Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / 105

standards, die Überprüfung aller Umstände und Abläufe beim Unglück in Lassing und die permanente Beratung des Gesetzgebers, was Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Bergbau betrifft.

Meine Damen und Herren! Ich bin dafür, daß Abgeordnete aller Fraktionen alle Vorgänge und Umstände, die mit Lassing zu tun haben, untersuchen, und zwar dann, wenn der Bericht der Staatsanwaltschaft vorliegt, wenn der Bericht der internationalen Expertenkommission vorliegt – sachlich, ohne politisches Hickhack, ohne Polemik, mit Leuten aus der Region, mit Ortskundigen, mit sogenannten Laien. Ich bin dagegen, daß die Tragödie von Lassing zu einem politischen Spektakel verkommt.

Ganz konkret zum Untersuchungsausschuß: Der Herr Bundeskanzler hat vor rund einer Stunde mitgeteilt, er spricht sich dafür aus, bis zum Vorliegen eines Berichtes der internationalen Expertenkommission mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zuzuwarten. Ich teile diese Position voll und ganz.

Meine Damen und Herren! Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig, hart und gefährlich die Arbeit im Bergbau ist. Ich habe während meiner Studienzeit einige Monate auch unter Tag gearbeitet. Die Natur ist letztlich unberechenbar. Unfälle im Bergbau werden sich trotz allergrößter Vorsicht nie ganz ausschließen lassen.

Sollten jedoch in Lassing Arbeitnehmer im Bergbau bewußt und fahrlässig gefährdet worden sein, sollten aus Profitgier Arbeitsplätze zu einer tödlichen Falle geworden sein – und das wird aufgeklärt werden –, dann ist dies ein beispielloses Verbrechen Arbeitnehmern gegenüber in unserem Land.

Meine Damen und Herren! Wir Politiker sind allen österreichischen Bergleuten schuldig – und das wird von uns erwartet –, daß wir durch Gesetze, Vorschriften und durch Kontrollinstitutionen für größtmögliche Sicherheit sorgen. Setzen wir alles daran, daß in Zukunft die österreichischen Bergleute in größtmöglicher Sicherheit arbeiten können. – Ein steirisches "Glückauf!" (Beifall bei der SPÖ.)

14.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.27

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Nürnberger! Ich habe selten im Parlament eine Rede gehört, durch die ich ein bißchen ahnen konnte, wo die Sozialdemokratie einmal gestanden hat. Selten habe ich eine Rede gehört, bei der durchgeblitzt ist, wofür sie vor hundert Jahren angetreten ist. Selten eine Rede, wo ich erkennen konnte, wie Sie eigentlich arbeiten müßten.

Aber Frau Kollegin, Frau Genossin! Warum hat Herr Nürnberger bis heute davon nie geredet? Warum hat Herr Nürnberger immer den Koalitionsfrieden über sein gewerkschaftlichen Anliegen für die Kumpels gestellt? Warum hat Herr Kollege Nürnberger bis heute nicht öffentlich erklärt, auf welcher Seite er steht? Ist da nicht dieser "Unglücksfall" der Kollegin Prammer dazwischengekommen, der "Unglücksfall", daß eine Ministerin einen Untersuchungsberichte ernstnimmt, die Öffentlichkeit alarmiert, und dann, nachdem sich dies als falsch beziehungsweise möglicherweise falsch herausgestellt hat, von den Unterorganisationen der ÖVP geprügelt wird?

Um den Koalitionsfrieden, um die Macht zu erhalten, nimmt die Gewerkschaft, nimmt Herr Nürnberger wieder Abstand davon, was seine Betriebsräte, seine Kumpel, seine Freunde ihm dauernd erzählen: daß nämlich ein Unternehmen weltweit wie ein kapitalistisches Unternehmen im vorigen Jahrhundert agiert, ohne Rücksicht auf Menschenleben, ohne Rücksicht auf die Natur, ohne Rücksicht auf Gesetze, das mit Gewalt gegen Streikende vorgeht. Das war nämlich damals das Anliegen der Sozialdemokratie.


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