Wirtschaftskammer: NEOS wollen Finanzsituation klären
Kurze Debatte im Nationalrat über Anfrage zu Einnahmen und Aufwendungen der WKO
Wien (PK) – Für neuerliche Kritik an der Pflichtmitgliedschaft von UnternehmerInnen bei der Wirtschaftskammer (WKO) nutzten heute die NEOS den Plenartag des Nationalrats. Wirtschaftssprecher Josef Schellhorn (N) hinterfragte speziell die Finanzierung der Kammer. In einer Kurzen Debatte über die Beantwortung seiner diesbezüglichen Anfrage an Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner erklärte er auch, warum: die Einnahmen der Wirtschaftskammer überträfen aufgrund der "Zwangsmitgliedschaft" mit gesetzlich festgelegten Beiträgen bei weitem die zur Aufgabenerfüllung der Interessensvertretung benötigten Mittel. Zur Senkung der Lohnnebenkosten sei eine Reduktion der Wirtschaftskammerumlagen hoch an der Zeit, appellierte Schellhorn mit Verweis auf die Steuerreform.
Mitterlehner unterstrich, durch Tarifentlastungen und Rückerstattungen, beispielsweise bei den Sozialversicherungsbeiträgen, würden Selbständige von der angepeilten Steuerreform jedenfalls profitieren. Dass auch im Rahmen der Wirtschaftskammer Kosteneffizienz groß geschrieben werde, sehe man anhand der Zusammenlegung verschiedener Außenwirtschaftsstellen mit anderen Vertretungsbehörden der Republik.
Schellhorn fordert "freie Interessensvertretung" statt Pflichtmitgliedschaft
Um die tatsächliche Finanzsituation der Wirtschaftskammer transparent zu machen, hatte Abgeordneter Schellhorn in seiner Anfrage genaue Informationen über Einnahmequellen der Kammer sowie die Höhe der Rücklagen und Personalkosten bzw. Ruhebezüge, inklusive jener für ehemalige WKO-FunktionärInnen verlangt. Aus dem Antwortschreiben gehe hervor, monierte er, dass sich sowohl Einnahmen als auch Personalstand im "finanziellen Schlaraffenland" Wirtschaftskammer zwischen 2004 und 2014 drastisch erhöht hätten, während das Wirtschaftswachstum stagniere. Der Personalstand der Außenhandelsstellen sei dabei noch gar nicht miteingerechnet. Österreichs Betriebe könnten sich aufgrund der schwächelnden Konjunktur keine neuen MitarbeiterInnen leisten, dennoch habe alleine die WKO Tirol ihre Mitarbeiterzahl von 219 Personen auf 290 gesteigert, so der NEOS-Mandatar. Keinerlei Angaben gebe es überdies zu den Budgets ausgelagerter Tochterunternehmen der WKO wie dem WIFI, die privaten Einrichtungen Konkurrenz machten.
Zur von der Regierung im Rahmen der Steuerreform propagierten Entlastung der UnternehmerInnen sollte jedenfalls die Kammerumlage II für die Landesorganisationen der WKO abgeschafft werden, empfahl Schellhorn eindringlich. Generell appellierte er, die Wirtschaftskammer zu einer freien Interessensvertretung ohne verpflichtende Mitgliedschaft umzuformen.
Mitterlehner verweist auf Synergien bei Auslandsvertretungen
Mit allen verfügbaren Zahlen zur Finanzentwicklung der Wirtschaftskammer seien die NEOS in der schriftlichen Anfragebeantwortung versorgt worden, verwies Vizekanzler und Wirtschaftsminister Mitterlehner auf die tabellarische Auflistung diverser Beitragsformen, Aufwendungen und gesetzlich vorgeschriebener Rücklagen. Detaillierte Auskünfte zu einzelnen Pensionszahlungen könne er zwar nicht geben, da sein Ministerium nur die ordnungsgemäße Verwaltung der Wirtschaftskammern Österreichs prüfen dürfe; genauso lägen keine Daten über ausgegliederte WKO-Unternehmen vor. Dezidiert zurück wies Mitterlehner aber die Vermutung, Funktionärinnen und Funktionäre der Kammer erhielten Versorgungs- bzw. Ruhebezüge. Hinsichtlich der Aufwendungen für WKO-Vertretungen im Ausland sagte der Minister, durch die Zusammenlegung von Außenwirtschaftsstellen mit Botschaften und Einrichtungen der Österreich Werbung schaffe man laufend Synergien zur effizienten Kostenverwaltung.
Regierungsfraktionen heben WKO-Leistungen für die Wirtschaft hervor
Als Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich betonte Christoph Matznetter (S), die Interessensvertretung WKO agiere nach völlig demokratischem Prinzip, anders als etwa ein Lobbyingverein – international erhalte sie wie die heimische Sozialpartnerschaft insgesamt daher viel Beifall. Wohl gehöre das System verbessert, räumte er ein, doch sollten Reformen immer mit dem Gesamtnutzen für die Wirtschaft im Fokus erfolgen, gerade hinsichtlich der lokalen Verankerung der Kammern in den Bundesländern. Brigitte Jank (V), ehemalige WKO Wien-Chefin, hielt fest, durch den Anstieg bei den Kammermitgliedern in den letzten Jahren erhalte die Kammer nicht nur mehr Beiträge, sie müsse auch ausgeweitete Unterstützungsleistungen erbringen. Die Wirtschaftskammer abzuschaffen würde besonders den kleinen Unternehmen schaden, zumal für diese kaum Kammerumlagen anfielen. Letztlich, analysierte Jank, versuche die Opposition mit ihren Vorwürfen lediglich politisches Kleingeld zu wechseln.
Geeinter Oppositionsappell zur Kammerreform
Der NEOS-Protest gegen die bestehende Ausgestaltung der Wirtschaftskammer fand hingegen bei den übrigen Oppositionsparteien geschlossene Unterstützung. Axel Kassegger (F) und Georg Vetter (T) forderten vehement ein Ende der "Zwangsmitgliedschaft" bei der WKO. In Kassegers Augen stimmt die Kosten-Nutzen-Rechnung einer WKO-Mitgliedschaft für Unternehmen nicht, speziell wenn sie Mehrfachmitgliedschaften eingehen müssten. Unbedingt seien die betrieblichen Leistungen an die Länderkammern einzusparen. Die Pflichtmitgliedschaft bei der Kammer laufe den Grund- und Freiheitsrechten zuwider, konstatierte Vetter, ebenso wie andere obligatorische Aufwendungen wie Sozialversicherungsbeiträge oder Rundfunkgebühren.
Matthias Köchl (G) warnte vor überzogenem Populismus in der WKO-Debatte, allerdings kritisierte auch er den "Kammerapparat" als übermäßig gewachsen. Bundesweit organisierte Sparten könnten zielgerichteter agieren als die unzähligen Fachgruppen in den Ländern, schlug er vor, dagegen wären einzelne Bundesgremien, etwa jene für Standseilbahnen, besser aus Wien auszulagern. Die Kammerumlage II würde er lieber schrittweise zurückfahren als die Beiträge völlig zu streichen, um Budgetengpässe in den Ländern zu vermeiden. Gerald Loacker (N) wiederum erinnerte die Regierungsfraktionen, tatsächlich funktionierten auch freiwillige Interessensvertretungen wie der Österreichische Gewerkschaftsbund oder der Apothekerverband sehr gut; ein Festhalten an der verpflichtenden Mitgliedschaft bei der WKO sei also keineswegs notwendig. Zum Ausmaß der Kammerumlage bemerkte er, weil das Gesetz hier Obergrenzen ermögliche, brauche der Gesetzgeber diese nur zu senken. (Fortsetzung Nationalrat) rei