Parlamentskorrespondenz Nr. 302 vom 24.04.2025

Nationalrat: FPÖ übt Kritik an "sozialer Hängematte für illegale Einwanderer und Asylanten"

Ministerin Korinna Schumann strebt österreichweit einheitliche Sozialhilfe an

Wien (PK) – Von einer massiven Schieflage im Sozialstaat sprach heute FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch in der Aktuellen Stunde des Nationalrats. Wenn etwa in Wien syrische Großfamilien über 6.000 € Sozialhilfe bekommen, aber bei den Mindestpensionist:innen der Sparstift angesetzt werde, dann stimme etwas nicht. An die Sozialministerin gerichtet fragte sie daher, wann " endlich die soziale Hängematte für illegale Einwanderer und Asylanten abmontiert" werde.

Bundesministerin Korinna Schumann plädierte dafür, sich das Thema Sozialhilfe umfassend, realistisch und faktenbasiert anzuschauen. Sie räumte ein, dass es in Teilen Lösungen brauche; erste Schritte würden auch bald gesetzt werden. Man habe im Regierungsprogramm vereinbart, eine "Sozialhilfe Neu" auf den Weg zu bringen. Denn all jene Menschen, die beschäftigungsfähig seien, sollen möglichst rasch eine Arbeit aufnehmen. Daneben müsse eine Integration ab dem ersten Tag gewährleistet und eine Kindergrundsicherung eingeführt werden. Am Ende der Reform sollte jedenfalls eine österreichweit einheitliche Sozialhilfe stehen.

Schumann unterstrich weiters, dass nur Asylberechtigte Zugang zur Sozialhilfe hätten. Diese seien aber auch verpflichtet, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen und sich Integrationsmaßnahmen zu unterziehen. Bei Nicht-Einhaltung der Auflagen würde es auch Sanktionen geben.  

Da die Mitglieder der Bundesregierung aufgrund des Inkrafttretens des Bundesministeriengesetzes per Anfang April erneut vom Bundespräsidenten angelobt werden mussten, verlas Nationalratspräsident Walter Rosenkranz ein diesbezügliches Schreiben des Bundeskanzleramts.

Vor Eingang in die Sitzung ersuchte Rosenkranz die Abgeordneten, für den verstorbenen Papst und den ebenfalls verstorbenen SPÖ-Politiker Peter Kostelka eine Trauerminute abzuhalten.

Belakowitsch prangert "Griff in die Sozialtöpfe" vor allem in Wien an

Derzeit laufe im Sozialsystem etwas "gewaltig schief", urteilte FPÖ-Mandatarin Dagmar Belakowitsch, denn es werde – vor allem in Wien – von Leuten ausgenutzt, die nur abkassieren wollen. Dieser übermäßige Griff in die Sozialtöpfe, die von der hart arbeitenden österreichischen Bevölkerung befüllt werden, würde zudem von der Politik noch befördert. Es würden nun die Großfamilien aus dem arabischen Raum nach Österreich kommen, die niemals daran denken, arbeiten zu gehen, prangerte Belakowitsch die Ausnutzung des bestehenden Systems an. Vor allem dann nicht, wenn sie bis zu 6.000 € Sozialhilfe erhalten. Diese Menschen wollen sich nicht integrieren, nicht die Sprache erlernen und "sie haben auch nichts mit unserer Kultur am Hut".

Während man bei den "eigenen Leuten und den eigenen Pensionisten" ganz schnell mit den Kürzungen sei, würde bei jenen, die nichts leisten, nichts geändert. Angesichts der dramatischen Budgetzahlen und der schlechten Wirtschaftsaussichten werde man sich das aber nicht mehr lange leisten können, prognostizierte die freiheitliche Abgeordnete. Die Bürger:innen würden es sich daher zurecht erwarten, dass die Regierung nun endlich einmal arbeite und Lösungen vorlege. Im Besonderen appellierte sie an die Wiener und Wienerinnen, ihre Rechte am Sonntag wahrzunehmen, um eine tatsächliche Wende in der Politik einzuleiten.

Schumannkündigt "Sozialhilfe Neu", Integrationsmaßnahmen und Kindergrundsicherung an

Die Regierung nehme sich dem Thema Sozialhilfe sehr stark an, weil es in Teilen Lösungen brauche, erklärte die zuständige Ministerin Korinna Schumann. Die ersten Schritte würden auch bald gesetzt. Die Wortwahl von Belakowitsch würde jedoch erkennen lassen, dass es den Freiheitlichen vor allem um die Wien-Wahl gehe. Die im Jahr 2010 unter Minister Hundstorfer eingeführte Sozialhilfe sei dazu gedacht, "ein letztes und endgültiges Netz" für jene Menschen zu spannen, bei denen alle anderen Leistungen nicht mehr greifen, erinnerte Schumann. Gleichzeitig stünde aber immer auch im Fokus, die Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen.

Schumann wies darauf hin, dass es in den vergangenen Jahren einen Rückgang bei den Bezieher:innen von Sozialhilfe gegeben habe. Die größte Gruppe unter den Bezieher:innen seien zudem Kinder (35 %), gefolgt von Frauen (33 %) und Männern (32 %). 56 % der Betroffenen seien entweder in der Schule, in Pension oder könnten aufgrund einer Behinderung keiner Beschäftigung nachgehen. Fast drei Viertel der Bezieher:innen würden in die Gruppe der sogenannten Aufstocker fallen. Der durchschnittliche Bezug betrage rund 400 €, informierte sie. Was die von der FPÖ immer angeführten illegalen Migrant:innen betreffe, so sei es nicht richtig, dass diese einen Zugang zur Sozialhilfe haben, unterstrich Schumann. Auch Asylwerber:innen seien ausdrücklich ausgeschlossen, weil sie unter die Grundversorgung fallen. All jene die Sozialhilfe beziehen können, seien auch verpflichtet, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Denn die zentrale Frage für sie sei, "wer macht die Arbeit in diesem Land". Es soll daher nicht übersehen werden, dass Menschen mit Migrationshintergrund eine wichtige Säule der heimischen Wirtschaft und des Arbeitsmarktes darstellen. Die rund eine Million unselbständig Beschäftigten mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft würden in Österreich eine ausgezeichnete Arbeit leisten.

FPÖ: Wien schüttet 700 Mio. € an Sozialhilfe für Nicht-Österreicher:innen aus

FPÖ-Abgeordnete Lisa Schuch-Gubik schloss sich der Argumentation von Belakowitsch an und forderte ein Ende der Missstände im Bereich der Sozialhilfe. Die aktuelle Politik sei eine "Verhöhnung der fleißigen Österreicher", zumal in Wien syrische Großfamilien tausende Euro fürs Nichtstun bekommen würden. In Favoriten zum Beispiel würden Asylanten in Luxuswohnungen leben, die sich die Wiener schon lange nicht mehr leisten könnten. Es sei daher völlig klar, dass so viele illegale Migrant:innen in die Bundeshauptstadt ziehen, weil sie dort die üppigsten Unterstützungen erhalten würden. Auch die Zahlen würde eine klare Sprache sprechen, konstatierte sie. Im Jahr 2023 waren 44 % der Sozialhilfebezieher:innen in Wien Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigte.

Schon vor 40 Jahren habe Jörg Haider vor Zuständen gewarnt, die jetzt eingetreten seien, beklagte Peter Wurm (FPÖ). Dazu zählten die die Zunahme der Kriminalität, die "Umvolkung", aber auch der Kollaps des Sozialsystems. Neben der Sozialhilfe und der Grundversorgung müssten die Steuerzahler:innen etwa auch das Pflegegeld für die Asylant:innen finanzieren, zeigte Wurm auf. Das Gleiche gelte für das Gesundheitswesen, wo eine Gratis-Rundumversorgung für die Asylant:innen gewährt werde. Asylberechtigte hätten zudem einen Anspruch auf eine Sozialwohnung. All diese Maßnahmen seien nicht mehr finanzierbar, warnte Wurm. 

ÖVP: "Wir sanieren ein System, das die FPÖ geschaffen hat"

Das Motiv für die Themenwahl der Freiheitlichen sei klar erkennbar, meinte ÖVP-Abgeordneter Michael Hammer, der daran erinnerte, dass das geltende Sozialhilfesystem unter FPÖ-Ministerin Hartinger-Klein eingeführt wurde. Außerdem seien viele illegale Migrant:innen unter Innenminister Kickl ins Land gekommen. Es sei aber richtig, dass es Nachrüstungen brauche, damit die Sozialhilfe treffsicherer, gerechter und einheitlicher werde, räumte er ein, an entsprechenden Gesetzesvorschlägen werde bereits gearbeitet. Die neue Regelung müsse vor allem dem Grundsatz verpflichtet sein, dass sich Leistung wieder lohnen soll. Weitere Eckpunkte werden einheitliche Tarife und Tagsätze, eine Wartefrist bis zum vollen Bezug, eine Integrationsphase mit Spracherwerb in den ersten drei Jahren sowie die Einführung einer Sachleistungskarte sein. All dies soll in Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und AMS zeitnah und rasch umgesetzt werden.

Sein Fraktionskollege Ernst Gödl machte darauf aufmerksam, dass Asylwerber:innen, die 40 € Taschengeld in der Grundversorgung erhalten, auch gemeinnützige Leistungen erbringen müssten. Im Vorjahr haben sich rund 77 % der Personen in das System eingebracht, den anderen 23 % wurde das Taschengeld gekürzt.

SPÖ: Konkrete Lösungen für bestehende Probleme statt Angstmache

Klubobmann Philip Kucher (SPÖ) versprach, dass sich die Regierung der Probleme annehmen werde, das gelte auch für die Sozialhilfe. Den Freiheitlichen warf er hingegen vor, keinen einzigen konkreten Vorschlag gemacht zu haben. Bei der geplanten Reform der Sozialhilfe gehe es darum, dass all jene Personen, die arbeiten können, dies auch tun sollen. Außerdem soll eine Integrationsphase am ersten Tag umgesetzt werden.

Jene jedoch, die nicht arbeiten können, müssen weiterhin unterstützt werden. Speziell für die Gruppe der Kinder soll es ein eigenes Modell geben, erläuterte er. Sparpotenzial sah Kucher hingegen bei den Freiheitlichen. So würde zum Beispiel der nicht amtsführende Stadtrat Nepp in Wien rund 130.000  € pro Jahr für Taxirechnungen ausgeben. Das sei "Abkassieren" auf Kosten der Steuerzahler:innen. Statt Skandalisierung und Angstmache, wie sie die FPÖ betreibe, arbeite die Regierung an konkreten Lösungen, stellte Barbara Teiber (SPÖ) mit Nachdruck fest. Was die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionist:innen betrifft, so sei dies bereits zwischen FPÖ und ÖVP paktiert worden.

NEOS orten maximale Aufregung und minimale Lösungskompetenz bei den Freiheitlichen

Die Aktuelle Stunde stehe wieder mal unter dem Motto "maximale Aufregung und minimale Lösungskompetenz", richtete Yannick Shetty (NEOS) den Freiheitlichen aus. Verwundert zeigte er sich nur über die Verwendung des Begriffs "soziale Hängematte", da gerade zahlreiche freiheitliche Mandatare, die sich eine "goldene Hängematte" aufgehängt hätten, Gegenstand von Ermittlungen seien. So soll etwa Steuergeld für den Umbau eines Privathauses in Klosterneuburg, für ein Kindermädchen oder den Friseurbesuch des ehemaligen Parteichefs verwendet worden sein.

Auch wenn es Reformbedarf bei der Sozialhilfe gebe, so werde man damit sicher nicht das Budgetproblem lösen, führte Johannes Gasser (NEOS) in Richtung der Freiheitlichen aus. Gerade in Wien sehe er aber Bereiche, wo es Verbesserungen geben müsse. Die Regierung habe sich daher vorgenommen, eine Aufholjagd bei der Integration und der Deutschförderung zu starten, um möglichst viele Menschen in Beschäftigung zu bringen.

Grüne: "Soziale Hängematte war immer Lug und Trug"

Abgeordneter Markus Koza (Grüne) ging ebenso wie die Ministerin auf die Fakten rund um die Sozialhilfe ein. Auch er wies darauf hin, dass von den 197.000 Menschen, die im Jahr 2023 Sozialhilfe oder Mindestsicherung bezogen haben, drei Viertel sogenannte Aufstocker:innen waren. Es zeige sich auch, dass der ausbezahlte Betrag pro Bedarfsgemeinschaft in Wien – rund 805 € im Monat – dem österreichischen Durchschnitt entspreche. Falsch sei ferner die "Legende", dass über Jahre hinweg die volle Sozialhilfe kassiert werde, da die durchschnittliche Bezugsdauer bei neun Monaten liege. Die "soziale Hängematte" war daher immer "Lug und Trug", wie dies auch der evangelische Bischof Chalupka ausgedrückt habe. Barbara Neßler (Grüne) hielt es vor allem für verwerflich, dass die Kinder, die die größte Gruppe in der Sozialhilfe darstellen, zur Zielscheibe einer "grindigen Hetze" gemacht würden. Kritik übte sie auch an den Plänen der Regierung, die bei den Kindern den "Rotstift" ansetzen wolle.

SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer ersuchte den Nationalratspräsidenten, dem freiheitlichen Abgeordneten Wurm für die Verwendung des Begriffs "Umvolkung" einen Ordnungsruf zu erteilen. Dieser Ausdruck sei bekannt aus dem Nationalsozialismus. 

NR-Präsident Rosenkranz kündigte an, sich die Konnotation des Begriffs Umvolkung, der unterschiedlich gebraucht werde, genau anzuschauen. Er teile die Auffassung von Krainer, wonach man derartige Ideologien im Haus nicht haben wolle. (Fortsetzung Nationalrat) sue

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.