabei weitaus überwiegend zur

Auffassung gekommen, daß diese eingehalten werden.

 

Das Bundesverfassungsgesetz über unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und

weiblichen Sozialversicherten, BGBl. 832/1992, enthält keine Festschreibung des Pensi -

onsanfallsalters, sondern spricht in seinem § 1 nur aus, daß „gesetzliche Regelungen, die

unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Versicherten der gesetzli -

chen Sozialversicherung vorsehen zulässig (sind)“. In seinen §§ 2 und 3 wird ab den Jahren

2019 bzw. 2024 ein Abbau der Unterschiede in den Altersgrenzen bei den Alterspensionen

für Frauen und Männern durch schrittweise Erhöhungen der Altersgrenze der Frauen bis zu

den Jahren 2028 bzw. 2033 angeordnet. Diesem Verfassungsgesetz läßt sich daher besten -

falls entnehmen (nicht einmal das ergibt sich wirklich zwingend aus dem Gesetzestext), daß

bis zum Jahr 2019 bzw. 2024 der Unterschied von 5 Jahren im Anfallsalter für Frauen und

Männer bei den 1992 bestehenden Arten von Alterspensionen bestehen bleiben soll. Eine

Aussage zu Alterspensionsarten, die es 1992 noch nicht gegeben hat (wie die Alterspension

wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, die erst durch die 51. ASVG - Novelle, BGBl. 335/1993

und die Begleitnovellen für die Selbständigenversicherung eingeführt wurde), läßt sich die -

ser Bestimmung jedoch keinesfalls entnehmen. Nach Auffassung der Kommission kann die -

se Verfassungsbestimmung aber auch nicht so verstanden werden, daß damit die im Jahre

1992 bestehenden Altersgrenzen als solche unter den Schutz der Verfassung gestellt wur -

den. Das mag vielleicht die Absicht einiger an der Entstehung dieser Verfassungsbestim -

mung beteiligten Personen gewesen sein, hat aber in den Verfassungstext keinen Eingang

gefunden. Der Verfassungsgerichtshof hat sich mit einem ähnlichen Problem erst vor kur -

zem in seinen Erkenntnissen VfSlg Nr.14.872/1997 und G 291 ff./96 vom 29. 9. 1999, be -

faßt, und zwar im Zusammenhang mit dem ebenfalls als Reaktion auf die Rechtsprechung

des Verfassungsgerichtshofes zum Gleichheitssatz erlassenen Bundesverfassungsgesetz über

die Begrenzung von Bezügen oberster Organe, BGBl. 281/1987. Er hat sich dabei aus -

schließlich auf den Text der Verfassungsbestimmung und nicht auf die aus den Gesetzesma -

terialien hervorleuchtende weitergehende Absicht gestützt und ausdrücklich klargestellt, daß

den Bestimmungen dieses Gesetzes kein Inhalt beigemessen werden dürfe, „gemäß dem der

Bundesverfassungsgesetzgeber den Gleichheitsgrundsatz für den Bereich der sogenannten

Politikerpensionen zur Gänze außer Kraft gesetzt hätte“. Die fragliche Verfassungsbestim -

mung stelle zwar klar, daß eine Kürzung von Politikerpensionen im allgemeinen nicht im

Widerspruch zum Gleichheitssatz steht, erlaube es aber - im Zusammenhang mit dem auch

im Bereich der Politikerpensionen nach wie vor geltenden Gleichheitssatz - nicht, Kürzun -

gen jedweder Art und Intensität vorzunehmen.

 

Im Lichte dieses Verfassungsverständnisses kann dem § 1 des Bundesverfassungsgesetzes

über die Altersgrenzen ebenfalls nur der Sinn entnommen werden, klargestellt zu haben, daß

unterschiedliche Altersgrenzen für Männer und Frauen in der Pensionsversicherung nicht

per se verfassungswidrig sind. Ihre konkrete Festlegung muß jedoch auch weiterhin den

Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes entsprechen. Eine verfassungsrechtliche Fest -

schreibung eines bestimmten Pensionsalters läßt sich somit weder aus dem § 1 noch aus den

§§ 2 und 3 dieses Bundesverfassungsgesetzes ableiten. Die §§ 2 und 3 nehmen in keiner

Weise auf ein bestimmtes Pensionsanfallsalter Bezug. Sie sprechen auch kein Verbot einer

Veränderung der bestehenden Bestimmungen über das Pensionsanfallsalter für Männer oder

für Frauen aus. Sie legen ausschließlich für Frauen ohne weitere Voraussetzungen oder Be -

dingungen schrittweise Erhöhungen des Pensionsalters fest. Die §§ 2 und 3 sind nur inso -

weit inhaltlich miteinander verknüpft, als die Erhöhung des Pensionsalters für die Regelpen -

sion erst zu dem Zeitpunkt einsetzen soll, zu dem das Anfallsalter der Frauen für vorzeitige

Pensionen um fünf Jahre erhöht wurde. Sie legen allerdings weder das Ausgangspensionsal -

ter in den Jahren 2019 bzw. 2024 noch das für Frauen in den Jahren 2028 bzw. 2033

schließlich zu erreichende Pensionsalter fest. Man kann diesen Bestimmungen höchstens ein

Vorverständnis der Verfassungsgeber entnehmen, daß im Jahre 2019 noch ein Unterschied

im Pensionsanfallsalter für Männer und Frauen von fünf Jahren besteht und die Anhebung

des Anfallsalters für Frauen daher zu dem Zeitpunkt einsetzen soll, zu dem das Anfallsalter

für die vorzeitige Alterspensionen für Männer und Frauen gleich ist. Das setzt aber wieder -

um voraus, daß in § 1 die bestehenden Anfallsalter für Männer und Frauen verfassungs -

rechtlich fixiert worden wären, was aber, wie gezeigt, nicht der Fall ist. Denn im Lichte der

zitierten Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes und seiner Judikatur, wonach ein ge -

nerell unterschiedliches Pensionsanfallsalter für Männer und Frauen den Gleichheitsgrund -

satz verletzt, verbietet sich diese Deutung des § 1.

Die Kommission stützte sich weiters auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsge -

richtshofs, wonach der Gesetzgeber zwar berechtigt ist, in sogenannte wohlerworbene

Rechte einzugreifen, allerdings nicht in jedweder Art und in jedweder Intensität. Bei einem

Eingriff in sozialrechtliche Anwartschaften oder Ansprüche prüft der Verfassungsgerichts -

hof daher als erstes, welches Ziel der Gesetzgeber damit verfolgt und wie dringend die Er -

reichung dieses Zieles ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß sowohl die Entlastung des

Staatsbudgets als auch die längerfristige Sicherung des Pensionssystems zulässige Ziele

sind. In einem zweiten Schritt untersucht der Verfassungsgerichtshof, ob die vom Gesetz -

geber vorgesehenen Mittel geeignet sind, das verfolgte Ziel zu erreichen. Das trifft auf alle

vorgeschlagenen Maßnahmen zu. In einem dritten Schritt prüft der Verfassungsgerichtshof,

ob die gesetzlichen Eingriffe den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet haben. Dabei

geht es vor allem um den Schutz des Vertrauens auf die bestehende Gesetzeslage. Der

Verfassungsgerichtshof schützt das Vertrauen allerdings nicht absolut und anerkennt über -

dies unterschiedlich starke Vertrauenspositionen. Er ist relativ streng bei der Einführung

rückwirkend belastender Gesetze, gesteht dem Gesetzgeber dagegen einen weiteren Spiel -

raum bei solchen Beschränkungen wohlerworbener Rechte zu, die nur in die Zukunft wir -

ken. Im Rahmen seiner Prüfung berücksichtigt er die Dringlichkeit und Schwere des Eingrif -

fes und das Verhältnis zwischen Eingriffsintensität und Übergangsfristen. Als besonders

schutzwürdig gelten ihm jene Personen, die bereits Pensionen beziehen oder knapp vor der

Erreichung des Pensionsalters stehen. Weniger schutzwürdig erscheinen ihm jene Aktiven,

die vom Pensionsalter noch weiter entfernt sind. Keinen Vertrauensschutz genießen jene

Personen, die erst am Beginn ihrer Alterssicherungskarriere stehen. In allen Fällen gesteht

der Verfassungsgerichtshof einen Vertrauensschutz aber nur bei schwerwiegenden Eingrif -

fen zu.

 

Geht man von diesen Grundsätzen des Verfassungsgerichtshofes aus, die diesem Gericht

allerdings einen nicht unerheblichen Beurteilungsspielraum offen lassen, erscheinen weder

die vorgesehene Verlängerung des Pensionsantrittsalters noch die Erhöhung des Malus

verfassungsrechtlich bedenklich. Das muß zumindest dann gelten, wenn sie schrittweise in -

nerhalb einer ausreichenden Übergangsfrist vorgenommen werden. Bei der verfassungs -

rechtlichen Prüfung sind einerseits die Dringlichkeit der Entlastung des Staatshaushalts und

andererseits die Nachteile für die Betroffenen gegenseitig abzuwägen. Die vorgeschlagenen

Schritte führen zu keinen schwerwiegenden Enttäuschungen hinsichtlich der Pensionserwar -

tung: Eine allmähliche auf zwei Jahre aufgeteilte Erhöhung des Pensionsantrittsalters ab

Oktober 2000 um 18 Monate, bei der durch Übergangsbestimmungen sichergestellt ist, daß

sie zu keiner Verringerung der Höhe der Pensionen führen wird, erscheint durchaus zumut -

bar. An der Unbedenklichkeit dieser Schritte ist um so weniger zu zweifeln, wenn die erste

Etappe auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird. Für die verfassungsrechtliche Zuläs -

sigkeit sprechen aber noch weitere Umstände: Wenn Einsparungen erforderlich sind, er -

scheint die Erhöhung des Pensionsantrittsalters einerseits als die für die Betroffenen mildere

Form als eine Verschlechterung der Pensionsformel, da diese eine Dauerwirkung entfaltet.

Eine Verschärfung des Malus erlaubt es andererseits, die Erhöhung des Pensionsanfallsal -

ters, die dennoch von vielen Versicherten wegen der Arbeitsmarktlage als drückend emp -

funden wird, geringer zu halten. Eine maßvolle Kombination beider Maßnahmen, wie sie

hier vorgeschlagen wird, kommt auch diesen Bedenken entgegen und trägt damit dem Ver -

trauensschutz Rechnung.

 

Die vorgeschlagene Auflassung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeits -

fähigkeit (bzw. wegen Erwerbsunfähigkeit) und eine Ausweitung der vorzeitigen Alter -

spension wegen Arbeitslosigkeit führen nicht nur zu einer Vereinheitlichung des Pensionsan -

trittsalters, sie tragen auch dem Umstand Rechnung, daß es keinen überzeugenden Grund

dafür gibt, ältere Arbeitnehmer mit langen Versicherungszeiten im Hinblick auf die Alter -

spension unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob sie nur wegen ihres Alters oder zu -

sätzlich auch noch wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung keinen Arbeitsplatz fin -

den. Die Möglichkeit, eine vorzeitige Alterspension zu erhalten, sollte daher für beide Fälle

unter den gleichen Voraussetzungen bestehen. Aus der Rechtsprechung des Verfassungsge -

richtshofes läßt sich überdies wohl kaum ein Schutz des Vertrauens hinsichtlich eines nur

möglicherweise eintretenden Zukunftsereignisses, wie es eine Minderung der Arbeitsfähig -

keit darstellt, ableiten. Die rasche Umgestaltung dieser Pensionsform würde es gestatten,

den Zeitpunkt der Verlängerung des Pensionsalters für alle vorzeitigen Alterspensionen et -

was hinauszuschieben, was im Sinne des Vertrauensschutzes liegt. Soziale Härtefälle lassen

sich vermeiden, wenn von dem Vorschlag der Kommission Gebrauch gemacht wird, die

Verweisung von ungelernten Arbeitnehmern und Selbständigen auf Tätigkeiten auszuschlie -

ßen, die ihnen angesichts ihrer persönlichen Situation nicht zugemutet werden können.

Schließlich ist noch daran zu erinnern, daß die bereits dargestellte europarechtliche Bedenk -

lichkeit der derzeitigen Altersgrenze von 55 / 57 Jahren eine Neuordnung der Altersgrenze

auf jeden Fall gebietet.

 

Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Hinterbliebenensicherung erweisen sich im Hinblick

auf die Zielsetzung der Witwen(r)pensionen, einen durch den Tod des Ehepartners eingetre -

tenen Unterhaltsausfall aus sozialen Gründen möglichst auszugleichen, als sachgerecht.

Wenn Leistungseinschränkungen erforderlich werden, sind vor allem bestehende Überver -

sorgungen abzubauen. Sozialpolitisch ist nicht einzusehen, warum eine Person, die eine ho -

he Eigenpension bezieht, auch noch eine hohe Hinterbliebenenpension beziehen soll. Keiner -

lei sozialpolitische Rechtfertigung gibt es jedenfalls dann, wenn sich, was nach geltendem

Recht möglich ist, die Einkommenssituation eines Versicherten durch den Tod seines Ehe -

partners erheblich verbessert. Der Vorschlag ist zur Zielerreichung erforderlich, da ein

schwächerer Eingriff in das bestehende System die stärkere Bedarfsorientierung nicht nach -

haltig verwirklichen kann. Er ist schließlich verhältnismäßig, weil er bei stärkerem Bedarf

eine verhältnismäßig höhere Hinterbliebenenpension sicherstellt. Die vorgeschlagene

Höchstbegrenzung trifft nur Personen mit hohem Einkommen und dient damit dem sozialen

Ausgleich. Weder die Leistungsgerechtigkeit noch ein soziales Bedürfnis rechtfertigen Re -

gelungen, denen zufolge ein verwitweter Versicherter durch Kumulation von Eigen - und

Witwen(r)pension mehr an Pensionsleistungen erhalten kann als ein von Haus aus alleinste -

hender Versicherter. Die Verfassung schützt kein Vertrauen auf die Beibehaltung von

Überversorgungen, weshalb Übergangsregelungen nicht erforderlich erscheinen. Die Inter -

essen der Bezieher niedriger Einkommen werden durch die Erhöhung des Schutzbetrages

gewahrt. Für die weitergehende Änderung ist ohnedies eine Vorlaufzeit von dreieinhalb Jah -

ren vorgesehen.

 

Obwohl die Kommission im Einvernehmen mit den Vorgaben der Regierung keinerlei Ein -

griffe in bestehende Pensionen vorschlägt, möchte sie nicht versäumen, darauf hinzuweisen,

daß es weder der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz noch der unserem Alterssiche -

rungssystem zugrunde liegende Gedanke des Generationenausgleichs erlauben, notwendig

gewordene Opfer ausschließlich den noch im Erwerbsleben stehenden Versicherten aufzuer -

legen. Alte und Junge, Erwerbstätige und Pensionisten bilden eine Solidargemeinschaft, in -

nerhalb derer eine ausgewogene Lastenverteilung vorgenommen werden muß. Es würde

flagrant der intergenerativen Gerechtigkeit widersprechen, würde die Gründergeneration ei -

nes Alterssicherungssystemes versuchen, dann, wenn sich herausstellt, daß dieses von ihr

geschaffene System nicht mehr voll finanzierbar ist, die erforderlichen Maßnahmen zur Ent -

lastung ausschließlich der nächsten Generation aufzubürden. Der mindeste von der Pensio -

nistengeneration zu erwartende Solidarbeitrag ist in diesem Falle große Zurückhaltung bei

der Pensionsanpassung. Die vorgeschlagene Neuregelung der Pensionsanpassung greift die -

sen auch verfassungsrechtlich gebotenen Gesichtspunkt in maßvoller Weise auf.

                                               10. Einsparungspotential

 

Abschließend wird aufgelistet, welche Einsparungen im Bereich der Pensionsversicherung

durch die Realisierung der in diesem Bericht dargestellten Vorschläge erzielbar sind.

 

Einsparungen durch die Vorschläge

der Pensionsreformkommission

(Beträge in Mio. S)

 

 

Vorschläge zu ...

 

2000

2001

2002

2003

 

 

1. Pensionsantrittsalter/

Pensionsberechnung

- Variante 1

180

2.070

4.890

8.590

- Variante 2

 

1.030

5.535

10.945

- Variante 3

205

2.190

5.095

8.905

 

 

 

 

 

2. Witwen - / Witwerpension

 

35

105

180

 

 

 

 

 

3. Pensionsanpassung

 

1.500

2.120

2.770

 

 

4. Gesamtersparnis

- Variante 1

180

3.605

7.115

11.540

- Variante 2

 

2.565

7.760

13.895

- Variante 3

205

3.725

7.320

11.855


 

                                                               11. Beilagen


 

 


 



                              


 

Verteilung der Witwen / Witwerpensionen nach der Höhe


des Prozentsatzes

 

 

 

Anmerkung: Bei der PVA der Angestellten war es noch nicht möglich, den Bereich

                      zwischen 40 und 60 Prozent detaillierter aufzuschlüsseln; daher wurde

                      interpoliert


 

                               Geschätzte Aufwendungen für die kumulierten Neuzuerkennungen

                                                               an Witwen - / Witwerpensionen

 


 


Sektion II

Abteilung 8                                                                                         Beilage B

 

 

Hinaufsetzung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters

 

I.

 

Finanzielle Auswirkungen im Bereich der gesetzlichen Pensionsversicherung

 

 

A. Variante 1: Hinaufsetzung gemäß Koalitionsabkommen

            Die Anspruchsvoraussetzungen aller vorzeitigen Alterspensionen werden,

beginnend mit dem 4. Quartal 2000, um zwei Monate erhöht, bis der Endzustand

(15 Monate) erreicht ist. Dies ist ab dem 4. Quartal 2002 der Fall. Bei der

Berechnung der finanziellen Auswirkungen wurde angenommen, dass ein

überwiegender Teil der männlichen Neuzugänge (bis zu 90 %) bei der vorzeitigen

Alterspension wegen langer Versicherungsdauer bzw. wegen Arbeitslosigkeit die

Hinaufsetzung umgehen kann, indem er eine vorzeitige Alterspension wegen

geminderter Erwerbsfähigkeit in Anspruch nehmen würde. Für Frauen bzw. für

andere vorzeitige Alterspensionen wurde eine derartige Umgehungsmöglichkeit

nicht simuliert.

 

B. Variante 2: Diese Alternativvariante zerfällt in zwei Teilvarianten:

1. Hinaufsetzung des Antrittsalters für die vorzeitige Alterspension wegen

    geminderter Arbeitsfähigkeit auf 60 Jahre für Männer (ab 1. 1. 2001): Die sofortige

    Anhebung dieser Leistungsart erfolgt deswegen, um die oben beschriebenen

    Ausweichtendenzen hintanzustellen. Aber auch bei dieser Variante wurde

    angenommen, dass rund 50 % der betroffenen Männer eine "normale" Pension

    wegen geminderter Arbeits / Erwerbsfähigkeit in Anspruch nehmen können, da -

    wie im Punkt 7.2.3. des Gutachtens dargestellt - die Kommission es als

    erforderlich ansieht, die Verweisung von ungelernten Arbeitnehmern und

    Selbständigen auf Tätigkeiten auszuschließen, die ihnen angesichts ihrer

    persönlichen Situation nicht zugemutet werden können.

2. In einem zweiten Schritt werden die Zugangsvoraussetzungen aller vorzeitigen

    Alterspensionen ab dem 4. Quartal 2001 - d. h. um ein Jahr zeitverzögert - wie in

    Variante 1 pro Quartal um je zwei Monate erhöht. Es wird davon ausgegangen,

    dass es nunmehr keine Ausweichmöglichkeiten mehr gibt.

 

C. Variante 3

           Diese Variante zerfällt ebenfalls in zwei Teilschritte, die allerdings gleichzeitig

erfolgen. Es wird per 1. 10. 2000 das Antrittsalter für Frauen für die vorzeitige

Alterspension wegen geminderter Arbeits / Erwerbsfähigkeit auf 57 Jahre (das

entspricht dem Niveau der Männer) angehoben, gleichzeitig aber werden alle

vorzeitigen Alterspensionen - wie vorgesehen - etappenweise um zwei Monate

angehoben. Auch bei dieser Variante wird angenommen, dass ein Großteil der

Männer über 60 die Anhebung umgehen kann (es gelten hier dieselben Annahmen

wie in Variante 1).

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen auf der Leistungsseite beim Pensionsaufwand:

 

 

                                                               Einsparungen in Mio S

Jahr

2000

2001

2002

2003

2004

2005

Variante 1

140

1.590

3.780

6.670

8.600

8.740

Variante 2 Schritt 1.

-

600

1.860

3.170

4.555

5.955

Variante 2 Schritt 2.

-

245

2.585

5.610

8.665

11.065

Summe Variante 2

-

845

4.445

8.780

13.220

17.020

Variante 3

160

1.685

3.965

6.950

6.960

9.100


 

Finanzielle Auswirkungen auf der Beitragsseite bei den Beitragseinnahmen:

 

Mehreinnahmen in Mio.S

 

Jahr

2000

2001

2002

2003

2004

2005

Variante 1

40

480

1.110

1.920

2.460

2.500

Variante 2 Schritt 1.

-

115

355

595

860

1.135

Variante 2 Schritt 2.

-

70

735

1.570

2.410

3.065

Summe Variante 2

-

185

1.090

2.165

3.270

4.200

Variante 3

45

505

1.130

1.955

2.500

2.555

 

 

 

II.

 

Darstellung der Berechnungsmethode

 

 

          Grundlage der Abschätzung der finanziellen Auswirkungen stellt eine

Mikrosimulationsberechnung dar:

 

Als Ausgangsbasis für die Simulationsberechnung wurde eine - relativ große -

personenbezogene Stichprobe der Neuzugangsdaten (rund 38.000 Personen) an

Direktpensionen des Jahres 1997 herangezogen. Die Stichprobe umfasste somit

knapp die Hälfte aller Neuzugangsdaten des Jahres 1997.

 

Auf Basis dieser Daten wurde jede etappenweise Erhöhung einzeln - d. h., es

erfolgte jeweils eine getrennte Berechnung für jede quartalsweise Erhöhung -

berechnet: jede Person in der Stichprobe wurde auf Grund der über sie

gespeicherten Daten überprüft,

 

- ob und in welchem Ausmaß sie von der Erhöhung betroffen ist, und

 

- die Summe der dabei ersparten Pensionsauszahlungen berechnet.

 

• Zum Beispiel: Simulation der Rechtslage im 4. Quartal 2002 (Erhöhung um

  18 Monate)

    Ein Mann, der am 1. 10. d. J. mit einem Alter von 60 Jahren und 2 Monaten in

    Pension gegangen ist, kann

  

    - bei der neuen Rechtslage erst in 16 Monaten in Pension gehen.

 

    - Es werden 16 Monatsbezüge (inkl. Sonderzahlungen) an Pensionsersparnis in

      Rechnung gestellt.

 

    - Die Ersparnis verteilt sich dabei auf drei Zugangsjahre:

         3 Monate im Jahr 2002,

       12 Monate im Jahr 2003 und

         1 Monat im Jahr 2004

 

•   Es wurde ferner angenommen, dass es bei dem späteren Pensionsantritt zu

    keiner Erhöhung der Leistung kommt bzw. eine Erhöhung durch ein neues Bonus -

    / Malus - System abgeschöpft wird.

 

    Damit verbunden ist die Tatsache, dass die Einsparung durch das Hinaufsetzen

    des Antrittsalters auch langfristig finanziell wirkt.

 

•   Die Vorgangsweise wurde für alle Personen der Stichprobe und für jedes

    Zugangsquartal bis zum Jahr 2003 durchgeführt, d. h., es wurde für alle

    Neuzugänge berechnet,

 

    - wie hoch die Aufwendungen ohne Änderung der Rechtslage gewesen waren,

 

    - wie hoch die Aufwendungen bei der neuen Rechtslage sind,

 

    - die Differenz (= Ersparnis) wurde im Anschluss daran auf die einzelnen Jahre

      verteilt (siehe obiges Beispiel).

 

•  Die Simulation gibt somit die Ersparnis auf Basis der Daten des Jahres 1997

    wider. Diese Daten müssen korrekterweise auf die Jahre 2000 bis 2005

    "hochgerechnet" werden, indem

 

    - die zu erwartenden Neuzugänge dieser Jahre herangezogen werden (dabei

      wurden die Durchschnittsdaten des jüngsten Beiratsgutachtens

      herangezogen),

 

    - die seither eingetretenen Erhöhungen bei den Neuzugangspensionen müssen

      ebenso in Rechnung gestellt werden.

•   Zusammenfassend kann gesagt werden:

    Es werden Neuzugangsaufwendungen - und keine Personen - mit und ohne

    Reform gegenübergestellt, die Ersparnis ergibt sich aus der Differenz zwischen

    den prognostizierten Status - Quo - Aufwendungen und den verringerten

    Aufwendungen infolge der Anhebung des Antrittsalters.

 

•   Die beiliegenden Tabellen bezüglich der "Wege des Übertritts in den Ruhestand"

    geben Aufschluss, aus welchen Bereichen der Pensionsantritt erfolgt. Sie wurden

    dazu verwendet, um abzuschätzen, welche Beitragseinnahmen mit der Anhebung

    verbunden sein könnten:

 

    - Für rund 50 Prozent der Personen wird angenommen, dass sie in der

      Beschäftigung verbleiben. Als Grundlage für die Berechnung der

      Beitragseinnahmen dient das Einkommen vor dem Pensionsantritt.

 

    - Für rund 40 Prozent der aufgeschobenen Neuzugänge wird angenommen,

      dass sie in der Arbeitslosigkeit verbleiben. Für diese Personengruppe fallen

      Beiträge für die angerechneten Ersatzzeiten an.

 

           Infolge dieser Annahmen ergeben sich die berechneten Beitragseinnahmen

hier als obere Grenze.

 

 

 

III.

 

Abschätzung der Betroffenheiten

 

 

           Auf der Basis der gewählten Simulationsmethode sind exakte Abschätzungen

der Betroffenheiten schwer möglich, da die Methode auf einer Abschätzung der

Pensionsaufwendungen vor und nach der Reform beruht.

 

           Dessen ungeachtet können im Zusammenspiel aus den Ergebnissen der

Simulationsstudie und aus den Neuzugangsdaten der Vergangenheit relativ exakte

Aussagen über die Zahl der betroffenen Personen getätigt werden:

•   Im Jahr 1999 gab es rund 85.000 Neuzugänge an Direktpensionen. Im Jahr davor

    waren es nur rund 73.000 Fälle - d. h., im Jahr 1999 ist ein deutlicher Anstieg

    infolge der demografischen Entwicklung zu verzeichnen.

  

    Für das Jahr 2000 wird ein weiterer Anstieg erwartet, und auch im Jahr 2001 ist

    mit hohen Neuzugangszahlen zu rechnen. Im Durchschnitt der Jahre 2000 bis

    2005 wird daher - in Analogie zum Beiratsgutachten - mit 80.000 Neuzugängen

    an Direktpensionen gerechnet.

 

•   Rund 50.000 dieser Neuzugänge entfallen dabei im Durchschnitt auf die Summe

    der vorzeitigen Alterspensionen.

 

•   Rund 60 Prozent dieser Neuzugänge bei den vorzeitigen Alterspensionen

    entfallen dabei auf die 55 - jährigen Frauen bzw. die 60 - jährigen Männer

    (57 - jährigen bei der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter

    Arbeitsfähigkeit), das ergibt eine - potentielle - Zahl an betroffenen Personen von

    rund 30.000 Fällen pro Jahr für den ersten Jahrgang.

 

•   Rund 20 Prozent der Neuzugänge entfallen auf die 56 - jährigen Frauen und

    61 - jährigen Männer, das sind weitere 10.000 Personen.

 

    Allerdings sind diese Personen deutlich später - frühestens erst ab dem 2. Quartal

    2002 - und deutlich geringer, nämlich mit maximal 6 Monaten, betroffen.

 

•   Die maximale Betroffenheit des ersten Jahrganges beträgt 18 Monate im

    Dauerzustand: Die durchschnittliche individuelle Betroffenheit ist allerdings etwas

    geringer, da nicht alle Personen zum ehestmöglichen Zeitpunkt in Pension gehen.

 

          Eine Auswertung der Stichprobe hat ergeben, dass rund 77 Prozent aller

Neuzugänge zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Pension gehen, weitere 10 Prozent

der Neuzugänge schieben ihren Antritt nur um ein bis drei Monate auf.

 

          Daraus ergibt sich, dass im Endausbau - bei der Erhöhung um 18 Monate -

die durchschnittliche Betroffenheit rund 16,5 Monate beträgt.

 

          Mit anderen Worten, die gesetzliche Pensionsversicherung erspart sich rund

16,5 Monate an Pensionsleistung.

 

Anlagen





                                              


Minderheitsmeinung zu S. 27

 

Pensionskommission (Expertenkommission) - Arbeitsgruppe 2: Sicherung der

Hinterbliebenen

 

Anrechnungsmodell

 

          Das Koalitionsabkommen der ÖVP und FPÖ sieht im Kapitel II Z 1 (Re -

form der gesetzlichen Pensionsversicherung) vor, dass bei künftigen Hinterbliebe -

nenpensionen eine Spreizung der 40 / 60 Regelung auf 20 / 60 vorzusehen sei. Gleich -

zeitig wird betont, dass in bestehende Pensionen nicht eingegriffen wird. Eine Stär -

kung der Bedarfsorientierung der Hinterbliebenenpensionen beim Zusammentreffen

von hohen Erwerbseinkommen bzw. hoher eigener Alters - und Hinterbliebenenpen -

sion wird aber angestrebt.

 

          Unter diesem Gesichtspunkt einer beabsichtigten Einsparung bei Neuzu -

gangsfällen, wäre als Alternative ein Anrechnungsmodell bei Beibehaltung der bis -

herigen Rechenformel möglich, das dem Unterhaltscharakter der Wit -

wen (Witwer) pensionsleistung besser gerecht würde. Grundsatz dieser Überlegung

ist das Ziel, den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch, den die Witwe (der Witwer) ge -

genüber dem verstorbenen Ehegatten hatte, prinzipiell aufrecht zu erhalten. Über -

versorgungen, die gegenwärtig durch das Hinzutreten höherer eigener Erwerbsein -

kommen oder zusätzlicher Hinterbliebenenpensionen aufgrund Öffentlich - oder privat -

rechtlicher Ansprüche bestehen, sollten aber weitgehend abgebaut werden.

 

          Dieses Anrechnungsmodell geht von der Überlegung aus, dass Hinter -

bliebenenpensionen abgeleitete Pensionen sind, für die kein gesonderter Beitrag

bezahlt wird. Die Hinterbliebenenleistung wird daher über den Beitrag des Bundes

zur Pensionsversicherung - somit aus Steuermitteln - erbracht. Es erscheint daher

aus diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt, dass vor allem sehr hohe Doppelpensionen

reduziert werden, um Überversorgungen solcher Personen aus Finanzmitteln des

Bundes zu vermeiden. Im übrigen könnte dieses Modell sehr gut administriert wer -

den, weil es im Prinzip von der jetzigen Rechtslage ausgeht.

Das Modell im Detail:

 

1. Es wird nach § 264 Abs. 6 ASVG die Summe aus eigenen Einkommen der Witwe

    (des Witwers) und der Witwen (Witwer) pension, die nach § 264 Abs. 1 bis 5 ASVG

    errechnet wird, pro Monat gebildet.

 

2. Wird ein Grenzbetrag, der von gegenwärtig monatlich S 16.936,-- auf monatlich

    S 20.000,-- angehoben wird (entspricht etwa der 3 - fachen durchschnittlichen wit -

    wenpension) mit der Summe aus eigenem Einkommen und der Wit -

    wen (Witwer)pension überschritten, so vermindert sich der Wit -

    wen (Witwer)pensionsanspruch um den den Grenzbetrag übersteigenden Teil des

    Gesamteinkommens. Die gegenwärtige Begrenzung der Anrechnung mit 40 %

    der Witwen (Witwer) pension soll aufgehoben werden.

 

3. Die Verminderung darf die Höhe des eigenen Einkommens nicht übersteigen.

 

4. Privatrechtliche Hinterbliebenenversorgungen (z. B. betriebliche Zusatzversorgun -

    gen) sind eigene Einkommen.

 

5. Die Verminderung der Witwen (Witwer) pension bis auf Null ist zulässig, wenn die

    Höhe der eigenen Einkommen dies bedingt. Beim Wegfall eigenen Einkommens

    lebt die Witwen (Witwer) pension wieder auf.

 

6. Überschreitet die Witwen (Witwer) pension bzw. ein allfälliger Versorgungsgenuss

    allein den Grenzbetrag von monatlich S 20.000,-- und besteht kein anderes eige -

    nes Einkommen, so gebührt diese Hinterbliebenenleistung im vollen Ausmaß.

 

7. Als Obergrenze sollte für die Anrechnung die monatliche Höchstbeitragsgrundla -

    ge nach dem ASVG (im Jahr 2000: S 43.200,--) gelten. Dies bedeutet, dass die

    Überschreitung mit einem Betrag von derzeit S 43.200,-- monatlich limitiert wer -

    den soll.

 

8. Die genannte Obergrenze ist der Betrag der jeweils geltenden monatlichen

    Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG. Diese Höchstbeitragsgrundlage wird

    nach § 108b ASVG in der Regel jährlich aufgewertet.

 

9. Der Grenzbetrag von S 20.000,-- wird ab 1. Jänner jeden Jahres mit dem Anpas -

    sungsfaktor für die Pensionen gemäß § 108f ASVG vervielfacht.

 

10. Die gleichen Grundsätze und Regelungen gelten auch für die Parallelbestimmun -

      gen im GSVG und BSVG.

          Da dieses Anrechnungsmodell zwar eine andere Struktur aufweist, vom

Kürzungseffekt aber den Varianten 3 und 4 der Spreizungsmodelle ähnlich ist, wird

der Einsparungseffekt von S 100 Mio. (2001) bis etwa S 600 Mio. (2005) geschätzt.

Ein ähnliches Anrechnungsmodell (Nr. 6) wurde von der Arbeitsgruppe "Langfristige

Finanzierung der Pensionsversicherung" BMAS, Wien 1988, als Lösungsmöglichkeit

in Betracht gezogen. Die dort prognostizierte Einsparung belief sich bei einem

Grenzbetrag von S 15.000,-- auf S 440 Mio. jährlich. Mit der seit damals geltenden

Aufwertung würde dieser Betrag auf knapp S 600 Mio. lauten. Das vorgeschlagene

Anrechnungsmodell weist zwar einen höheren Grenzbetrag (S 20.000,--) auf, bezieht

aber sämtliche privatrechtliche Zusatzversorgungsleistungen mit ein.

 

          Mit der Änderung des ASVG, GSVG, BSVG und PG 1965 vom 24. Jänner

1995 (BGBl. 132 / 1995) wurde bereits eine Anrechnung bis maximal 40 % der Be -

rechnungsgrundlage herbeigeführt, wenn ein monatlicher Grenzbetrag von

S 16.000,-- (derzeit S 16.936,--) mit der Summe aus einer Witwen (Witwer) pension

und Erwerbseinkommen oder bestimmten Erwerbsersatzeinkommen, wie z. B. ande -

re Geldleistungen aus der Sozialversicherung oder Versorgungsleistungen des Bun -

des bzw. der Länder überschritten wird. Das vorgeschlagene neue Anrechnungsmo -

dell geht aber von keiner Begrenzung mit 40 % der Witwen (Witwer) pension mehr

aus, weshalb Versorgungsspitzen damit abgebaut werden. Außerdem werden auch

alle privatrechtlichen Versorgungsansprüche für Witwen (Witwer) erfasst. Als Über -

gangsrecht zwecks Verfassungskonformität und Beachtung des Vertrauensschutzes

wird für 2001 eine Begrenzung mit 30 % für 2002 eine solche mit 20 % und für 2004

eine Begrenzung mit 10 % der Witwen (Witwer) pension vorgeschlagen. Ab dem Jah -

re 2005 sollen dann bei sehr hohen zusätzlichen Einkommen auch Verminderungen

bis 0 % zulässig sein.

 

          In der Folge werden 4 Beispiele zu Vergleichszwecken mit dem geltenden

Recht und dem Spreizungsmodell (Varianten 3 und 4) gegenübergestellt.

Beispiel 1:

 

privatrechtliche Leistungszusage einer betrieblichen Versorgung

 

ehemaliger Vorstandsdirektor

Pension S 100.000,-- monatlich                         (Höchstpension nach dem ASVG: S 30.548,--)

 

Witwenpension S 60.000,-- monatlich             (höchste ASVG Witwenpension     S 18.328,--)

 

eigenes Einkommen (betriebliche Zusatzversorgung für die Witwe): S 41.672,--

 

Grenzbetrag derzeit: S 16.936,-- / Überschreitung S 43.064,--, (gegenwärtig unbe -

achtlich, weil nicht im § 264 Abs. 6 ASVG genannt)

 

derzeit Begrenzung mit 40 % (= Mindestwitwenpension),

 

Grenzbetrag neu: S 20.000,-- Überschreitung: S 40.000,--

 

WITWENPENSION:

 

geltendes Recht (§ 264 Abs. 6 ASVG): S 16.936,--

neues Recht (Anrechnungsmodell):      S          0,--

Spreizungsmodell Variante 3:               S 18.000,--

(Begrenzung mit 20 %, aber Nichtberücksichtigung privatrechtlicher Witwenpensi -

onsansprüche, höherer Grenzbetrag von S 18.000,--)

Spreizungsmodell Variante 4:               S 18.328.--

(Begrenzung mit 0 %, aber Nichtberücksichtigung privatrechtlicher Witwenpensions -

ansprüche, höherer Grenzbetrag von S 19.000,--)

 

 

Beispiel 2:

 

Zusammentreffen einer Witwenpension mit Ruhegenuss nach dem PG 1965:

 

ehemaliger Angestellter     ASVG Pension:    S 20.000,--

Witwe mit Ruhegenuss      Ruhegenuss PG:                  S 40.000,--

                                               Witwenpension:                  S   8.000,--

Grenzbetrag derzeit S 16.936,-- / Überschreitung: S 31.064,--

derzeit Begrenzung mit 40 % (= Mindestwitwenpension)

 

WITWENPENSION:

 

geltendes Recht (§ 264 Abs.6 ASVG):            S 8.000,--

neues Recht (Anrechnungsmodell):               S        0,--

Spreizungsmodell Variante 3:                           S 4.000.--

Spreizungsmodell Variante 4:                           S 2.000.--

 

Überschreitungsbetrag nach dem neuen Recht = S 28.000,-- (Grenzbetrag S 20.000,--)

 

Beispiel 3:

 

Witwe mit Eigenpension in gleicher Höhe, wie jene des verstorbenen Ehegatten

 

ehemaliger Arbeiter - ASVG - Pension                           S 25.000,--

ehemalige Angestellte - ASVG - Pension                       S 25.000,--

Witwenpension = 52 % von S 25.000,-- = S 13.000,--

 

kein Zusatzeinkommen (Erwerbseinkommen, Versorgungsleistung etc.)

 

WITWENPENSION:

 

geltendes Recht (§ 264 Abs. 1 - 5 ASVG):      Witwenpension S 13.000,--

neues Recht (Anrechnungsmodell):               Witwenpension S 13.000--

 

Spreizungsmodell Variante 3: Witwenpension 45 % von S 25.000,-- = S 11.250,--

Spreizungsmodell Variante 4: Witwenpension 40 % von S 25.000,-- = S 10.000,--

Beispiel 4:

 

Witwe mit Eigenpension und zusätzlichem Erwerbseinkommen:

 

ehemaliger Arbeiter - ASVG - Pension                           S 10.000,--

ehemalige Angestellte - ASVG - Eigenpension             S 10.000,--

Witwenpension 52 % von S 10.000 =                             S   5.200,--

zusätzliches Erwerbseinkommen                                     S   5.000,--

 

 

WITWENPENSION

 

Geltendes Recht (§ 264 Abs. 6 ASVG):

 

Grenzbetrag:                                                        S 16.936,--

Überschreitungsbetrag:                                    S   3.264,--

Witwenpension = 52 % von S 10.000 =          S   5.200.--

 

 

neues Recht (Anrechnungsmodell):

 

Grenzbetrag:                                                        S 20.000,--

Überschreitungsbetrag:                                    S      200,--

Witwenpension                                                  S   5.000.--

 

Spreizungsmodell Variante 3:

 

Grenzbetrag:                                                        S 18.000,--

Überschreitungsbetrag:                                    S   2.200,--

Witwenpension = 45 % von S 10.000,-- =       S   4.500,--

                                                              -               S   2.200,--

Witwenpension                                                  S   2.300.--

Spreizungsmodell Variante 4:

 

Grenzbetrag:                                                        S 19.000,--

Überschreitungsbetrag:                                    S   1.200,--

Witwenpension = 40 % von S 10.000              S   4.000,--

                                                            -                 S   1.200,--

Witwenpension                                                  S   2.800,--