Parlamentskorrespondenz Nr. 955 vom 23.10.2014

Nationalrat spricht sich für Reform der Bundestheater-Holding aus

Wien (PK) – Die Ereignisse um das Burgtheater und die Frage der Zukunft der Bundestheater-Holding dominierten erwartungsgemäß in der heutigen Sitzung des Nationalrats die Debatte über den Kulturbericht 2013. Dabei wurde aber auch unterstrichen, dass der Bericht die gute Arbeit, die von den  Kulturinstitutionen des Bundes geleistet wird, aufzeigt. Der Bericht wurde mehrheitlich, ohne die Stimmen der FPÖ, zur Kenntnis genommen.

Kulturbericht 2013 zum breiten Spektrum der Bundeskulturinstitutionen

Wendelin Mölzer (F) hielt fest, der an sich informative Bericht werde von seiner Fraktion nicht zur Kenntnis genommen, da sich darin eine verfehlte Kulturpolitik widerspiegle. Zur Frage der Bundestheater-Holding erwartete Mölzer sich die Klärung wesentlicher Punkte durch einen Unterausschuss des RH-Ausschusses, der nun eingerichtet wird. Nicht zuletzt werde dort die politische Verantwortung zu klären sein, wobei Mölzer diese vor allem bei der ehemaligen Ministerin Claudia Schmied sah. Mölzer brachte einen Entschließungsantrag für die Einrichtung einer Transparenzdatenbank für Subventionen im Bereich Kunst und Kultur ein, blieb aber mit diesem Ansinnen in der Minderheit.

Der Kulturbericht sei ein beeindruckender Leistungsbericht der Kultursektion, sagte Elisabeth Hakel (S). Erfreuliche Entwicklungen gebe es etwa beim freien Eintritt für Jugendliche bis 19 Jahren in den Bundesmuseen und den Programmen zur Kulturvermittlung für Kinder. Zufrieden merkte sie an, dass der Denkmalschutz professionalisiert und der Büchereientwicklungsplan weiter vorangetrieben wurde. Ihre Fraktionskollegin Christine Muttonen verwies auf die Wichtigkeit der Förderprogramme zum internationalen Austausch für KünstlerInnen, wie etwa Artist in Residence-Programme.

SPÖ-Abgeordnete Gisela Wurm hob die zahlreichen positiven Beispiele der Frauenförderung im Kunstbereich hervor. Das Mentoring Programm für Künstlerinnen etwa zeitige sehr positive Ergebnisse. Sie sah es als erfreuliches Zeichen der Veränderung im Kulturbereich, dass nun sowohl das Burgtheater als auch die Akademie der Bildenden Künste von Frauen geleitet werden. Ruth Becher (S) thematisierte die wichtige Rolle und die Erfolge der Bundesmuseen und meinte, Österreich habe im Museumsbereich sowohl quantitativ als auch qualitativ sehr viel zu bieten, das dem internationalen Vergleich standhalte.

Auch Maria Fekter (V) lobte die umfassende und informative Gestaltung des Kulturberichts. Der Burgtheaterskandal dürfe nicht den Blick auf die vielen gut geführten Kulturinstitutionen verstellen, die auch ein bedeutender Faktor für den Tourismus seien.

Wolfgang Zinggl (G) erinnerte daran, dass für die Bundestheater-Holding eine kostspielige Effizienzanalyse durchgeführt wurde, die sich als völlig wirkungslos gezeigt habe. Die Lehre daraus sei, dass ohne eine Leitung, die bereit sei, Maßnahmen auch umzusetzen, niemals gespart werde. Das Problem sah Zinggl in "feudalen" Verhältnissen in der Führung von Bundestheater-Holding und Burgtheater. Ministerin Schmied habe diese Verhältnisse sehr wohl gekannt und gedeckt. Sie habe einen Trümmerhaufen hinterlassen und wolle nachträglich keine Verantwortung übernehmen.

Marcus Franz (T) lobte den Bericht grundsätzlich, sah aber einige ungeklärte Entwicklungen in den Budgets einiger Einrichtungen. So sei etwa im Naturhistorischen Museum (NHM) der Anteil der "besonderen Ausgaben" auffällig stark angestiegen, ohne dass dafür eine Erklärung geliefert werde.

Beate Meinl-Reisinger (N) verwies darauf, dass alle Bundeskulturinstitutionen zunehmend über budgetäre Probleme klagen. In Zeiten knapper Budgets sei es besonders wichtig, eine gezielte Kulturpolitik zu betreiben, für die Institutionen neue Wege zu definieren und nicht das Alte immer fortzuschreiben. Auch Meinl-Reisinger kam im Zusammenhang mit der ihrer Ansicht nach "vernichtenden Kritik" des RH-Berichts zur Bundestheater-Holding auf die "feudalen Zustände" im Burgtheater zu sprechen. So leiste man sich ein übergroßes Ensemble. Die NEOS-Kultursprecherin forderte in einem Entschließungsantrag, die nunmehr zersplitterte Kunst- und Kulturvermittlung im Kulturministerium in einer eigenen Sektion zusammenzufassen, womit sie aber in der Minderheit blieb.

Kulturminister Josef Ostermayer teilte Abgeordnetem Franz mit, das NHM habe einige wichtige Erweiterungen seines Angebots durchgeführt, welche die Zunahme der Sonderausgaben rechtfertigten. Er freue sich, wie positiv die Bestellung von Karin Bergmann als Direktorin des Burgtheaters aufgenommen wurde, sagte der Kulturminister und nahm das Ensemble des Burgtheaters gegenüber den Vorwürfen von Meinl-Reisinger in Schutz. Es sei bereits reduziert worden und er gebe auch zu bedenken, dass es zwei große Häuser zu bespielen habe. Das Burgtheater habe bereits viele Maßnahmen umgesetzt, um mit dem vorhandenen Budget finanziell über die Runden zu kommen.

Ostermayer hielt fest, dass er eine umfassende Prüfung des Burgtheaters beim Rechnungshof bestellt habe, die laut RH-Präsident Moser bereits angelaufen sei. Der Minister unterstrich auch, dass künftig alle Leitungsfunktionen der Bundeskulturinstitutionen selbstverständlich öffentlich ausgeschrieben werden. Er habe auch darauf geachtet, dass nun überall ein weisungsfreies Vieraugenprinzip gelte. Er habe eine Evaluierung der Bundestheater-Holding in Hinblick auf die beste Organisationsform, ohne alle Vorgaben in Auftrag gegeben. Je nach Ergebnis werde das Bundestheatergesetz dann geändert und bei einem Weiterbestehen der Holding die Position des Geschäftsführers für die Zeit nach 2015 ausgeschrieben, kündigte er an.

Abgeordnete für besseres Controlling in der Bundestheater-Holding

Als Konsequenz der Probleme am Burgtheater haben Abgeordnete der SPÖ, ÖVP und FPÖ einen gemeinsamen Antrag formuliert, in dem sie für die umfassende Berücksichtigung der Empfehlungen des Rechnungshofes im Reformprozess der Bundestheater-Holding eintreten. Sie fanden damit breite Unterstützung, der Antrag wurde einstimmig angenommen.

SPÖ-Kultursprecherin Elisabeth Hakel (S) ortete einen parteiübergreifenden Konsens, dass es in der Bundestheater-Holding eine Reihe von Mängel gab und auch das Kulturressort seine Führungsverantwortung nicht immer ausreichend wahrgenommen hat. Hier werde sicher noch einiges aufzuklären sein.

Wie Hakel wertete auch ÖVP-Kultursprecherin Maria Theresia Fekter den Entschließungsantrag als ausdrücklichen Wunsch des Parlaments nach Berücksichtigung der RH-Empfehlungen bei der Organisationsanalyse der Bundestheater. Es sei wichtig, dass für den Bundestheater-Konzern künftig neben dem Kulturauftrag auch die Aufgaben in den Bereichen Kontrolle und Controlling klar definiert werden, sagte Fekter.

Walter Rosenkranz (F) erklärte, seine Fraktion werde selbstverständlich zustimmen, wenn gefordert werde, dass Rechnungshof-Empfehlungen umzusetzen seien. Offenbar habe in dieser Frage ein Lernprozess bei SPÖ und ÖVP stattgefunden. 

Wolfgang Zinggl (G) meinte, auch die Grünen würden dem im Grunde redundanten Antrag zustimmen. Er kritisierte allerdings scharf, dass die Evaluierung der Organisation ausgerechnet von derselben Firma durchgeführt werde, die damals die Bundestheater-Holding konzipiert hat. Es sei fraglich, ob das zu einem brauchbaren Ergebnis führen wird.

Beate Meinl-Reisinger (N) teilte Zinggls Meinung, dass der Antrag nur eine Selbstverständlichkeit ausdrücke. Auch sie meinte, dass es einen seltsamen Beigeschmack habe, wenn die Holding-Struktur gerade von jener Firma, die sie bei der Ausgliederung aufgesetzt hat, evaluiert wird.

Leichtere Subventionsabwicklung für Filmproduktionen

Der Nationalrat behandelte auch eine Änderung des Filmförderungsgesetzes zur erleichterten Abwicklung von Filmsubventionen, die einstimmig befürwortet wurde.

Elisabeth Hakel (S) erläuterte, die Novelle bringe eine Unterscheidung zwischen kommerziellen und kulturell bedeutenden Filmwerken, wobei für letztere in Einklang mit EU-Bestimmungen nun deutlich höhere Fördersätze festgelegt werden können.

Martina Diesner-Wais (V) legte ein Bekenntnis zum Kulturgut österreichischer Film ab. Die Neuregelung erlaube eine bessere Förderung gerade von regionalen und künstlerisch bedeutsamen Filmwerken.

Walter Rosenkranz (F) verwies auf die Bedeutung der Filmförderung für den österreichischen Film. Ein Problem sehe er nur in der vom Kulturausschuss getroffenen Ausschussfeststellung, wonach künftig auch regionale Filmfestivals gefördert werden dürfen. Die Förderbestimmungen seien hier zu wenig klar, um einen Missbrauch von Fördermitteln zu verhindern, argumentierte Rosenkranz.

Harald Walser (G) war überzeugt, dass der Weg der österreichischen Filmförderung in den letzten Jahren richtig war. Es gebe auch hervorragende Ausbildungsstätten, durch die das kreative Potenzial im Bereich Film sich entfalten kann. Fragwürdig sei allerdings, wie der explizit geforderte "künstlerische Gehalt" und "Beitrag zur österreichischen Identität" bei Förderansuchen für Filme bewertet werden könne.

Beate Meinl-Reisinger(N) begrüßte die Novelle, durch die das Filmförderungsgesetz mit der Gruppenfreistellungs-Verordnung der EU konform gemacht werde. Es sei allerdings fraglich, wie Förderkriterien wie "kulturelle Bedeutung" festgelegt und überprüft werden.

Kulturminister Josef Ostermayer unterstrich, dass zum Erfolg des österreichischen Films sicher auch die Erhöhung der Filmförderung beigetragen habe. Ein wichtiger Faktor sei jedoch das große Potenzial an kreativen Filmschaffenden. Die Novelle bilde einen weiteren Baustein in der Absicherung des hohen Niveaus der Filmförderung. Er versicherte, dass die Bewertung von Förderansuchen durch unabhängige Fachjurys vorgenommen werde. Ostermayer war auch überzeugt, dass die TTIP-Verhandlungen den audiovisuellen Bereich unbedingt ausklammern müssen, da sonst Förderungen als Wettbewerbsverzerrungen gewertet werden könnten und europäische Produktionen ins Hintertreffen gegenüber dem amerikanischen Film geraten würden.

Preisbindung bei Büchern wird auf E-Books ausgedehnt

Auf der Tagesordnung stand auch eine Novelle des Buchpreisbindungsgesetzes, dessen Bestimmungen künftig auch für E-Books gelten. Die Novellierung erfolgt durch einen Initiativantrag von Abgeordnete der SPÖ, ÖVP und FPÖ, der im Plenum Zustimmung in allen Fraktionen fand, wobei die NEOS aber nur teilweise zustimmten.

E-Books stellen eine immer wichtigere Ergänzung des analogen Buchs dar, sagte Katharina Kucharowits (S). Es sei daher wichtig, faire Preise sowohl für die UrheberInnen der Werke und für die LeserInnen zu sichern. Dem trage man mit der Buchpreisbindung auch für E-Books Rechnung.

Beatrix Karl (V) wertete die Tatsache, dass der Großteil des Umsatzes immer noch auf den klassische Buchhandel entfällt als Beweis dafür, dass die Buchpreisbindung nicht die immer wieder behaupteten negativen Auswirkungen am Buchmarkt hat. Die Novelle trage der technischen Entwicklung am Buchmarkt Rechnung.

Wendelin Mölzer (F) sah es als Selbstverständlichkeit, dass dass Gesetze mit der technischen Entwicklung Schritt halten müssen. Er warnte aber davor, dass große Konzerne auf dem Buchmarkt die kulturelle Vielfalt zerstören könnten und forderte Wachsamkeit ein.

Der Grüne Kultursprecher Wolfgang Zinggl (G) unterstütze den Antrag, verwies aber gleichzeitig darauf, dass von TTIP eine ernste Gefahr für die Buchpreisbindung ausgehe. Es gelte, eindeutig Stellung gegen die Bestrebungen von Großkonzernen zu nehmen, die den Buchmarkt dominieren wollen. Es sollten alle kulturellen Belange grundsätzlich aus den TTIP-Verhandlungen ausgenommen werden, forderte er per Entschließungsantrag. Dieser blieb jedoch in der Minderheit.

Beate Meinl-Reisinger (N) hielt fest, dass zwei Abgeordnete ihrer Fraktion der Novelle nicht zustimmen würden, da der Gesetzestext nach ihrer Ansicht viele wichtige Fragen offen lasse und zudem der technischen Entwicklung bereits wieder hinterherhinke.

Kulturminister Josef Ostermayer zeigte sich erfreut über die breite Zustimmung und stellte fest, dass Österreich mit diesem Gesetz Vorreiter in Europa ist. (Fortsetzung Nationalrat) sox

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