Bundesrat: Debatte über Vor- und Nachteile der 30-jährigen EU-Mitgliedschaft Österreichs
Aktuelle Stunde mit Europaministerin Claudia Plakolm in der Länderkammer
Die heutige Bundesratssitzung startete mit einer Aktuellen Stunde zum Thema "30 Jahre Österreich in der EU: Ein Erfolgsmodell für unsere Regionen!" mit der neuen Europaministerin Claudia Plakolm. Diese hob die Vorteile der heimischen EU-Mitgliedschaft hervor, betonte aber, dass sich die EU auf "das Wesentliche" konzentrieren und "regeln statt regulieren" müsse. Während die Vertreter:innen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS ähnlich argumentierten und große Vorteile für Österreichs Regionen sahen, sprachen die Freiheitlichen Bundesräte von einem "Irrweg" der EU, der den Bürgerinnen und Bürgern mehr schade als nütze.
Vor Beginn der Aktuellen Stunde wurde zudem Amelie Muthsam (SPÖ/N) als neues Mitglied des Bundesrates angelobt.
ÖVP: EU ist kein fertiges Projekt
Die EU sei "Garant für Wohlstand, Sicherheit und Frieden", betonte Bernadette Geieregger (ÖVP/N) in der Debatte. Der EU-Beitritt sei eine "gute Entscheidung" für Österreichs Wirtschaft und für die Schaffung von Arbeitsplätzen gewesen. Für die ÖVP-Mandatarin sind etwa die Personenfreizügigkeit beim Reisen, Arbeiten und Studieren, die Einführung des Euro, Fördermittel für die Regionen oder günstige Roaminggebühren positive Auswirkungen der österreichischen EU-Mitgliedschaft. Die EU sei aber kein "fertiges Projekt". Es müsse auch in den nächsten 30 Jahren weiter gestaltet werden.
Ähnlich sah das Christoph Thoma (ÖVP/V). Vor allem die Grenzregionen hätten von der EU "in aller Breite" profitiert. Aktuell sei etwa in den Bereichen Asyl und Migration sowie in der europäischen Sicherheitspolitik "viel Gutes am Weg". Zudem kritisierte Thoma "Verschwörungstheorien" der FPÖ zur EU – wie etwa zur Abschaffung des Bargelds oder zur Pandemiebekämpfung - scharf.
SPÖ: Regionen sind lebendiger Beweis für das Funktionieren der europäischen Zusammenarbeit
Europa "wirkt, hilft und verbindet", hielt Gabriele Kolar (SPÖ/St) fest. Die EU sei ein "Erfolgsmodell für unsere Regionen", die durch die europäischen Förderprogramme bei Investitionen in die Nahversorgung, Landwirtschaft, Digitalisierung, den Klimaschutz sowie in grenzüberschreitende Zusammenarbeit stark profitieren würden. Europa sei aber nicht perfekt, manches sei zu kompliziert und mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden. Es gehe um eine EU "die nicht abschreckt, sondern einlädt", so die SPÖ-Mandatarin.
Dem schloss sich Sebastian Forstner (SPÖ/O) an. Die heimischen Regionen seien der "lebendige Beweis" für das Funktionieren der europäischen Zusammenarbeit. So sichere der gemeinsame Binnenmarkt – Forstner bezeichnete ihn als "Wachstumsmotor für heimische Unternehmen" – Arbeitsplätze und trage zur Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft bei.
FPÖ: EU will Probleme lösen, die wir ohne sie nicht hätten
Breite Kritik an der EU kam von Peter Samt (FPÖ/St). Der FPÖ-Mandatar sprach von "unzumutbaren und unerträglichen Dingen", die in Europa passieren würden. Entscheidungen würden oft an den Bürgerinnen und Bürgern "vorbeigehen". Aus der Sicht Samts zählen dazu etwa die "Pläne zur Abschaffung des Bargelds", "Schikanen für die Gastronomie", der Green Deal, der EU-Migrationspakt sowie die EU-Sanktionen gegen Russland und die finanzielle Unterstützung für die Ukraine. Es brauche ein "klares Bekenntnis zur EU mit selbstbestimmtem Mitgliedstaaten", so der FPÖ-Mandatar.
Für Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) "will die EU Probleme lösen, die wir ohne sie nicht hätten". Obwohl Österreich vom EU-Beitritt profitiert habe, befinde sich die EU auf einem "Irrweg" der den Bürgerinnen und Bürgern mehr schade als nütze. Die Macht in der EU liege bei einer "kleinen selbsternannten Elite", die anstatt der Bevölkerung "Ideologien und Konzernen" dienen würde.
Grüne: EU-Mitgliedschaft wichtiger denn je
Obwohl es viel Verbesserungspotential gebe, sei die EU-Mitgliedschaft Österreichs "heute wichtiger denn je", unterstrich Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O). Gerade für die Menschen in ländlichen Regionen bringe die EU viele positive Effekte. So würden etwa durch das LEADER-Programm 84 Regionen, etwa in den Bereichen Umweltschutz, Wirtschaftsentwicklung, Infrastruktur, Gemeinwohl oder Tourismus, von den europäischen Fördermitteln profitieren. Für Hauschildt-Buschberger geht es darum, "den positiven europäischen Gedanken weiterzutragen, um die Chance der EU bestmöglich zu nutzen".
NEOS: EU fördern, beschützen und weiterentwickeln
Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS/W) begrüßte die Struktur- und Regionalpolitik der EU zum Ausgleich von Disparitäten in Europa. Speziell Österreich habe vom Beitritt und der EU-Osterweiterung profitiert und tue es weiterhin. Es sei "unser aller Aufgabe, das Projekt der EU zu beschützen, zu fördern und weiterzuentwickeln, so die NEOS-Mandatarin.
Europaministerin Claudia Plakolm: Brauchen ein Europa das regelt statt zu regulieren
Für die neue Europaministerin Claudia Plakolm ist die EU insbesondere für die heimischen Regionen ein "Erfolgsmodell". Die Europäische Union habe die Grundlage geschaffen, dass in Österreich 2 von 3 € durch den Export verdient würden und jeder zweite Arbeitsplatz daran geknüpft sei. Plakolm nannte zudem den freien Personen- sowie Waren- und Güterverkehr im "größten Binnenmarkt der Welt" oder europaweite Arbeits- und Bildungsmöglichkeiten als weitere Vorteile für Österreich. Die EU müsse sich aber auf "das Wesentliche" konzentrieren. Es brauche "ein Europa, das regelt statt zu regulieren", bei dem das Subsidiaritätsprinzip "enorm wichtig" sei. (Fortsetzung Bundesrat) med
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