1338/J XXII. GP
Eingelangt am 27.01.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Wittmann
und GenossInnen
an den Bundeskanzler
betreffend heikle Vergaben öffentlicher Aufträge
Am vorigen Wochenende wurde bekannt, dass die Tochter
von Bundeskanzler Wolfgang
Schüssel,
Nina Schüssel, im Frühjahr 2003 im Rahmen einer Ausschreibung den Zuschlag
für einen gut dotierten Trainer - Vertrag des Bundeskanzleramtes erhielt, so die APA vom
25. Jänner 2004 bezugnehmend auf das Wirtschaftsmagazin „trend" in seiner
Ausgabe vom
27.
Jänner 2004.
Das Beraterteam um Alfred Faustenhammer, dem Nina Schüssel
angehört, gestaltete seit
2001 bereits zwei Lehrgänge für Nachwuchsführungskräfte an der Verwaltungsakademie
des
Bundes. Als die Akademie Ende 2002 dem Bundeskanzleramt eingegliedert wurde,
mussten
die Kurse jedoch öffentlich ausgeschrieben werden. Bei dieser Ausschreibung
sind
nach
Aussage des zuständigen Beamten, Sektionschef Emmerich Bachmayer, vier von
sechs Bewerbungen in die nähere Auswahl gekommen, wobei von Alfred
Faustenhammer
gegenüber
„trend" bestätigt wurde, dass sein Team nicht erstgereiht war. „Aber dann
haben
wir bei der mündlichen Präsentation noch einen Vorschlag eingebracht, wie die
TeilnehmerInnen für diesen Lehrgang ausgewählt werden könnten, und der hat dem
Sektionschef sehr gefallen", so Faustenhammer.
Weiters wurde bekannt, dass seitens des
Bundeskanzleramtes noch ein Betriebswirt in das
Team hineinreklamiert wurde, da das Team um Faustenhammer und Schüssel sich
eher auf
der Seite der „Soft skills" bewegt. Der „hineinreklamierte" Experte
wurde auch namentlich
genannt:
Thomas Böckle.
Wie Nina Schüssel gegenüber dem „trend" bestätigte,
sei ein solcher Trainer-Vertrag mit
Tagsätzen
von etwas über 1.100,- Euro - also über 15.000,- ATS - dotiert.
Die Abschaffung der Verwaltungsakademie des Bundes wurde
u.a. damit begründet, dass
durch eine Neuorganisation der Ausbildung in den Ressorts Kosten eingespart
werden
sollen. Auch qualitative Verbesserungen wurden versprochen. Dem gegenüber steht
aber
nunmehr, dass die Verwaltungsakademie des Bundes als Zentralstelle durch das
Zentrum
für
Verwaltungsmanagement. Schloss Laudon ersetzt wurde. Wie Erhebungen zeigten,
waren
mit der Änderung der Bezeichnung dieser Einrichtung aber insbesondere höhere
Dotierungen für externe Vortragende verbunden, wenn Nina Schüssel einen
Durchschnittstagessatz für externe Trainer erhalten sollte.
Die Aussagen sind allerdings bis jetzt so unpräzise,
dass weder bekannt ist, ob anfallende
Steuern
inklusive oder exklusive dargestellt sind bzw. welche Entgelte für Unterlagen
inkludiert bzw. darüber noch hinaus geleistet werden.
Es können aber objektive Bewertungen nur dann erfolgen,
wenn alle Unterlagen über
Ausschreibungen, gelegte Anbote, Bewertungen, Erteilungen des Zuschlages,
Umschreibungen der bestellten Leistungen, Kosten der Leistungen samt Erstellung
allfälliger
Zusatzleistungen, wie schriftliche Unterlagen, offen gelegt werden und diese
einer
Expertenüberprüfung unterzogen werden können.
Vom rechtlichen und moralischen Aspekt her ist jedoch
eines völlig klar und unbestreitbar.
Der österreichische Gesetzgeber hat im Parlamentsmitarbeitergesetz für sich
selbst eine
Selbstbeschränkung aufgelegt, obwohl die zu vergebenden Mittel mit
Bruttoansätzen von
monatlich rund l .900,- Euro für parlamentarische Mitarbeiter in keinem
Vergleich zu den
Mitteln stehen, über die ein Bundesminister oder der Bundeskanzler verfügen
kann.
Dennoch
war es für die Abgeordneten völlig klar, dass es - auch rechtlich -
ausgeschlossen
ist,
dass solche Verträge mit Personen abgeschlossen werden können, die mit dem
Abgeordneten in gerader Linie bis einschließlich zum dritten Grad der
Seitenlinie verwandt
oder verschwägert oder mit ihm verheiratet ist oder in einer eheähnlichen
Gemeinschaft
lebt oder in einem Wahlkindschaftsverhältnis steht.
Ein solcher Wertemaßstab, den die Abgeordneten für sich
selbst beschlossen haben, muss
natürlich auch für die übrigen höchsten Organe der Republik, also auch für den
Bundeskanzler,
gelten. Es ist in der Republik Österreich wohl rechtlich bedenklich wie
moralisch
undenkbar, dass die Mitglieder der Bundesregierung Aufträge an ihre Kinder
oder sonstige Verwandte bzw. Ehegattinnen und Ehegatten erteilen können, die
mit
öffentlichen
Mitteln - also dem Geld der SteuerzahlerInnen - finanziert werden.
Als weiteres Argument für die Auflösung der
Verwaltungsakademie des Bundes wurde
durch die Regierung Schüssel I angeführt,
dass nunmehr keine Beamten in der Dienstzeit
für
solche Angelegenheiten hohe Entlohnungen bekommen würden. Mit der Maßnahme
sollten
diese Privilegien abgebaut und alle Kapazitäten der Beamten der Verwaltung
unmittelbar zugute kommen. Wie jedoch eine Durchsicht der Programme des
Zentrums für
Verwaltungsmanagement. Schloss Laudon zeigt, werden Beamte als „ExpertInnen der
Bundesverwaltung" herangezogen, die zum Teil auch in der Vergabe der
externen Trainer-
Aufträge einbezogen waren. Es ist daher von Interesse, ob diese Beamten auch
Honorare
erhalten oder ob die Öffentlichkeit von der Regierung Schüssel in dieser Sache
getäuscht
wurde.
Die unterfertigten
Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler folgende
Anfrage:
1. Ist die Berichterstattung
des „trend" korrekt, wonach die Tochter des Bundeskanzlers
Wolfgang
Schüssel, Nina Schüssel, öffentliche Aufträge des Bundeskanzleramtes seit
dem Zeitpunkt erhalten hat, seit dem Wolfgang Schüssel Bundeskanzler wurde?
2. Wenn ja,
welche Zahlungen erfolgten seit 4.2.2000 an die Tochter des Bundeskanzlers
aus
Aufträgen des Bundeskanzleramtes?
3. Ist
Ihnen bekannt, ob Nina Schüssel auch weitere öffentliche Aufträge erhalten hat?
Wenn ja, welche und
mit welcher Dotierung?
4. In
welcher Form erfolgte die Ausschreibung der externen Trainer für den Lehrgang
High
Potentials Programm, terminisiert vom 15.9.2003 bis 17.5.2004?
5. Wie viele
Bieter nahmen an dieser Ausschreibung teil, welche Personen waren
Mitglieder der Bewertungskommission und wie erfolgte eine
entsprechende Reihung
der
Anbote, geordnet nach Firmen bzw. Namen?
6. Erfolgten durch die
Trainer rund um Alfred Faustenhammer einzelne Anbote oder trat
diese
Gruppe gegenüber dem BKA als Arbeitsgemeinschaft auf?
7. In
welcher Form erfolgte die Ausschreibung der externen Trainer für den Lehrgang
High
Potentials Programm 2, terminisiert vom 3.5.2004 bis 17.12.2004?
8. Wie viele
Bieter nahmen an dieser Ausschreibung (Frage 7) teil, welche Personen
waren
Mitglieder der Bewertungskommission und wie erfolgte eine entsprechende
Reihung
der Anbote, geordnet nach Firmen bzw. Namen?
9.
Erfolgten durch die Trainer rund um Alfred Faustenhammer einzelne Anbote
oder trat
diese
Gruppe gegenüber dem BKA als Arbeitsgemeinschaft auf?
10. Welche Referenzen wurden durch
Nina Schüssel hinsichtlich ihres Anbotes bzw. des
Anbotes
des Teams um Alfred Faustenhammer an den beiden Lehrgängen gegenüber
dem BKA vorgelegt, geordnet nach Unternehmen und Datum der Empfehlung?
11. Welche Kosten verursachten diese
beiden Lehrgänge für Nachwuchsführungskräfte des
Bundes?
12. Durch die
Neuorganisation der Ausbildung im öffentlichen Dienst sollte verhindert
werden, dass Beamte in ihrer
Dienstzeit für solche Ausbildungsmaßnahmen zusätzlich
Einkommen lukrieren und nicht zur
Gänze den dienstlichen Aufgaben zur Verfügung
stellen. Die damalige
Vizekanzlerin Riess-Passer bezeichnete dies als wichtiges
Beispiel für Privilegienabbau.
Nunmehr ist jedoch den Kursprogrammen zu entnehmen,
dass das Zentrum für
Verwaltungsmanagement. Schloss Laudon beinahe alle Kurse
wieder mit Experten
des Bundes (also Beamten) anbietet.
Erhalten
diese Beamten für die Gestaltung bzw. Abhaltung von Kursen im Zentrum für
Verwaltungsmanagement
Geldleistungen, auch wenn sie diese Tätigkeit in ihrer
Dienstzeit ausüben?
Wenn ja, welche Entschädigung/Geldleistung erhält
beispielsweise ein Sektionschef des
Bundeskanzleramtes für eine solche
Tätigkeit pro Tag?
13. Welche Kosten verursachte
die Durchführung des Lehrganges für
Nachwuchsführungskräfte an der Verwaltungsakademie des
Bundes und welche Kosten
verursacht
die Durchführung dieses Kurses durch das BKA, geordnet nach angebotenen
Kursen
seit 2001?
14. Wurden an weitere Personen,
die mit dem Bundeskanzler in einem Verhältnis im Sinne
des
§ 2 Abs. l Z l Parlamentsmitarbeitergesetz stehen, Aufträge des BKA vergeben
und
wenn ja, in welcher Höhe und auf welchen Rechtstitel basierten diese Zahlungen?
15. Können Sie ausschließen,
dass zu allen Personen, die gemeinsam mit Nina Schüssel
diese Lehrgänge unterrichten (Alfred Faustenhammer, Christian Saudisch, Thomas
Böckle, Christiane Müller, Janina Obermüller) keinerlei Nahebeziehungen
Ihrerseits,
von MitarbeiterInnen Ihres Kabinetts oder leitenden Beamten Ihres Hauses
bestehen?