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Textspuren
mit Juliane Bogner-Strauß (ÖVP)
Am 29. September wählt Österreich seinen Nationalrat. Bis dahin kämpfen die kandidierenden Parteien noch um jede Stimme. Wöchentlich bis hin zum Wahltermin begleitet Tatjana Lukáš ganz persönlich und nah in kurzen Reportagen Menschen aus verschiedenen Parteien. Sie alle wollen im Herbst in den Nationalrat einziehen.
In dieser Episode treffen wir Juliane Bogner-Strauß in der Steiermark. Sie besucht einen "mobilen Stammtisch" der steirischen ÖVP, zeigt Host Tatjana Lukáš den Ort ihrer Kindheit, der sie stark geprägt hat und gibt auf der Fahrt durchs Land Einblicke in ihre politischen Gedanken, Motivationen und den Wahlkampfalltag.
Wenn Ihr Feedback, Fragen oder Themenvorschlägen zum Podcast habt, schreibt uns gerne an: podcast@parlament.gv.at
© Parlamentsdirektion/BEBE Medien
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Juliane BOGNER-STRAUSS: Aber ich sehe einen Wahlkampf sowieso anders. Ich möchte die Themen bei den Menschen abholen. Weil der Wahlkampf ist der Anfang, dann kommt die Wahl und dann macht man ein Regierungsprogramm. Und dort ist es wichtig, dass so viele Themen wie möglich aus dem Wahlkampf mit hineingenommen werden, die man draußen bei den Menschen abholt.
Tatjana LUKÁŠ: Hallo und herzlich willkommen zu unserer zweiten Reportage aus dem Nationalratswahlkampf 2024. Diesmal sind wir in die Steiermark gereist, wo wir Juliane Bogner-Strauß treffen, ÖVP-Politikerin und ehemalige Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend. Ich freu mich sehr, dass Ihr mit dabei seid!
Jingle: Rund ums Parlament. Der Podcast des österreichischen Parlaments.
LUKÁŠ: Es ist Freitag, der 23. August 2024. Schon um 9 Uhr in der Früh ist es sommerlich warm, und ich bin mit Juliane Bogner-Strauß verabredet. In Bad Schwanberg in der Südsteiermark. Juliane Bogner-Strauß tritt auf Platz acht der ÖVP-Bundesliste sowie auf Platz vier der Landesliste an, und wir sollen sie hier zu einem sogenannten mobilen Stammtisch treffen - einer Art Wahlkampfstand, an dem sich jedermann bei Getränken und Gebäck gemütlich über Themen austauschen kann, die ihm oder ihr am Herzen liegen. Doch als wir uns auf dem Hauptplatz von Bad Schwanberg treffen, stellen wir fest, dass der mobile Stammtisch kurzerhand in das 25 km entfernte Sankt Josef verlegt wurde. Also setzen wir uns gemeinsam ins Auto und fahren hin. Eine gute Gelegenheit eigentlich, schon einmal ins Gespräch zu kommen.
LUKÁŠ: Sollen wir anfangen, ein bisschen über den Wahlkampf zu plaudern?
BOGNER-STRAUSS: Jederzeit.
LUKÁŠ: Sehr gut. Dann würde mich als erste Frage interessieren, wie für Sie ein typischer Wahlkampf aussieht und was gehört da dazu?
BOGNER-STRAUSS: Also ein Tag im Wahlkampf fängt einmal in der Früh mit zwei Espressi an, das ist das Allerwichtigste. Damit ich aus den Federn komme, weil ich bin leider kein Morgenmensch, sondern ein Abendmensch, was mir in der Politik aber eh sehr zugute kommt, weil ja sehr viele Veranstaltungen bis in die Abendstunden dauern. Und dann geht's los. Dann schaut man, dass man möglichst viele Termine an einem Tag schafft und fährt von einem Ort zum anderen. Und das Wichtigste ist, dass man einfach mit den Menschen ins Reden kommt, damit man wirklich weiß, was die Menschen draußen bewegt.
LUKÁŠ: Mit den Menschen ins Reden kommen. Ich will wissen, ob das einfach ist für sie.
BOGNER-STRAUSS: Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und der Bauernhof ist dann langsam aber sicher zu einem Weingut geworden. Unser ehemaliger Landeshauptmann Schützenhöfer hat mich immer als Wirtshauskind bezeichnet. Das heißt, ich habe von Kleinkindbeinen an gelernt, mit Leuten ins Gespräch zu kommen. Da tue ich mir eigentlich sehr leicht, auf Leute zuzugehen. Und nein, die Wahlkampfgeschenke sind bei mir, glaube ich, eigentlich das Letzte, was ich auspacken würde, sondern man geht auf die Menschen zu, man schüttelt die Hand.
LUKÁŠ: Das hört sich alles sehr offen an, und ich will von Juliane Bogner-Strauß wissen, ob es immer so freundlich zugeht im österreichischen Wahlkampf.
BOGNER-STRAUSS: Auch wenn man sich in Österreich inzwischen in der Politik persönlich relativ viel gefallen lassen muss und sich auch persönlichen Angriffen aussetzen muss, was natürlich über die sozialen Medien noch einmal potenziert wurde in den letzten Jahren, ist es noch immer so, dass ich der Meinung bin, dass bei uns die Wahlkämpfe schon wesentlich sauberer ablaufen als zum Beispiel in Amerika derzeit.
LUKÁŠ: Trotzdem: Auch hierzulande, sagt Bogner-Strauß, machen sich die Auswirkungen der digitalen Kommunikation im Wahlkampf bei Politikerinnen und Politikern ganz persönlich bemerkbar.
BOGNER-STRAUSS: Die Angriffe auf den sozialen Medien sind oft wirklich jenseitig. Unter der Gürtellinie. Ich habe in den letzten Jahren als Landesrätin auch durchaus Morddrohungen gehabt. Das Schlimmste ist, wenn man Anleitungen zum Suizid kriegt. Also dieser Mut in der Anonymität bringt schon viele Menschen dazu, Dinge zu schreiben, die sie niemals sagen würden. Und deswegen sage ich, es ist ganz was anderes, wenn du die Menschen auf der Straße triffst, wenn sie direkt mit dir sprechen.
LUKÁŠ: Da fragt man sich: Warum ist Juliane Bogner-Strauß überhaupt in die Politik gegangen? Man muss wissen, das ist noch gar nicht lange her, und zu diesem Zeitpunkt war sie Universitätsprofessorin und stellvertretende Institutsleiterin am Institut für Biochemie an der Universität Graz.
BOGNER-STRAUSS: Damals Mitte August, das ist genau gute sieben Jahre her, dass ich erstmals gefragt worden bin, ob ich in die Politik gehen möchte, ob ich kandidieren möchte für die Nationalratswahl. Und damals habe ich sehr schnell Ja gesagt, weil es war mir eine totale Ehre, dass ich gefragt worden bin.
LUKÁŠ: Aber für ihren Einstieg in die Politik hat Bogner-Strauß noch konkretere Gründe. Die nennt sie uns erst später, auf ihrem Familienweingut. Jetzt aber, auf dem Weg nach Sankt Josef, geht es erst einmal darum, warum sie für die ÖVP kandidiert.
BOGNER-STRAUSS: Fragen hätte mich natürlich jede Partei können, aber ich hätte nur bei der ÖVP Ja gesagt, weil ich bin sehr politisch aufgewachsen. Mein Papa war ja schon Gemeinderat und Vizebürgermeister für die ÖVP in einem Ort, der bis heute stark ÖVP-geprägt ist. Politik war bei uns eigentlich Tagesgespräch am Mittagstisch. Manchmal etwas zu laut für meine Mama. Und da kriegt man die Werte mit und die Ideologien. Und da habe ich mich in der ÖVP immer sehr wohl gefühlt, weil wir ja doch eine breite Mitte abbilden. Weil es dann halt auch noch Platz gibt, wenn man, so wie ich, doch zur liberalen Fraktion der ÖVP gehört.
LUKÁŠ: Wo sie so von ihrer Familie erzählt, frage ich mich, wie sie selbst Familie und Wahlkampf unter einen Hut bekommt. Schließlich hat sie selbst Kinder. Aber lange Arbeitstage kennt sie nicht erst seitdem sie in der Politik ist, oder?
BOGNER-STRAUSS: Also mit der Politik ist ja bei mir nicht der Zehn-Stunden-Tag gekommen, der Zehn-Stunden-Tag war ja schon früher da. Der hat auch manchmal länger als zehn Stunden gedauert. Ich bin Professorin geworden auf der Technischen Universität, was schon auch ein großer Auftrag war, also auch eine männerdominierte Welt, wo man sich dann als Frau nach oben manchmal ein bisschen durchkämpfen musste. Und nichtsdestotrotz wollte ich Familie und Kinder und wir haben drei davon, aber das war auch die Ausmachung mit meinem Mann, dass wir gesagt haben, jeder muss daheim angreifen.
LUKÁŠ: Das sei schon seit ihrer Kindheit so gewesen, erzählt sie.
BOGNER-STRAUSS: Es hat nie diese traditionelle Aufteilung gegeben. Ich bin schon mit ganz anderen Rollenbildern aufgewachsen. Ich habe sogar eine Oma, die nicht einmal kochen konnte. Weil meine Oma war eine, die damals halt im Betrieb immer draußen gearbeitet hat und die einfach keine Lust gehabt hat auf kochen, sage ich jetzt einmal. Und mein Opa war ein Mann, der das akzeptiert und verstanden hat.
LUKÁŠ: Die Themen Gleichbehandlung, Familie, Kinderbetreuung, Chancengleichheit, das scheinen Schwerpunkte in Juliane Bogner-Strauß' eigenem Leben und in ihrer politischen Welt zu sein.
BOGNER-STRAUSS: Als ich Kinder gekriegt habe, wäre es absolut unpassend gewesen, mich ein bis zwei Jahre aus meinem Arbeitsleben herauszunehmen. Meinen eigenen Traum, meinen eigenen Wunsch, Professorin zu werden auf der TU, hätte ich dann ein bisschen zurückgestellt. Ein bisschen zurückstellen geht immer, aber Sie wissen ja, wenn der Fuß nicht mehr an der Tür drinnen ist, dann wird man manchmal vergessen. Sicher ist das eine Herausforderung, dass man das plant. Deswegen habe ich ja gesagt, das Thema Wahlfreiheit – ich möchte, dass jede Familie sich das so ausmacht, wie sie es wünscht und dafür ist es aber notwendig, dass die Kinderbetreuung, die Kinderkrippen und die Kindergärten entsprechend ausgebaut sind. Was hilft es mir, wenn ich sage, ich möchte wieder arbeiten gehen und ich habe keine Kinderkrippe.
LUKÁŠ: Wir kommen in St. Josef an, ein Dorf mit circa 1700 Einwohnern. Hier kennt fast jeder jeden. Seit 50 Jahren gibt es hier eine kleine Theaterbühne, darauf ist man sehr stolz. Von unserem Parkplatz aus gehen wir nur zwei Minuten zum Gemeindeamt, einem orangefarbenen, zweistöckigen Gebäude. Davor ist der mobile Stammtisch der ÖVP aufgebaut: Ein türkis lackierter Citroen-Transporter im Retrostil mit aufklappbarer Seite. Ein Imbisswagen oder Food-Truck, aus dem Getränke und Gebäck verteilt werden. Etwa ein Dutzend Menschen haben sich locker um die vier Stehtische versammelt und plaudern entspannt. Als Juliane Bogner-Strauß eintrifft, wird sie freudig begrüßt und sofort in Gespräche verwickelt.
LUKÁŠ: Bogner-Strauß redet mit den Menschen über das Vereinsleben und die Gründe, warum es keinen Bäcker mehr im Dorf gibt. Aber Bauernläden seien noch ein paar da, in denen man Brot und andere Lebensmittel bekommen kann. Alles in allem sind die Leute hier zufrieden, sagen sie. Man redet über gemeinsame Bekannte und die wunderbaren Wandermöglichkeiten in der Gegend. Der Bürgermeister von St. Josef, Alois Gangl von der ÖVP, ist schon seit 6 Uhr auf den Beinen, um den mobilen Stammtisch aufzubauen. Ich will von ihm wissen, ob er den Wahlkampf der Bundespartei hier in der Gemeinde unterstützt.
Alois GANGL: Am Josefitag haben wir unseren ÖVP-Fraktionsstand, also dort sind wir sehr aktiv auch immer. Also, ich muss sagen, dort sind wir sowieso ganz St. Josef, weil da haben die anderen Fraktionen auch ihre Stände.
LUKÁŠ: Also ist das gar nicht spezifisch auf dem Wahlkampf abgestimmt, sondern ihr macht das, was ihr immer tut?
GANGL: Genau. Wir sind immer das ganze Jahr für unsere Bürger da, das ist viel wichtiger.
LUKÁŠ: Juliane Bogner-Strauß bleibt eine gute Stunde in St. Josef, geht von Tisch zu Tisch. Ein Gruppenfoto mit ihr wird gemacht. Dann verabschiedet sie sich und macht sich wieder mit uns auf den Weg. Sie will uns das Weingut ihrer Familie in Gamlitz zeigen. Ein Ort, der sie, auch was ihre politischen Ansichten angeht, sehr geprägt hat. Auf der Fahrt will ich von Juliane Bogner-Strauß wissen, wie der Wahlkampftermin in St. Josef für sie war.
BOGNER-STRAUSS: Extrem angenehm. Ich sage immer, das Schönste ist, wenn du mit den Leuten zusammenkommst. Weil die Leute dann einfach so sind, wie sie sind. Das, was drückt, erzählen sie dir. Und das, was gut ist, erzählen sie dir aber auch. Und das ist eben so wichtig, dass man sich nicht immer nur auf die negativen Dinge einschwingt. Wir haben jetzt darüber geredet, was ich vorher schon kurz erwähnt habe, dass wir eigentlich in einem Land leben, wo andere Urlaub machen.
LUKÁŠ: Apropos Urlaub: Wieviel Einfluss hat man eigentlich auf den eigenen Terminkalender? In Wahlkampfzeiten und generell als Politikerin?
BOGNER-STRAUSS: Also ich sage mal so, als Ministerin und als Landesrätin war ich sicher, was meine Termine anging, sehr fremdbestimmt. Der Wahlkampf – es gibt von der Landespartei bei uns einen Wahlkampfkalender, wo alle Termine drinnen sind in der Steiermark, also Veranstaltungen, Termine. Da kann man dann sich herauspicken und herausholen, was man gerne machen möchte, an so einem Wahlkampftag. Ich habe schon gewisse Regionen, die ich bevorzugt abdecke, und aus dem wird halt einfach dann so ein Wahlkampftag zusammengestellt.
LUKÁŠ: Aber Wahlkampf, das bedeutet ja nicht nur, durch die Gegend zu fahren. Es kommt auch darauf an, mit den Leuten über ganz bestimmte Themen zu sprechen, die einem wichtig sind. Wie Juliane Bogner-Strauß diese Themen auswählt, möchte ich gerne von ihr wissen.
BOGNER-STRAUSS: Zwei, drei Themen sind immer gut, zwei, drei Überschriften. In einem Wahlkampf ist wichtig, dass das, was transportiert wird, auch draußen ankommt. Und wir wissen immer, wenn es zu viele Themen sind, dass dann eigentlich keines mehr picken bleibt. Aber ich sehe einen Wahlkampf sowieso anders. Ich möchte die Themen bei den Menschen abholen. Weil der Wahlkampf ist der Anfang, dann kommt die Wahl und dann macht man ein Regierungsprogramm. Und dort ist es wichtig, dass so viele Themen wie möglich aus dem Wahlkampf mit hineingenommen werden, die man draußen bei den Menschen abholt.
LUKÁŠ: Wir sind mittlerweile in Gamlitz angekommen, dem Heimatort von Juliane Bogner-Strauß. Wir haben vor Kurzem die Mur überquert und fahren jetzt einmal durch den Ort. Am Ortsausgang biegen wir nach links ab und fahren bergauf, bis wir am linken Hang einen Hof sehen.
BOGNER-STRAUSS: Da jetzt links bitte.
LUKÁŠ: Schopperweg.
BOGNER-STRAUSS: Das ist unser Vulgoname, Schopper. Das war einmal ein Gasthaus und das hat Schopper geheißen. Also das linke Haus, das ist aus Mitte des – Links bitte oder in den Hof hinein, wie Sie wollen. Da drinnen ist es vielleicht, aber es stehen schon alle im Schatten.
LUKÁŠ: Das Weingut der Familie Strauß, ein Hof aus dem 19. Jahrhundert, liegt inmitten von Weingärten, der Blick geht weit ins Tal. Wir setzen uns auf eine Terrasse in den Schatten. Bogner-Strauß lebt in Graz. Wie oft sie eigentlich hier ist, frage ich sie.
BOGNER-STRAUSS: Ich würde sagen, im Durchschnitt übers Jahr gesehen, alle drei Wochen. Weil das ist mein Energieplatz. Also es gibt kaum einen Platz, wo ich so viel Energie tanken kann wie da. Weil da ist absolute Ruhe und da denke ich immer nur an gute Erinnerungen, also wie schön es war als Kind da aufzuwachsen, wie toll es war in der Familie aufzuwachsen. Hat mir immer total viel Kraft gegeben und das tut es jetzt noch.
LUKÁŠ: Klar, dass sie dadurch stark geprägt wurde, auch was ihre politischen Themen angeht.
BOGNER-STRAUSS: Das Thema Familie liegt mir so am Herzen, weil erstens komme ich aus einer Großfamilie. Also ich habe selber zwei Geschwister, meine Mama hat überhaupt sechs Geschwister, ich habe 20 Cousinen und Cousins, bin am Bauernhof aufgewachsen. Familie ist für mich einfach das Zentrum von einer jeden Gesellschaft.
LUKÁŠ: Deswegen ist sie auch stolz darauf, als ehemalige Bundesministerin in der Familienpolitik einen kleinen Fußabdruck hinterlassen zu haben, sagt sie.
BOGNER-STRAUSS: Ich habe, als ich Ministerin für Familien war, den Familienbonus eingeführt in Österreich. Das waren damals 1.500 Euro pro Kind und Jahr und jetzt sind wir inzwischen bei 2.000 Euro pro Kind und Jahr, und auf das bin ich wirklich stolz, muss ich ehrlich sagen.
LUKÁŠ: Aber da sind noch zwei andere Themen, die ihr sehr wichtig sind.
BOGNER-STRAUSS: Frauen ist bei mir erst, gebe ich ehrlich zu, später ein Thema geworden. Also das war jetzt am Land, in meiner Jugend, nicht so sehr das Thema, was aber daran liegt, dass ich extrem junge Eltern habe. Ich habe zwei Brüder und meine Eltern haben uns eigentlich alle drei komplett gleich behandelt. Und deswegen war für mich das Thema "Kämpfen um Frauenrechte" als Jugendliche gar nicht so ein Thema, weil ich nicht das Gefühl hatte, das muss ich. Aber es ist für mich ein großes Thema geworden, wie ich dann auf die Uni gekommen bin, vor allem auf die Technische Universität, also eine sehr männerdominierte Umgebung. Wo ich mir gedacht habe, wir müssen so viel tun, wir haben eigentlich ja die gleichen Rechte in Österreich, Frauen und Männer, aber am Papier schaut es noch ein bisschen anders aus, am Gehaltszettel schaut es anders aus, am Pensionskonto schaut es anders aus und auch bei den Karrierepfaden schaut es anders aus. Und das Thema Gesundheit, noch einmal, in Verbindung mit Sport. Wir haben ja ein super Gesundheitssystem eigentlich in Österreich. Aber eines ist mir da noch ganz wichtig und zwar die Prävention, die Prävention durch Sport. Wir investieren in Österreich sehr wenig in Gesundheitsprävention. 2% gehen vom Budget in die Prävention und 98% gehen in die kurative Medizin.
LUKÁŠ: Kurze Gesprächspause. Ein LKW biegt in den Hof ein und manövriert rückwärts zum anvisierten Halteplatz. Als er stehen bleibt, komme ich noch einmal auf die Frage zurück, warum Bogner-Strauß überhaupt aus ihrer Professur an der Uni Graz in die Politik gewechselt ist.
BOGNER-STRAUSS: Aus zweierlei Gründen. Erstens einmal, weil Politik eine Chance ist, etwas zu gestalten. Weil, was ich nicht so gerne mag, ist, dass die Leute immer jammern und dann auf der anderen Seite sagen, nein, ich mag nicht in die Politik gehen, weil das ist so anstrengend, es gibt keine Wertschätzung und keine Dankbarkeit. Und es gibt eben viel zu wenig Frauen in der Politik. Da habe ich mir gedacht, das passt, wir brauchen viel mehr Frauen. Vor allem auf der kommunalen Ebene braucht man viel mehr Frauen, um die Frauenthemen auch besser abzudecken. Weil Frauen sehen andere Dinge, sie haben andere Anliegen. Nachdem wir 50 Prozent der Bevölkerung sind, sollten wir entsprechend vertreten sein in der Politik.
LUKÁŠ: Es ist mittlerweile später Nachmittag geworden. Bevor wir uns auf den Heimweg machen, lädt uns Juliane Bogner-Strauß noch auf einen kleinen Spaziergang durch den Weinberg ein.
BOGNER-STRAUSS: Das ist eine der größten Weinanbauflächen in der Südsteiermark. Also ich habe da draußen noch Kriecherl und Zwetschgen zusammen geklaubt als Kleinkind und später dann halt da auch im Weingarten mitgeholfen. Ich wollte auch nie weg. Während des Studiums war ich ein paar Monate in Amerika und ein paar Monate in den Niederlanden. Aber mich hat es dort nie gehalten. Ich wollte immer wieder zurück in die Heimat.
LUKÁŠ: Ob diese Heimatverbundenheit einen Einfluss auf ihre Politik hat, will ich wissen, als wir zurück zu unserem Auto gehen.
BOGNER-STRAUSS: Ich sage ja immer, man kann die Stadt Wien auch nicht vergleichen mit so einem Flächenbundesland wie die Steiermark. Bei uns gibt es ganz andere Herausforderungen. Und wir brauchen ganz eine andere Infrastruktur. Bei uns am Land bist du teilweise ohne Auto wirklich verloren. Also gerade da, der nächste Bus ist vier Kilometer von meinem Elternhaus entfernt. Und das darf man nicht vergessen, wenn man Politik für die Menschen draußen macht, dass die Menschen unterschiedliche Bedürfnisse haben. Und das hat viel damit zu tun, wo sie leben, nicht nur welche Werte und Ideologien sie vertreten.
LUKÁŠ: Es ist abends geworden. Unser Tag mit Juliane Bogner-Strauß nähert sich dem Ende. Es war ein Tag mit vielen Eindrücken und neuen Erkenntnissen. Nun steht die Rückfahrt nach Wien, in eine etwas andere Welt an, wie wir gerade noch gehört haben. Und davon, wie der Wahlkampf dort vor sich geht, werden wir euch in der kommenden Folge berichten. Dann begleite ich nämlich den Nationalratsabgeordneten der NEOS, Yannick Shetty, durch einen Wahlkampftag in Wien. Ich hoffe, ihr seid dann wieder mit auf Tour!
Falls ihr Fragen, Kritik oder Anregungen zum Podcast habt, dann schreibt uns, wie immer, gerne eine E-Mail an podcast@parlament.gv.at. Und schaut gerne auch mal auf der Website und den Social-Media-Kanälen des österreichischen Parlaments vorbei. Also: Ich freue mich schon auf die nächste Folge mit euch. In diesem Sinne sage ich vielen Dank fürs Zuhören. Mein Name ist Tatjana Lukáš – wir hören uns!
Jingle: Rund ums Parlament. Der Podcast des österreichischen Parlaments.