Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 13

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Bestimmungen im Ausgleichs- und Konkursrecht. Insolvenzvermeidung und Unternehmensfortführung im Insolvenzfall sind Maßnahmen, die helfen, Arbeitsplätze zu erhalten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage.

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ): Herr Minister! Ich danke Ihnen für diese Auskunft und möchte Sie in Form einer Zusatzfrage ergänzend noch mit folgendem Problemkreis konfrontieren und im Anschluß daran die Frage formulieren: Sie haben gesagt, daß es das Ziel der Novellierung der insolvenzrechtlichen Bestimmungen ist, in erster Linie zu helfen, Insolvenzen überhaupt zu verhindern, und in zweiter Linie die Unternehmensfortführung dann, wenn eine Insolvenz eingetreten ist, im Interesse der insolvent gewordenen Unternehmen und damit auch der dort beschäftigen Arbeitnehmer zu erleichtern.

Alle, die mit diesen Fragen zu tun haben, wissen aus der Praxis, daß es ein großes Problem gibt, nämlich: Wie sieht es mit allfälligen Bestandverträgen aus?, da es ja Bestimmungen gibt, daß aufgekündigt werden kann. Haben Sie sich im Zusammenhang mit den geplanten Änderungen auch in diese Richtung etwas überlegt, da die Gefahr besteht, daß durch die Aufkündigung zum Beispiel von Mietverträgen et cetera eine wesentliche Grundlage für die Unternehmensfortführung entzogen wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Abgeordneter! In dem Bündel von Maßnahmen, die die Fortführung insolvent gewordener Unternehmen erleichtern sollen, ist auch die Frage des Fortbestehens bestehender Verträge. Es ist in der Tat oft die mietrechtliche Situation, die Schwierigkeiten macht, weil in vielen Verträgen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf der einen Seite als Kündigung von Dauerschuldverhältnissen oder von Kreditverträgen et cetera vereinbart ist und auf der anderen Seite dann, wenn ein Rückstand von Mietzinsen besteht, ein normaler Kündigungsgrund gegeben ist.

Wir schlagen in diesem sehr umfangreichen Unternehmens-Reorganisationsgesetz vor, daß bei den Bestimmungen über den Ausgleich festgelegt werden soll, daß erstens die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens kein Rücktrittsgrund sein darf und daß zweitens allein aufgrund der Mietzinsrückstände aus der Zeit vor der Ausgleichseröffnung keine Aufkündigung vorgenommen werden darf.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Haupt, bitte.

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! In diesem Zusammenhang stellt sich für mich die Frage, ob die Unternehmensfortführung in Österreich und damit auch das Erhalten der Arbeitsplätze auf dem nunmehr trister gewordenen Arbeitsmarkt nicht besser geregelt wären, wenn wir ein Verfahren nach dem amerikanischen Vorbild des Chapter-11-Verfahrens einführen würden. Wie ist Ihre Haltung von seiten des Justizministeriums dieser unserer freiheitlichen Haltung gegenüber?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Eine Übernahme 1 :  1 kommt aus dogmatischen Gründen nicht in Frage. Wir haben uns aber bei der Konzeption dieser Bestimmungen auch vom amerikanischen Modell sehr stark beeinflussen lassen.

Wir sehen zwei verschiedene Phasen vor: die Phase, bevor noch eine materielle Insolvenz eingetreten ist – es soll möglichst rechtzeitig, bevor noch materielle Insolvenz eingetreten ist, der Versuch unternommen werden, ein in Schieflage geratenes Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen; diesem Ziel soll das Unternehmens-Reorganisationsverfahren dienen –, und die Phase nach eingetretener Insolvenz, in der Erleichterungen durch Bestimmungen im Ausgleichs- und Konkursrecht geschaffen werden sollen.


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