Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 107

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Öllinger und Genossen betreffend Versäumnisse in der Bildungspolitik, insbesondere beim Gehaltsgesetz 909/A (E)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrags 909/A (E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch einen Schriftführer.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

"Das Schulklima an Österreichs Schulen hat einen absoluten Tiefpunkt erreicht: Noch nie waren die LehrerInnen so demotiviert wie heute. Die Eltern wiederum haben immer mehr zusätzliche Belastungen zu tragen, wie zum Beispiel den Selbstbehalt bei Schulbüchern und Schul,frei’fahrten, kostenpflichtige Freigegenstände und Nachmittagsbetreuung. Die Leidtragenden dieser Politik wie auch des gegenwärtigen Streites um das Gehaltsrecht sind die SchülerInnen.

Die Stimmung unter den LehrerInnen ist deshalb so schlecht, weil sie seit Monaten auch von der eigenen Ministerin unterschwellig als AbkassiererInnen dargestellt werden, die wenig arbeiten. Etwa wenn Bundesministerin Gehrer den LehrerInnen via APA (30.9.1998) ausrichtet, daß ein Lehrer ‚genauso wie jeder andere Österreicher 1 793 Stunden im Jahr zu arbeiten hat. Davon 700 in der Klasse. Die restliche Zeit ist unterrichtsfrei, aber Dienstzeit. Da fällt vielleicht ein Projekttag, eine Konferenz, die Vor- und Nachbereitung hinein.‘

Viel abwertender kann die Arbeit der LehrerInnen außerhalb des klassischen Unterrichts (‚Da fällt vielleicht ... die Vor- und Nachbereitung hinein.‘) kaum dargestellt werden. Doch selbst in dieser geringschätzigen Darstellung der außerunterrichtlichen LehrerInnenarbeit durch die Ministerin zeigt sich, daß das bestehende Besoldungs- und Arbeitszeitschema von LehrerInnen nur mehr wenig mit ihren tatsächlichen Tätigkeiten, ihrer Arbeitsbelastung und mit der tatsächlichen Schulentwicklung zu tun hat.

Ein weiterer Grund der miserablen Stimmung vor allem unter den interessierten und informierten LehrerInnen liegt in der praktischen Undurchführbarkeit der beziehungsweise in der enormen Verbürokratisierung durch die neuen Abrechnungsbestimmungen. Wie Personalvertretung und Gewerkschaft der Unterrichtsministerin schon im Frühjahr prophezeit haben, funktioniert die vorgesehene Abrechnung der LehrerInnen-Arbeit über direkte Standleitungen mit dem Bundesrechenamt weder hard- noch softwaremäßig. Das ist auch nicht verwunderlich: Für derartige Neuerungen wird in der Wirtschaft mit einer Vorlaufzeit von bis zu zwei Jahren gerechnet. Daher geht es wohl auch im Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten nicht in einem halben Jahr. Außerdem ist die jetzt notwendige Stundenzählerei eine völlig unnötige Verbürokratisierung. Es schafft Ärger, wenn jede/r LehrerIn wöchentlich den Stundenplan kopieren und alle gehaltenen und entfallenen Stunden eintragen und durchstreichen muß – aber gleichzeitig alle außerstundenplanmäßige Arbeit als selbstverständlich und nicht zu zählen und nicht zu zahlen bewertet wird. Und es schafft Ärger bei Schulleitungs- und Verwaltungspersonal, wenn mit immer weniger Budget immer mehr zu tun ist.

Die Novellierungen des Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz (BLVG) und des Gehaltsgesetzes (GG) im Herbst 1997 gehen von der Intention aus, vorrangig LehrerInnenleistungen zu entlohnen, die unmittelbar in der Klasse erbracht werden. Arbeiten, die außerhalb der klassischen Unterrichtsarbeit (Unterricht, Vorbereitung, Nachbereitung) anfallen, etwa die Beratung von SchülerInnen und Eltern, die Vorbereitung und Durchführung von pädagogischen Tagen, von Projektunterricht, Schulfesten, Fachbesprechungen, Tätigkeiten zur Qualitätsentwicklung


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