Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 175. Sitzung / 29

daß nicht mehr der große Krieg zwischen zwei Blöcken im Vordergrund steht, sondern zweifellos das Bewältigen von lokalen und regionalen Krisen unter Einsatz der Staatengemeinschaft. Da geht es zweifellos auch darum, daß unter dem Gebot der Solidarität jeder einen möglichen Beitrag leistet.

Wie groß und wie stark diese Solidarität ausgeprägt ist, wird in jedem einzelnen Fall von jedem einzelnen Land entschieden. Das ist durchaus auch ein Mißverständnis, das in Österreich sehr häufig vorherrscht, daß man etwa als NATO-Mitglied gezwungen wäre, an einer Aktion automatisch mit einem bestimmten Truppenkontingent teilzunehmen. Das ist nicht richtig. Jedes Land bestimmt in jedem einzelnen Fall selbst, mit welcher Maßnahme und mit welchem Kräfteumfang es in einen Einsatz geht.

Es ist zum Beispiel durchaus so, daß beim jetzigen Kosovo-Einsatz nur ein Teil der NATO-Staaten teilgenommen hat. Ein Teil hat nicht teilgenommen, ist dem sogar, wie etwa das Beispiel Griechenlands gezeigt hat, sehr distanziert gegenübergestanden. Das heißt, diese automatische Verpflichtung gibt es für Kriseneinsätze nicht.

Das, was man aber sagen kann, was von der Staatengemeinschaft erwartet wird, ist zweifelsohne, daß man eine Solidarität aufbringt – zumindest eine Solidarität, die andere nicht behindert.

Ich konnte zum Beispiel feststellen, daß, was den Kosovo-Einsatz betrifft – der kriegerische Einsatz konnte jetzt Gott sei Dank einem Ende zugeführt werden, weil die jugoslawische Regierung bereit war, ihre Truppen, Polizeikräfte und Milizen abzuziehen und damit eine Rückführung der Flüchtlinge wieder möglich zu machen –, bei den Ländern, die auch nicht mit überwältigender Begeisterung in einen derartigen Einsatz hineingegangen sind – wenn ich etwa an die holländischen oder belgischen Streitkräfte denke –, schon Unverständnis darüber herrscht, daß sie von einem Staat, der sich in der gleichen politischen Gemeinschaft befindet, mit dem es sogar die gleiche sicherheitspolitische Ausrichtung geben soll, weil es eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik gibt beziehungsweise diese in Zukunft intensiviert werden soll, für Soldaten, die von einem demokratischen Land im Interesse der Staatengemeinschaft zur Erfüllung humanitärer Zwecke in den Einsatz gehen sollen, nicht auch eine entsprechende Unterstützung zumindest in der Form erhalten, daß sie nicht ein auswärts gelegenes Land, so wie es hier der Fall war, etwa die Slowakei, die nicht Mitglied der EU ist, um Überflüge ersuchen müssen, wenn sie Ersatzteile brauchen oder wenn sie Leute aus dem Einsatzgebiet zurückholen. (Abg. Dr. Schmidt: Das ist nicht die Frage!)

Das ist etwas, das auch im holländischen Parlament sehr intensiv diskutiert wurde. Das sollte auch für uns zweifellos Ansatz sein, über diese neue Form der Solidarität nachzudenken, weil sich herausgestellt hat, daß bei unseren eigenen politischen Partnern in der politischen Gemeinschaft teilweise absolutes Unverständnis dafür herrscht, daß wir diese Solidaritätsleistungen nicht aufbringen können. (Abg. Dr. Schmidt: Es war Ihre Einschätzung gefragt, Herr Minister, nicht die der Holländer!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Dr. Antoni. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Bundesminister! Modernes Krisenmanagement heißt auch, rasch Hilfe anbieten zu können beziehungsweise rasch Maßnahmen umsetzen zu können.

Wie groß schätzen Sie den Zeitraum ein, den Österreich braucht, um vor Ort Hilfestellung anzubieten, beziehungsweise gibt es Maßnahmen, den Zeitraum möglichst kurz zu halten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Selbstverständlich kommt es immer auf die Art und Weise der Unglücksereignisse an. Wir sind in der Lage, innerhalb weniger Stunden im Bereich Search and Rescue tatkräftig Hilfe leisten zu können, und haben


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