10.03

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Außenminister! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Krieg in der Ukraine dauert nun schon über ein Jahr. Der 24. Februar 2022 – Sie haben es auch erwähnt – brachte den Krieg zurück nach Europa. Die Bilder der Verwüstung und die Berichte über das Leid, das die Menschen in der Ukraine seither ertragen müssen, sind er­schütternd. Wir alle wünschen uns, dass dieser Krieg möglichst rasch beendet wird. Wir wollen, dass das Leid der Menschen in der Ukraine ein Ende findet. Sie haben ein Recht, in Frieden, in einer Demokratie, in Freiheit und in Sicherheit zu leben.

Die österreichische Politik – die Bundesregierung, der Nationalrat und wir, der Bundesrat – hat von der ersten Minute dieses Krieges an mehrfach klar Stel-lung bezogen. Die Entscheidung des russischen Präsidenten Putin, politi­sche Ziele mit militärischer Gewalt zu erreichen, ist nicht akzeptabel. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine stellt eine eklatante Verletzung des Völker­rechts und der Satzung der Vereinten Nationen dar. Er wird von uns in aller Schärfe verurteilt. Die österreichische Bevölkerung, viele Privatpersonen, Privatinitiativen, Hilfsorganisationen, NGOs, Gemeinden, Städte und die Bundes­regierung haben in großem Ausmaß humanitäre Hilfe geleistet, um die Not und die Verzweiflung der Menschen in der Ukraine zu lindern. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Für dieses Engagement möchte ich seitens meiner Fraktion einmal mehr großen Dank aussprechen. Das humanitäre Engagement ist ein Bereich, in dem Ös­terreich als neutrales Land seine Solidarität mit der Bevölkerung der Ukraine zum Ausdruck bringen kann und muss.

In den letzten Tagen gab es besorgniserregende Nachrichten hinsichtlich der Situation rund um das AKW Saporischschja. Der Chef der in Wien angesiedelten internationalen Atomenergiebehörde Rafael Grossi hat mehrfach eindringlich vor einer zunehmend unberechenbaren Lage rund um das frontnahe ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja gewarnt. Seine Warnungen sollten wir ernst nehmen. Der Chef der IAEO fordert eine Vereinbarung zwischen der Ukraine und Russland, um das AKW vor Angriffen zu schützen. Wir müssen jetzt handeln, um das Risiko eines schweren Nuklearunfalls und die damit verbundenen Folgen für die Bevölkerung und die Umwelt zu vermeiden, warnt er.

Österreich ist Sitzstaat der IAEO, der UNO und der OSZE. Gerade als neutrales Land hat Österreich und damit die österreichische Bundesregierung die Ver­pflichtung, die Stimme laut und hörbar – auch in der Europäischen Union – für ein Offenhalten der Gesprächskanäle, für einen Stopp der Eskalation, für einen Waffenstillstand und für Friedensgespräche zu erheben. Ich darf Sie wirk­lich ersuchen, Herr Außenminister, das unermüdlich zu tun (Beifall bei der SPÖ) und Wien als Sitz der Vereinten Nationen weiterhin aktiv für einen Dialog des Friedens anzubieten. Wir brauchen Frieden in der Ukraine.

In dieser Aktuellen Stunde geht es um die Auswirkungen des Krieges  da gibt es ganz viele, auf allen Ebenen: international wie europäisch, nationalstaatlich, aber auch emotional. Ein Krieg vor den Toren Europas, ein Krieg so nahe an unserer Grenze verändert natürlich auch unser Denken und unser Si­cherheitsbedürfnis und macht Angst. Was sich aber nicht verändern darf und wofür meine Fraktion weiterhin eintritt, ist Österreichs immerwährende Neutralität. (Ruf bei der FPÖ: Das wäre mir aber neu!) Man kann mit dem Blick auf Schweden und Finnland, die jahrelang unsere Verbündeten waren, nicht ver­schweigen, dass es in Teilen Europas ein Umdenken gibt. Nicht aber in Österreich: Die österreichische Bevölkerung hält an der Neutralität fest, ebenso die sozialdemokratische Fraktion.

Herr Außenminister, ich ersuche Sie, auch auf EU-Ebene weiterhin für unsere immerwährende Neutralität einzutreten. Lassen Sie nicht zu, dass dieser Krieg unsere Haltung verändert! Es ist nicht zu übersehen, dass sich bereits man­ches verändert hat: Die nationalen Verteidigungsbudgets sind gestiegen. Aufrüstung statt Abrüstung findet gerade nicht nur in Europa, sondern weltweit statt. Das sind Entwicklungen, die uns Sorge bereiten.

Jetzt komme ich zum Schluss: Herr Außenminister, ich möchte Sie an dieser Stelle ersuchen, mit aller Kraft – und angesichts der Position der anderen Mit­gliedstaaten ist es sicher wirklich ein Kraftakt – für Abrüstung statt Aufrüstung zu plädieren. Die Ukraine braucht Frieden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

10.09

Präsident Günter Kovacs: Herzlichen Dank, Frau Bundesrätin.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte, Herr Bundesrat.