Caption Settings Dialog
Beginning of dialog window. Escape will cancel and close the window.
0:00 / 0:00
0:00
Textspuren
mit Yannick Shetty (NEOS)
Am 29. September wählt Österreich seinen Nationalrat. Bis dahin kämpfen die kandidierenden Parteien noch um jede Stimme. Wöchentlich bis hin zum Wahltermin begleitet Tatjana Lukáš ganz persönlich und nah in kurzen Reportagen Menschen aus verschiedenen Parteien. Sie alle wollen im Herbst in den Nationalrat einziehen.
In dieser Folge treffen wir Yannick Shetty von den NEOS auf Wahlkampf-Tour in Wien. Er gibt Host Tatjana Lukáš Einblicke in den Wahlkampf auf den sozialen Medien, insbesondere auf TikTok. Außerdem erfahren wir, wie er mit den Menschen, die nicht mit ihm reden wollen, ins Gespräch kommt.
Wenn Ihr Feedback, Fragen oder Themenvorschlägen zum Podcast habt, schreibt uns gerne an: podcast@parlament.gv.at
© Parlamentsdirektion/BEBE Medien
Folgen Sie unserem Podcast auf:
Yannick SHETTY: Ich habe das Gefühl, dass die Debattenkultur schlechter geworden ist, dass die Gesellschaft noch polarisierter geworden ist und dass wir uns von dem Schaden, der von den unterschiedlichen politischen Akteuren während Corona verursacht wurde, eigentlich nicht vollständig erholt haben. Und das merkt man schon, dass da noch sehr viel Wut in der Gesellschaft da ist. Das ist schon anders als 2019.
Tatjana LUKÁŠ: Hallo und herzlich willkommen zu einer weiteren Reportage aus dem Nationalratswahlkampf 2024. Wie in der letzten Folge angekündigt, sind wir dieses Mal in Wien unterwegs. Hier treffen wir den Nationalratsabgeordneten der NEOS, Yannick Shetty. Ich bin schon sehr gespannt, was wir heute erleben werden. Schön, dass Ihr wieder mit dabei seid!
Jingle: Rund ums Parlament. Der Podcast des österreichischen Parlaments.
LUKÁŠ: An diesem sommerlich heißen Nachmittag des 19. August 2024 sind wir mir mit Yannick Shetty verabredet. Er ist bereits seit 2019 Nationalratsabgeordneter. Damals war er mit 24 Jahren der jüngste. Heuer steht Shetty auf Platz vier der Bundesliste der NEOS und kann sich sehr berechtigte Hoffnung auf den erneuten Einzug ins Parlament machen. Am heutigen Montag treffen wir ihn im Klubbüro der NEOS. In der Hansenstraße, einen Steinwurf vom Parlamentsgebäude entfernt.
SHETTY: Hallo, Yannick.
LUKÁŠ: Tatjana, hallo.
SHETTY: Wir haben telefoniert, hallo. Wow, das ist ja ein Riesenteam. Okay, sollen wir uns kurz noch zusammensetzen? Ja was machen wir. Der Plan ist folgender: Wir machen jetzt dieses Video. Das ist einfach so ein ganz simples Video.
LUKÁŠ: Wir besprechen kurz den Plan für den heutigen Tag: Wir dürfen zuerst hier im Klubbüro beim Dreh eines TikTok-Videos dabei sein. Das ist etwas, das Shetty sehr häufig macht. Sein TikTok-Kanal ist der zweitgrößte eines österreichischen Politikers, und die Anzahl der geposteten Videos ist bemerkenswert. Danach soll es zum Straßenwahlkampf auf die Mariahilfer Straße gehen. An einen der belebtesten Orte der Stadt. Doch zuerst der TikTok-Dreh. Alles läuft sehr konzentriert und effizient ab. Man merkt, dass Shetty und seine Mitarbeiter routiniert sind.
Mitarbeiter: 4. September, 18 Uhr.
SHETTY: Ja.
Mitarbeiter: Weißt du auch wie es heißt?
SHETTY: Ja. Hotel Seiler glaube ich, oder?
LUKÁŠ: Trotz all der Routine braucht es ein paar Anläufe.
SHETTY: Tiroler aufgepasst, ich komme, 4.9., Mittwoch heißt das, oder?
LUKÁŠ: Aber schließlich passt alles.
SHETTY: Tirolerinnen und Tiroler aufgepasst, ich komme nächste Woche nach Innsbruck und habe eine Event-Einladung für euch. Und zwar kommenden Mittwoch am 4.9. um 18 Uhr.
LUKÁŠ: Genau so zügig, wie der Dreh vonstattengegangen ist, packen wir jetzt unsere Sachen und machen uns auf den Weg zum Wahlkampfstand. Wir schlagen den Weg Richtung Museumsquartier ein, und ich will wissen, welche seiner Videos am besten laufen.
SHETTY: Ich würde sagen, gute Parlamentsreden. Und sonst ist es wirklich sehr abhängig von der Themenkonjunktur, die gerade auf TikTok im Hoch ist. Also leider, aber das ist glaube ich Social Media innewohnend, Themen, die gerade junge Menschen einfach sehr stark polarisieren.
LUKÁŠ: Und warum ist gerade TikTok wichtig für Politiker?
SHETTY: Ich glaube, eine Kernaufgabe von Politikern, insbesondere von Nationalratsabgeordneten, ist, Gesprächskanal zu sein zwischen dem Ort, wo Politik passiert, also dem Parlament, und den Menschen, für die Politik gemacht wird, also die Wählerinnen und Wähler. Und da muss man jeden Kanal nutzen, da sind natürlich soziale Medien ein immer wichtigerer Kanal geworden. Gerade für junge Menschen in den letzten Jahren, ich würde sagen in den letzten drei, vier, fünf Jahren eben auch TikTok. Und deswegen fände ich es auch für einen jungen Politiker, wie ich einer bin, geradezu fahrlässig, so einen Kanal nicht zu nutzen. Ja, also ich bin Jugendsprecher und bin auch jüngster Abgeordneter im ganzen Haus. Also ich finde, da hat man auch eine besondere Verantwortung, dass man auch Sprachrohr oder wie ich immer sage, dass ich mich als Anwalt der Jungen da im Parlament sehe. Dann hat man eine besondere Verantwortung, die jungen Menschen zu erreichen. Und das ist bei jungen Menschen halt über die diversen Social-Media-Kanäle, insbesondere TikTok, am einfachsten möglich.
LUKÁŠ: Yannick Shetty ist also Jugendsprecher seiner Partei. Er versteht sich als Anwalt der jungen Österreicherinnen und Österreicher im Parlament und kommuniziert offenbar viel mit ihnen - in Schuldiskussionen, wie er uns später erzählt, aber auch über die Kommentarfunktion seiner Social-Media-Kanäle. Bevor wir den Wahlkampfstand auf der Mariahilfer Straße erreichen, möchte ich noch von ihm wissen, welches die größten Anliegen sind, die junge Menschen an ihn herantragen.
SHETTY: Also ich würde sagen, Nummer-eins-Problem der jungen Menschen mit der Politik ist, dass sie das Gefühl haben, das ist eine elitäre Bubble, die in dieser Bubble etwas macht, was null mit ihren Lebensrealitäten zu tun hat und die auch nicht verstehen, wie sie aufgewachsen sind, mit welchen Herausforderungen, gerade in den letzten Jahren, Kriege, Krisen, Pandemie, die konfrontiert waren, dass die null Verständnis dafür haben. Und das zieht sich bei unterschiedlichen Themen so durch. So ein ganz prominentes Beispiel ist, ich würde sagen jeder Jugendliche, junge Erwachsene, hat selber schon psychische Probleme gehabt oder kennt einen nahen Angehörigen, einen Freund, eine Freundin, die mit psychischen Problemen zu kämpfen hatte. Ich finde das wirklich ein schweres Vergehen an den jungen Menschen, dass man ihnen so viel zugemutet hat, die Schulen zugesperrt hat, so viele Corona-Maßnahmen zulasten der Jungen gemacht hat, weil es immer am einfachsten war. Und dann aber nicht einmal ansatzweise dafür gesorgt hat, dass man diese massiven Auswirkungen, die die Pandemie hatte – jeder weiß das glaube ich auch in seinem Freundes-, Bekanntenkreis, bei jungen Menschen, die in der Zeit einfach ein bisschen zurück sind in der Entwicklung, weil ihnen einfach Jahre fehlen – aber dann nicht getan hat, was notwendig ist, um diese Auswirkungen abzufedern.
LUKÁŠ: Wir treffen an der Kreuzung Mariahilfer Straße, Neubaugasse ein. Es ist circa 15 Uhr. Hier, in der Fußgängerzone, ist um diese Zeit am Nachmittag viel Betrieb. Zumal bei Sonnenschein und Temperaturen um die 30 Grad. Wir gehen auf einen weißen Transporter zu. Zwei Menschen in pinkfarbenen T-Shirts laden Kisten und andere sperrige Gegenstände aus. Yannick Shetty geht auf sie zu und packt mit an. Und es dauert nicht allzu lang, da wird er schon von einer Passantin angesprochen.
SHETTY: Bitte?
Passantin 1: Alles Gute für uns alle.
SHETTY: Ach so, ja, danke schön. Sie können einen Beitrag leisten, dazu.
Passantin 1: Aber wenn Wahlen wirklich etwas verändern könnten, hätten sie die Mächtigen schon längst verboten.
SHETTY: Hätten sie die Mächtigen schon längst verboten. Das ist eine sehr zynische Einstellung. Das glaube ich nicht. Nein, aber im Ernst, können Sie sich vorstellen, NEOS zu wählen? Haben wir eine Chance bei Ihnen? Geben Sie uns eine Chance. Wenn wir es nicht besser machen als die anderen, können Sie uns eh wieder abwählen.
LUKÁŠ: Shetty ist sofort in seinem Element, so scheint es. Konzentriert und aufgeräumt, aber trotzdem locker. Bevor er ganz von der Situation aufgesogen wird, stelle ich ihm noch ein paar Fragen zum Wahlkampf.
Gibt es eine Frage, die am besten funktioniert, so eine Frage, die der Geheimtrick, das Schweizer Taschenmesser des Straßenwahlkampfs ist?
SHETTY: Es gibt schon so ein paar Fragen, wenn man besonders provokant unterwegs sein will, dann frage ich zum Beispiel, warum wählen Sie diesmal nicht NEOS? Aber meistens ergibt sich das Gespräch dann so. Also wir sind ja auch nicht von Global 2000 oder von Greenpeace oder von irgendeiner anderen Charity-Organisation, die um Geld keilen will, sondern wir wollen ja mit potenziellen Wählern, die uns gegenüber auch positiv grundsätzlich sind, in ein Gespräch kommen.
LUKÁŠ: Während ich mit Yannick Shetty spreche, beginnt das restliche Team - fünf weitere Parteimitglieder - die Passanten anzusprechen und dabei Zettel, Stifte, Zuckerl oder Tragetaschen zu verteilen. Shetty erzählt mir, dass tatsächlich öfter einmal Menschen auf ihn zukommen und ihn ansprechen. Es sind vorwiegend junge Menschen, die ihn aus seinen Videos kennen.
Und macht Ihnen das Spaß, Wahlkämpfen?
SHETTY: Ja, schon. Also ich freue mich jetzt echt richtig auf den Wahlkampf, ob man es glaubt oder nicht. Aber es ist ja ein kurzer Wahlkampf dieses Jahr, auch wenn es sich nicht so anfühlt für die Bürgerinnen und Bürger. Auf was ich mich besonders freue, sind Schuldiskussionen. Ich werde ab der zweiten Septemberwoche jeden Vormittag in einer Schule sein und auf einer Podiumsdiskussion diskutieren. Und das ist einfach auf so einem geballten Zeitraum, dass man mit so vielen jungen Menschen ins Gespräch kommt, während der Diskussion und danach im direkten Austausch. Und das Feedback-Teil ist auch meistens sehr gut für uns NEOS. Das gibt sehr viel Kraft, im Gegensatz zum Parlament, was leider sehr oft sehr viel Kraft raubt.
LUKÁŠ: Shetty stört das Freund-Feind-Denken, das aus seiner Sicht zu häufig die Politik im Nationalrat beherrscht. "Toxisch" nennt er das. Eine Stimmung, die er generell in der Gesellschaft stärker wahrnimmt als noch in seinem letzten Wahlkampf 2019.
SHETTY: Ich habe das Gefühl, dass die Debattenkultur schlechter geworden ist, dass die Gesellschaft noch polarisierter geworden ist, und dass wir uns von dem Schaden, der von den unterschiedlichen politischen Akteuren während Corona verursacht wurde, eigentlich nicht vollständig erholt haben. Corona, obwohl es weg ist in den Köpfen der Menschen, hat glaube ich sehr viel Schaden in der Gesellschaft angerichtet. Die diversesten Dinge. Das merkt man schon, dass da noch sehr viel Wut in der Gesellschaft da ist. Das ist schon anders als 2019. Da war die Welt im Vergleich zu heute noch heil.
LUKÁŠ: Jetzt heißt es aber für Yannick Shetty erst einmal hinein in den Straßenwahlkampf. Er nimmt sich ein paar Flyer und Wahlgeschenke und mischt sich unter die Passanten.
Passantin 2: Falsches Bundesland!
SHETTY: Aber wieso? Wir wählen in ganz Österreich. […] Achso, also eigentlich nicht eure Aktion. Achso, stimmt. […] Hallo, darf ich euch was mitgeben?
Passant 1: Nächstes Mal.
SHETTY: Hallo, darf ich dir was mitgeben?
LUKÁŠ: Es dauert nicht lang, bis er in ein Gespräch verwickelt ist. Ein junger Mann Anfang 20 sagt, das Thema Migration sei ihm in diesem Wahlkampf wichtig. Shetty bringt ihm seine Position und die seiner Partei nahe: eine Politik der Mitte, die die Probleme nicht verleugnet, aber Lösungen bieten will. Durchaus mit klaren Forderungen und härteren Regeln. Aber Shetty versucht sein Gegenüber auch davon zu überzeugen, dass er seine Stimme nicht strategisch einer anderen großen Partei geben soll, sondern lieber seine Partei, die NEOS, wählen sollte. Er wirbt für eine Koalition, an der sie beteiligt sein könnte.
SHETTY: Ja cool. Hat mich gefreut. Und wenn du NEOS wählst, dann gibst du mir eine Vorzugsstimme.
Passant 2: unverständlich
SHETTY: Ja, genau. Ciao!
LUKÁŠ: Kaum hat Shetty das eine Gespräch beendet, spricht ihn ein 16-Jähriger an - einer, der im Übrigen alle von Shettys TikToks kennt. Wieder geht es darum, was es bringt, strategisch zu wählen, um unliebsame Koalitionen zu verhindern. Shetty wiederholt seine Argumentation aus dem letzten Gespräch und wirbt für seine Partei und eine mögliche Koalition. Shettys dritter Gesprächspartner an diesem Nachmittag ist ein etwa vierzigjähriger Unternehmer. Er kommt auf das Thema Integration zu sprechen. Shetty nimmt sich sehr viel Zeit für sein Gegenüber, das viel über eigene Erfahrungen mit migrantischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in seiner Firma spricht. Es geht um kulturelle Unterschiede, politisch-religiöse Ideologien, Widersprüche in der offenen Gesellschaft und um Lösungsansätze.
SHETTY: Entschuldige, aber was ich sagen wollte, war, genau so – können wir eigentlich per Du sein, oder?
Passant 3: Ja, bitte, bitte.
SHETTY: Yannick, hallo. Aber so wie du es beschrieben hast, gerade so funktioniert die Integration. Mit Leuten, die du in deinem Unternehmen hast, in deinem Betrieb oder ich weiß nicht, was du genau machst. Wenn man sich kümmert um einen, Effort reinsteckt. In dem Fall hast du dich darum gekümmert oder bemüht, nehme ich mal an. Aber strukturiert geht es nur, wenn man einen Prozess aufsetzt in der staatlichen Verwaltung. Das, was ich davor beschrieben habe, das gibt es in den Niederlanden zum Beispiel, die haben wirklich so ein Integrationsjahr und einen Buddy in der Verwaltung für jeden, der integriert werden soll. Und dann kümmert er sich auch darum, gibt es irgendeine NGO, irgendeinen Verein, freiwillige Feuerwehr, Fußballklub, wo man den hinbringen kann. So funktioniert Integration. Am Reumannplatz die Zeit totschlagen, das ist desintegrativ.
LUKÁŠ: Shettys Gesprächspartner ist interessiert und in den meisten Dingen einer Meinung mit ihm. Aber es gibt an diesem Tag auch Menschen, die nicht mit ihm und den NEOS d'accord gehen.
Passant 4: Für Arbeiter habt ihr nichts über, nein, für die Arbeiter habt ihr nichts über und für die Kleinen.
SHETTY: Das ist auch Wahlkampf, es läuft nicht immer so zivilisiert.
Passant 4: Die Mindestsicherung ist zu attraktiv, wie kann man das sagen, der Herr Schellhorn zum Beispiel. Wie kann man sowas sagen?
SHETTY: Wenn Sie diskutieren wollen, müssen Sie es anderen auch reden lassen, weil sonst funktioniert es nicht.
Passant 4: Nein, das ist wirklich… Zu blöd, die NEOS.
SHETTY: Schönen Tag noch.
Passant 4: Für die Arbeiter und für die Ding habt ihr überhaupt nichts übrig.
SHETTY: Doch, schon, aber dann müssen sie uns auch reden lassen, weil sonst ist es schwierig.
LUKÁŠ: Doch mit diesem Herrn kommt keine geordnete Diskussion mehr zustande. Yannick Shetty führt noch ein paar kleinere Gespräche. Dann verabschiedet er sich von den Kolleginnen und Kollegen. Er will mit uns noch in den Arenbergpark fahren. Dort ist er häufig, erzählt er. Einer seiner Lieblingsorte in Wien - und außerdem im Bezirk Landstraße gelegen. Er wohnt hier und ist hier auch Bezirkssprecher der NEOS. Wir nehmen die U3, können unweit des Wahlkampfstands einsteigen. Wir steigen am Kardinal-Nagl-Platz aus der U-Bahn und gehen zu Fuß über die Landstraßer Hauptstraße hinüber zum Arenbergpark. Die beiden riesigen alten Flaktürme, die darinstehen, haben ihren Schrecken aus alten Tagen verloren. Teils sind sie bemalt, einige gut besuchte Fußball- und Basketballfelder und ein Hundespielplatz grenzen daran. Das Parkgrün drumherum ist angenehm belebt. Wir setzen uns auf eine Bank und beginnen zu plaudern.
Und wir sind jetzt hier im Arenbergpark. Warum genau hier?
SHETTY: Aus mehreren Gründen. Ich wohne im dritten Bezirk jetzt schon seit einigen Jahren und bin auch Bezirkssprecher. Das ist sozusagen meine politische Heimat, wenn man so will, auch mein Wahlkreis, für den ich als Spitzenkandidat jetzt ins Rennen gehe bei der Nationalratswahl. Und ich finde es einfach einen wahnsinnig schönen Ort, weil er sehr viel von funktionierendem Grünraum in der Stadt mitbringt. Und obwohl er, wie man hier sieht, der Flakturm, der hier steht, also sehr viele Elemente hat, die nicht auf den ersten Blick ästhetisch sind, einfach zu einem sehr wohnlichen Park für sehr unterschiedliche Menschen gemacht wurde. Mit einer großen Hundezone, mit Platz für Kinder und trotzdem so, dass man auch, wie wir jetzt hier, sich zurückziehen kann, ein Gespräch führen kann, einen kleinen Kiosk im Park. Also ein sehr netter Ort hier im Dritten.
LUKÁŠ: In dieser entspannten Atmosphäre will ich von Yannick Shetty wissen, wie er zur Politik gekommen ist. Wie sich herausstellt, hat seine Mutter offenbar schon einmal einem Magazin ein Interview zu diesem Thema gegeben.
SHETTY: Die Mama hat erzählt, dass ich schon mit sieben Jahren Wahlplakate nachgezeichnet habe. Also ich war scheinbar immer schon so ein bisschen Politik-Nerd. Es ist glaube ich nicht normal als Siebenjähriger Wahlplakate zu zeichnen. Ich habe mich immer sehr interessiert, schon als Kind. Und dann war ich in der Schülervertretung und habe Schulpolitik gemacht und hätte schon Interesse gehabt und wollte auch mich damals parteipolitisch engagieren, aber FPÖ kam für mich nie in Frage und SPÖ und ÖVP irgendwie auch nicht, weil die so altväterisch waren. Und die Grünen – mich hat immer schon irgendwie bei den Grünen dieses Bevormundende gestört. Und als ich 18 war, im Jahr 2012, 2013, da wurde NEOS gegründet. Das war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, da ist eine politische Partei, von der fühle ich mich angesprochen. Und dann habe ich mich bei Matthias Strolz gemeldet, habe ihm eine E-Mail geschrieben und gesagt, ich will mitmachen bei NEOS und so bin ich bei NEOS gelandet.
LUKÁŠ: Shettys politische Karriere ging seitdem steil bergauf. Seit seiner Angelobung als Abgeordneter zum Nationalrat im Jahr 2019 ist er nun Berufspolitiker. Etwas, das er nicht angestrebt hat. Eigentlich wollte er Anwalt werden.
SHETTY: Ich habe nie als Berufswunsch Politiker gehabt und schon gar nicht Abgeordneter. Aber auch aus dem Gedanken heraus, das ist so unschaffbar, das ist so weit in der Ferne, das ist eigentlich nicht möglich. Und es war auch sehr lang so, sicher auch in der Zeit wo ich Kind, Jugendlicher war, dass jemand wie ich, der so ausschaut wie ich und der diesen Hintergrund hat wie ich, jetzt nicht nur Migrationshintergrund, sondern auch meine Mutter war lange Alleinerzieherin und war zwar Ärztin, was sich auf den ersten Blick nach einem gutverdienenden Job anhört, aber sie hat nur Teilzeit arbeiten können, weil sie immer allein war, hat pendeln müssen jeden Tag in Innsbruck – es war einfach nicht immer einfach. Da war es jetzt nicht prädestiniert, dass man Politiker wird. Und ich glaube auch, und es ist schön zu sehen, dass unser Parlament viel vielfältiger ist als 1995, in dem Jahr, in dem ich geboren wurde. Da hat sich schon auch sehr viel getan. Es ist schön zu sehen, dass auch Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Geschichten jetzt Teil des österreichischen Nationalrats sind.
LUKÁŠ: Nach diesen Worten sitzen wir ein paar Momente da und hören den Geräuschen des Parks zu. Yannick Shetty sieht auf die Uhr. Er wollte eigentlich noch hier, in seinem Bezirk, etwas von Haustür zu Haustür gehen, um Wahlkampf zu machen. Aber dafür ist es nun zu spät. Wir haben uns verplaudert.
SHETTY: Okay, dann lasse euch hier noch abbauen und uns saus schon rüber.
LUKÁŠ: Ja, danke!
SHETTY: Hat mich sehr gefreut. Also, ciao.
LUKÁŠ: Ebenso! Alles Gute.
SHETTY: Ciao!
LUKÁŠ: So geht der Wahlkampftag in Wien zu Ende. Aber schon in der kommenden Woche geht es weiter mit unseren Sonderfolgen zur Nationalratswahl 2024. Dann begleiten wir die Politikerin der Grünen, Sigrid Maurer, Abgeordnete zum Nationalrat und Klubobfrau ihrer Partei. Dazu bleiben wir hier in Wien, und ich bin schon sehr gespannt. Ich hoffe, ihr seid dann auch wieder mit dabei! Bis dahin gilt, wie immer: Falls ihr Fragen, Kritik oder Anregungen zum Podcast habt, dann schreibt uns gerne eine E-Mail an podcast@parlament.gv.at. Und schaut auch mal auf der Website und den Social-Media-Kanälen des österreichischen Parlaments vorbei. Dort findet ihr uns jetzt übrigens auch auf TikTok unter @oeparl.at. Also: Ich freue mich schon auf die nächste Folge mit euch. In diesem Sinne, vielen Dank fürs Zuhören. Mein Name ist Tatjana Lukáš – wir hören uns!
Jingle: Rund ums Parlament. Der Podcast des österreichischen Parlaments.