Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 86. Sitzung / Seite 108

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Das heißt, dass die Diagnose genauer und schneller gestellt wird, was natürlich auch für den Arbeitsmarkt sehr wichtig ist, denn eine verschleppte Diagnose verursacht ers­tens mehr Krankheitskosten und zweitens längere Krankenstände. Und dass das inter­national ein Riesengeschäft ist, ist auch klar: Das Medizintechnik-Geschäft wird auf 400 Milliarden Dollar geschätzt. Die Firmen Philips und Siemens sagen ganz offen, dieses Geschäftsfeld ist kaum verlagerbar nach China oder Indien und ist unser Haupt­träger in der Wertschöpfung. Und Österreich kann da durchaus mitspielen. Wir haben eine Medizintechnik-Uni in Innsbruck gegründet, und wir haben eine sehr hohe Qualität bei den Technikern, Ärzten und so weiter und auch große Spitäler, wo es sich lohnt zu forschen.

Ich halte es, ganz ehrlich gesagt, für einen Blödsinn, wenn Gesundheitsökonomen sa­gen, wie es bei der Tagung in St. Wolfgang geschehen ist, das brauchen wir nicht, das ist Überschussinformation.

Oder nehmen wir ein anderes Beispiel her. Wir haben heute die Gebärdendolmetscher dagehabt. (Abg. Haidlmayr: Gebärdensprachdolmetscher!) Wenn ein Kleinkind einem Hörscreening unterzogen wird – was wir in Österreich machen, Gott sei Dank, das ist international nicht üblich – und sich dabei Defizite herausstellen und Sie dann dem Kind im ersten Lebensjahr ein Cochlea-Implantat einsetzen, kann es fast normal hören und normal die Sprache lernen. Das Kind ist dann nicht taubstumm.

Durch unsere Reform wird die Finanzierung der Spitäler sichergestellt, sodass es eben nicht zu einer Situation wie in Salzburg kommt, wo die zuständige Landesrätin gesagt hat: Mehr als 25 können pro Jahr nicht operiert werden, weil wir das Geld nicht ha­ben. – Na erzählen Sie das dem 26., dem 27., dass sein Kind taubstumm bleiben muss, nur weil die Finanzierung nicht gesichert ist!

Das sind die Probleme, um die es uns in der Gesundheitsreform gegangen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die beste Gesundheitsministerin der Welt kann die Kosten nicht wegreden, wenn zum Beispiel 42 000 Herzangiographien pro Jahr gemacht werden, plus 20 Prozent im Jahr, und das nicht deshalb, weil die Ärzte so gern angiographieren, sondern weil einfach die Notwendigkeit dazu besteht. Davon werden etwa 15 000 dilatiert, aufgedehnt, ohne Herzoperation. Etwa 20 Prozent davon bekommen einen so genannten modernen Drug-eluting Stent. Diese Stents kosten doppelt so viel: 1 500 € pro Stent statt 800 €. Wenn ich Patient wäre und einen solchen Stent bekomme, habe ich eine um 50 Pro­zent niedrigere Rate, dass das Gefäß wieder zugeht.

Das sind Erfolge, und das ist ethisch vertretbar und notwendig. Der Arzt, der das nicht macht, ist klagbar. Wir schreiben das in unsere Patienten-Chartas hinein. Deshalb soll­ten wir auch so ehrlich sein und dem Patienten sagen, dass dieser Fortschritt, wenn wir ihn allen zugute kommen lassen wollen, leistbar sein muss, aber irgendwie finanziert werden muss.

Oder nehmen Sie mein Lieblingsbeispiel: die Knieprothese: Vor zehn Jahren wurde fast überhaupt nichts operiert auf dem Gebiet, heute werden etwa 10 000 Kniepro­thesen im Jahr eingesetzt. Das heißt 10 000 Schicksale weniger im Jahr. Sie könnten den Patienten auch vollfüllen mit Schmerzmedikamenten, was aber oft nicht ganz unbedenklich ist.

18 000 Hüften werden pro Jahr operiert, 50 000 Operationen des Grauen Stars werden durchgeführt. Die Leute sehen wieder, können am Leben teilnehmen. 50 000 – das ist mehr, als St. Pölten Einwohner hat. Eigentlich ein Grund, stolz zu sein, und nicht ein Grund, ständig zu sagen, es ist alles so teuer, es gibt nur Belastungen, Belastungen,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite