Parlamentskorrespondenz Nr. 503 vom 11.07.1997

NATIONALRAT BEFASST SICH MIT KOMPENSATIONSGESCHÄFTEN DES HEERES

Misstrauensantrag der Opposition wird abgelehnt

Wien (PK) - Abgeordneter Mag. FIRLINGER (F) kritisiert am Verhalten des Aussenministers, bei der Bevölkerung falsche Erwartungen zu erwecken, demgegenüber aber Politik ausschliesslich für die Europäische Union zu betreiben. Damit manövriere sich Schüssel in eine politische Sackgasse, aus der er nur sehr schwer herausfinden könne.

Abgeordneter Mag. FIRLINGER (F) wirft Schüssel vor, im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung bei den Beitrittswerbern falsche Erwartungen auf eine rasche Integration geweckt zu haben, und meint, dem Aussenminister fehle es nun an internationaler Glaubwürdigkeit.

Abgeordneter WABL (G) zweifelt daran, dass Schüssel die Affäre um seine umstrittenen Äusserungen "aushalten" wird, und legt dem Aussenminister den Rücktritt nahe.

Bei der Abstimmung wird der gemeinsame Misstrauensantrag der drei Oppositionsparteien abgelehnt. Der Aussenpolitische Bericht wird mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Die F-Entschliessungsanträge betreffend offensive Sicherheitspolitik bzw. Bezeichnung von Ortsnamen im Aussenpolitischen Bericht 1996 werden abgelehnt.

ABKOMMEN MIT DEN NIEDERLANDEN BETREFFEND DIE RECHTLICHE STELLUNG DER ÖSTERREICHISCHEN BEDIENSTETEN DER EUROPOL-DROGENSTELLE * ÄNDERUNG DES ABKOMMENS MIT DEN UN, DER IAEO UND DER UNIDO ÜBER DIE ERRICHTUNG UND VERWALTUNG EINES GEMEINSAMEN FONDS ZUR FINANZIERUNG GRÖSSERER REPARATUREN UND ERNEUERUNGEN IM INTERNATIONALEN ZENTRUM WIEN * ÜBEREINKOMMEN ÜBER NUKLEARE SICHERHEIT * EUROPA-MITTELMEER-ABKOMMEN ZUR GRÜNDUNG EINER ASSOZIATION ZWISCHEN DEN EG UND IHREN MITGLIEDSTAATEN EINERSEITS UND MAROKKO ANDERERSEITS * EUROPA-ABKOMMEN ZUR GRÜNDUNG EINER ASSOZIATION ZWISCHEN DEN IM RAHMEN DER EU HANDELNDEN EG UND IHREN MITGLIEDSTAATEN EINERSEITS UND SLOWENIEN ANDERERSEITS * UN-AMTSSITZ-ABKOMMEN FÜR WIEN * AMTSSITZ-ABKOMMEN MIT DER UNIDO * BUNDESGESETZ ÜBER DIE RECHTSSTELLUNG DES SEKRETARIATS DES WASSENAAR ARRANGEMENTS IN ÖSTERREICH * F-ANTRAG 162/A(E) BETREFFEND WEITERE VERTRAGLICHE AUSGESTALTUNG DES SUBSIDIARITÄTSPRINZIPS * G-ANTRÄGE 236/A(E) UND 250/A(E) BETREFFEND WIRKSAME MASSNAHMEN ZUR EINSCHRÄNKUNG DES WALFANGES SOWIE RATIFIKATION DES INTERNATIONALEN ÜBEREINKOMMENS ÜBER EINGEBORENE UND IN STÄMMEN LEBENDE VÖLKER IN UNABHÄNGIGEN LÄNDERN

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Abgeordnete AUMAYR (F) vermisst jegliches Engagement Österreichs im Rahmen der versprochenen Anti-Atompolitik und fordert die Bundesregierung in einem Entschliessungsantrag auf, die Zustimmung Österreichs zur Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit den osteuropäischen Staaten von deren Ausstieg aus der Kernenergie abhängig zu machen.

Präsident Dr. FISCHER teilt mit, dass die FPÖ die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Thema Veräusserung der Bundesanteile an der CA an die BA eingebracht hat. - Die Abstimmung darüber erfolgt nach Erledigung der Tagesordnung.

Abgeordnete TICHY-SCHREDER (VP) bezeichnet die gegenständlichen Abkommen als aussenpolitische Routine und begrüsst insbesondere den Vertrag mit Slowenien und das Übereinkommen über die Einschränkung des Walfanges. Sie drängt auch auf eine baldige Ratifikation des ILO-Übereinkommens durch Österreich.

Abgeordnete Mag. KAMMERLANDER (G) unterstützt das Übereinkommen über nukleare Sicherheit, meint aber, entscheidend sei nun, dass Österreich den Willen habe, seine Möglichkeiten auf Basis dieses Vertrages gegenüber grenznahen AKWs auszuschöpfen.

In einem Entschliessungsantrag fordert die Rednerin eine Initiative des Aussenministers im Rahmen der NATO-Osterweiterung auf eine vertragliche Absicherung der Erhaltung der atomwaffenfreien Zonen in Europa.

Abgeordneter Dr. HEINDL (SP) begrüsst grundsätzlich die EU-Osterweiterung, weist aber auf die Notwendigkeit der Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen in den Beitrittsstaaten hin. Heindl warnt davor, den Bürgern in Osteuropa Illusionen über die Möglichkeit eines raschen Beitrittes vorzugaukeln. Osterweiterung so schnell wie möglich, aber so langsam als notwendig und für Österreich vertretbar, lautet die Devise Heindls.

Abgeordneter Dipl.-Ing. HOFMANN (F) fordert ein nachhaltiges Eintreten Österreichs in den EU-Gremien für eine Anti-Atompolitik und wendet sich gegen die Förderung von Atomkraftwerken durch EURATOM. Er kritisiert, dass ein entsprechender Antrag der FPÖ in Strassburg von den ÖVP-Abgeordneten nicht unterstützt wurde.

Abgeordnete Dr. GREDLER (L) meint bezüglich der Europol-Drogenstelle, es sei verwunderlich, dass ein Protokoll in Ausarbeitung sei, welches den Bediensteten weitgehende Immunitätsrechte einräumt. Beim Übereinkommen für nukleare Sicherheit stellt Gredler grosse Lücken fest, weil eine Schliessung von Atomkraftwerken kaum möglich ist. Aus diesem Grund könne sie diesem schlechten Vertrag nicht zustimmen.

Abgeordnete JÄGER (SP) vertritt die Auffassung, dass die ILO-Konvention Nr. 169, die bereits 1993 einstimmig beschlossen wurde, rasch ratifiziert werden müsse. Es handelt sich dabei, meint Jäger, um ein wesentliches Instrument zur Durchsetzung der Rechte von indigenen Völkern. Zudem sei es wichtig, dass sich nicht nur die NGOs, sondern auch die westlichen Staaten für die Rechte der indigenen Völker einsetzten. Es gehe dabei, so Jäger, um 4,8 % der Weltbevölkerung, die durch Völkermorde, Vertreibungen und wirtschaftlichen Druck von Grosskonzernen in ihrer Existenz bedroht seien.

Abgeordneter Ing. TYCHTL (SP) betont die Wichtigkeit der internationen Organisationen, die in Österreich ihren Sitz haben. Allein 4.300 Beschäftigte, davon ein Drittel Österreicher, finden laut Tychtl im Internationalen Zentrum in Wien Beschäftigung.

Abgeordneter BRIX (SP) kritisiert die Haltung der Oppositionsparteien in der Anti-Atompolitik, weil keiner ihrer Vertreter einer Einladung der slowakischen Opposition Folge geleistet hat, um über Mochovce zu diskutieren. Brix hält es für besonders wichtig, dass es endlich ein internationales Übereinkommen über die nukleare Sicherheit gibt, auch wenn die nukleare Rüstungsindustrie leider nicht erfasst wurde.

Abgeordnete Dr. KARLSSON (SP) nimmt zum Sekretariat des Wassenaar Arrangements Stellung, das sie für sehr wichtig erachtet, weil zum ersten Mal beobachtet werde, wer konventionelle Waffen und Rüstungsgüter "anhäuft". Dadurch werde es möglich, rechtzeitig zu erkennen, wo Konflikte auftreten können. Zudem wünscht sich die Abgeordnete, dass, so wie Genf ein Synonym für Menschenrechte sei, Wien eines für Frieden, Abrüstung und Entwicklung werde.

Abgeordneter MOSER (L) kann dem Entschliessungsantrag der Grünen nicht zustimmen, weil es sich dabei um kein ädaquates Mittel handelt. Ein solcher Antrag würde nur dann Sinn machen, wenn österreichische Vertreter in den Gremien der NATO sitzen.

Die Abstimmung bringt folgendes Ergebnis: Das Abkommen mit den Niederlanden betreffend rechtliche Stellung der österreichischen Bediensteten der Europol-Drogenstellen wird mit Mehrheit genehmigt.

Die Genehmigung der Änderung des Abkommens mit den UN, der IAEO und der UNIDO über Errichtung und Verwaltung eines gemeinsamen Fonds zur Finanzierung grösserer Reparaturen und Erneuerungen im Internationalen Zentrum Wien erfolgt mit Stimmeneinhelligkeit. Das Übereinkommen über nukleare Sicherheit wird mehrheitlich genehmigt. Der F-Entschliessungsantrag betreffend kernkraftfreies Mitteleuropa und der G-Entschliessungsantrag (Errichtung einer atomwaffenfreien Zone in Europa) bleiben in der Minderheit. Darüber hinaus werden die beiden Assoziationsabkommen zwischen EU und Marokko bzw. Slowenien mehrheitlich, die Amtssitzabkommen mit UN und UNIDO einhellig genehmigt.

Das Bundesgesetz über die Rechtsstellung des Sekretariats des Wassenaar Arrangements in Österreich wird in dritter Lesung einhellig verabschiedet.

Die Kenntnisnahme des (negativen) Berichtes zur weiteren vertraglichen Ausgestaltung des Subsidiaritätsprinzips erfolgt mehrheitlich. Die beiden dem Ausschussbericht beigedruckten Entschliessungen werden mehrheitlich bzw. einhellig beschlossen.

BERICHT DES STÄNDIGEN UNTERAUSSCHUSSES DES RECHNUNGSHOFAUSSCHUSSES ZUR UNTERSUCHUNG DER ABWICKLUNG DER KOMPENSATIONSGESCHÄFTE IM RAHMEN VON BESCHAFFUNGEN DES BUNDESHEERES IN DEN JAHREN 1983 BIS 1995

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Abgeordnete APFELBECK (F) konstatiert, dass der Ständige Unterausschuss des Rechnungshofausschusses seiner Kontrolltätigkeit nicht nachkommen konnte, weil es keine ausreichende Einsicht in die Unterlagen gab. Deshalb habe sie als Vorsitzführende um eine Präsidialentscheidung gebeten. Wenn der Ausschuss in Zukunft nicht besser informiert werde, so Apfelbeck, dann sei er überflüssig.

Abgeordneter BRIX (SP) widerspricht seiner Vorrednerin und meint, dass die Opposition versucht habe, einen Unterausschuss in einen Untersuchungsausschuss umzuwandeln. Es wurden die erforderlichen Unterlagen vorgelegt, so Brix, aufgrund von wirtschaftlichen Interessen konnten die Firmen aber nicht über alles Auskunft geben. Ausserdem sei es nicht nötig, eine Präsidialentscheidung einzuholen, weil die Handhabung der Vorsitzführung allein der Abgeordneten Apfelbeck obliege. Bezüglich der Kompensationsgeschäfte erklärt Brix, dass das Billigste nicht immer das Beste sei und letztendlich im Sinne der österreichischen Wirtschaft und des Bundesheeres vorgegangen wurde.

Abgeordneter MOSER (L) appelliert an das Parlament, diesen Bericht nicht zur Kenntnis zu nehmen, weil der Unterausschuss nicht wirklich in der Lage war, seine Kontrollaufgaben wahrzunehmen. Die "nicht akzeptable" Auslegung der Geschäftsordnung habe den Ausschuss laut Moser daran gehindert. Der L-Abgeordnete kritisiert, dass Kompensationsgeschäfte nur als "Türöffner" gesehen werden; dies sei zu wenig, weil es dabei um Milliardenbeträge gehe. Ausserdem weist er auf die "äusserst dubiose" Rolle der AOEM in diesem Zusammenhang hin.

Abgeordneter Mag. STADLER (F) berichtigt tatsächlich, dass sich die Ausschussvorsitzende Apfelbeck nicht zu Unrecht an die Präsidiale gewandt habe, wie dies von Abgeordnetem Brix behauptet wurde. Nach unbestrittener Meinung der Präsidialkonferenz stehe ihr das sehr wohl zu.

Abgeordneter WURMITZER (VP) bedauert, dass sich die Opposition zu einer "unheiligen Allianz" zusammengeschlossen hat und daraus einen Untersuchungsausschuss machen wollte. Zu den Kompensationsgeschäften, die über 20 Mrd. S betrugen, führt er aus, dass sie absolut positiv und international üblich seien. Alle im Zusammenhang mit den Kompensationsgeschäften des Bundesheeres abgeschlossenen Verträge sind eingehalten und es konnten damit mehr als 2.000 Arbeitsplätze auf Dauer gesichert worden. Positiv beurteilt Wurmitzer auch das Matra-Geschäft. Die Aussage der Opposition, die Mitglieder des Unterausschusses hätten keine Einsicht in die Unterlagen gehabt, weist Wurmitzer ebenso zurück wie die Behauptung, dass Firmen, die im Zuge von Kompensationsgeschäften Aufträge erhielten, an der AOEM beteiligt sind.

Abgeordneter WABL (G) wirft seinem Vorredner vor, wissentlich die Unwahrheit zu sagen. Ausgangspunkt für den vorliegenden Prüfbericht waren Gespräche über Schmiergeldzahlungen und Parteienprovisionen des ehemaligen ÖVP-Wehrsprechers Kraft. Nun weist der Rechnungshof in seinem Bericht nach, dass ein um 400 Mill. S teureres Gerät angeschafft wurde. Wohl habe der Vorsitzende der AOEM ausgeschlossen, dass der Mitgliederstock der AOEM an Kompensationsgeschäften beteiligt war, aus dem Schreiben eines AOEM-Mitgliedes gehe aber das Gegenteil hervor. In Wahrheit bestimme die französische Waffenindustrie, welche zivilen Firmen in Österreich Geschäfte machen können. Im Filz der Kompensationsgeschäfte gedeihe Korruption wie in einem Treibhaus, sagt er.

Für diesen Ausdruck erhält Abgeordneter Wabl von Präsident Dr. BRAUNEDER einen Ordnungsruf.

Abgeordneter SIGL (SP) weist auf die volkswirtschaftliche Bedeutung der Kompensationsgeschäfte hin und belegt dies mit der eindrucksvoll grossen Zahl an Aufträgen für die heimische Wirtschaft. 2.000 Arbeitsplätze in Zukunftsbranchen konnten gesichert, hunderte hochwertige Arbeitsplätze neu geschaffen werden, oft in Regionen, die stark von konjunkturellen Schwankungen betroffen sind. Bedeutende Kooperationen mit führenden internationalen Firmen sind entstanden und die Wettbewerbsfähigkeit von Industriebetrieben ist erhöht worden. Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Rechtmässigkeit wurden bei diesen Geschäften beachtet, stellt Sigl ausdrücklich fest.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) erinnert daran, dass es die Sozialdemokraten waren, die Verdächtigungen ausgesprochen haben, wenn es um die Einleitung von Beschaffungsvorgängen für das Bundesheer gegangen ist. Den Freiheitlichen ging es darum, alles auf den Tisch zu legen, um die Vorwürfe zu entkräften. Der Verdacht, dass im Fall der Mistral-Beschaffung wirtschaftliche Überlegungen über die militärischen gestellt wurden, bestehe aber weiter, weil es nicht möglich war, Einblick in die Unterlagen zu nehmen. Kritik übt Scheibner auch an der Rolle der AOEM, deren Mitglieder über ihre eigenen Kompensationsgeschäfte entschieden haben.

Abgeordnete HAGENHOFER (SP) hält fest, dass sie weder in ärztlicher Behandlung war noch ein Hämatom habe. Abgeordneter Hofmann erfinde Lügengeschichten. (Fortsetzung)

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