11.45

Bundesrat Christian Fischer (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzter Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich stehe heute vor Ihnen, um über eine der größten Herausforderungen zu sprechen, die Niederösterreich in den letzten Jahrzehnten zu bewältigen hatte: das verheerende Jahrhunderthochwasser, das unser Bundesland in ein Katastrophengebiet verwandelt hat. Es hat unermesslichen Schaden angerichtet, Menschen sind gestorben, Menschen sind in Not geraten, Gemeinden sind an den Rand ihrer Belastbarkeit geführt worden.

Mein Bezirk Lilienfeld wurde besonders schwer getroffen. Mit 400 Litern Niederschlag pro Quadratmeter – umgerechnet vier vollgefüllte Badewannen pro Quadratmeter oder die durchschnittliche Niederschlagsmenge eines halben Jahres in nur vier Tagen – zeigte das Hochwasser eine enorme Zerstörungskraft. In meiner Heimatgemeinde St. Veit waren an die 400 private Haushalte betroffen, es gab Schäden an der öffentlichen Infrastruktur in Höhe von 2 Millionen Euro, unsere Schule stand unter Wasser, Straßen und Radwege wurden unterspült, Freizeitanlagen sowie Wasser- und Kanalleitungen sind in Mitleidenschaft gezogen worden.

Eine Gemeindebrücke wurde so stark beschädigt, dass diese für 1,5 Millionen Euro neu errichtet werden muss. Die dadurch notwendige Ausweichstrecke für den Pkw- und Lkw-Verkehr führt über einen stark frequentierten Radweg. Dies beinhaltet ein enormes Gefahrenpotenzial für Radfahrer, Kinder und Anrainer. Ohne entsprechende Bundes-und Landesförderungen ist die Neuerrichtung unserer beschädigten Brücke leider nicht möglich.

Meine Heimatgemeinde ist kein Einzelfall, so geht es zurzeit vielen anderen Gemeinden in ganz Niederösterreich. Inmitten dieser Katastrophe hat sich jedoch auch wieder gezeigt, was Zusammenhalt und Solidarität bewirken können. Mein größter Dank gilt unseren Blaulichtorganisationen, dem Bundesheer, den Bürgermeisterkollegen samt ihrem Krisenstab und den zahlreichen freiwilligen Helferinnen und Helfern. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Es sei mir gestattet, meinen drei freiwilligen Feuerwehren in St. Veit, Wiesenfeld, Rainfeld und St. Veit, der Rettungsstelle und Polizei St. Veit sowie den Firmen Anton Lechner, Daniel Liebhaber, Günther Polder und Josef Beneder meinen Dank auszusprechen. Ein besonderer Dank gilt auch den zahlreichen Landwirten, die uns mit ihren Gerätschaften extrem unterstützt haben. Stellvertretend hierfür bedanke ich mich bei Gerhard Zöchling. Gemeinsam haben wir alles unternommen, um die Schäden so gering wie möglich zu halten und um Menschenleben zu schützen.

Dieses traurige Ereignis hat uns auch gezeigt, wie verletzlich unsere Kommunen sind. Unser Zusammenhalt war stark, aber ohne die notwendige finanzielle Unterstützung von Bund oder Land werden wir den nötigen Wiederaufbau nicht bewältigen können.

Schadenskommissionen sind derzeit in allen betroffenen Gemeinden unterwegs. Ich möchte auch ihnen meinen ausdrücklichen Dank aussprechen. Natürlich begrüße ich die Aufstockung des Fördersatzes für private Haushalte auf 50 Prozent, jedoch möchte ich darauf hinweisen, dass andere Bundesländer wie zum Beispiel das Burgenland sogar 100 Prozent der Schäden übernehmen. (Bundesrat Kofler: Aber mit Maximalsumme!)

Die betroffenen Gemeinden, darunter auch meine, haben aber bis dato keine Gewissheit, wie viel Prozent der erlittenen Schäden an der Infrastruktur über die Katastrophenbeihilfe gedeckt werden. Wir fühlen uns im Stich gelassen.

In den kommenden Wochen stehen Voranschlagsberatungen für das Jahr 2025 an, doch wie sollen Gemeinden wie Sankt Veit, die mit 2 Millionen Euro an Wiederaufbaukosten rechnen müssen, einen seriösen Voranschlag erstellen? Unsere Kommunen befinden sich aktuell finanziell in einem luftleeren Raum. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich stehe heute mit einem einfachen und unbürokratischen Lösungsansatz, um die betroffenen Gemeinden rasch finanziell zu unterstützen, vor euch. Neben dem noch nicht feststehenden Fördersatz aus der Katastrophenbeihilfe schlage ich vor, die nicht ausgeschöpften Mittel aus dem Kommunalinvestitionspaket 2023 sowie die für 2025 zugesagten Mittel in den Wiederaufbau der beschädigten Infrastruktur zu investieren.

Ich darf euch folgendes Lösungsbeispiel anhand meiner Heimatgemeinde erklären: In Sankt Veit stehen aktuell noch 200 000 Euro an nicht ausgeschöpften Mitteln aus dem KIP 2023 zur Verfügung. Gleichzeitig sind uns 380 000 Euro an KIP-Mitteln 2025, die für Digitalisierung und Energieeffizienz zweckgebunden sind, zugesagt worden. Das ergibt also eine Summe an KIP-Fördermitteln in Höhe von 580 000 Euro, doch um diese 580 000 Euro aus dem Kommunalinvestitionspaket abholen zu können, wären Vorhaben in der Höhe von 1 160 000 Euro notwendig.

In der aktuellen Lage ist es schlichtweg unmöglich, dem zu entsprechen. Die Behebung der Hochwasserschäden hat höchste Priorität. Da müssen unsere Ressourcen eingesetzt werden. Daher lautet mein dringender Appell an euch, liebe Kolleginnen und Kollegen: Geben wir die bereits veranschlagten KIP-Mittel den betroffenen Gemeinden zum Wiederaufbau der beschädigten Infrastruktur frei! Es ist eine einfache Lösung, die den betroffenen Kommunen enorm helfen würde.

Ich spreche da stellvertretend für alle meine Bürgermeisterkollegen, egal welcher Parteizugehörigkeit, die ebenfalls mit dieser finanziellen Unsicherheit zu kämpfen haben, denn eines hat uns diese Jahrhundertkatastrophe gezeigt: Wenn es darauf ankommt, halten wir zusammen.

Jetzt liegt es an euch, liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat, den betroffenen Gemeinden die Hilfe zu geben, die sie so dringend brauchen.

Ich stelle hiermit folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gemeinden bei der Behebung von Katastrophenschäden unterstützen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend mit den betroffenen Gemeinden, den Bundesländern sowie dem Gemeinde- und dem Städtebund in Verhandlungen einzutreten und dem Nationalrat sowie dem Bundesrat ehestmöglich eine Vorlage zuzuleiten, mit der zum einen die Mittel des Kommunalinvestitionspaketes auch vorgezogen für die Beseitigung von Katastrophenschäden eingesetzt werden können und in weiterer Folge vom Bund ersetzt werden. Zum anderen soll ein Investitionspaket zur Behebung der Katastrophenschäden geschaffen werden, dessen Mittel direkt den Gemeinden zugänglich sind.“

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Herzlichen Dank. Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

11.53

Vizepräsident Dominik Reisinger: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Gemeinden bei der Behebung von Katastrophenschäden unterstützen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als nächster Redner hat sich Herr Bundesminister Brunner für eine Stellungnahme zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.