Asylthema beschäftigt neuerlich den Innenausschuss
Mikl-Leitner ortet "dramatische Zustände" in Traiskirchen
Wien (PK) – Das Thema Asyl hat heute neuerlich den Innenausschuss des Nationalrats beschäftigt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner präsentierte den Abgeordneten im Rahmen einer allgemeinen Aussprache aktuelle Zahlen und wies unter anderem auf "dramatische Zustände" im Flüchtlingslager Traiskirchen hin. Ihr zufolge sind dort derzeit rund 3.200 Personen untergebracht, 900 davon haben keinen fix zugewiesenen Schlafplatz im Gebäude bzw. in den aufgestellten Zelten. Sie müssen übernachten, "wo es nur geht", etwa in Gängen oder im Freien. BeamtInnen des Innenministeriums seien gerade dabei, Notunterkünfte, etwa in Turnsälen oder Sportzentren, zu organisieren.
Mikl-Leitner ist aber zuversichtlich, dass sich die Situation bis Ende Juli entspannen wird. Die Gespräche mit den Ländern würden gut verlaufen, betonte sie. Es sollen sowohl fixe Gebäude als auch Container bereitgestellt werden. Die Ministerin geht außerdem davon aus, dass in den nächsten Tagen weitere Kasernen belegt werden. Aktuell rechnet das Innenministerium mit bis zu 70.000 AsylwerberInnen im heurigen Jahr, täglich werden laut Mikl-Leitner rund 370 neue Asylanträge verzeichnet. Weitere Themen der Aussprache waren das neue Staatsschutzgesetz, die Zuweisung von Zivildienern und der Polizeieinsatz im Rahmen des Bilderbergtreffens in Tirol.
Einstimmig vom Ausschuss beschlossen wurde eine Änderung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, mit der der Österreichische Integrationsfonds in Bezug auf die Zertifizierung von Deutschkursen dem Weisungsrecht des Innenministeriums unterstellt wird. Zudem nahmen die Abgeordneten einen Bericht von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner über die geplante vertiefte Zusammenarbeit Österreichs mit den USA in Sachen Fingerabdruck-Austausch zur Kenntnis. Anträge der Opposition betreffend die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, strengere Strafen für Schlepper, die Gewährung eines temporären Aufenthaltsrechts für Opfer von Menschenhandel und die Evaluierung sämtlicher Überwachungsmaßnahmen wurden vertagt.
Derzeit rund 41.000 AsylwerberInnen und Fremde in Grundversorgung
Das Thema Asyl wurde in der Aussprache von zahlreichen Abgeordneten angesprochen. Insbesondere die FPÖ-Abgeordneten Dagmar Belakowitsch-Jennewein, Gernot Darmann und Christian Hafenecker forderten aktuelle Zahlen von der Innenministerin ein. Hafenecker ortet etwa eine enorme Differenz zwischen der Zahl jener Flüchtlinge, die nachgewiesener Maßen aus anderen EU-Ländern nach Österreich eingereist sind und jenen, die aufgrund des Dublin-lll-Abkommens tatsächlich rücküberstellt werden. Nicht einmal 10% der Dublinfälle würden zurückgeschickt, liest er aus den Daten des Ressorts heraus. Für ihn ist der Vertrag eindeutig gescheitert.
Von untragbaren Zuständen in Traiskirchen sprach Grün-Abgeordneter Albert Steinhauser. Er hinterfragte überdies die Rücküberstellung von Flüchtlingen nach Ungarn. Die Situation der Flüchtlinge dort entspreche nicht in Ansätzen österreichischen bzw. EU-Standards, gab Steinhauser zu bedenken. Ungarn verhänge ausufernde Haft, auch die Misshandlung von Flüchtlingen durch Sicherheitskräfte sei dokumentiert. SPÖ-Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig drängte auf eine Lösung der Unterbringungsfrage. Ihrer Meinung nach wären Bezirksquoten eine gute Lösung gewesen.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wies darauf hin, dass sich Österreich in einer Sandwichposition befinde. Flüchtlinge kämen sowohl über die Mittelmeerroute und Italien, viel mehr aber noch über die Balkanroute ins Land, skizzierte sie. Deshalb stehe sie auch in permanentem Kontakt mit Ungarn und Serbien. Um Ungarn bei der Kontrolle der serbisch-ungarischen Grenze zu unterstützen, hat Österreich ihr zufolge angeboten, 80 PolizistInnen zur Verfügung zu stellen. Auch drei Wärmebildfahrzeuge und drei Allradbusse sollen zum Einsatz kommen.
Die Zahl der Flüchtlinge, die derzeit in der Grundversorgung sind, bezifferte Mikl-Leitner mit 41.000, darunter 3.384 unbegleitete Minderjährige. 2.500 der versorgten Personen sind geduldet bzw. haben einen rechtskräftig negativen Asyl-Bescheid. Gemäß Dublin in andere EU-Staaten überstellt wurden in den ersten fünf Monaten dieses Jahres 620 Personen. 180 Flüchtlinge wurden im Gegenzug von einem anderen EU-Land zurück nach Österreich geschickt. Die Zahl der untergetauchten AsylwerberInnen wird vom Innenministerium auf rund 3.000 geschätzt, davon 2.000 Dublinfälle.
Von Anfang Jänner bis Ende Mai wurden laut Mikl-Leitner rund 5.000 Asylverfahren in erster Instanz abgewickelt. 687 Mal wurde ein gewährter subsidiärer Schutz verlängert. Außer Landes gebracht hat man in den ersten fünf Monaten 3.500 Personen, 2014 waren es insgesamt 6.000 Personen gewesen. Die einige Zeit in Ungarn geübte Praxis, AsylwerberInnen in Haft zu nehmen, wurde laut Mikl-Leitner inzwischen wieder abgestellt. Bei einer vor kurzem erfolgten Überprüfung durch eine Kommission der EU seien vor Ort keine Missstände festgestellt worden. Ungarn sei in diesem Sinn weiterhin ein sicherer Ort für Dublin-Überstellungen, sagte sie. Überstellungen nach Griechenland sind hingegen noch bis Ende des Jahres ausgesetzt, dann soll die Situation neuerlich geprüft werden.
Insgesamt bekräftigte Mikl-Leitner ihren Standpunkt, dass die Flüchtlingsfrage nur auf EU-Ebene gelöst werden kann. Auch sie sei dafür, legale Wege für Flüchtlinge nach Europa zu öffnen, hielt sie gegenüber Grün-Abgeordnetem Peter Pilz fest. Voraussetzung dafür sei aber eine faire Verteilung der Flüchtlinge. Man könne jenen, die schon jetzt den Flüchtlingsstrom kaum bewältigen, nicht noch einen zusätzlichen Rucksack aufbürden.
Staatsschutzgesetz: ÖVP bedauert Verzögerung bei der Beschlussfassung
Von mehreren Seiten angesprochen wurde auch das neue Staatsschutzgesetz. Der Regierungsentwurf liegt seit gestern dem Parlament vor. ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon bedauerte ausdrücklich, dass es nicht gelungen sei, das Gesetz noch vor dem Sommer zu beschließen. Bei gutem Willen wäre das möglich gewesen, ist er überzeugt.
Grün-Abgeordneter Peter Pilz wertete es hingegen als wichtig, sich ausreichend Zeit für die parlamentarische Behandlung des Gesetzentwurfs zu nehmen. Er sieht noch in etlichen Punkten Diskussionsbedarf. Vor allem die parlamentarische Kontrolle des Staatsschutzes ist ihm ein wesentliches Anliegen. "Vor dem Parlament darf es keine Geheimnisse geben", dieser in anderen Staaten bereits geltende Grundsatz, müsse auch in Österreich umgesetzt werden, forderte Pilz. Eine längere Verzögerung des Beschlusses lehnt auch er ab, seiner Meinung nach braucht es dringend neue Regeln für den Verfassungsschutz, um dessen Qualität zu steigern.
NEOS-Abgeordneter Nikolaus Alm hob hervor, dass im nunmehrigen Regierungsentwurf einige Anliegen der NEOS berücksichtigt worden seien. Aber auch er sieht noch einige offene Fragen, etwa was die personelle Ausstattung des Rechtsschutzbeauftragten und die Protokollierung von Datenabrufen betrifft.
Mikl-Leitner sprach sich für eine möglichst rasche Beschlussfassung des Gesetzes aus. Die neuen Bestimmungen seien im Kampf gegen Extremismus, Terrorismus, Cyberangriffe und Spionage erforderlich. Es werde ein Mehr an Befugnissen für den Staatsschutz, aber gleichzeitig auch ein Mehr an Rechtsschutz geben, unterstrich sie.
Ohne Zustimmung des Rechtsschutzbeauftragten hätten Staatsschutzbeamte keine Befugnis zu handeln, hob Mikl-Leitner einen wesentlichen Grundsatz des Gesetzes hervor. Gleichzeitig könne die Datenschutzbehörde überprüfen, ob die eingesetzten Ermittlungsmethoden legitim und verhältnismäßig seien. In weiterer Folge sei ein Rechtsweg zum Bundesverwaltungsgericht bzw. zum Verwaltungsgerichtshof und zum Verfassungsgerichtshof möglich.
Von Überlegungen, den Rechtsschutzbeauftragten durch einen Richter zu ersetzen, hat man laut Mikl-Leitner wieder Abstand genommen, da dadurch zwei Rechtsschutzinstanzen – die Prüfmöglichkeit der Datenschutzbehörde und die nachgeordnete Kontrolle eines Gerichts – weggefallen wären. Mikl-Leitner wies überdies darauf hin, dass es auch bei einer längeren Speicherung von Daten der Zustimmung des Rechtsschutzbeauftragten bedürfe und die Datenschutzbehörde auch hier Kontrollmöglichkeiten habe.
Bedarf an Zivildienern kann zu 91% gedeckt werden
Von FPÖ-Abgeordnetem Christian Lausch auf Medienberichte betreffend die Kürzung des Zivildienstbudgets angesprochen, hielt Mikl-Leitner fest, dass im diesjährigen Bundesvoranschlag 60,6 Mio. € für den Zivildienst budgetiert sind. Das ist ihr zufolge ein Plus von einer Million Euro gegenüber 2014. Da der Bedarf an Zivildienern jedoch steige, werde es heuer nur noch möglich sein, 91% der Anforderungen statt wie bisher 93% nachzukommen. Der Bedarf kleiner Einrichtungen sollte aber zur Gänze abgedeckt werden können, erklärte die Ministerin. Alle Einrichtungen hätten überdies die Chance, zusätzliche Zivildiener auf eigene Kosten anzufordern.
Abgeordneten Hermann Gahr (V) informierte die Ministerin über die Polizeieinsätze rund um das Bilderbergtreffen in Tirol und den G7-Gipfel in Bayern. Im Zuge des Bilderbergtreffens sind demnach 1.700 BeamtInnen im Einsatz gewesen. Unter anderem hat es acht Festnahmen, mehr als 1.700 Identitätsfeststellungen und mehr als 800 Rückschiebungen nach Deutschland bzw. Italien gegeben. Insgesamt seien beide Großveranstaltungen friktionsfrei abgewickelt worden. SPÖ-Abgeordneter Angela Lueger teilte Mikl-Leitner mit, dass österreichweit 2.400 Beamte an neuralgischen Punkten in Grenzgebieten und auf Transitstrecken im Einsatz sind. Team-Stronach-Abgeordnetem Christoph Hagen versicherte sie, dass die Polizei auch weiter Allradfahrzeuge beschaffen werde und der Bereich Asyl sicher nicht zu Lasten des Sicherheitsbudgets finanziert werde.
Geplänkel um "Spiegelung" des Sicherheitsberichts
Zu einem Geplänkel zwischen der Innenministerin und mehreren Oppositionsabgeordneten führte die Feststellung Mikl-Leitners, dass der Sicherheitsbericht 2014 derzeit "zum Spiegeln" beim Koalitionspartner SPÖ liege und voraussichtlich in der nächsten Sitzung des Innenausschusses behandelt werden könne. Auf Nachfrage der Abgeordneten Steinhauser, Pilz und Darmann betonte sie, dass es nur darum gehe, den SPÖ-Regierungsmitgliedern die Möglichkeit zu geben, den Bericht vor dem gemeinsamen Regierungsbeschluss zu lesen, und "selbstverständlich keine Daten und Fakten geändert werden".
Deutschkurse-Zertifizierung: Ausschuss trägt VfGH-Urteil Rechnung
Mit der Änderung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (650 d.B.) reagieren die Abgeordneten auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 2012. Der Beschluss zur Reparatur des Gesetzes erfolgte einstimmig. Konkret geht es um die Zertifizierung und Evaluierung von Deutschkursen, deren Absolvierung Voraussetzung für die Erlangung eines Aufenthaltstitels für Drittstaatsangehörige ist. Nach der Rechtsprechung des VfGH übt der weisungsungebundene Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) mit der Zertifizierung der Kursträger bzw. dem Entzug von Zertifizierungen eine hoheitliche Tätigkeit aus. Er wird daher, was diese Aufgaben betrifft, dem Weisungsrecht des Innenministeriums unterstellt.
Alev Korun kritisierte, dass zu oft Gesetze in diesem Bereich nicht mit ausreichender Sorgfalt vorbereitet und Hinweise der Opposition auf Probleme ignoriert würden. Sie kritisierte auch die Auslagerung von Agenturen, die trotzdem de facto weisungsgebunden blieben. Das sei beim ÖIF ganz klar der Fall. Dieser Darstellung widersprach Michaela Steinacker (V). Weisungen gebe es nur, wo der ÖIF hoheitliche Tätigkeiten ausführe, nicht jedoch im privatrechtlichen Bereich.
FPÖ pocht weiter auf Grenzkontrollen, Team Stronach will Schlepper strenger bestrafen
In engem Zusammenhang mit der Asyldebatte standen ein Antrag der FPÖ betreffend Wiedereinführung temporärer Grenzkontrollen (670/A(E)) sowie ein Antrag des Team Stronach, der auf strengere Strafen für Schlepper abzielt (1202/A(E)). Die FPÖ hofft, mit Grenzkontrollen die Zahl der AsylwerberInnen eindämmen zu können. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt.
Zur Frage temporärer Grenzkontrolle sagte Gernot Darmann (F), das Thema sei von der FPÖ oft angesprochen worden und so aktuell wie eh und je. Es gelte, die Konsequenzen aus Flüchtlingsströmen, Schleppertätigkeit und "Kriminalitätstourismus" zu ziehen. Das werde unterdessen auch von der Mehrheit der Landeshauptleute so gesehen. Es gebe bereits temporäre Grenzkontrollen in Europa, Dänemark plane sie, auch Frankreich habe sie an der Grenze zu Italien. Selbst die Innenministerin habe bereits von Grenzkontrollen als "letzter Maßnahme" gesprochen. Seiner Ansicht nach hätte diese Maßnahme schon längst ergriffen werden sollen. Wichtig sei es, im Sinne des Dublin-Abkommens zu handeln. Voraussetzung sei, dass man eruieren könne, in welchen sicheren Drittstaaten Flüchtlinge sich vorher aufgehalten haben.
Grün-Abgeordnete Korun hielt dem entgegen, auf die Flüchtlingstragödie in Syrien nur mit dem Dichtmachen der Grenzen reagieren zu wollen, sei eine Politik, die "schäbig und menschenverachtend" sei. Europa brauche gelebte Solidarität in der Flüchtlingsfrage statt des "Florianiprinzips", sagte sie. Korun warf der FPÖ und dem Team Stronach außerdem vor, in unzulässiger Weise die Fragen von Flucht, Asyl und Kriminalität zu vermischen. Das Problem der gewerbsmäßigen Schlepperei entstehe daraus, dass Menschen schlicht keine andere Wahl haben, als Schlepper zu bezahlen, um ihr Leben zu retten.
Koruns Fraktionskollege Peter Pilz sagte, es stimme, dass Österreich in der Flüchtlingsfrage Opfer der mangelnden Solidarität anderer europäischer Staaten sei. Hier müsse man aktiv werden, jedoch anders, als es die FPÖ fordere. Das Grundproblem liege darin, dass die EU keine legalen Fluchtwege eröffnet. Solche Fluchtwege müssten geschaffen werden, damit Syrienflüchtlinge die Möglichkeit erhalten, auf legalem Weg in ein Asylverfahren zu gelangen, forderte Pilz.
Auch Niko Alm (N) meinte, der Antrag sei zur Lösung des Problems gänzlich ungeeignet. Die Flüchtlingsfrage brauche eine europäische Lösung.
Werner Amon (V) hielt Korun entgegen, der Antrag der FPÖ sei zwar nicht zielführend, er sehe aber in der Forderung von Grenzkontrollen per se noch nichts, was den Ausdruck "menschenverachtend" verdiene. Die Frage müsse sachlich diskutiert werden. Grenzkontrollen würden auch bedeuten, dass Flüchtlinge an den Grenzstationen einen Asylantrag stellen könnten, gab er zu bedenken. Wolfgang Gerstl (V) sagte, Grenzkontrollen würden bei Problemen wie Schlepperei oder grenzüberschreitender Kriminalität wenig bringen, da sie nur punktuell wirkten. Einerseits müsse man daher auf Maßnahmen der Sicherung der EU-Außengrenze setzen und andererseits Maßnahmen wie die Schleierfahndung ausbauen. Auch Rudolf Plessl (S) ist der Meinung, dass der Vorschlag der Freiheitlichen keine Probleme löst. Er sprach sich ebenfalls dafür aus, die AGM-Gruppen zur Durchführung der Schleierfahndung personell aufzustocken und angemessen auszurüsten.
Zur Kritik der Grünen meinte Christoph Hagen (T), nicht alle Menschen, die ins Land kommen, seien schutzbedürftige Flüchtlinge, die aufgenommen werden müssten. Immer wieder gebe es Hinweise, dass sich auch Kämpfer des IS unter den illegal Einreisenden befinden. Zudem sei auch die Frage der grenzüberschreitenden Kriminalität zu beachten. Seine Forderung nach einer Höchststrafe von deutlich mehr als zehn Jahren für den Tatbestand der Schlepperei begründet Hagen damit, dass Schlepperei zu einem höchst lukrativen Geschäft einer Mafia geworden sei. Christian Lausch (F) sprach von einem "richtigen und wichtigen Antrag" des Team Stronach zum Thema Schlepperei.
Michaela Steinacker (V) wies darauf hin, dass im Fremdenpolizeigesetz bereits Straftatbestände in Zusammenhang mit Schlepperei und hohe Strafandrohungen festgeschrieben sind. Aus praktischen Gründen habe man die Bestimmungen aus dem Strafrecht ins Fremdenrecht übertragen. Ausschussobmann Otto Pendl (S) und Angela Lueger (S) sprachen sich dafür aus, die Frage, ob es zweckmäßig sei, den Tatbestand Schlepperei wieder aus dem Fremdenpolizeireicht ins Strafrecht zu übertragen, mit dem Justizausschuss zu diskutieren. Daraufhin stimmten SPÖ, ÖVP, Freiheitliche und Team Stronach einem Vertagungsantrag für den Antrag des Team Stronach zu.
Grüne fordern Aufenthaltsrecht für Opfer von Menschenhandel
Vom Innenausschuss ebenfalls vertagt wurde ein Antrag der Grünen, Opfern von Menschenhandel ein automatisches Aufenthaltsrecht für den Zeitraum eines Jahres in Österreich zu gewähren und ihnen in weiterer Folge eine Rot-Weiß-Rot-Karte zu geben, wenn sie mit den Behörden kooperieren (331/A(E)). Abgeordnete Alev Korun erhofft sich dadurch eine effizientere Bekämpfung von Schlepperbanden. Bisher gebe es sehr wenig Anzeigen und Verurteilungen von TäterInnen, da Opfer nicht mit der nötigen Sicherheit rechnen können, stellte Korun fest. Abgeordneter Nikolaus Prinz (V) sagte, es gebe seit 2014 einen gesetzlichen Schutz für Opfer des Menschenhandels, die Anzeige erstatten, doch sei sicher berechtigt, über diese Frage weiter nachzudenken.
Zugriff auf Fingerabdruck-Dateien: Abkommen mit den USA noch nicht wirksam
Österreich hat mit den USA bereits im Jahr 2012 vereinbart, die Zusammenarbeit zur Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten zu vertiefen. Einer der Kernpunkte des so genannten PCSC-Abkommens ist die Möglichkeit eines automatisierten Zugriffs auf Fingerabdruck-Dateien der jeweils anderen Seite, wobei im Falle eines Treffers personenbezogene Daten und sonstige Informationen erst auf Nachfrage – unter Beachtung des Datenschutzes – übermittelt werden. Die Durchführungsvereinbarung zum Abkommen trat am 1. Juli 2013 in Kraft. Erfahrungen über die Wirksamkeit des Abkommens gibt es bis dato allerdings noch nicht. Es werde noch an der technischen Umsetzung gearbeitet, bislang seien keine Daten auf Grundlage des Abkommens ausgetauscht worden, heißt es in einem von Innenministerin Mikl-Leitner dem Nationalrat vorgelegten Bericht. Er wurde heute vom Ausschuss mit Mehrheit, ohne die Stimmen der FPÖ, zur Kenntnis genommen.
Die Opposition stellte übereinstimmend fest, dass das Abkommen offenbar bisher kein Ergebnis gebracht hat. Seine Sinnhaftigkeit sei daher grundsätzlich zu hinterfragen, meinten Christian Hafenecker (F), Christoph Hagen (T), Niko Alm (N) und Albert Steinhauser (G). Steinhauser wies darauf hin, dass die Grünen das Abkommen kritisch gesehen hätten. Man nehme den Bericht jetzt "beruhigt zur Kenntnis", da es folgenlos geblieben sei. FPÖ-Mandatar Hafenecker sprach sich aus dem selben Grund gegen die Kenntnisnahme des Berichts aus.
NEOS urgieren "Überwachungsgesamtrechnung"
Schließlich vertagte der Innenausschuss einen Antrag der NEOS ab, der auf eine systematische Analyse und Evaluierung sämtlicher behördlicher Ermittlungsbefugnisse und -methoden abzielt, durch die Menschen überwacht werden (1195/A(E)). Sein Fraktion sei nicht grundsätzlich gegen solche Maßnahmen, sie müssten jedoch stets auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüft werden. Wenn sie sich als nicht notwendig oder unverhältnismäßig erwiesen, seien sie aufzuheben werden, forderte Abgeordneter Nikolaus Alm (N) mit Hinweis auf drohende negative Folgen eines überbordenden Überwachungsstaats. Peter Pilz (G) hielt den Antrag für sinnvoll. Abgeordneter Wolfgang Gerstl (V) stellte hingegen fest, dass Angaben über Umfang und Beurteilung von Überwachungsmaßnahmen bereits im jährlichen Sicherheitsbericht des Innenministeriums zu finden seien. Er könne noch nicht erkennen, was der Mehrwert der geforderten "Gesamtrechnung" sei, sagte er und befürwortete die Vertagung des Antrags. (Schluss) gs/sox
Links
- 1195/A(E) - eine Überwachungsgesamtrechnung
- 1/A-IA - Ausschuss für innere Angelegenheiten
- 1202/A(E) - "Höheres Strafausmaß für Schlepper"
- 670/A(E) - Durchführung temporärer Grenzkontrollen
- 331/A(E) - Opfer von Menschenhandel schützen und Täterverfolgung verbessern
- III-182 d.B. - Bericht über die Anwendung und Erfahrungen mit dem "Prüm-like-Abkommen"
- 650 d.B. - Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz