11.38

Bundesrätin Barbara Prügl (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin, auch ich wünsche dir alles Gute für die Schwanger­schaft, herzliche Gratulation! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Da­men und Herren! Gewalt geht uns alle an! Wenn man bedenkt, dass im Jahr 2023 in Österreich mehr als 85 000 Gewaltdelikte angezeigt wurden, wenn man bedenkt, dass die Dunkelziffer laut Experten sogar noch weit höher sein soll, wenn man bedenkt, dass jede dritte Frau in Österreich in ihrem Leben irgendwann einmal Opfer von Gewalt wird, und wenn man bedenkt, dass 90 Prozent aller Verfahren mangels Beweisen eingestellt werden, dann macht das sehr betroffen.

Da ist es mehr als wichtig und richtig, dass die Bundesregierung, dass wir als Bundesrat parteiübergreifend mit Vehemenz dagegen auftreten. Eine Maßnahme alleine, wissen wir, reicht natürlich bei Weitem nicht aus, denn Gewalt hat leider viele Gesichter. Ob physische Gewalt oder psychische Gewalt wie herabwürdigendes und verachtendes Verhalten oder Hass im Netz, in sozialen Medien: Davon sind vor allem Frauen und Mädchen beson­ders stark betroffen.

Eines ist klar: Jegliche Form von Gewalt beeinträchtigt das Leben der Betroffenen massiv und nimmt die Möglichkeit, auf ein freies und selbstbe­stimmtes Leben.

Ich denke, dass es unser aller Ziel und Anliegen ist, und ich würde sogar sagen, es ist als gesamtgesellschaftliche Aufgabe eigentlich klar definiert: Mit Gewaltschutz und Gewaltprävention muss es möglich sein, dass jede Frau, dass jedes Mädchen ein freies und selbstbestimmtes Leben in Ös­terreich führen kann – ein Leben frei von Gewalt und ein Leben ohne Angst.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Maßnahmenpaket der Bundesregierung gegen Gewalt haben wir in dieser Legislaturperiode schon sehr viel auf den Weg bringen können – hin zu Strukturen der Prävention von Gewalt und für den Opferschutz.

Ich darf da ein paar Dinge aufzählen, die sehr wesentlich sind, wie etwa die Ver­dreifachung des Frauenbudgets. Damit werden unter anderem die Gewalt­schutzzentren in jedem Bundesland ausfinanziert. Die Frauen- und Mädchenbe­ratungsstellen werden damit finanziell gestärkt und können so auch flächen­deckend in jedem Bezirk in Österreich ausgerollt werden.

Was auch neu ist durch die Bund-Länder-Vereinbarung: Es sind mehr Schutz- und Übergangswohnungen möglich. Und wenn ich den Blick auf mein Heimatbundesland, auf Oberösterreich, richte, so darf ich berichten: Wir haben derzeit in Oberösterreich sechs Frauenhäuser. Das in Ried wird ge­rade wieder neu gebaut, im Bezirk Braunau ist ein neues geschaffen worden, zwei weitere sind in Planung, eines im Mühlviertel, das andere im Salzkammergut, und der Plan ist, dass es in jedem Bezirk ein entspre­chendes Angebot gibt – entweder an Frauenhäusern oder Übergangswohnungen.

Mit dem heutigen Gesetzesbeschluss wird es möglich werden – das ist ein zu­sätzliches, ein weiteres wichtiges Angebot –, dass eine zusätzliche Struktur aufgebaut wird, und zwar mit der flächendeckenden Ausrollung von Gewaltambulanzen.

Es ist schon erklärt worden: Das sind klinisch-forensische Untersuchungs­stellen, wo von Gewalt betroffene Menschen von Gerichtsmedizi­nern untersucht werden. Dabei werden Spuren und Beweise bekundet und sichergestellt und bis zu zehn Jahre aufbewahrt. Der Zugang soll dabei sehr einfach sein: Es ist keine Anzeige notwendig, und falls das Opfer später doch eine Anzeige erstatten will, sind die Beweismittel dokumentiert und vor Gericht auch verwendbar.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Gewaltambulanzenförderungs-Gesetz regelt, wie der Name schon sagt, einerseits die Finanzierung der Ge­waltambulanzen und andererseits auch, welche Aufgaben zu erfüllen sind.

Die Leistungen der Gewaltambulanzen – das ist auch sehr wesentlich – sind für die betroffenen Personen kostenlos. Die Betreiber von Gewaltambulan­zen – so steht es im Gesetz – können Universitäten, die ein gerichtsmedizini­sches Institut haben, aber auch andere geeignete Betreiber sein. Es kon­zentriert sich nicht nur auf eine oder zwei Stellen, was vielleicht kritisiert werden würde, sondern es ist sehr wohl möglich, dass weitere Betreiber damit gefunden werden können.

Uns ist selbstverständlich auch klar, dass die Stellen nicht von heute auf morgen eingerichtet werden können – das wäre wünschenswert, aber das geht natürlich nicht; einerseits was das Personal betrifft, wir haben es schon gehört. Hinsichtlich der Gerichtsmediziner ist eine gute Lösung gefunden wor­den: dass, wenn nicht genügend Gerichtsmediziner verfügbar sind, ein speziell geschultes Ärztepersonal diese Tätigkeit verrichten kann.

Aus dem Pilotprojekt Graz wird die erste Gewaltambulanz, und in Wien ist bereits die zweite Anlaufstelle im Umbau, und wenn diese gut funktionieren, ist auch mit diesem Gesetz im Endeffekt geregelt, dass das dann auf ganz Österreich ausgerichtet wird.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, was ich an diesem Gesetz wirklich sehr gut finde – und das möchte ich betonen –, sind die geplanten mobilen Teams, also die quasi – möchte ich jetzt einmal sagen; vielleicht ist es vom Ver­ständnis her besser – mobilen Gewaltambulanzen kommen hinaus in die Regionen zu den Krankenhäusern vor Ort. Und ich muss ganz ehrlich sagen: Ich komme aus Oberösterreich, aus einem Flächenbundesland, und ich fahre eineinhalb Stunden nach Linz. Wenn ich jetzt fordere, ich brauche nur in Linz eine Gewaltambulanz, dann ist einem im Endeffekt als betroffene Person auch nicht geholfen. Anders ist es aber, wenn ich weiß, im Klinikum in Schärding beispielsweise ist es möglich, dass die verletzte Frau diese Untersuchung gerichtsmedizinisch begleitet vor Ort in Schärding durchführen lassen kann und sich so eine mühevolle Extrafahrt nach Linz ersparen kann. Außerdem muss man auch bedenken, dass das ja so anonym wie möglich sein sollte; wenn es eine Extrafahrt ist, ist im Endeffekt auch wieder ein schlechtes Gewissen dahinter gestellt.

Meine Damen und Herren, Gewaltschutz ist unser aller Ansinnen, das habe ich eingangs schon erwähnt. Mir ist es deshalb auch unverständlich, wenn heute jemand gegen Gewaltambulanzen stimmt.

Zu den aufgezählten Punkten beziehungsweise dem Antrag der SPÖ: Wenn man das Gesetz durchsieht, sieht man, was geregelt ist: Die Berichtspflicht ist geregelt, die Evaluierung ist geregelt, der kostenlose Zugang ist geregelt, und es sind nicht eigens Standorte definiert, sondern es ist allgemein formuliert, sodass, weil erstens die Finanzierung geregelt ist, auch eine flächendeckende Ausrollung auf ganz Österreich möglich ist.

Ich sage es noch einmal, wie eingangs erwähnt: Gewalt geht uns alle an! Gewaltschutz und Gewaltprävention sind einfach ein wichtiger Baustein für ein sicheres Österreich. Wir wissen es aus dem Österreichplan von Bundes­kanzler Karl Nehammer: Neben Leistung, neben Familie ist auch die Sicherheit ein wesentliches Thema, und das ist ein wichtiger Baustein dazu. Und mit den Gewaltambulanzen schaffen wir für Frauen und Männer einen Ort der Möglichkeit auf Recht und auf Sicherheit. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

11.45

Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Andreas Arthur Spanring. Ich erteile ihm dieses.