Bundesrat Stenographisches Protokoll 645. Sitzung / Seite 18

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949/M-BR/98

In welchen konkreten Punkten wird das von Ihnen vorgelegte Strategiepapier zur Migrations- und Asylpolitik nach ersten Beratungen der zuständigen Gremien der EU modifiziert?

Präsident Alfred Gerstl: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Dieses Papier, das ein grundsätzliches Papier der österreichischen Präsidentschaft ist, wurde Anfang Juli als Erstentwurf der österreichischen Präsidentschaft dem zuständigen Gremium der Europäischen Union, nämlich dem K4-Ausschuß, vorgelegt. Es war damals geplant, daß dieser Entwurf zunächst auf Beamtenebene zwischen den 15 Mitgliedstaaten diskutiert wird, daß dann aufgrund dieser Diskussion eine Überarbeitung dieses Entwurfes stattfindet, daß Ende Oktober dieses Papier beim informellen Ministerrat in Wien erstmals auf politischer Ebene diskutiert wird, daß es im Anschluß daran an das Europäische Parlament weitergeleitet wird, daß aufgrund der politischen Diskussion weitere Veränderungen in das Papier eingebaut werden und daß in der Dezembersitzung des Europäischen Rates eine Art von Zwischenbericht zu Fragen der Migration vorgelegt wird.

Dieser Zeitplan und dieses Vorhaben der österreichischen Präsidentschaft sind durch völlig unberechtigte Angriffe von mancher österreichischen politischen Seite ein wenig erschüttert worden, die ausschließlich den Zweck gehabt haben, dem Verfasser dieses Papiers und politisch hiefür Verantwortlichen Dinge zu unterstellen, die in keiner Weise richtig sind.

Das hat dazu geführt, daß es zu einer internationalen Diskussion gekommen ist, die aber sofort beendet war, als diejenigen, die diese internationale Diskussion geführt haben, das Papier auch tatsächlich gelesen hatten. Sie sind dann draufgekommen, daß das, was dieser eine Abgeordnete – ein EU-Abgeordneter einer politischen Partei in Österreich – behauptet, keineswegs den Tatsachen entspricht und auch inhaltlich nicht in dem Papier zu finden ist.

Dieses Papier ist sehr breit angelegt. Es hat das Ziel, alle Bereiche der Migrationspolitik zu erfassen, das heißt also Einwanderung, Grenzkontrolle, Bekämpfung der Fluchtursachen in den Herkunftsländern von Migration, Bekämpfung der kriminellen Schlepperei. Es stellt den Versuch dar, einen gemeinsamen Flüchtlingsschutz in Europa zu erreichen, die Integration der Menschen, die nach Europa geflüchtet sind, zu bewerkstelligen, und es ist ein Versuch des Burden-sharings, also der Lastenaufteilung zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowohl in personeller Hinsicht als auch in finanzieller Hinsicht.

Im wesentlichen wurde dieses Papier von den Mitgliedstaaten sehr positiv aufgenommen. Aufgrund der Diskussion gibt es eine Reihe von Änderungen, die wir in das Papier einzuarbeiten versucht haben. Die erste und wesentlichste Änderung ist, eine solche Formulierung zu finden, die eindeutig klarstellt, daß Österreich die Genfer Flüchtlingskonvention nicht ablösen möchte. Zweitens wollen wir in der modifizierten Fassung des Papiers stärker auf außereuropäische Fluchtbewegungen eingehen. Drittens ist die Frage der Quotierung von Zuwanderung in den einzelnen Staaten nicht als Verpflichtung, sondern nur mehr als Empfehlung in dem Papier beinhaltet, weil sich eine Reihe von Mitgliedstaaten gegen eine Quotierung ausgesprochen hat. Wir haben in der veränderten Fassung auch versucht, Integrationsförderungsmaßnahmen stärker zu berücksichtigen, und schlußendlich haben wir die Empfehlung, daß es eine Angleichung der sozialen Leistungssysteme für Flüchtlinge in den einzelnen Mitgliedstaaten geben soll, etwas zurückgenommen, weil es hier zu unterschiedliche Beurteilungen gegeben hat.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Minister! Bedeutet der Punkt 132 in Ihrem Strategiepapier, wonach Sie sich anstelle von individuellen Bescheidverfahren ein ausgeweitetes Kontingentaufnahmeverfahren vorstellen könnten, nicht die Aufgabe der Rechtsstaatlichkeit bei gleichzeitiger Erhöhung des Aufnahmekontingents für Flüchtlinge?

Präsident Alfred Gerstl: Herr Bundesminister.


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