3038/J XXV. GP
Eingelangt am 12.11.2014
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ANFRAGE
des Abgeordneten Dr. Andreas F. Karlsböck und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft
betreffend Diskriminierung von Studierenden wegen Nichtverwendung der umstrittenen „geschlechtergerechten“ Sprache in Prüfungsarbeiten
In ihrer Ausgabe vom 31. Oktober 2014 berichtet die Kleine Zeitung unter der Überschrift „Schlechtere Note ohne Binnen-I“ über eine ungeheuerliche Form von Diskriminierung von Studierenden an einer Wiener Fachhochschule aufgrund der Nichtverwendung der umstrittenen „geschlechtergerechten“ Sprache in Prüfungsarbeiten. Uns zugespielten Informationen empörter Betroffener zufolge dürfte es sich dabei im akademischen Umfeld um keinen Einzelfall handeln.
Wolfgang Simonitsch, der Autor des erwähnten Zeitungsbeitrages schreibt darin:
„Bei diesem Thema kennt das Wiener Berufsförderungsinstitut (BFI) gar keinen Spaß: Ihre Studenten müssen Bachelor- oder Masterarbeiten in einer geschlechterneutralen Form abfassen. Das hat das Kollegium der Fachhochschule so beschlossen. Andernfalls drohe bei Prüfungsarbeiten der Abzug von bis zu zehn der 100 Punkte, sagt Rektor Andreas Breinbauer. Ein Kollege seines Hauses ist dabei offenbar noch unerbittlicher. ‚Ich würde auch die beste Arbeit, die nicht geschlechterneutral formuliert ist, mit einem Fünfer benoten’, soll er auf Anfrage einer Studentin gesagt haben, die sich speziell benachteiligt fühlt, weil Deutsch nicht ihre Muttersprache ist. ‚Gendern’, also die Verwendung des Binnen-I wie bei ‚MitarbeiterInnen’, mit Schrägstrich als ‚Mitarbeiter/-innen’ oder gar ‚Mitarbeiter(innen)’ macht es Leuten, die Deutsch erst erlernen mussten, besonders schwer, Texte geschlechtersensibel zu formulieren.
Rektor Breinbauer, von der Kleinen Zeitung damit konfrontiert, zeigt sich verwundert über seinen Kollegen und kritisiert: ‚Das hat er schlecht rübergebracht’ bzw. das ‚darf der Professor nicht machen’, erklärt Breinbauer. Er betont, jede nur aus formalen und nicht inhaltlichen Gründen deutlich schlechtere Bewertung von Arbeiten rigoros abzulehnen. ‚Das wäre ein Systemfehler’, meint der Rektor. Solche und andere zuletzt hitzig debattierte Ungereimtheiten plus große Bedenken vieler auch teils sehr prominenter Linguisten, Hochschul-, Gymnasial- und Pflichtschullehrer oder Schriftsteller haben indes Konsequenzen: Weil sie kürzlich einen offenen Brief über das Streitthema ‚Sprachliche Gleichbehandlung’ an Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek verfassten, reagiert nun das Normungsinstitut Austrian Standards. Es verzichtet darauf, geschlechterneutralen Umgang mit Sprache überhaupt zu normieren. Dazu fehle die Voraussetzung – ein breiter Konsens.
Nach jüngsten Umfragen lehnen 85 bis 90 Prozent der Bevölkerung die aktuelle Praxis der Textgestaltung im öffentlichen Raum ab, schreiben deren Gegner im offenen Brief an die Minister. Sie argumentieren, getrenntgeschlechtliche Texte zerstörten die gewachsene Struktur der Sprache bis zur Unlesbarkeit.
Entfacht ist der jüngste Wirbel um Binnen-I und Co. ausgerechnet vom Normungsinstitut worden. Dessen ‚Komitee für Büroorganisation und schriftliche Kommunikation’ hatte angeregt, auf Binnen-I und andere Gender-Formen völlig zu verzichten. Die Komitee-Chefin hatte sogar vor der ‚Durchsetzung zweifelhafter politischer Ziele’ gewarnt. Deshalb wurde ihre Gruppe Anfang September wegen ‚schwerwiegender Verstöße gegen Grundregeln der Normungsarbeit’ vom Institut kurzerhand aufgelöst.“
Abgesehen von der Aufklärungsbedürftigkeit letztgenannter Vorgangsweise zeigt der Beitrag der Kleinen Zeitung exemplarisch, welch groteske Formen der Sprachfeminismus bereits angenommen hat und wie dreist eine Minderheit von 10 bis 15 Prozent ideologisch motivierter Personen sich über bewährte Konventionen und althergebrachte Schreibweisen hinwegsetzt, die von 85 bis 90 Prozent der Bevölkerung vehement verteidigt werden.
Unter dem Deckmantel der sprachlichen Gleichstellung von Mann und Frau wird von feministischer Seite suggeriert, in den traditionellen männlichen Personenbezeichnungen seien Frauen nur „mitgemeint“ bzw. „gar nicht abgebildet“. Abgesehen davon, dass das sogenannte „generische Maskulinum“ seit jeher strikt geschlechtsneutral zu verstehen ist und sich nur wegen seiner Kürze und leichteren Lesbarkeit durchgesetzt hat, lenkt die ständige Betonung der Geschlechterdifferenz nur vom wesentlichen Inhalt ab. Doch den ideologisch motivierten Befürwortern von Binnen-I & Co geht es anscheinend nicht um die Sache selbst, sondern um „das Setzen von Zeichen“ – auch um den Preis der Unlesbarkeit von Texten und der von Vielen als „Verhunzung“ empfundenen ästhetischen Entstellung der Sprache.
Das haben mittlerweile auch viele Prominente durchschaut und kämpfen dagegen an – auch im Kontext mit anderen gesellschaftspolitischen Problemen, von denen offensichtlich „politisch korrekt“ abgelenkt werden soll:
„Es ist ... jungen Männern und Frauen nicht geholfen, wenn wir aus Angst vor Rassismus-Vorwürfen einfach wegsehen. Es wird die Probleme nicht lösen, wenn sich Feministinnen weiter mit dem Binnen-I und Gender-Ideologie beschäftigen, statt sich mit der Bedrohung der fundamentalen Rechte und Stellung der Frau, etwa durch die Islamisten, auseinanderzusetzen.“
(Gudula Walterskirchen: „Attacke auf die Stellung der Frau – kein Thema für Feministinnen“ unter „Quergeschrieben“ in: Die Presse vom 18.08.2014, S. 23)
In die gleiche Kerbe schlägt auch ein offener Brief von 800 Sprachkritikern gegen die „Zerstörung der Sprache durch Binnen-I und von oben verordnete Verunstaltungen“, von dem ebenfalls in der Presse ausführlich berichtet wurde.
(Vgl.: „Zeit für eine Rückkehr zur sprachlichen Normalität“ in: Die Presse vom 15.07.2014, S. 22f)
Aus gutem Grund haben daher das Binnen-I und andere umstrittene „geschlechtergerechte“ Schreibweisen bislang weder in den bekannten Regelwerken der deutschen Sprache (z.B. im Duden) Eingang gefunden, noch sind sie je rechtsverbindlich (z.B. durch Ö-Normen) geworden. Sie sind ausschließlich ideologisch motiviert. Forschung und Lehre sind aber kein gesellschaftspolitisches Experimentierfeld.
Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft folgende
Anfrage
1. Sind Ihrem Hause Fälle bekannt, wo Studierenden an öffentlichen Universitäten oder Fachhochschulen angedroht wurde, bei Nichtverwendung der umstrittenen „geschlechtergerechten“ Sprache in Prüfungsarbeiten schlechter oder gar negativ benotet zu werden?
Wenn ja, wann, von wem und mit welchen konkreten Konsequenzen wurde gedroht?
2. Werden Sie gegen die Diskriminierung der konventionellen Schreibweise („generisches Maskulinum“) im universitären Umfeld, soweit Ihnen bekannt, vorgehen?
Wenn ja, durch welche konkreten Maßnahmen?
Wenn nein, wollen Sie der Argumentation einer ideologisch motivierten Minderheit folgen und die überwältigende Ablehnung innerhalb der Bevölkerung ignorieren und die Kritik von namhaften Wissenschaftern, Künstlern und Prominenten übergehen?
3. Ist die oben beschriebene Diskriminierung rechtlich gedeckt?
Wenn ja, durch welche Rechtsgrundlage?
Wenn nein, an welche Stelle(n) können sich die zu Unrecht Diskriminierten wenden?
4. Werden Sie dafür Sorge tragen, dass die von einer etwaigen Diskriminierung betroffenen Studierenden, die einen Schaden in Form schlechterer Beurteilung erlitten haben, rehabilitiert werden?
Wenn ja, wann und in welcher Form?
Wenn nein, warum nicht?
5. Werden Sie sich der Petition von 800 Sprachkritikern gegen die „Zerstörung der Sprache durch Binnen-I und von oben verordnete Verunstaltungen“ anschließen und für eine Rückkehr zur geforderten „sprachlichen Normalität“ an den öffentlichen Universitäten und Fachhochschulen einsetzen?
Wenn ja, wann und durch welche konkrete Maßnahmen?
Wenn nein, warum nicht?