11.09
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nur eines vorab sagen – ich habe mich nämlich noch nicht ganz von der Aktuellen Stunde erholt, muss ich ganz ehrlich sagen, und ich würde ganz grundsätzlich schon um etwas bitten, wenn es eine Aktuelle Stunde zu einem Thema gibt –: Die Frauen im Sport, die Frauen in der Kultur haben es verdient, dass man zu diesem Thema spricht und nicht andere Diskussionen aufmacht, die dann auch noch in einen Krawall ausarten und nicht in einen politischen Diskurs. Das ist nämlich politische Diskurszerstörung, und das hat mich heute zutiefst getroffen, muss ich wirklich sagen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Wir sind jetzt bei der Tagesordnung, und darum geht es ja. Frau Kollegin Schumann hat gezeigt, wie man zu einem Tagesordnungspunkt tatsächlich einen politischen Diskurs führt. So macht man das: Man hat ein Thema, das feststeht, und man sagt, warum man etwas unterstützt, warum man etwas anders sieht, wie man um Lösungen ringt. Das sollte hier im Bundesrat auch passieren.
So werde ich auch zu TOP 3 und 4 Stellung beziehen, möchte dabei aber tatsächlich mit TOP 3 beginnen, weil mir der auch ganz wichtig ist, nämlich mit dem Öko-Investitionsfreibetrag. Was passiert da? – Wir reden von einer steuerlichen Maßnahme, in dem Fall für Unternehmen, und diese hilft und dient zugleich – das ist ganz wichtig – auch dem Klimaschutz. Bei dieser Maßnahme können Unternehmen, wenn sie in ökologische Bereiche investieren, einen erhöhten Freibetrag in Höhe von 15 Prozent – zusätzlich eben zu üblichen Abschreibungen – in Anspruch nehmen. Das ist eine Win-win-Situation, nämlich für den Klimaschutz und natürlich auch für die Unternehmen, die da hineininvestieren.
Im Grunde haben wir das ja schon bei der ökosozialen Steuerreform beschlossen, aber jetzt gilt dieser Öko-Investitionsfreibetrag auch für Gebäudebestandteile, etwa für Wärmepumpen, für Tauschsysteme, für Kältesysteme, und das ist der große Unterschied. Das ist eine sinnvolle Ergänzung, etwas, das es nämlich bisher so noch nicht gab und das ganz wesentlich zur Dekarbonisierung der Wirtschaft beitragen wird. Ich hoffe, darin sind wir uns einig, dass das eine sehr, sehr gute Sache ist.
Nun aber zum Wohnkostenzuschuss: In den letzten Wochen und Monaten wurden dieser Wohnkostenzuschuss beziehungsweise unterschiedliche Ideen, wie man der Inflation im Bereich des Wohnens und des Mietens Herr werden kann, sehr intensiv diskutiert. Die Mietpreisbremse wäre, das gebe ich zu, für viele eine sehr große Hoffnung gewesen; nicht nur für diejenigen, die die Mieten derzeit wirklich fast nicht mehr stemmen können, sondern es wäre auch für nahezu alle Wirtschaftsexpertinnen und Wirtschaftsexperten – Frau Kollegin Schumann hat das ja auch richtigerweise erwähnt – eine ganz wesentliche Maßnahme gewesen, um die Inflation zu dämmen.
Ich möchte hier schon betonen, dass es uns als grüner Fraktion tatsächlich lieber gewesen wäre, dass wir heute eine solche inflationsdämmende Mietpreisbremse beschließen. Ich glaube, das ist kein Geheimnis. (Beifall der Bundesräte Obrecht und Schachner.) Wohnen als leistbares Gut, die Leistbarkeit von Mieten zu erhalten muss aus unserer Sicht für Politikerinnen und Politiker eine der obersten Prioritäten in solchen schwierigen Inflationszeiten sein. Dafür haben wir in den vergangenen Wochen gekämpft.
8,6 Prozent Mieterhöhung bedeutet für viele Menschen quasi eine Monatsmiete mehr im Jahr, die zu bezahlen ist. Das ist viel und deshalb haben wir mit der ÖVP eben auch über eine von vielen Wirtschaftsforscherinnen und -forschern vorgeschlagene Mietpreisbremse verhandelt. Diese hätte schnell und gut geholfen, keine Frage, es hat aber nicht sollen sein. Wenn man intensiv verhandelt – es standen ja auch andere Themen im Raum, wie Ausgleichszahlungen für Vermieter:innen, Grunderwerbsteueränderungen, Gegenfinanzierungen für Besitzer:innen von Luxusimmobilien, es wurde ja wirklich ganz viel auf den Tisch gelegt, was man verhandeln konnte –, dann kommt man zu einer Lösung. Was wir jetzt haben, würde ich einmal die zweitbeste Lösung nennen, und eine zweitbeste Lösung anzubieten, das ist auch Teil eines demokratischen Diskurses; wenn man in einer Koalition ist, dann gehört auch das dazu. Mir ist es lieber, wir haben eine zweitbeste Lösung als gar keine. Somit kann ich hier stehen und mit Fug und Recht sagen: Ich bitte um eine Zustimmung für diese zweitbeste Lösung. (Ruf bei der SPÖ: ... schönreden!)
Was wir anbieten, ist, dass wir die Wohn- und Heizkostenzuschüsse der Länder – und das entscheiden übrigens die Länder, was dann damit passiert; das möchte ich meinem Vorredner schon auch noch deutlich sagen – um 225 Millionen Euro erhöhen. Den Wohnschirm erhöhen wir um 25 Millionen Euro. Das ist jetzt wirklich nicht nichts, das ist wirklich, wirklich viel Geld! Leute, das ist echt viel Geld, das wir da investieren. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Das kommt allen Mieter:innen zugute, egal ob im privaten oder gemeinnützigen Wohnbau. Wir unterstützen damit gezielt jene Menschen mit wenig Einkommen – dazu zählen junge Menschen, Familien, Alleinerzieher:innen ebenso wie ältere Menschen oder Menschen mit einer geringen Pension –, und dazu werden auch die Länder einen Beitrag leisten müssen. Da nicht zuzustimmen finde ich auch fatal (Bundesrätin Schumann: Na geh! Na! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), wenn ich ganz ehrlich bin.
Frau Kollegin Schumann, eines möchte ich der Wiener SPÖ schon auch noch sagen (Bundesrätin Schumann: Ja! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ): Die Chuzpe muss man schon haben (Bundesrätin Schumann: Na geh! 200 Millionen! – Ruf bei der SPÖ: Hallo!), finde ich, hier zu fordern, man müsse einen Mietpreisdeckel machen – was ich übrigens ja auch so sehe (Bundesrätin Schumann: Na dann! Was reden wir dann?), das ist ja kein Geheimnis (Zwischenruf des Bundesrates Schennach) –, aber dann im eigenen, im ureigenen Wirkungsbereich auch einen Zuschuss statt einen Deckel zu machen (Bundesrätin Schumann: Ist eh klar ...! Geh hör auf!), das finde ich paradox. Das finde ich wirklich paradox. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)
Innsbruck und Graz machen das. Und Wiener Wohnen: Was macht Wien? – Wien regt sich auf, dass es keinen Mietpreisdeckel auf Bundesebene gibt (Bundesrätin Schumann: 200 Millionen haben wir für die Leute ...! Das darf doch nicht wahr sein!), aber bei den eigenen Gemeindebauten wird er auch nicht gemacht. (Bundesrätin Schumann: Na freilich ...!) Die Mieten in den Gemeindebauten sollen sogar um den maximal möglichen Wert erhöht werden. (Bundesrat Kornhäusl: Ein Wahnsinn! – Bundesrätin Schumann: Geh komm ...!) Das ist die Wahrheit und das ist, finde ich, schon ein Trauerspiel für sozialdemokratische Politik. Das möchte ich hier auch sagen.
Die ÖVP und die Grünen haben wirklich gerungen, wir sind zwei unterschiedliche Parteien, daher haben wir auch unterschiedliche Meinungen, beispielsweise auch in Fragen der Vermögensteuer. Wir haben da konträre Ansichten, aber das Wichtigste ist, dass dabei eine Lösung herauskommt, die am Ende den Menschen dient. Deswegen, finde ich, kann man hier mit Fug und Recht sagen: Stimmt dieser Lösung zu! – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)
11.16