1810 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Unterrichtsausschusses
über den Antrag 794/A(E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend die Abschaffung der Schulsprengel für öffentliche Pflichtschulen
Die Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 27. Mai 1998 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
“§ 13 des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes normiert die Einrichtung von Schulsprengeln für öffentliche Pflichtschulen. In den Erläuterungen zu diesem Paragraphen (Jonak/Kövesi) heißt es: ,Der Schulsprengel ist das rechtlich umschriebene Einzugsgebiet der Schule. Die Sprengeleinteilung dient einer ordnungsgemäßen und möglichst gleichmäßigen Zuweisung der schulpflichtigen Kinder an die einzelnen öffentlichen Pflichtschulen der betreffenden Schulart nach dem Territorialprinzip. Gleichzeitig werden durch die Sprengeleinteilung dem gesetzlichen Schulerhalter die Grenzen der ihm auferlegten Vorsorge für die Schulen festgelegt.‘
Deutlicher kann das anachronistische, dem Konzept einer obrigkeitsstaatlichen Zwangsschule folgende Prinzip des Schulsprengels nicht dargelegt werden. Anstatt von den Bedürfnissen der Eltern und SchülerInnen auszugehen, ist hier die Schule der Ausgangspunkt der Überlegungen, und die Bedürfnisse der Verwaltung stellen das Maß aller Dinge dar. Anstelle der Freiheit der Schulwahl ist hier von der ordnungsgemäßen Zuweisung die Rede, anstelle einer sich über Schulautonomie, Schulprofil und Qualitätswettbewerb eo ipso ergebenden Ungleichverteilung wird hier eine möglichst gleichmäßige Verteilung nach dem Territorialprinzip angestrebt.
Das Schulsprengelgesetz repräsentiert in reiner Form eine zu überwindende und vielfach bereits überwundene Konzeption von Schule: Eine Schule, die nach bürokratischen Kriterien organisiert ist und die SchülerInnen als Objekte der Verwaltung betrachtet, die zugewiesen, eingeteilt und gleichmäßig verteilt werden müssen, um den Ordnungsbedürfnissen einer Schulverwaltung zu genügen. Eine Schulverwaltung, die offensichtlich noch immer nicht in der Lage ist, gemeinsam mit den Schulerhaltern einen finanziellen Lastenausgleich auf Grund der Verteilung der Schülerströme zu organisieren. Stattdessen wird mittels der Bestimmungen des Schulsprengels versucht, die Verteilung der Schülerströme gemäß der Verteilung der Finanzmittel zu organisieren und sicherzustellen.
Die Rechte von SchülerInnen und Eltern auf freie Schulwahl und die Möglichkeiten, eine Schule mit besonderer Profilgebung bzw. besonderen Schwerpunkten zu wählen, werden mit dieser gesetzlichen Regelung wesentlich eingeschränkt. Gleichzeitig werden die in den letzten Jahren vergrößerten Freiräume der Schulautonomie zur Schwerpunktsetzung sowie die zarten Ansätze eines Qualitätswettbewerbes zwischen Schulen ad absurdum geführt. Welchen Sinn machen die durch das Schulorganisationsgesetz ermöglichten Spezialisierungen der Pflichtschulen (Musik, Sport usw.), wenn die freie Schulwahl über Sprengelgrenzen hinaus von den Gemeinden zunehmend behindert wird bzw. diese dazu übergehen, von den Eltern die Bezahlung des Gastschulbeitrages zu verlangen?
Jenseits der obrigkeitsstaatlichen Tendenzen und jenseits der Finanzierungsfragen zwischen den Schulerhaltern besteht keinerlei Notwendigkeit, die Verteilung der SchülerInnenströme über das Instrument der Schulsprengel zu regulieren. Die in § 5 des Schulunterrichtsgesetzes normierten Aufnahmeverfahren für die verschiedenen Schularten gewährleisten jedenfalls eine demokratische und auf mögliche Konfliktfälle Bedacht nehmende Aufnahme von SchülerInnen in die gewünschte Schule. Im übrigen sei erwähnt, daß für alle anderen Schulen als die öffentlichen Pflichtschulen keine Einteilung in Schulsprengel vorgesehen ist und eine angemessene Verteilung der SchülerInnenströme offensichtlich auch ohne diese Institution möglich ist.”
Der Unterrichtsausschuß hat den gegenständlichen Antrag in seiner Sitzung am 6. Mai 1999 in Verhandlung aufgenommen.
Berichterstatterin im Ausschuß war Abgeordnete Maria Schaffenrath.
An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Maria Schaffenrath, Johann Schuster, Verena Dunst, Mag. Karl Schweitzer, Karl Öllinger, Dr. Dieter Antoni sowie die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer.
Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 1999 05 06
Dr. Gertrude Brinek Mag. Dr. Josef Höchtl
Berichterstatterin Obmann