Die erste starke Frau inmitten von starken Männern
Porträt von Barbara Prammer im Parlament enthüllt
Wien (PK) – Die Porträtgalerie der ehemaligen Nationalratspräsidenten im Parlament hat ihr erstes weibliches Gesicht. Unter Beisein von viel Prominenz enthüllte Nationalratspräsidentin Doris Bures heute im Hohen Haus gemeinsam mit Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann und der Künstlerin Eva Schlegel ein Porträt ihrer Amtsvorgängerin Barbara Prammer, die im August vergangenen Jahres verstorben ist. Die zurückhaltende Fotoarbeit reiht sich in die künstlerischen Abbildnisse jener zehn Männer ein, die, angefangen von Leopold Kunschak bis hin zu Andreas Khol, seit 1945 an der Spitze des Nationalrats standen.
Acht Jahre lang, von 2006 bis 2014, lenkte Prammer die Geschicke des Parlaments. Sie sei eine herausragende Persönlichkeit gewesen, betonte Faymann, ihr Name stehe unter anderem für Toleranz und Respekt, für Fairness und Gerechtigkeit. Die Wertschätzung für Prammer reiche weit über die Grenzen Österreichs hinaus, meinte auch Bundespräsident Fischer und berichtete, dass er sehr oft im Ausland auf sie angesprochen werde. In Anlehnung an seine Rede bei der Trauerfeier hielt Fischer fest, Prammer sei vieles gewesen, vor allem aber auch ein liebenswerter Mensch. Bures erinnerte daran, dass die verstorbene Nationalratspräsidentin Vorbild für viele Frauen gewesen sei.
Das von Schlegel gestaltete Porträt ist die erste Fotoarbeit unter den im Empfangsalon des Parlaments präsentierten Kunstwerken, deren Palette von klassisch bis modern reicht. Für den posthum entstandenen Siebdruck aus Blei hat Schlegel eine Farbfotografie des Fotografen Georg Wilke herangezogen und sie in eine fein abgestimmte schwarz-weiße Tonalität transformiert. Das dezente Werk hebt sich deutlich vom daneben hängenden Holzrelief ab, mit dem Josef Kern Prammers Amtsvorgänger Andreas Khol ein bildnerisches Denkmal setzte.
Prammer konnte die Künstlerin nicht mehr selbst auswählen, das haben ihre Tochter Julia und ihr Sohn Bertram mit Unterstützung von Hans-Peter Wipplinger, Direktor der Kunsthalle Krems und Kunstkurator des Parlaments, für sie getan. Nicht zufällig haben sich die beiden dabei für eine Künstlerin und für das Medium Fotografie entschieden, eine Kunstform, der Prammer viel Sympathie entgegenbrachte. Er habe das Glück gehabt, Prammer noch selbst kennenlernen zu können, sagte Wipplinger, sie sei sehr kunstaffin gewesen.
Schlegel hat das von ihr bearbeitete Foto aus einer Reihe ganz unterschiedlicher Fotos von Prammer ausgewählt, wie sie erzählte. Im Zuge der Entstehung des Bildes hat sie das Porträt auch gerade gestellt und viel mit Dunkelheit und Helligkeit experimentiert. Letztendlich habe sie sich bewusst dafür entschieden, Prammer "sehr duftig und frei gestellt" darzustellen, erklärte Schlegel, da diese auch als Person Freiraum beansprucht habe. Der prägende Hintergrund, die Säulen des Parlaments, sei aber sichtbar geblieben.
Schlegel gehört zu den renommiertesten österreichischen Künstlerinnen. Die gebürtige Tirolerin lebt und arbeitet seit langem in Wien. 2011 war sie Kommissärin des Österreichischen Pavillons bei der 54. Biennale in Venedig. Zwischen 1997 und 2006 lehrte sie als Professorin für Kunst und Fotografie an der Wiener Akademie der bildenden Künste.
Bures: Bild Prammers erinnert an verdienstvolle Präsidentin
Dass Nationalratspräsidenten nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt porträtiert werden, ist eine alte Tradition. Diese Tradition habe nichts mit unzeitgemäßem Pathos oder gar mit selbstherrlichem Personenkult zu tun, bekräftigte Bures. Vielmehr sei sie ein Ausdruck der Erinnerung an Menschen, die sich der Demokratie und dem Dienst an der Gemeinschaft verschrieben haben und während ihrer Amtszeit Spuren im Parlament hinterließen. In diesem Sinn ist die über Jahrzehnte gewachsene kleine Galerie im Empfangsalon für sie nicht nur eine aufschlussreiche Dokumentation österreichischer Porträtmalerei, sondern auch ein Zeitdokument der jüngeren österreichischen Geschichte.
Das Porträt von Prammer erinnere an eine verdienstvolle Präsidentin, unterstrich Bures. Und es stehe auch für die Gleichberechtigung der Frauen, die Prammer zeitlebens ein wichtiges Anliegen war.
Bundespräsident Fischer, nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Nationalratspräsidenten selbst farbkräftig von der Malerin Xenia Hausner porträtiert, wies in seiner Rede launig darauf hin, dass nicht alle im Empfangssalon hängenden Porträts auf Wohlwollen in der Öffentlichkeit gestoßen sind. Ohne das Bild noch zu kennen, zeigte er sich aber genauso wie Faymann überzeugt, dass Schlegel ein herausragendes Werk gelungen ist. Gestorben ist man nicht, wenn das Herz zu schlagen aufhört, sondern wenn man in Vergessenheit geraten ist, zitierte Fischer einen oft auf Partezetteln zu findenden Spruch, ein Buch und ein Bild können für ihn, abseits von Erinnerungen und Gesprächen, jemanden in besonderer Weise lebendig halten.
Prammer stand nicht nur als Nationalratspräsidentin in der Öffentlichkeit. Ihre politische Karriere begann sie als Landesrätin in Oberösterreich. Später wurde sie als Frauenministerin in die Regierung geholt und saß insgesamt fast 15 Jahre für die SPÖ im Nationalrat, davon zwei Jahre als Zweite und acht Jahre als Erste Präsidentin. Auch innerhalb ihrer Partei hatte sie wichtige Funktionen inne, unter anderem war sie langjährige Bundesfrauenvorsitzende und Stellvertretende Bundesparteivorsitzende.
Buch der Erinnerung mit Trauerreden und Nachrufen
Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch ein Erinnerungsbuch präsentiert, für das Gerhard Marschall, Christina Hornek-Zeiss und Reinhard Deutsch die berührendsten und eindrucksvollsten Nachrufe auf Prammer zusammengetragen haben. Darunter befinden sich nicht nur die bei der Trauerfeier gehaltenen Reden und zahlreiche Nachrufe in den Medien, sondern auch eine Auswahl der tausenden, oft sehr persönlichen Einträge in die Kondolenzbücher.
Man habe sich durch mehr als 10.000 Texte durchgelesen und durchgearbeitet, manchmal auch durchgeweint und immer wieder auch durchgelächelt, schilderte Co-Herausgeber Deutsch. Eigentlich habe man mit dem Band ursprünglich Gedanken zu Prammer nachhaltig festhalten wollen, bevor sie im Dunkel der Archive verschwinden, unversehens sei aus der Textsammlung aber ein hochpolitisches Buch geworden. Es kommen Wählerinnen und Wähler zu Wort, gewählte Amtsträger und Amtsträgerinnen, Freundinnen und Freunde, Prominente und Unbekannte. Aus einer Abfolge von Texten sei, so Deutsch, ein Konzert der Stimmen geworden. Das 224 Seiten starke Buch mit dem Titel "Danke, Barbara!" ist in der Edition Ausblick erschienen.
Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung im Parlament von der Frauen-Formation "Madame Baheux", wobei das Quintett als besonderen Höhepunkt den Barbara-Prammer-Marsch intonierte, der von der Gardemusik des Bundesheers komponiert und zu Prammers 60. Geburtstag vor etwas mehr als einem Jahr uraufgeführt wurde. Durch die Veranstaltung führte Parlamentsdirektor Harald Dossi. (Schluss) gs
HINWEIS: Fotos von der Veranstaltung finden Sie im Fotoalbum auf www.parlament.gv.at.