Nationalrat fordert Ausbau der Elementarpädagogik und der Deutschförderung
Zwei Initiativen von ÖVP, SPÖ und NEOS finden Zustimmung auch bei Opposition
Wien (PK) – Intensive Diskussionen gab es heute im Nationalrat zur Situation in Schulen und Kindergärten und wie diese verbessert werden könnte. Ausgangspunkt waren zwei Initiativen von ÖVP, SPÖ und NEOS, die von den Abgeordneten begrüßt wurden. So wurde einstimmig ein Antrag mit der Forderung nach einer "Qualitäts- und Ausbauoffensive" in der Elementarpädagogik angenommen. Einigkeit bestand zwischen den Abgeordneten über die Bedeutung der Kindergärten für die Zukunft der Kinder. Die Freiheitlichen kritisierten neben der "gescheiterten Willkommenspolitik" die geplante Einführung eines zweiten verpflichtenden Kindergartenjahres für alle Kinder. Dieses soll nur für Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen gelten, argumentierten sie. Die Grünen wiederum thematisierten den ihnen zufolge nicht gelösten Personalmangel bei den Kindergärten.
Zudem forderten die Abgeordneten mehrheitlich den Ausbau der Deutschförderung in Schulen und Kindergärten. Die Freiheitlichen kritisierten eine "gescheiterte Integrationspolitik" und sahen in den Vorschlägen des Antrags keine Lösung des Problems. Die Grünen hoben die Bedeutung der Unterstützung von Kindern hervor und sprachen sich für flexible Lösungen aus. Die Mandatar:innen der ÖVP, SPÖ und NEOS begrüßten die geplanten Schritte der Bundesregierung.
Steigerung der Qualität in der frühkindlichen Bildung
Einstimmig befürworteten die Nationalrät:innen eine Initiative von ÖVP, SPÖ und NEOS. Darin fordern diese eine "Qualitäts- und Ausbauoffensive" in der Elementarpädagogik. Gemeinsam mit den Bundesländern sollen Qualitätsstandards und Stufenpläne rechtlich verbindlich festgehalten werden. Umgesetzt werden sollen Verbesserungen der Rahmenbedingungen etwa bei der Ausbildung von Elementarpädagog:innen und ein Stufenplan für kleinere Gruppen ab 2027.
Dieser Antrag basierte auf einer Initiative der Grünen, die auf verbindliche Mindestqualitätsstandards in der frühkindlichen Bildung abzielt und im Ausschuss in der Minderheit blieb. Geht es nach den Grünen soll Bildungsminister Wiederkehr gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden die im "QualitätsRahmenPlan für das Personal in elementaren Bildungseinrichtungen in Österreich" formulierten Empfehlungen umsetzen. Dies seien insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das pädagogische Personal, die Anpassung der Gruppengrößen sowie die Sicherstellung eines bundesweit einheitlichen Fachkraft-Kind-Schlüssels.
Die Realität in den Kindergärten sei eine Folge einer "gescheiterten" Integrationspolitik mit "ideologisch motivierten Zwangsmaßnahmen", die die Zukunft der Kinder gefährden würden, meinte Ricarda Berger (FPÖ) heute im Plenum. Das zweite verpflichtende Kindergartenjahr brauche es nicht für alle Kinder, sondern nur für jene mit mangelnden Deutschkenntnissen, forderte sie. Alles andere sei "pure Ideologie auf dem Rücken der Familien". Dem schloss sich ihr Fraktionskollege Christoph Steiner an und warnte vor einem Abschaffen der "Wahlfreiheit und Flexibilität". Es brauche bundesweite Standards, flächendeckend adäquate Gruppengrößen, Sprachniveaus bei Pädagog:innen und die Verankerung von Bildungszielen. Zudem müssten Traditionen wie das Nikolausfest im Kindergarten Platz haben, forderte er. Alles andere sei ein "Buckeln vor dem radikalen Islam".
Die frühkindliche Entwicklung sei für ein erfolgreiches und selbstbestimmtes Leben entscheidend, begrüßte Manfred Hofinger (ÖVP) die "massiven Investitionen" in den Kindergartenbereich, die durchaus eine große Herausforderung für Länder und Gemeinden seien.
Maßnahmen für Kindergärten würden nicht nur den Familien, sondern auch der Gesellschaft zugutekommen und zur Chancengleichheit beitragen, erinnerte Irene Neumann-Hartberger (ÖVP).
Silvia Kumpan-Takacs (SPÖ) sprach von einem wichtigen Schritt in Richtung Qualität und Gerechtigkeit. Es gelte, gleiche Chancen für alle Kinder in Österreich herzustellen. So dürfe künftig etwa nicht der Wohnort dafür entscheidend sein, wie viele Pädagog:innen den Kindern zur Verfügung stehen.
Die Lernerfolge und die beruflichen Chancen seien höher, wenn Kinder früh gefördert werden, erklärte Petra Tanzler (SPÖ). Daher habe die elementare Bildung einen wichtigen Stellenwert im Regierungsprogramm. So soll dem Fachkräftemängel mit einer Ausbildungsoffensive und einer Attraktivierung des Berufsfeldes begegnet werden, erläuterte sie.
Die Freiheitlichen seien "Null an Lösungen" interessiert, zeigte sich Martina von Künsberg Sarre (NEOS) "sprachlos". Die Kindergärten müssten als erste Bildungseinrichtung qualitativ und quantitativ ausgebaut werden, forderte sie. Dies unterstütze alle Kinder bei ihrer späteren Schulbildung.
Eine oftmals unzureichende Betreuungssituation angesichts des Personalmangels bei Kindergärten kritisierte Barbara Neßler (Grüne). Die ambitionierten Pädagog:innen dürften nicht alleine in ihrer Situation gelassen werden.
Nationalrat fordert Ausbau der Deutschförderung
Auf Basis einer Initiative der FPÖ brachten ÖVP, SPÖ und NEOS im Bildungsausschuss einen Entschließungsantrag ein, der heute im Nationalratsplenum mehrheitlich angenommen wurde. Die Bundesregierung wird damit aufgefordert, die Deutschfördermaßnahmen im Bildungssystem auszubauen. Dazu sollen ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr und Orientierungsklassen eingeführt werden. Zudem sollen etwa Sprachstandserhebungen zu Beginn des vorletzten Kindergartenjahres durchgeführt und der verpflichtende Besuch von Sommerschulen für außerordentliche Schüler:innen mit entsprechendem Förderbedarf eingeführt werden. Die Sommerschulen sollen außerdem um Sprachfördermaßnahmen erweitert werden. Das im ursprüngliche Antrag der FPÖ geforderte Paket zielt unter anderem auf verpflichtende Sprachstandserhebungen zwei Jahre vor Schuleintritt, verpflichtende Vorschulklassen für Kinder mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen und die Einführung von Orientierungsklassen ab.
Die Realität sei schlimmer, als je zuvor, meinte Ricarda Berger (FPÖ) in der Plenardebatte angesichts der hohen Zahl an Volksschüler:innen ohne ausreichende Deutschkenntnisse. Sie forderte als Gegenmaßnahme verpflichtende Sprachstandserhebungen im Kindergarten, klare sprachliche Standards für die Schulreife sowie für alle Kinder mit sprachlichem Förderbedarf den verpflichtenden Besuch von Vorschulklassen und Sommerschulen.
Schulen seien vielerorts keine Orte des Lernens mehr, sondern "zu einem Brennpunkt des Scheiterns der Willkommenspolitik verkommen", erklärte Lisa Schuch-Gubik (FPÖ). Statt zu unterrichten, müssten Lehrer:innen zunehmend dolmetschen. Damit werde der "Multikulti-Traum zu einem Albtraum" für die Kinder, kritisierte sie. Es sei daher essentiell, dass Kinder vor Schuleintritt Deutsch sprechen können.
Es zeuge von "Blauäugigkeit", wenn man Werte schulisch oder außerschulisch vermitteln will, kritisierte Katayun Pracher-Hilander (FPÖ). Das Ergebnis werde nicht mehr als eine "steuerfinanzierte Politshow" sein.
Die Volkspartei habe in ihren vergangenen Regierungsbeteiligungen dafür gesorgt, dass bei der Deutschförderung "etwas weitergeht", sagte Nico Marchetti (ÖVP). Er ortete in Wien ein "Systemproblem". Es würden Schulen drohen, wo kein Kind Deutsch spricht, und das gehe nicht, mahnte er die Verantwortung der Stadt Wien ein.
Österreich habe dank engagierter Pädagog:innen ein gutes Bildungssystem, meinte Manfred Hofinger (ÖVP). Angesichts der großen Herausforderungen sei es wichtig, dass die Kinder im Kindergarten Deutsch lernen und dazu Maßnahmen gesetzt würden.
Die aktuellen Bedingungen würden Pädagog:innen an die Grenze der Belastbarkeit bringen, sagte Romana Deckenbacher (ÖVP). Das bestehende Angebot der Deutschförderung sei nicht ausreichend, begrüßte die Abgeordnete die nunmehrigen Schritte und zitierte den Wahlslogan der Wiener Volkspartei: "Deutsch ist Pflicht, Habibi".
Es sei entscheidend, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit jede und jeder Einzelne die Möglichkeit erhält, Deutsch zu lernen, meinte Heinrich Himmer (SPÖ). Die Menschen müssten unterstützt werden, damit sie ihre Potenziale und Möglichkeiten voll ausschöpfen können.
Den Freiheitlichen gehe es nicht um Deutschförderung, kritisierte Paul Stich (SPÖ). Immer, wenn sie regieren würden, werde in diesem Bereich Expertise ignoriert, Geld gekürzt, Lösungen verhindert und auf "Kinder draufgehauen".
Nach der "Aufholjagd" im Bildungsbereich in Wien werde diese nun auch auf Bundesebene gestartet, freute sich Yannick Shetty (NEOS). Es gelte, Deutsch einzufordern und in Folge auch zu fördern, betonte er. Die Bundesregierung habe ein "großes Paket" zur Verbesserung der Integration von Kindern in Arbeit, kündigte Martina von Künsberg Sarre (NEOS) an.
Das Schulsystem müsse auch dann funktionieren, wenn Kinder nicht Eltern und Lehrer:innen haben, die sie entsprechend und ausreichend unterstützen, forderte Süleyman Zorba (Grüne). Dazu brauche es flexible und passgenaue Förderangebote und nicht Zwangsmaßnahmen, wie sie die FPÖ fordert. (Fortsetzung Nationalrat) pst
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