Bundesrat Stenographisches Protokoll 627. Sitzung / Seite 14

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Ist daran gedacht, daß im bilateralen Bereich vor den Beitrittsverhandlungen zwischen Österreich und Tschechien ein solcher Vertrag abgeschlossen wird, oder gibt es diesbezüglich nur Einzelgespräche?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Bundesrat! Ich meine, daß gerade das Beispiel der bundesdeutschen und der tschechischen Diskussion um die gemeinsame Erklärung eigentlich genau das Gegenteil zeigt, daß man sich nämlich sowohl auf deutscher als auch auf tschechischer Seite bemüht hat, die leidvolle Geschichte der beiden Völker vor Aufnahme von Beitrittsverhandlungen zu thematisieren und aufzuarbeiten. Und das halte ich auch für ganz richtig und notwendig.

Ich meine, daß in diesem Zusammenhang auch sehr richtige Worte gefunden wurden, wenn sie vielleicht auch nicht ausreichend sind. Das würde ich durchaus auch sagen. Aber die Bewegung ist da, und zum ersten Mal wird das offen ausgesprochen. Ich sage Ihnen ganz offen: Ebenso wie uns die Aufarbeitung unserer eigenen Geschichte, die auch nicht immer ruhmreich und glorreich gewesen ist, nicht erspart geblieben ist, wird die Frage "45 und danach" in diesen Ländern noch aufgearbeitet werden müssen, und zwar noch viel stärker, als das heute der Fall ist.

Wir sollten das aber nicht erzwingen, denn es ist im Interesse der Wahrheit und auch der Würde des tschechisch oder slowakischen Volkes angebracht, daß man sich dort der eigenen Geschichte stellt. Gerade das Beispiel des erwähnten Vertrages mit Deutschland zeigt, wie wichtig es ist, daß man Bilaterales nicht mit Multilateralem vermengt.

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gelangen nunmehr zur 4. Anfrage, 756/M, des Herrn Bundesrates Albrecht Kone#ny (SPÖ, Wien) an den Herrn Vizekanzler und Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten. Ich ersuche den Herrn Anfragesteller um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Albrecht Kone#ny: Herr Vizekanzler! Meine Frage lautet:

756/M-BR/97

Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen in der Regierungskonferenz bezüglich der Kompetenzen, der Größe und der Zusammensetzung der europäischen Kommission?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Bundesrat! Ich kann Ihnen jetzt auch nur einen Zwischenbericht geben und noch kein Endergebnis nennen, weil natürlich noch bis zum Ende diskutiert werden wird. Das Zwischenergebnis schaut aus österreichischer Sicht aber sehr gut aus. Wir haben uns mit unserer Linie vollinhaltlich durchgesetzt.

Ich beginne mit den Kompetenzen. Die Kommission wird nicht abgeräumt, wie das manche wollten, sondern sie wird weiterhin die unendlich wichtige Rolle als die eigentliche Hüterin der Verträge innehaben, als Motor mit alleinigem Initiativrecht im Bereich der ersten Säule. Das bleibt gänzlich unangetastet. Offen ist noch – das wäre sehr wichtig, und ich glaube, daß man daran den Erfolg dieser Regierungskonferenz öffentlich messen wird oder zu messen haben wird –, ob und inwieweit es gelingt, Fragen der Zusammenarbeit zwischen den Ressorts Inneres und Justiz zumindest teilweise an die erste Säule zu übertragen. Das ist meiner Einschätzung nach neben den Beschäftigungskapiteln und neben der Umweltfrage – die übrigens auch sehr gut für uns läuft – das zentrale Thema. Wenn das gelingt, bekommt die Kommission natürlich zusätzliche Kompetenzen, was wichtig ist.

Der zweite Punkt war die Größe der Kommission. Nach Nordwijk – ich sage das vorsichtig, weil natürlich nicht ausgeschlossen werden kann, daß das in Amsterdam nicht noch einmal aufge

rollt wird – stellt sich das Zwischenergebnis so dar, daß bis zur Erweiterung alles unverändert bleibt, das heißt: Große Länder stellen zwei Kommissare, kleine Länder stellen einen Kom


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