14423/J XXIV. GP

Eingelangt am 17.04.2013
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Roman Haider

und anderer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Finanzen

betreffend „Schatten-ESM“ für „Nicht –Euro“-EU-Staaten

 

 

Medienberichten aus Deutschland zufolge will die EU taumelnden Nicht-Euro-Staaten innerhalb der EU unter strengeren Auflagen helfen. Hierfür soll der bereits seit Jahren bestehende Beistandspakt modifiziert werden und nach Muster des Euro-Rettungsschirms weiterentwickelt werden. Durch die Überarbeitung der "Verordnung des Rates zur Schaffung einer Faszilität des finanziellen Beistandes für Mitgliedstaaten deren Währung nicht der Euro ist" im Sinne des ESM, könnte es zu einer weiteren Belastung der Mitgliedstaaten kommen. Über diesen "Schatten ESM" könnten faktisch unbemerkt von der Öffentlichkeit rumänische, bulgarische oder auch ab Juli kroatische Banken mit Geld versorgt werden, sobald eine Banken­rekapitalisierung über den ESM möglich ist. Hier können Haftungen in Milliardenhöhe für den österreichischen Steuerzahler schlagend werden.

 

Die Europäische Schuldenhaftungsunion nimmt immer gewaltigere Züge an. Weitgehend unbeachtet  von Medien, Politik und Öffentlichkeit, laufen die Arbeiten zur Schaffung einer „Fazilität des finanziellen Beistands für Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist“ auf Hochtouren. Hinter diesem sperrigen Namen verbirgt sich nichts anderes als ein Schatten-ESM für EU-Mitglieder, die noch mit ihrer nationalen Währung zahlen. Das heißt im Klartext: Nach Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und bald auch Zypern und Slowenien, sollen nun Staaten wie Rumänien und Bulgarien „gerettet“ werden können.

 

Der finanzielle Beistand soll in Form eines Darlehens oder einer (vorsorglichen) Kreditlinie gewährt werden. Das macht es den Staaten noch einfacher, an Geld zu gelangen. Dafür soll die Kommission ermächtigt werden, „im Namen der Europäischen Union auf den Kapitalmärkten oder bei Finanzinstituten Anleihen aufzunehmen“. „Die Darlehen oder Kreditlinien, die einem Mitgliedstaat aufgrund dieser Verordnung gewährt werden können, sind auf 50 Milliarden EURO begrenzt“, heißt es in Art. 2, Abs. 3. Da stockt mir der Atem. Denn hier versteckt sich ein gewaltiges Haftungsrisiko.


Zwar ist die Gesamthaftungssumme nach Auskunft der Bundesregierung bislang auf 50 Milliarden Euro für alle Nicht-Euro-Staaten zusammen gedeckelt, aber die Summe lässt sich ohne größere Probleme und Parlamentsbeteiligung erhöhen. In der offiziellen deutschen Fassung heißt es nämlich ausdrücklich: „Die Darlehen oder Kreditlinien, die einem Mitgliedstaat aufgrund dieser Verordnung gewährt werden können, sind auf 50 Milliarden Euro begrenzt.“

Bereits 2002 wurde mit einer EU-Verordnung Nr. 332/2002 eine „balance of payments facility“ (BoP) gegründet. Auf dieser Verordnung baut nun der Schatten-ESM auf. Ursprünglich waren zwölf Milliarden Euro vorgesehen, im Dezember 2008 wurde der Betrag auf 25 Milliarden Euro erhöht.

 

Bereits im Mai 2009 verständigte man sich auf eine Verdopplung des Betrages auf 50 Milliarden Euro. Auch diese stetige Erhöhung von 12 Milliarden auf 25 Milliarden auf schließlich 50 Milliarden deutet an, dass hier noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist. (Klaus-Peter Willsch am 20.2.2013 im Handelsblatt)

 

Besonders problematisch ist die Tatsache, dass dieser Rettungsschirm fernab von nationalen Gremien beschlossen wird. Wenn das Volumen erweitert wird, so geschieht das mittels Verordnung. Die Erhöhung der Mittel ist somit eine reine Entscheidung des Rates.

 

Darüberhinaus weichen lt. dem deutschen  Bundestagsabgeordneten Klaus-Peter Willsch die unterschiedlichen Sprachfassungen dieses Vertrags über die Schaffung einer „Fazilität des finanziellen Beistands für Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist“ in einem wesentlichen Punkt voneinander ab: während in der englischen und französischen Sprachfassung von insgesamt 50 Mrd. die Rede ist, geht es in der deutschen Fassung  jedoch um 50 Mrd. pro Land!

 

Es ist also nicht geklärt, ob die 50 Milliarden pro Land oder gesamt gelten. Dieser „kleine“ Übersetzungsfehler in der deutschen Fassung könnte den Europäern 500 Milliarden (bei derzeit 10 Nicht-Euro-Staaten) an Haftungen bescheren.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Finanzen nachfolgende

 

Anfrage

 

1.    Mit der EU Verordnung 332/2002 wurde eine "balance of payments facility" gegründet, deren Mittel schon diverse Male erhöht wurden; wann und wie wurde die Öffentlichkeit über diese Erhöhungen informiert?

2.    Welche Länder und in welcher Höhe haben seit 2002 um Mittel auf Grund dieser Verordnung angesucht und welche Mittel wurde daraufhin ausgezahlt?

3.    Entspricht es der Tatsache, dass die Erhöhung der Mittel eine reine Entscheidung des Rates ist und die nationalen Gremien-wie etwa Parlamente -  hierbei nicht einbezogen werden?


4.    Welche Überlegungen gibt es, diese Verordnung und die daraus resultierenden Mittel zu modifizieren?

5.    Stimmt es, dass dieser Beistandspakt für Nicht–Euro-Staaten nach Muster des ESM umgebaut werden soll?

6.    Inwieweit sind die jeweiligen Länder in diese Überlegungen miteingebunden?

7.    Wird es in Zukunft gewährleistet sein, dass die nationalen Parlamente über die Erhöhung der Beiträge mitbestimmen können?

8.    Wie hoch sind die Haftungsobergrenze für jedes Nicht-Euro-Land?

9.    Wie hoch ist die Haftung, die Österreich bei diesem neuen "Rettungsschirm" übernehmen soll?

10. Wie können Sie garantieren, dass wir in Zukunft nicht für rumänische, bulgarische oder kroatische Banken haften müssen?

11. Wie und wann gedenken Sie, die Öffentlichkeit über diese Entwicklungen zu informieren?

12. Wie kommentieren Sie die Tatsache, dass in der englischen und französischen Sprachfassung von insgesamt 50 Mrd. die Rede ist; in der deutschen jedoch von 50 Mrd. pro Land (bei derzeit 10 Nicht-Euro-Ländern wären dies 500 Mrd.!)?