11.38

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ver­ehrte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Im Zuge der Coronapandemie war es notwendig, persönliche Kontakte zu minimieren, und somit waren auch Behördengänge, Treffen und Zusammen­künfte von Gremien oft nicht möglich. Auch in diesem Winter sind wir ein weiteres Mal aufgerufen, noch wachsam und achtsam zu sein, und aus diesem Grund werden heute noch einige Gesetze, die in diesem Bereich eine Vereinfachung bringen, in die Verlängerung geführt.

Ich rede jetzt bewusst zu den Gesetzesänderungen – meine Vorredner:innen haben die Debatte zu diesen Tagesordnungspunkten ja etwas anders ge­nutzt – und ich kläre damit jetzt auch ein paar Mysterien auf, weil sich die in­teressierte Zuseherin oder der interessierte Zuseher bestimmt schon fragen, was sich hinter diesen zwei Tagesordnungspunkten verbirgt. (Heiterkeit des Bundesrates Himmer.)

Es geht, das wurde schon angesprochen, um die Verlängerung im Bereich der Covid-Sonderregelung in der Vollziehung des Fremdenrechtes bis zum 30. Juni beziehungsweise bis September 2023.

So kann das mündliche Gelöbnis bei der Staatsbürgerschaftsverleihung durch eine schriftliche Übermittlung ersetzt werden, und es gibt keinen automatischen Verlust des Daueraufenthaltstitels EU, wenn ein Inhaber nicht rechtzei­tig mitteilt, dass er sich aufgrund berücksichtigungswürdiger Gründe länger als zwölf Monate nicht im Inland aufhält.

Verlängerungs- und Zweckänderungsanträge nach dem NAG können bei Ein­schränkung der Bewegungsfreiheit oder des zwischenmenschlichen Kon­taktes aufgrund von Covid-19 auch postalisch oder elektronisch bei der Behörde eingebracht werden. Das halte ich für eine ganz wichtige Sache.

Unbegleitete Minderjährige sollen nach der Asylantragstellung im Fall etwaiger Covid-19 bedingter Schließung von Erstaufnahmestellen in Zukunft in Außenstellen der Regionaldirektionen verbracht werden können.

Verlängerungsanträge gemäß § 57 Asylgesetz können postalisch und elektro­nisch bei der Behörde eingebracht werden, und bei Stattgebung des Antrages ist eine Zustellung zu eigenen Handen möglich.

Mit diesen Verlängerungen in den Gesetzen sind wir weiter für den Ernstfall ge­wappnet und stellen den Behörden hiermit auch das notwendige Hand­werkszeug zur Verfügung.

Im zweiten Tagesordnungspunkt werden heute Covid-19-Sonderregelungen im B-VG, im Vergabeverfahren und im verwaltungsbehördlichen Verfahren bis Juni 2023 verlängert. Dazu gehört die Möglichkeit, dass die Bundesregierung per Videokonferenz beziehungsweise per Umlaufbeschluss Beschlüsse fasst. Ebenso wird die Möglichkeit, dass Gemeinderatsbeschlüsse bei außergewöhn­lichen Umständen per Videokonferenz beziehungsweise auch per Um­laufbeschluss gefasst werden, verlängert. Ja, wir verlängern noch einmal, weil wir gelernt haben, achtsam und vor allem vorausschauend zu sein. (Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner.)

Es wurde heute schon von Kollegin Hahn angesprochen: Einige dieser Regelungen sollten auch ins Dauerrecht übernommen werden, denn es hat sich gezeigt, dass sie in der Praxis Vereinfachungen bringen, gut umsetzbar und sinnvoll sind.

Jetzt – und das ist mir heute wirklich wichtig – möchte ich etwas zur Situation im Iran sagen. Im Iran ist am 8.12.2022 erstmals ein Todesurteil gegen einen Demonstranten im Zusammenhang mit den fast drei Monate anhaltenden Pro­testen gegen die Staatsführung vollstreckt worden. In den vergangenen Wochen wurden im Iran bereits elf Todesurteile gegen Demonstrant:innen ver­hängt. Im iranischen Parlament forderten die 277 Abgeordneten harte Ur­teile bis hin zur Todesstrafe für die Tausenden inhaftierten Protestteilnehmer:in­nen. Nur China richtet mehr Menschen hin. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Der Iran ist laut Amnesty International regelmäßig eines der Länder, die die meisten Todesurteile verhängen und auch vollstrecken.

Bei den aktuellen Protesten im Land wurden nach Einschätzung von Menschenrechtlern seit Mitte September mindestens 470 Demonstrant:innen getötet und mehr als 18 000 Demonstrant:innen verhaftet. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Diese Entwicklung und der Umgang der iranischen Behörden mit den Protestierenden sind schockierend und inakzeptabel.

Der Iran wird seit dem Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini am 16. September von Protesten erschüttert. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Wer es vielleicht in den Medien nicht so mitbekommen hat: Die 22-Jährige war kurz nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei wegen eines nicht ordnungs­gemäß getragenen Kopftuches gestorben. Aktivisten werfen der Polizei vor, die junge Frau misshandelt zu haben. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Kopftuchver­bot! – Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)

Gestern haben 183 österreichische Mandatar:innen die Patenschaften für 183 im Iran inhaftierte und zum Teil zum Tode verurteilte Aktivist:innen übernommen. Ich habe die Patenschaft für diesen jungen Mann über­nommen (ein Plakat mit dem Bild eines jungen Mannes in die Höhe haltend), und auch meine Kolleg:innen haben sich bereit erklärt, Patenschaften zu übernehmen. Das ist ein wichtiges und notwendiges Zeichen, um die Menschen, die für Demokratie und Freiheit kämpfen, zu unterstützen. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Darum bringe ich an dieser Stelle einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen hier im Bundesrat ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Karl Bader, Stefan Schennach, Dr. Johannes Hübner, Marco Schreuder, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Eintreten gegen die Todesstrafe im Zusammenhang mit den Protes­ten im Iran“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird ersucht, bilateral und gemeinsam im Verbund mit den EU Partnern gegenüber dem Iran weiterhin für einen ge­waltfreien Umgang“

(Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser)

„mit den Demonstrantinnen und Demonstranten einzutreten, sowie sich dafür einzusetzen, dass Hinrichtungen im Zusammenhang mit den Protesten im Iran gestoppt und bestehende Todesurteile für nichtig erklärt werden.“

(Bundesrätin Steiner-Wieser: Was ist mit ...?)

„Des Weiteren wird der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten ersucht, sich weiterhin für die Abschaffung der Todesstrafe im Iran und weltweit einzusetzen.“

*****

Danke. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

11.45

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.

Der von den Bundesräten Karl Bader, Stefan Schennach, Dr. Johannes Hübner, Marco Schreuder, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kol­legen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Eintreten gegen die Todesstrafe im Zusammenhang mit den Protesten im Iran“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Karoline Edt­stadler. – Bitte, Frau Bundesminister.