Verbesserungen für Menschen mit Behinderung im Straßenverkehr
Nationalrat verabschiedet StVO-Novelle einstimmig
Wien (PK) – Zentraler Punkt eines verkehrspolitischen Themenblocks im Nationalrat war heute eine Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO), die vor allem Verbesserungen für Menschen mit Behinderung bringt und einstimmig beschlossen wurde. Keine Zustimmung fanden hingegen eine Initiative der Grünen auf Etablierung einer Alpentransitbörse, um den Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern, sowie die Forderung der FPÖ nach verstärkten Kontrollen von Fahrzeugen mit nicht-österreichischen Kennzeichen an den Bundesgrenzen zu den östlichen Nachbarländern. Ebenfalls in der Minderheit blieben zwei Vorstöße der NEOS, die auf mehr Transparenz sowie bessere Kooperation der Gebietskörperschaften beim Straßenbau abzielen.
StVO-Novelle unterstützt Mobilität von Menschen mit Behinderung
Durch die 27. StVO-Novelle kommt es zu einigen Erleichterungen und Verbesserungen für Menschen mit Behinderung. So wird u.a. InhaberInnen von sogenannten § 29b-Parkausweisen das Befahren von Fußgängerzonen gestattet, um ihnen den Besuch von Arztpraxen und Therapieeinrichtungen zu ermöglichen. Zudem sollen sie in Halte- bzw. Parkverboten, die durch gelbe Bodenmarkierungen kundgemacht sind, halten oder parken dürfen. Außerdem wird durch ein explizites Halte- und Parkverbot die Benützbarkeit von Leiteinrichtungen für Menschen mit Sehbehinderung sichergestellt.
345.000 Menschen mit Behinderung werde damit der Alltag wesentlich erleichtert, resümierte SPÖ-Verkehrssprecher Anton Heinzl. Sein Fraktionskollege Dietmar Keck begrüßte vor allem die Verbesserungen für sehbehinderte Menschen durch die Anordnung einer Mindesthöhe für Verkehrszeichen. Viel Lob für die Novelle spendeten auch die ÖVP-Abgeordneten Gertrude Aubauer und Andreas Ottenschläger. Das Parlament setze ein gemeinsames Zeichen in Richtung verstärkter Rücksichtnahme auf Menschen mit Behinderung, zeigte sich die Seniorensprecherin der Volkspartei erfreut. Ottenschläger wiederum verband seine Zustimmung mit einem kritischen Schwenk zu aktuellen Vorfällen in Wien. Er erinnerte an die gestrige Sperre der Ringstraße, die 74. in diesem Jahr, wie er vorrechnete, und rief dazu auf, die verschiedenen VerkehrsteilnehmerInnen nicht gegeneinander auszuspielen.
Die Sprecher der Opposition teilten die positive Eischätzung der Regierungsparteien, fanden aber in der Novelle auch einige Wermutstropfen. So vermisste Grünen-Verkehrssprecher Georg Willi eine rückwirkende Umsetzung der Regelung bezüglich der Festlegung einer Mindesthöhe für Verkehrszeichen. Kritik übte er auch an der Aufhebung des Verbots der Anbringung von Werbetafeln außerhalb des Ortsgebiets im Umfeld von Sportstätten. FPÖ-Mandatar Gerhard Deimek begrüßte grundsätzlich die Klarstellung bei den Werbeflächen, warnte aber, die Bestimmung könnte zu einer Ausweitung von Geschwindigkeitsbeschränkungen missbraucht werden. Sein Fraktionskollege Thomas Schellenbacher wiederum hätte sich eine Regelung gewünscht, die die zulässige Höhe von optischen Verkehrsschildern mit maximal 5,50 m festlegt. NEOS-Verkehrssprecher Michael Pock schließlich nahm die Vorlage zum Anlass, auch Anreize für RadfahrerInnen zu fordern, fand allerdings mit seinem Vorstoß, in Tempo 30-Zonen Fahrradverkehr gegen Einbahnstraßen zuzulassen, bei der Abstimmung kein Gehör. SPÖ-Abgeordnete Elisabeth Hakel gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, gerade in sensiblen Tempo 30-Zonen wäre Radfahren gegen die Einbahn besonders gefährlich.
Bundesminister Alois Stöger konnte die Bedenken gegen die Regelung bezüglich Werbetafeln nicht nachvollziehen und betonte, die nunmehr vorgenommene Klarstellung bringe mehr Rechtssicherheit. Es obliege jedenfalls den Bezirksverwaltungsbehörden, entsprechend den örtlichen Gegebenheiten zu entscheiden.
Alpentransitbörse: Grünen-Antrag bleibt in der Minderheit
Nicht durchsetzen konnten sich die Grünen mit ihrer Forderung auf Schaffung einer Alpentransitbörse zur Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Nach den Vorstellungen von Georg Willi und Harald Walser sollte der Staat dabei die erwünschte Zahl von LKW-Fahrten über die Alpenpässe festlegen und diese Durchfahrtsrechte an die Meistbietenden versteigern bzw. gratis auf den Markt geben, etwa als Bonus für Schienentransporte. Der grüne Verkehrssprecher rechnet damit, dass der von der Nachfrage abhängige Preis ungefähr der Differenz zwischen den Transportkosten auf der Straße und jenen auf der Schiene entsprechen werde. Bei steigenden Preisen wäre es dann günstiger, auf die Bahn umzusteigen, argumentierte Willi.
SPÖ-Mandatar Johann Hell hielt dem Vorschlag der Grünen entgegen, die Alpentransitbörse wäre mit dem aktuellen EU-Recht nicht vereinbar, eine Mehrheit für eine entsprechende Änderung der Verträge und Bestimmungen sei derzeit aber nicht in Sicht. Der Antrag Willis sei nicht ausgereift, wandte Andreas Ottenschläger namens der Volkspartei ein und warnte vor negativen Auswirkungen für heimische Unternehmen und KonsumentInnen durch weitere Belastungen des Transports.
Keine Mehrheit für verstärkte Kontrollen ausländischer Kfz an der Ostgrenze
Fahrzeuge aus Nicht-EU-Staaten hätten oft schwere technische Mängel, warnte FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker und verlangte in einem Antrag stärkere Unterwegskontrollen von Fahrzeugen mit nicht österreichischen Kennzeichen an den östlichen Grenzen. Unterstützt wurde die Initiative ausdrücklich von Rupert Doppler (o.F.), während die Abgeordneten Konrad Antoni (S) und Michael Pock (N) wenig Verständnis für den freiheitlichen Vorstoß hatten und darin eine unzulässige Diskriminierung ausländischer Kfz sahen.
Opposition für nachhaltige Finanzierung von Infrastrukturprojekten
Schließlich befasste sich das Nationalratsplenum mit Anträgen der NEOS zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten. Eine Verbesserung des Datenaustausches, mehr Transparenz und Kooperation zwischen BMVIT und Straßenbaudirektionen, forderte Michael Pock von den NEOS anlässlich einer Kritik des Rechnungshofs. Pock verlangte in dem Antrag seiner Fraktion eine Verwaltungsvereinfachung bei Länderstraßen und einheitliche Standards für die Erfassung des Straßenzustands.
In einem weiteren Antrag schlagen die NEOS eine unabhängige ExpertInnenkommission zur Sicherung der nachhaltigen Infrastrukturfinanzierung vor. Das Ziel sei, Steuergeld sparsam einzusetzen, führte Antragsteller Pock aus und stellte fest, dass die Finanzierung von Infrastrukturprojekten aus den fortlaufenden Steuereinnahmen erfolgen müsse. Die Abgeordneten der SPÖ, Harry Buchmayr und Hermann Lipitsch, unterstrichen, dass es bereits ein funktionierendes System gebe und nannten beispielhaft den aktuellen Flüchtlingstransport durch die ÖBB und das gute Funktionieren von ASFINAG und ÖBB-Infrastruktur AG. Lipitsch warnte außerdem vor einer weiteren Belastung der SteuerzahlerInnen durch Einrichtung der vorgeschlagenen ExpertInnenkommission und begründete damit die Ablehnung des Antrags durch die SPÖ.
Die Einführung eines zusätzlichen Instruments sei "nicht zielführend", stellte Walter Rauch von der FPÖ fest und wies auf bestehende Kooperationen zwischen Bund und Ländern hin. Daher lehne er die Anträge des Abgeordneten Pock als realitäts- und praxisfremd ab, so Rauch. Die Forderungen der NEOS sind überschießend, daher werde die ÖVP dem Antrag nicht zustimmen, betonte Johann Singer und sprach sich für die Lösung von Verkehrsproblemen im bewährten Rahmen des Föderalismus aus. Das Plenum folgte der Empfehlung des Ausschusses und lehnte beide Anträge der NEOS ab.
Georg Willi brachte in der Debatte einen Antrag der Grünen ein, in dem er sich gegen die Errichtung einer weiteren Piste am Flughafen Wien-Schwechat ausspricht. Eine dritte Start- und Landebahn würde aufgrund der Pistenführung zu einer Entwertung der bereits vorhandenen zweiten Piste führen. Zudem sinke die Zahl der Flugbewegungen, daher bestehe kein Bedarf für eine weitere Piste in Schwechat. Der Antrag wurde abgelehnt. (Fortsetzung Nationalrat) hof/gro