9194/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.07.2011
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

 

betreffend AMS: Jagd auf kranke Arbeitslose?

 

 

MitarbeiterInnen des AMS wurden in den letzten Wochen mündlich davon in Kenntnis gesetzt, dass sie AMS-KundInnen, die einer AMS-Maßnahme zugebucht wurden und vor Antritt oder während der Maßnahme erkranken, von den AMS-MitarbeiterInnen über die Mailadresse gegen-missbrauch@wgkk.at der Wiener Gebietskrankenkasse genannt werden müssen. Die mündliche Weitergabe dieses Auftrags, so die Vermutung seitens der MitarbeiterInnen, sei erfolgt, da es sich um ein gesetzeswidriges Vorgehen handle.

Eine Vereinbarung des AMS mit der Gebietskrankenkasse folgend erhalten die derart gemeldeten Personen ein Schreiben, in dem ihnen mitgeteilt wird, dass sie sich in Zukunft im Falle von Krankenständen am ersten Krankheitstag bei der GKK zum Zweck der ärztlichen Untersuchung einzufinden haben. Außerdem erhalten auch die ÄrztInnen der krank gemeldeten Personen ein Schreiben.

Die Mailadresse gegen-missbrauch@wgkk.at wurde eingerichtet, um Privatpersonen die Möglichkeit zu bieten, Sozialbetrug und Missbrauch zu melden. Die Zeitschrift „Zahninfo“ der GKK Wien vom Juni 2011 bewirbt diese Mailadresse im folgenden Worten:

„Leistungsmissbrauch ist kein Kavaliersdelikt und schädigt uns (Sie als unsere Vertragspartnerin bzw. unseren Vertragspartner, die ehrlichen Versicherten, und die Wiener Gebietskrankenkasse) alle.

Wir sind dabei aber auch gerade auf Ihre Mithilfe angewiesen. Wenn Sie daher in Ihrem Bereich mit Leistungsmissbrauch konfrontiert sind, zögern Sie nicht, sondern wenden Sie sich bitte an uns.


Sie können uns entweder unter der Mailadresse gegen-missbrauch@wgkk.at oder telefonisch unter der Wiener Rufnummer 60 122-3131 erreichen. Mit Ihrer Hilfe sind wir sicher, dass es uns gelingt auch weiterhin dem Missbrauch entschieden entgegen zu treten.“

Die öffentliche Aufforderung zur Denunziation ist an sich schon erschreckend genug. Öffentlich-rechtliche Einrichtungen fordern Menschen auf, ihre persönlichen Streitigkeiten und Missstimmungen über Behörden auszutragen.

In diesem Fall geht es aber auch darum, dass AMS-MitarbeiterInnen, die eine Funktion in einer öffentlichen Einrichtung wahrnehmen, von ihrem Arbeitgeber quasi als Privatperson aufgefordert werden, Menschen, die sie nur auf Grund ihrer Tätigkeit beim AMS kennen, zu denunzieren.

Tatsache ist, dass weder das AlVG noch das AMSG einen rechtlichen Rahmen für diese unerträgliche Vorgehensweise bietet. An sich schlimm genug…

Noch schlimmer sind jedoch die Folgen, die in Kauf genommen werden. Die grundsätzliche Annahme, dass alle krankgemeldeten AMS-LeistungsbezieherInnen potentielle SozialbetrügerInnen sind, führt dazu, dass Menschen im Fall von

schweren Erkrankungen nicht nur zum eigenen Arzt, sondern auch noch zum Vertrauensarzt der GKK und damit möglicherweise durch die halbe Stadt fahren müssen. Es ist offenkundig, dass es schwere Erkrankungsfälle geben wird, in denen dies nicht möglich ist. Dennoch wird mit der Pauschalverdächtigung durch das AMS ein Verfahren ausgelöst, das in der Mehrzahl der Fälle zum Nachteil aller tatsächlich kranken Menschen in dieser Situation enden wird. Die Menschen werden an diesen Tagen weder Arbeitslosengeld noch Krankengeld erhalten, und seien sie noch so krank gewesen.

 

Es ist offenkundig, dass die Nutzung der Adresse durch MitarbeiterInnen des AMS zu erheblichen Nachteilen und Kosten für Betroffene führen wird, die gegebenfalls auch zivilrechtliche Ansprüche gegenüber den NutzerInnen der Adresse führen wird.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1. Ist der beschriebene Sachverhalt richtig?

2. Wie lautet die Vereinbarung zwischen AMS und den Gebietskrankenkassen oder Teilorganisationen des AMS und den Gebietskrankenkassen (bzw. einzelnen Gebietskrankenkassen), die zur beschriebenen Vorgehensweise geführt hat


3. Auf Basis welcher Rechtsgrundlage werden Gesundheitsdaten, von denen das AMS Kenntnis erlangt, an die GKKs weitergeleitet?

4. Auf Basis welcher Rechtsgrundlage können KundInnen des AMS dazu verpflichtet werden, am ersten Krankheitstag bei der jeweiligen GKK

persönlich vorzusprechen?

5. Wie lautet der Text bzw. der Inhalt der Schreiben, die erkrankten Personen auf Grund der Meldung des AMS bei der jeweiligen GKK zugestellt werden?

6. Wie lautet der Text bzw. der Inhalt der Schreiben, die HausärztInnen erkrankter Personen auf Grund der Meldung des AMS bei der jeweiligen GKK zugestellt werden?

7. Was werden Sie tun, um dieses gesetzwidrige und menschenverachtende Vorgehen von AMS und den jeweiligen GKKs abzustellen?

8. Wie wird sich das AMS im Fall von Schadensersatzforderungen von Betroffenen gegenüber AMS-MitarbeiterInnen, die ja ohne rechtliche Grundlage und ohne schriftliche Anweisung der Vorgesetzten quasi als Privatperson agieren (und genaugenommen auch Computer und Arbeitszeit zur Verrichtung quasi privater Angelegenheiten missbrauchen) verhalten?