Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 10

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Bundesrat Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Sehr geehrter Herr Vizekanzler und Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten! Meine Frage an Sie lautet:

646/M-BR/96

Welche inhaltlichen Schwerpunkte vertreten Sie im Rahmen der Regierungskonferenz als österreichische Interessen?

Präsident Josef Pfeifer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Danke. – Herr Bundesrat! Wir haben als ein sehr aktives Mitglied in der Regierungskonferenz natürlich eine Fülle von Ideen eingebracht. Ich kann diese daher nur schlagwortartig wiedergeben.

Die jüngste Initiative ist eine gemeinsame österreichisch-italienische Initiative. Lamberto Dini, der heutige italienische Außenminister, hat bei mir nachgefragt, ob wir nicht im 50. Jahr des Gruber-De-Gasperi-Abkommens eine zusätzliche gemeinsame Initiative ins Leben rufen könnten. Es ist an sich ganz interessant: Ein Gründungsmitglied der Römer-Verträge und ein Neumitglied haben, glaube ich, sehr wichtige Themen zur Diskussion gestellt, die sonst eher untergehen. Normalerweise diskutieren wir in der Regierungskonferenz über die Institutionen, über das Stimmgewicht, sozusagen über die Machtfragen innerhalb der Union, wir jedoch haben ganz bewußt eine Initiative für Menschenrechte, für die Unionsbürgerschaft und für konkrete direktdemokratische Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger gestartet.

Diese Initiative ist, glaube ich, auch international sehr gut angekommen. In Schweizer Zeitungen ist sogar von einem helvetisch anmutenden Vorschlag aus Österreich und Italien die Rede gewesen.

Der Kern dieser Initiative zielt darauf ab, daß wir auch im Lichte der Erweiterung nur jene Länder mit aufnehmen wollen, die sich an ganz harte Kriterien bei Menschenrechten, Achtung der Minderheiten, Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit halten. Weiters haben Mitgliedstaaten, die das nicht tun, Sanktionen zu gewärtigen, die durch einen Beschluß mit qualifizierter Mehrheit – ihre Stimme wird dabei nicht mitgerechnet – wirksam werden. Das könnte bis zum Ausschluß von Stimmrechten gehen.

Wir wollen darüber hinaus die Unionsbürgerschaft stärken, das heißt, jeder Bürger der Union soll das Recht haben, neben seiner Muttersprache noch eine zweite EU-Sprache lernen zu können.

Wir wollen die Transparenz verankern, etwas, was in Skandinavien durchaus üblich ist. Jeder EU-Bürger soll Zugang zu Dokumenten haben, die im Rat, in der Kommission oder in den Parlamenten kursieren.

Weiters wollen wir versuchen, eine direkte Beteiligung der Bürger durch je ein Zehntel von Wahlberechtigten in drei Ländern zu verankern. Diese könnten zusammen eine Initiative starten und damit das Europäische Parlament zwingen, an die Kommission heranzutreten, um beispielsweise Initiativen durchzusetzen.

Ich glaube, der Vorschlag ist interessant. Er ist auch gut aufgenommen worden. Ich bin sicher, darüber gibt es noch heiße Diskussionen, aber das ist ein solcher Punkt.

Ein zweiter Punkt, der in der Öffentlichkeit besser bekannt ist: Wir haben ein eigenes, sehr umfangreiches Beschäftigungskapitel vorgeschlagen. Da ich weiß, daß später noch eine Frage dazu kommt, lasse ich das einmal so im Raum stehen.

Wir haben im Bereich Umweltschutz einige interessante Ideen vorgetragen.


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