382 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Regierungsvorlage (252 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein E-Government-Gesetz erlassen wird sowie das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Meldegesetz 1991 und das Vereinsgesetz 2002 geändert werden

 

Um die elektronische Kommunikation mit und zwischen Behörden in Österreich als Standortfaktor optimal nutzen zu können, bedarf es einerseits gewisser Korrekturen und Anpassungen der geltenden Rechtsordnung, die nicht immer – oder zu unscharf - auf die Vielfalt neuer Kommunikationstechnologien ausgerichtet ist, und andererseits auch der Schaffung neuer technischer und rechtlicher Instrumente; diese müssen auch bewirken, dass bei Entfaltung des vollen Potentials elektronischer Kommunikationsformen mögliche Gefahren hintangehalten werden. Von diesem Kernziel ausgehend werden auch Synergien nutzbar gemacht, die durch die Verwendung der für das E-Government geschaffenen Instrumente über den Bereich der bloßen Kommunikation mit öffentlichen Stellen hinaus erzielt werden können.

Der vorliegende Gesetzentwurf enthält neben Änderungen im Bereich des Verwaltungsverfahrensrechts eine Neuordnung des Zustellrechts, soweit die Zustellung elektronisch erfolgen soll.

Eine weitere rechtliche Neuerung stellt die „Bürgerkarte“ dar, die ‑ zusätzlich zu allenfalls bereits bestehenden Verfahren ‑ ein neues Verfahren des elektronischen Identitäts- und Echtheitsnachweises unter gleichzeitiger Wahrung des Datenschutzes durch bereichsspezifische Personenkennzeichen zur Verfügung stellt. Die Bürgerkarte ist auch im e-commerce einsetzbar, wo die zuverlässige Erkennbarkeit der Identität des Internet-Kunden zunehmend gefordert wird.

Der elektronische Datennachweis (die sogenannten „Standarddokumentenregister“) wird die Beibringung von Urkunden in elektronischer Form wesentlich erleichtern: Die immer wieder verlangte Vorlage der Geburtsurkunde , des Staatsbürgerschaftsnachweises oder auch eines Gewerbescheins wird durch elektronische Nachfrage im Zentralen Melderegister bzw im Abgabenverwaltungsregister elektronisch erbracht werden können. Zugleich wird durch die im Abgabenverwaltungsregister enthaltenen Datenarten die Voraussetzung für die elektronische Identifikation jener Personen und Institutionen geschaffen, die in einem künftigen sicheren System der Kommunikation im Rahmen der Gesundheitstelematik notwendig sein wird.

Da E‑Government nur dann ins Gewicht fallende positive Auswirkungen entfalten kann, wenn die gesamte österreichische Verwaltung sich auf ein gemeinsames Vorgehen versteht, wird es auch notwendig sein, effiziente Methoden der Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den Gebietskörperschaften und sonstigen öffentlichen Stellen zu entwickeln, die rasch und flexibel jenes Ausmaß an Koordination herbeiführen, das Voraussetzung für jede effiziente Kommunikation ist. Auch neue Formen der Kooperation sollten in diesem Zusammenhang angedacht werden.

Betreffend die durch den Gesetzentwurf im Falle der Verabschiedung voraussichtlich verursachten Kosten ist Folgendes festzuhalten:

Finanzielle Auswirkungen:

Zum E-GovG:

A. Bürgerkarte:

Das E-GovG enthält nur Instrumente, deren Einsatz den Gebietskörperschaften ‑ und den Privaten und Unternehmen ‑ freisteht, sodass Kosten unmittelbar durch dieses Gesetz nur insofern und nur beim Bund ausgelöst werden, als dieser das angebotene Instrumentarium funktionsfähig zur Verfügung stellt. Aus dem Umstand, dass dies bereits bei Inkrafttreten des E-GovG der Fall sein soll, ergibt sich, dass die für die technische Entwicklung dieses Instrumentariums notwendigen Aufwendungen weitestgehend bereits in den vor dem Inkrafttreten liegenden Budgetjahren 2002 und 2003 gemacht wurden: 800.000 Euro für die Entwicklung der Software für das Prüfen der Signatur und das Prüfen der Identität im Rahmen des Bürgerkartenkonzepts und die Entwicklung der Amtssignatur durch die CIO-Stabsstelle im BKA in den Budgets 2002 und 2003, 500.000 Euro für die Entwicklung der bürgerseitig notwendigen Software zum Einsatz der Bürgerkarte durch die CIO-Stabsstelle im BKA im Budget 2003.

Weiters wurde bereits aus dem Budget 2003 die Erweiterung des ZMR als Basisregister für das – virtuelle ‑ Stammzahlenregister für natürliche Personen mit 85.000 Euro finanziert.

Zusätzliche Kosten werden für die Einrichtung des Ergänzungsregisters für nicht-natürliche Personen erwachsen und zwar bei geschätzten etwa 300.000 Eintragungen und unter der Annahme, dass das Register in der Infrastruktur des Firmenbuchs geführt werden kann, in der Höhe von 700.000 Euro. Die laufenden Kosten des Ergänzungsregisters werden durch die Eintragungsgebühren hereinzubringen sein, was freilich auch davon abhängen wird, in welchem Ausmaß sich die geschätzte Anzahl von insgesamt 300.000 eingetragenen nicht-natürlichen Personen und den damit im Zusammenhang stehenden Eintragungen wechselnder Vertretungsmacht tatsächlich realisieren lässt.

Zusätzliche Kosten sind weiters durch den Vollzugsaufwand bei der Stammzahlenregisterbehörde zu erwarten, doch werden diese angesichts der bloß überwachenden Funktion gegenüber den Dienstleistern BMI und BMF das Ausmaß von zwei Planstellen (eine in juristischer und eine in technischer Verwendung) nicht übersteigen, abhängig davon, wie sehr das Bürgerkartenkonzept von der Bevölkerung und von der Wirtschaft tatsächlich angenommen wird.

Der bei anderen Behörden ‑ etwa Bezirkshauptmannschaften oder österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland ‑ allenfalls entstehende Aufwand für Identitätsprüfungen und Eintragungen in die Bürgerkarte wird durch entsprechende Gebühren und Verwaltungsabgaben zu finanzieren sein (vgl. § 7 Abs. 2 E‑GovG). Im Sinne einer sinnvollen Anwendung des Konzepts von PublicPrivatePartnership wird jedoch der Löwenanteil derartiger Prüfungs- und Eintragungsaufgaben entsprechend verlässlichen privaten Zertifizierungs­diensteanbietern übertragen werden, sodass für die Gebietskörperschaften kein erheblicher Aufwand unter diesem Titel entstehen wird.

Dasselbe gilt ‑ nach den Erfahrungen mit den im Jahre 2000 eingeführten ähnlichen Straftatbeständen im DSG 2000 ‑ für die Kosten der Vollziehung des § 22 (Strafbestimmungen).

Für die Bürger und Unternehmen, die sich für die Verwendung der Bürgerkarte entscheiden, fallen allenfalls Kosten des Erwerbs der Infrastruktur an ‑ die aber beim Signieren mit Hilfe des Mobiltelefons nicht entstehen ‑ und jedenfalls Kosten für die Signaturverwaltung durch den Zertifizierungsdiensteanbieter in Form einer Jahresgebühr. Demgegenüber stehen Kostenvorteile wie insbesondere Zeitersparnis und allenfalls Transportkostenersparnis sowie der Wegfall der Gebühr für schriftliche Eingaben und Beilagen nach dem Gebührengesetz 1957. Durch Änderung des Gebührengesetzes sollen Anbringen, die mit Hilfe der Bürgerkarte gestellt werden, von der Entrichtung von Gebühren befreit werden. Der dadurch bewirkte Einnahmenentfall wird bei Weitem überkompensiert durch die Kostensenkungen auf Grund der Vereinfachungen, die sich im Arbeitsablauf der Behörde ergeben, wenn Anträge über intelligente Web-Formulare gestellt werden, deren Inhalt automatisch in den elektronischen Akt der Behörde integriert werden kann.

Für jene Auftraggeber von Datenanwendungen des öffentlichen Bereichs, die bürgerkartentaugliche Anwendungen einrichten, ist erstens nochmals auf die Freiwilligkeit dieser Entscheidung und zweitens vor allem auf die Kostenneutralität des Bürgerkartenkonzepts hinzuweisen:

Auch bei den bisher verwendeten elektronischen Verfahren wurden Identifikations- und Authentifizierungsroutinen eingesetzt und zwar regelmäßig in Form der PIN/TAN-Kombination. Die PIN/TAN-Verwaltung hat sich als äußerst kostenintensiv erwiesen, sodass die Einrichtung eines neuen Verfahrens in bürgerkartentauglicher Form kostengünstiger sein wird. Bei einer Gesamtbetrachtung der elektronischen Verfahrenslandschaft, die auch die Kosten der Umrüstung bestehender Verfahren mitberücksichtigt, wird sich daher insgesamt voraussichtlich Kostenneutralität, wenn nicht sogar eine gewisse Kostenersparnis bei der Einführung der Bürgerkartentauglichkeit ergeben.

B. Elektronischer Datennachweis („Standarddokumentenregister“):

l. Zentrales Melderegister:

Da keine Rückerfassung von Prüfdaten in Aussicht genommen ist, ist der Prüfvermerk ein künftiges „Abfallprodukt“ eines gewissenhaften Vollzuges des Meldegesetzes, das an sich keinen Zusatzaufwand bedeutet, da die Prüfung der Identitätsdaten an Hand von Dokumenten ohnehin verpflichtend vorgesehen ist. Die Eintragung wird überdies in Form des schreibenden Direktzugriffs der lokalen Meldebehörden auf das Zentrale Melderegister erfolgen, sodass auch hier Zusatzaufwand im geringstmöglichen Ausmaß entsteht. Im Übrigen wird dieser Aufwand durch entsprechende Gebührenfestsetzung für die Inanspruchnahme des ZMR als „Standarddokumentenregister“ hereinzubringen sein. Dies wird auch – zumindest zum Teil – für jene Kosten gelten müssen, die durch die Änderungen im ZMR verursacht werden, damit die Prüfeinträge möglich sind. (Es handelt sich um geschätzte Einmalkosten von 500.000 Euro).

2. Abgabenverwaltungsregister:

Durch entsprechende Bestimmungen in der Bundesabgabenordnung soll aus bestehenden Datensammlungen ein einheitliches Register der Abgabenverwaltung aufgebaut werden, das die Identitätsdaten der Steuersubjekte sowie steuerlich wesentliche Daten über die Beschreibung und rechtliche Grundlage von steuerlich relevanten, selbständig ausgeübten Tätigkeiten enthält. Dieses Vorhaben liefert als Nebenprodukt die Möglichkeit einer Nutzbarmachung als Standarddokumentenregister für Daten über selbständig ausgeübte Tätigkeiten und ihre Rechtsgrundlagen.

Die Kosten der Errichtung dieses Registers werden im Zusammenhang mit der dafür erforderlichen Novelle zur Bundesabgabenordnung auszuweisen sein. Die Kosten des Betriebs als Standarddokumentenregister werden durch eine entsprechende Gestaltung der Abfragegebühren hereinzubringen sein.

Zur Novelle zum AVG:

Die Kosten der Bekanntmachung von gültigen Anbringensadressen samt den hiefür notwendigen technischen Angaben müssen als vernachlässigbar eingestuft werden, da Behörden heute ohnehin im Internet präsent sind oder sich unschwer über entsprechende Plattformen der Landesverwaltung präsentieren können.

Die Kosten der Fertigung und Ausfertigung elektronischer Aktenstücke ist gleichzusetzen mit den Kosten der elektronischen Dienstkarte, da diese Voraussetzung für das Signieren amtlicher Erledigungen sein wird. Die Einführung der elektronischen Dienstkarte wurde für den Bundesbereich mit Ministerratsbeschluss aus 1998 bereits als Ziel vorgegeben, sodass hier der geäußerte Wille der Bundesregierung umgesetzt wird.

Die Umrüstung des ELAK im Bund für Fertigung und Ausfertigung mit elektronischer Signatur wird hingegen keine ins Gewicht fallenden Kosten verursachen.

Die bei den anderen Gebietskörperschaften anfallenden Kosten sind davon abhängig, ob ein elektronisches Aktensystem überhaupt eingeführt wird. Wo dies der Fall ist, wird im Hinblick auf die lange Übergangszeit für die Umstellung auf die neuen Bestimmungen des AVG die Ausstattung der Bediensteten mit signaturfähigen Dienstkarten schon wegen ihrer vielfältigen sonstigen Verwendbarkeit geraten sein, sodass diese Kosten nicht allein durch die Änderungen des AVG verursacht sein werden. Im Übrigen ist es auch zulässig, andere elektronische Methoden der Fertigung von Erledigungen vorzusehen, sofern sie genügend sicher sind. Ob es technisch und kostenmäßig gleichwertige andere Methoden als die elektronische Signatur gibt – für die ja auch ihre generelle Einsetzbarkeit spricht – wird sich in der Übergangszeit weisen. Nicht unerwähnt bleiben darf auch der Umstand, dass bei elektronischer Signatur der internen Erledigung mit Amtssiegel der Zusatzaufwand für die Fertigung von Ausfertigungen entfällt: Die Verwendung des elektronischen Amtssiegels bewirkt die automatische Beglaubigung aller Ausfertigungen, sogar in Form eines Ausdrucks des elektronischen Originals auf Papier (vgl. §§ 19 und 20 E-GovG).

Elektronische Zustellung:

Durch Verwirklichung der elektronischen Zustellung in einem beispielgebenden Verfahren der PublicPrivatePartnership werden den Behörden, die dieses Verfahren nutzen, erhebliche Einsparungen gegenüber der bisherigen Situation möglich sein (‑ bis zu 80% bei einer Zustellung zu eigenen Handen!).

Im Gesetzentwurf ist eine Form der Ausschreibung vorgesehen, die sicherstellt, dass Konkurrenz auf dem Markt und daher ein realistischer Zustellpreis existiert, dessen Nutzung allen Gebietskörperschaften gleichermaßen zugänglich ist. Die Kosten der Einrichtung von Zustelldiensten werden vom Markt übernommen. Die für die Anbindung der Zustelldienste an die elektronischen Aktensysteme der Behörden notwendige Software wurde vom Bund (CIO-Stabsstelle im Bundeskanzleramt) bereits entwickelt und wird den anderen Behörden kostenlos zur Verfügung stehen.

Die voraussichtlichen Kosten einer Zustellung mit Zustellnachweis werden daher in der nunmehr vorgeschlagenen technisch/organisatorisch sicheren Form nur einen Bruchteil der Kosten für eine postalische Zustellung mit Zustellnachweis ausmachen. Der Vorteil gegenüber den bisherigen Bestimmungen über die elektronische Zustellung nach § 17a Zustellgesetz ist darin zu sehen, dass letztere den Bedingungen für eine Zustellung mit Zustellnachweis nicht verlässlich genügen können.

Die Kosten der Zulassung und der Aufsicht über die zugelassenen Zustelldienste werden durch entsprechende Gebühren hereinzubringen sein.

Für die Bürger und die Wirtschaft ergeben sich aus dem vorliegenden Modell der elektronischen Zustellung keine Kosten, da diese nach wie vor von den Behörden zu tragen sind, sondern nur Vorteile im Hinblick auf die Raschheit und Einfachheit der Zustellung, die vor allem auch für Berufstätige das lästige Abholen von hinterlegten Zustellstücken in Postämtern erspart.

Da das vorgeschlagene Bundesgesetz unter die Notifikationspflicht der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und Normen, Abl. Nr. L 204 vom 21.07.1998, S. 37, bzw. des Bundesgesetzes zur Durchführung eines Informationsverfahrens auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und Normen (Notifikationsgesetz – NotifG, BGBl. Nr. 183/1999) fällt, kann es gemäß § 3 Abs. 1 NotifG erst nach Abschluss des Informationsverfahrens bei der Europäischen Kommission und nach Ablauf sich daraus ergebender Stillhaltefristen in Kraft gesetzt werden.

Der Lauf der dreimonatigen Stillhaltefrist (§ 3 Abs. 1 NotifG, Art 9 Abs. 1 der RL 98/34/EG) wurde mit der Notifikation am 22.09.2003 ausgelöst, diese endet laut E‑Mail-Mitteilung der Europäischen Kommission am 23.12.2003.

Der Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 13. Jänner 2004 in Verhandlung genommen. An der Debatte, die sich an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneter Karl Donabauer anschloss, beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Eva Glawischnig, Dipl.-Ing. Elke Achleitner und Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer. Danach wurden die Beratungen einstimmig vertagt.

Die Verhandlungen wurden am 22. Jänner 2004 wieder aufgenommen und den Beratungen gemäß § 40 Abs. 1 GOG folgende Experten beigezogen:

Prof. Dipl.-Ing. Dr. Reinhard Posch, Bundeskanzleramt - Stabstelle IKT-Strategie des Bundes,

MR Dr. Waltraut Kotschy, Bundeskanzleramt, Verfassungsdienst, Abteilung Datenschutz,

HR Dr. Ewald Kutzenberger, Statistik Österreich,

Präsident Dr. August Hochwartner, Bundesamt für Eich– und Vermessungswesen,

Dipl.-Ing. Dr. Christian Reiser,

Univ.- Prof. Dr. Rudolf Thienel, Universität Wien,

Dipl.-Ing. Franz Grandits, Vorsitzender der technischen Arbeitsgruppe zum E-Government,

HR Dr. Wilfried Connert, Vorsitzender der rechtlichen Arbeitsgruppe zum E-Government,

SenRat Dipl.-Ing. Johann Mittheisz, Städtebund,

Reg.Rat Mag. Nicolaus Drimmel, Gemeindebund,

Dr. Hans Zeger, ARGE Daten,

Dir. Ing. Robert Krickl, BAWAG, Mitglied der E-Government-Plattform des Bundeskanzleramtes,

Dr. Ronald Rödl, Experte des Sozialministeriums der E-Government-Plattform,

Adolf Mandl,

Martin Ladstätter, BIZEPS – Zentrum für selbstbestimmtes Leben,

Dr. Kurt Einzinger, Generalsekretär der ISPA,

KommRat Hans-Jürgen Pollirer, Bundesobmann der Sparte Information und Consulting und

Mag. Daniela Zimmer, Arbeiterkammer Wien.

In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler, Peter Marizzi, Mag. Walter Posch, Mag. Johann Maier, Dr. Gabriela Moser, Otto Pendl, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Mag. Hans Langreiter, Mag. Karin Hakl, Mag. Andrea Kuntzl, Dr. Peter Wittmann, Stefan Prähauser, Fritz  Neugebauer und Mag. Terezija Stoisits sowie der Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak das Wort.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Herbert Scheibner einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

1. Allgemeines:

Bedingt durch das Abwarten des Endes der Stillhaltefrist nach Notifizierung des Gesetzentwurfs an die EU-Kommission gemäß § 2 Abs. 1 des Notifizierungsgesetzes 1999, BGBl. I 183/1999, kann das in der Regierungsvorlage vorgeschlagene Inkrafttretensdatum nicht eingehalten werden, weshalb der 1. Jänner 2004 jeweils durch den 1. März 2004 zu ersetzen war. Realistischerweise muss infolge dessen auch das Datum des Inkrafttretens des 4. Abschnitts des E-Government-Gesetzes über den elektronischen Dokumentennachweis und der damit im Zusammenhang stehenden Änderungen des Meldegesetzes 1991 auf den 1. Jänner 2005 verschoben werden.

2. Zu Art. 1 (E-Government-Gesetz):

Die Änderungen in der Überschrift des 1. Abschnitts, § 2 Z 4 und 8, § 16 Abs. 1 und 2 sowie § 28 Z 2 sind rein sprachlicher Natur bzw. durch Zitierfehler oder geänderte Bezeichnungen der zitierten Quelle oder Bezugnahme bedingt.

Die Anfügung eines Abs. 3 in § 1 dient – ebenso wie die Ergänzung des § 30 des Zustellgesetzes in Z 3 dieses Antrags – der Sicherung des barrierefreien Zugangs für behinderte Menschen zu den vom vorliegenden Gesetzentwurf betroffenen Dienstleistungen in einer Informationsgesellschaft.

Im Zusammenhang mit dem vertretungsweisen Handeln in Verfahren, die bürgerkartentauglich eingerichtet sind, scheint es zielführend, neben den Fällen echter Stellvertretung auch ein bloß unterstützendes elektronisches Tätigwerden jener Behörden für den Bürger zuzulassen, die für ihn am leichtesten erreichbar sind, nämlich Gemeinden und Bezirksverwaltungsbehörden, und zwar nicht beschränkt auf ihre sachliche oder örtliche Zuständigkeit. Hiedurch sollen elektronische Verfahren sowohl für Bürger zugänglich werden, die keine Bürgerkarte besitzen, als auch für Bürger, die aus technischen oder sonstigen Gründen zeitweilig ihre Bürgerkarte nicht gebrauchen können. Mit dem erhofften edukativen Effekt, dass E-Government-skeptische Bürger für diese neue Kommunikationsform gewonnen werden könnten, ist für die Verwaltung der zusätzliche Vorteil verbunden, da sie ab sofort in verstärktem Maße aus dem Rationalisierungseffekt elektronischer Verfahrensabwicklung Nutzen ziehen kann.

Die durch § 10 Abs. 2 geschaffene Möglichkeit, eine Datenanwendung mit den bereichsspezifischen Personenkennzeichen aller von der Datenanwendung Betroffenen auszustatten, setzt voraus, dass eine Stammzahl auch für nicht meldepflichtige Personen gebildet werden kann, wozu ihre Eintragung in ein dem Melderegister vergleichbares Basisregister, das Ergänzungsregister, notwendig ist.

Eine ordnungsgemäße Handhabung des Systems bereichsspezifischer Personenkennzeichen setzt Konsistenz und Transparenz der Zuordnung von Datenanwendungen zu staatlichen Tätigkeitsbereichen voraus. Dies kann für den allergrößten Teil der Datenanwendungen ohne nennenswerten zusätzlichen Aufwand im Zusammenhang mit der Registrierung von Datenanwendungen nach dem DSG 2000 bewirkt werden, was allerdings auch eine geringfügige Korrektur der §§ 17 und 19 DSG 2000 bedingen wird.

3. Zu Art. 3 (Änderung des Zustellgesetzes):

Die Änderungen betreffend § 2 Z 4 und § 34 Abs. 2 Z 4 berichtigen Zitierfehler.

Die Absätze 4 und 5 des neuen § 4 des Zustellgesetzes ersetzen die bisher geltenden Absätze 5 und 6 des § 13. In § 4 Abs. 4 war ein sinnstörendes „auch“ zu streichen. In § 4 Abs. 5 war die Parallelität der Ausfolgung von Schriftstücken an den vor der Behörde zu diesem Zweck erschienenen Empfänger nach § 24 Zustellgesetz mit der Ausfolgung von Dokumenten im online Dialogverkehr deutlicher zu machen. Für den letzteren Fall gilt – vergleichbar dem § 24 –, dass die Zustellung direkt erfolgt, d.h. im elektronischen Bereich: ohne Einschaltung eines Zustelldienstes.

Die elektronische Zustellung soll auch und gerade für behinderte Menschen eine bequeme und rasche Alternative zur postalischen Zustellung sein. Dazu ist der barrierefreie Gebrauch dieses Zustellweges zu ermöglichen.

Da es auch die elektronische Zustellung ohne Zustelldienst, etwa nach § 4 Abs. 5 gibt, war der Anwendungsbereich des § 36 deutlicher zu formulieren. Die Änderungen in der Z 2 berichtigen ein Versehen.

Die Serviceleistungen eines Zustelldienstes sind ein völlig neues Angebot, dessen Marktakzeptanz noch unbekannt ist. Um hier eine für das Auftreten privater Anbieter notwendige Mindestnachfrage heranzuziehen, wird es voraussichtlich notwendig sein, diese Serviceleistung zunächst durch die öffentliche Hand zu erbringen. Durch die Übergangsbestimmung des § 40 Abs. 6 soll eine solche Vorgangsweise ermöglicht werden.

4. Zu Art. 5 (Änderung des Meldegesetzes 1991):

Die Heranziehung des wirtschaftsbereichsspezifischen Personenkennzeichens (wbPK) zur eindeutigen Bezeichnung einer Person im Rahmen der Wohnsitzabfrage nach § 16 Abs. 1 des Meldegesetzes 1991 ist eine Neuerung, die – im Gegensatz zur bisherigen Abfragetechnik - auch die Zur-Verfügung-Stellung von Daten des Anfragenden voraussetzt. Diese Klarstellung war nachzutragen.“

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Herbert Scheibner mit Stimmenmehrheit angenommen.

Ein von den Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Mag. Terezija Stoisits eingebrachter Abänderungsantrag fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

Ferner beschloss der Verfassungsausschuss mehrstimmig folgende Feststellung betreffend den barrierefreien Zugang zu Web-Auftritten der Behörden:

„Die derzeit existierenden internationalen Standards für den barrierefreien Web-Zugang sind nicht in einer Form verlautbart, die einen Verweis darauf in einem Gesetzestext zulassen. Der Ausschuss geht jedoch davon aus, dass in Vollziehung des E-GovG behördliche Internetauftritte mit einer dem Level A der WAI-Richtlinien entsprechenden Zugänglichkeit auszustatten sind.

Der Ausschuss geht weiters davon aus, dass die Behörden alle Anstrengungen unternehmen werden, um das Ziel des barrierefreien Zugangs zu behördlichen Web-Auftritten in einer dem Inhalt und der Form des Auftritts entsprechenden Weise möglichst bald zu erreichen, sodass es regelmäßig nicht notwendig sein wird, die gesamte Übergangsperiode bis 2008 auszuschöpfen; dies gilt insbesondere bei nach Inkrafttreten des E-GovG neu konzipierten Internet-Auftritten, bei welchen dem genannten technischen Standard möglichst sofort entsprochen werden sollte.“

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Michael Praßl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2004 01 22

Michael Praßl Dr. Peter Wittmann

       Berichterstatter                  Obmann