Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / Seite 147

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Zu Artikel I

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Anerkennung der Leistungen im österreichischen Widerstand sowie zur abschließenden Beseitigung nationalsozialis­tischer Unrechtsakte erlassen wird

1. § 2 lautet wie folgt:

„§ 2. Der Nationalrat bezeugt mit diesem Bundesgesetz den Opfern derartiger Unrechtsurteile, den Personen im österreichischen Widerstand, den Wehrmachts­deserteuren, den aus Österreich Vertriebenen sowie deren Familien Achtung und Mitgefühl.“

Begründung:

Noch immer stoßen Wehrmachtsdeserteure auf Unverständnis bis hin zu persönlichen Angriffen angesichts ihrer Handlungen, die sie meist aus einer Vielzahl von Gründen gesetzt haben. In diesem Zusammenhang ist jedoch hervorzuheben, dass Wehr­machtsdeserteure im Sinne der Moskauer Deklaration gehandelt und damit implizit auch den in der Moskauer Deklaration geforderten Beitrag zur Befreiung vom National­sozialismus geleistet haben. So wurde das Verlassen der Wehrmacht seit Ende 1943 von den Alliierten als ein solcher Beitrag gewertet. Es bleibt daher einmal mehr festzustellen, das Entscheidende war die richtige Tat, das Verlassen der Wehrmacht.

Auch die Angehörigen von Wehrmachtsdeserteuren litten und leiden zum Teil bis heute unter der fortgesetzten Stigmatisierung. Solchen Verhältnissen sollte jedoch bereits seit Beginn der Zweiten Republik und insbesondere spätestens im Gedenkjahr 2005 unmissverständlich entgegengetreten werden.

Daher halten die Grünen und die SPÖ es für selbstverständlich und unumgänglich, dass ein Gesetz, das in erster Linie erlassen werden sollte, um eine späte Rehabi­litierung der Wehrmachtsdeserteure im Gedenkjahr 2005 zu erreichen, logischerweise zumindest einmal das Wort „Wehrmachtsdeserteur“ enthält. Umso bedauerlicher ist, dass die Regierungsparteien vereint dagegen gewehrt haben.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass auch im Anerkennungsgesetz 2005 keine klare Trennung zwischen Opfern des Nationalsozialismus und Opfern des Krieges erfolgt, wie dies im Sinne einer aktiven, verantwortungsvollen Vergangen­heitspolitik dringendst erforderlich wäre. Eine solche Grenzziehung auf sprachlicher und in weiterer Folge legistischer Ebene bildet jedoch eine Voraussetzung für ein Um­denken in der Gesellschaft, das nach wie vor vielerorts nicht erfolgt ist.

Die Grünen hätten dem gesamten Anerkennungsgesetz 2005 im Justizausschuss aufgrund ihrer jahrelangen intensiven Bemühungen um eine umfassende Rehabili­tie­rung der Opfer der NS-Militärjustiz ebenso gerne zugestimmt wie die SPÖ. Art I § 2 in der nunmehr beschlossenen Fassung ist jedoch leider keine Formulierung, welche zweifellos klarstellen würde, wer Opfer des Nationalsozialismus ist und wer nicht.

Weiters lehnt die Opposition die Vorgehensweise, dass augenscheinlich als Voraus­setzungen für das Anerkennungsgesetz die gleichzeitige Erlassung eines Bundes­gesetzes, mit dem eine einmalige Zuwendung für Frauen als Anerkennung für ihre besonderen Leistungen beim Wiederaufbau der Republik Österreich geschaffen wird, sowie des Bundesgesetzes, mit dem das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz und das Heeresversorgungsgesetz geändert wurden, in den jeweiligen Ausschüssen beschlossen wurde, strikt ab. Die Zusammenwürfelung


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