Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 15

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Gerade der Tschernobyl-Unfall, der Super-Gau, das Unglück, die Katastrophe, zeigt uns, daß es fast absurd ist, ausländische Verursacher eines Atomhaftungsgrundes nicht zur Verantwortung ziehen zu können oder auch beispielsweise die Errichter und Zulieferer nicht in die Haftung miteinbeziehen zu können. – Das zu den Schwachstellen der derzeitigen Situation.

Ich bin daher sehr positiv eingestellt gegenüber allen Arbeiten zur Schaffung einer modernen Atomhaftungsregelung. Ich meine, daß es darum geht, die Schäden auch durch im Ausland befindliche Atomanlagen zu inkludieren. Ich meine, daß es um eine wesentliche Erhöhung der Haftungshöchstbeträge gehen wird müssen, daß die Klärung des anwendbaren Rechtes bei Schädigungen durch Immissionen ausländischer atomarer Anlagen im Vordergrund stehen muß, daß es eine erweiterte Ersatzfähigkeit auch von Spätschäden geben muß – auch da zeigt uns die Erfahrung von Tschernobyl, was hier alles auftreten kann – und daß es auch zu einer Erleichterung des Kausalitätsnachweises vor allem für Personenschäden kommen muß und kommen wird.

Die seither gesetzten Maßnahmen wurden bei einer Tagung am 10. Dezember des letzten Jahres erarbeitet und zusammengefaßt. Veranstaltet wurde diese Tagung vom Justizministerium gemeinsam mit meinem Ressort, dem Außenamt sowie dem Bundeskanzleramt. Der entsprechende Tagungsband wird von mir herausgegeben und zur Verfügung gestellt werden und sollte einen weiteren Schritt in Richtung Erarbeitung zeitgemäßer und moderner österreichischer Atomhaftungsbestimmungen darstellen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann, bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Vor wenigen Wochen wurde im Europäischen Parlament ein Antrag betreffend EURATOM eingebracht, der die Einstellung der Förderung von Kernkraftwerken zum Inhalt hatte. Die Kosten für die Republik Österreich betragen hiefür jährlich 150 Millionen Schilling. Es gab ein sehr knappes Abstimmungsergebnis. Der Antrag wurde abgelehnt. ÖVP-Abgeordnete haben dagegengestimmt.

Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie lautet: Hat sich die Antikernkraftwerkslinie Ihres Bundesministeriums, möglicherweise der ÖVP geändert, oder ist dies direkt im Zusammenhang mit einem Fraktionszwang im Europäischen Parlament zu sehen, den es nicht geben soll?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Nein, absolut nicht, sehr geehrter Herr Abgeordneter! Die Position der Bundesregierung, die Position meiner Regierungsfraktion ist unverändert. Wir sind auf dem Boden des Atomsperrgesetzes. Wir sind nicht nur davon überzeugt, daß wir in Österreich für alle Zukunft keine friedliche Nutzung der Kernenergie wollen, sondern was für die nächsten Jahre noch bedeutender sein wird, ist, daß wir konsequent daran weiterarbeiten müssen, daß in unserer nächsten Nachbarschaft, insbesondere auch bei unseren mittel- und osteuropäischen Nachbarn, Kernkraftwerke so weit wie möglich stillgelegt werden und daß dort, wo dies nicht möglich ist, zumindest zum Zeitpunkt des Beitritts dieser Länder in die Europäische Union westliche Sicherheitsstandards vorhanden sein müssen.

Das ist eine Politik, die wir sehr konsequent vertreten, an ihr hat sich nichts geändert, und sie wird auch durch Abstimmungsergebnisse auf der Ebene des Europäischen Parlaments in keiner Weise berührt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Ich habe den Zusatzfragenwunsch des Kollegen Barmüller übersehen. – Bitte, Herr Kollege.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, die Veranstaltung am 10. Dezember war der erste Schritt in Richtung eines neuen Atomhaftungsgesetzes. Die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Glauben Sie, daß Sie


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