Parlamentskorrespondenz Nr. 30 vom 17.01.1997

MIETRECHTSÄNDERUNG: BEFRISTUNG BIS ZU ZEHN JAHREN MÖGLICH

Verlängerungsmöglichkeit und Befristungsabschlag

Wien (PK) - Der Justizausschuss beschloss heute mit den Stimmen der Regierungsparteien eine Änderung des Mietrechtsgesetzes, die vor allem flexiblere Befristungsmöglichkeiten für Mietverträge bringt. Die derzeit geltenden starren Dreijahresverträge werden damit durch eine generelle Befristungsmöglichkeit mit einem Rahmen von drei bis zehn Jahren abgelöst. Zinsrechtliche Begleitmassnahmen sollen den Vermietern aber Anreize geben, innerhalb dieser Zeitspanne eine möglichst lange Vertragsdauer oder einen unbefristeten Mietvertrag abzuschliessen. Die bisherigen Bestimmungen mit ihrem Fristvertragstyp von drei Jahren kannten keine Verlängerung und hätten angesichts der Vorbehalte vieler Vermieter gegen unbefristete Mietverhältnisse für zahlreiche Mieter den Verlust ihrer Wohnungen ab März 1997 bedeutet.

Künftig sollen nun generelle Befristungsmöglichkeiten in einem zeitlichen Rahmen von mindestens drei und höchstens zehn Jahren bestehen. In der Praxis bedeutet dies, dass Hauptmietverträge über Wohnungen innerhalb dieser Grenzen auf bestimmte Zeit abgeschlossen werden können, auch ist innerhalb dieser Zeit eine Vertragsverlängerung auf bestimmte Zeit möglich. Wird aber durch Vertragsverlängerung die zulässige Höchstgrenze von zehn Jahren überschritten, dann hat dies die Unwirksamkeit der Befristungsverlängerung zur Folge, das Mietverhältnis wird in diesem Fall zu einem solchen auf unbestimmte Zeit. Unwirksam sind auch Befristungen von unter drei Jahren.

Verbleibt der Mieter mit Duldung des Vermieters nach Ablauf der Befristung in der Wohnung, so verlängert sich der Mietvertrag stillschweigend um ein Jahr, wobei diese Art der konkludenten Fristverlängerung nur einmal möglich ist und über die Höchstgrenze von zehn Jahren nicht hinausgehen darf. Der Vermieter kann eine solche stillschweigende Vertragsverlängerung nur dadurch verhindern, dass er innerhalb eines Zeitraumes von höchstens sechs und mindestens drei Monaten diese Verlängerung dem Mieter gegenüber schriftlich ablehnt. Verbleibt der Mieter auch nach Ablauf dieses Verlängerungsjahres ohne ausdrückliche Fristvereinbarung und mit Duldung des Vermieters in der Wohnung, dann entsteht ex lege ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit.

Für den Fall der Ablehnung der einjährigen Verlängerung durch den Vermieter räumt das Gesetz nun dem Mieter eine Verlängerungsoption ein. Er kann demnach durch Abgabe einer Erklärung bewirken, dass sich das Mietverhältnis um ein weiteres Jahr verlängert. Nach Ablauf dieses Jahres hat der Mieter dann aber keinen Anspruch auf Räumungsaufschub gegen eine vom Vermieter geführte Räumungsexekution. De facto hat diese Verlängerungsoption den Charakter eines pauschalierten Räumungsaufschubes um ein Jahr.

Die neuen Befristungsmöglichkeiten werden durch zinsrechtliche Bestimmungen über einen Befristungsabschlag flankiert. Dadurch soll dem Vermieter ein Anreiz gegeben werden, möglichst lange Befristungen oder unbefristete Verträge abzuschliessen. Je länger sich der Vermieter bindet, desto geringer soll demnach die Zinsreduktion sein. In der Grundstufe, d.h. bei einer Vertragsdauer von weniger als vier Jahren, ist der Befristungsabschlag am höchsten und beträgt 30 % des Richtwertzinses. In der zweiten Stufe - bei einer Vertragsdauer von vier bis sieben Jahren - liegt der Abschlag bei 20 %. In der dritten und niedrigsten Stufe bei Befristungen von sieben bis zehn Jahren beträgt der Abschlag 10 %. Bei Umwandlung eines befristeten Vertrages in ein unbefristetes Mietverhältnis kann der Vermieter die während der Dauer des vorangegangenen Fristvertrages angelaufenen Befristungsabschläge vom Mieter zurückverlangen.

Für Eigentumswohnungen in nach dem Krieg errichteten Gebäuden soll es keine gesetzlichen Beschränkungen für Fristverträge mehr geben. Alt-Eigentumswohnungen werden hingegen hinsichtlich der Befristungen den sonstigen Mietwohnungen gleichgestellt.

Weitere zentrale Bestimmung des Gesetzes ist die Schaffung einer zusätzlichen Ausgabenposition (im Ausmass von 40 % des Einnahmenüberschusses) in der Mietzinsreserve zur pauschalierten Berücksichtigung der auf den Mietzins entfallenden Einkommensteuer, die vom Vermieter an das Finanzamt gezahlt werden muss und daher der Mietzinsreserve nicht zur Verfügung steht. Schliesslich bringt die Novelle auch einheitliche Vorschriften für die Abrechnung der Betriebskosten in "Mischhäusern".

In der Debatte meldete die SPÖ schwere Bedenken gegen die Schaffung der Ausgabenpost von 40 % in der Mietzinsreserve an. Abgeordnete BURES sah darin eine direkte Umwälzung einer fiskalischen Massnahme auf die Mieter. Man werde dieser Bestimmung im Ausschuss zustimmen, bereite aber für die zweite Lesung im Plenum gemeinsam mit der ÖVP und in Absprache mit dem Finanzministerium einen Abänderungsantrag vor, hiess es dazu bei den Sozialdemokraten.

Grundsätzlich zeigten sich die Abgeordneten der Regierungsparteien zufrieden mit der Reform und sahen darin einen tauglichen Kompromiss, dessen Ziel es sei, befristete Mietverträge zugunsten von unbefristeten Verträgen hintanzuhalten.

Kritik am Gesetz kam von den Freiheitlichen: Abgeordneter Mag. FIRLINGER sprach von einem Reparaturgesetz, das keine echte Reform sei. In einem detaillierten Abänderungsantrag forderte er die Herausnahme von Wohnungen in generalsanierten Althäusern aus der Richtwertregelung sowie die Einführung eines einheitlichen 20prozentigen Zinsabschlages bei befristeten Mietverträgen. Bei Genossenschaftswohnungen wiederum sollten die Mieter nach vollständiger Ausfinanzierung einen Anspruch auf Übertragung ins Eigentum haben.

Ablehnung kam auch von den Grünen: Abgeordnete Dr. PETROVIC konnte in den Befristungsabschlägen keine Tendenz in Richtung unbefristete Mietverhältnisse erkennen. Sie schlug in einem Abänderungsantrag vor, Befristungen in Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen bestehen zu lassen, sonst aber nur für die Fälle des echten Eigenbedarfes zuzulassen. Kritik übte sie auch an der 40 %-Regelung, worin sie vom Abgeordneten Dr. KIER (L) unterstützt wurde.

Ein von der Abgeordneten Dr. FEKTER (VP) gemeinsam mit dem Abgeordneten Dr. FUHRMANN (SP) eingebrachter Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage sieht unter anderem eine Rückerstattungsmöglichkeit für Investitionen vor, die der Vormieter getätigt und der Mieter abgelöst hat. Auch stellt der Antrag klar, dass die Umwandlung eines befristeten Mietvertrages in einen unbefristeten ohne Befassung des Gerichtes möglich ist.

Bei der Abstimmung wurden die Abänderungsanträge der Freiheitlichen und der Grünen abgelehnt. Die Regierungsvorlage erhielt in der Fassung des SP-VP-Abänderungsantrages die Zustimmung der Regierungsparteien. (Schluss)