Parlamentskorrespondenz Nr. 604 vom 24.06.2014

Nationaler Aktionsplan für Menschenrechte kommt im Sommer 2015

Wien (PK) – Die Bundesregierung soll sich in Zukunft für die Förderung und den Schutz der Rechte von KleinbäuerInnen sowie für die Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit gegen Menschenhandel einsetzen. Dafür hat sich der Menschenrechtsausschuss heute einstimmig ausgesprochen.Vertagt wurden hingegen alle sieben Oppositionsanträge, die außerdem auf der Agenda des Ausschusses standen. Laut Josef Ostermayer soll im Sommer 2015 der im Regierungsprogramm in Aussicht gestellte Nationale Aktionsplan für Menschenrechte beschlossen werden. Das teilte der Kanzleramtsminister den Ausschussmitgliedern in einer aktuellen Aussprache mit.

Ostermayer verteidigt Entwurf für Informationsfreiheitsgesetz

Im Rahmen der Aktuellen Aussprache mit Kanzleramtsminister Josef Ostermayer ging es unter anderem um den Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin heute in Österreich und die österreichische Roma-Strategie. Während FPÖ-Abgeordneter Philipp Schrangl den Putin-Besuch ausdrücklich begrüßte und seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, dass Österreich als Brückenbauer zwischen der EU und Russland fungieren werde, äußerte sich Grün-Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill skeptisch. Vor allem die im Zuge des Besuchs vorgenommene Unterzeichnung eines Vertrags über die Gas-Pipeline South Stream zwischen der OMV und Gazprom wurde von ihr hinterfragt.

Ostermayer hielt dazu fest, dass es in der EU nicht nur kritische, sondern auch positive Stimmen zum Besuch Putins in Österreich gegeben habe. So hätten sich etwa der deutsche und der ukrainische Außenminister positiv geäußert. Er selbst wertete es als wichtig, vorhandene Gesprächsebenen zu nutzen. Der Vertrag mit der Gazprom wurde laut Ostermayer von der OMV unter der Bedingung unterschrieben, dass europarechtliche Vorgaben eingehalten werden.

Was die Roma-Strategie betrifft, sind nach Auskunft des Ministers drei Studien beauftragt worden, die sich mit der Lebenswelt der Roma befassen. Darauf aufbauend sollen Maßnahmen gesetzt werden. So sind etwa seitens des Sozialressorts spezifische Maßnahmen zur besseren Integration der Roma in den Arbeitsmarkt geplant. Das von der Gemeinde Wels ausgesprochene Campierverbot ist, wie er SPÖ-Abgeordnetem Franz Kirchgatterer mitteilte, nicht gesetzeskonform zustande gekommen, der Gemeinderat habe seinen Beschluss aber noch nicht geändert.

Ein neuer Anlauf für eine Änderung des Volksgruppengesetzes ist derzeit nicht geplant, informierte Ostermayer Ausschussvorsitzende Alev Korun (G). Nachdem ein fast fertig ausverhandelter Gesetzentwurf in der letzten Legislaturperiode an einzelnen Widerständen gescheitert sei, halte er eine Abkühlphase für sinnvoll, sagte der Minister. Grundsätzlich hält er es aber nach wie vor für sinnvoll, die Autonomie der Volksgruppen bei der Verteilung der Fördermittel zu stärken.

Gegenüber Grün-Abgeordnetem Albert Steinhauser verteidigte Ostermayer den Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz. Ausnahmen vom Grundsatz der Informationsfreiheit könnten zwar einfachgesetzlich festgelegt werden, räumte er ein, allerdings nur innerhalb der verfassungsgesetzlich vorgesehenen Schranken. Von der Einrichtung eines Informationsbeauftragten hat man ihm zufolge deshalb Abstand genommen, weil man sonst wieder vom im Zuge der Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit eingeschlagenen Weg abgewichen wäre, alle Sonderbehörden aufzulösen. Überdies würde sich im Streitfall durch einen Informationsbeauftragten der Rechtsweg verlängern, machte er geltend.

Aktionsplan Menschenrechte soll im Sommer 2015 beschlossen werden

Der im Regierungsprogramm verankerte Nationale Aktionsplan Menschenrechte soll im Sommer 2015 beschlossen werden, teilte Ostermayer ÖVP-Abgeordneter Elisabeth Pfurtscheller mit. Es habe bereits ein Forum mit NGOs gegeben, auf Basis der Ergebnisse dieses Forums werde nun vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts und des Völkerrechtsbüros ein Erstentwurf erstellt. Dieser erste NAP-Entwurf soll über die Volkanwaltschaft an die NGOs übermittelt und anschließend noch zwischen den Ministerien akkordiert werden. Auch das Ergebnis der laufenden periodischen Österreich-Überprüfung durch die UNO soll in den Aktionsplan einfließen.

Von Abgeordnetem Josef Muchitsch (S) auf die Verankerung sozialer Grundrechte in der Verfassung angesprochen, hielt Ostermayer fest, das Thema habe aus seiner Sicht an Virulenz verloren, weil der Verfassungsgerichtshof entschieden habe, dass die EU-Grundrechtecharta auch innerstaatlich anzuwenden sei. Skeptisch ist Ostermayer was die Verankerung der Menschenwürde in der Verfassung betrifft, er sieht hier keinen Handlungsbedarf, verwies aber auf die geplante parlamentarische Enquetekommission.

In Richtung ÖVP-Abgeordneter Maria Fekter versicherte Ostermayer, dass in Bezug auf eine geplante türkische Predigerschule in Wien weder an die Erteilung des Öffentlichkeitsrechts noch an einen bilateralen Vertrag mit der Türkei gedacht sei. Abgeordneten Norbert Sieber (V) informierte der Minister, dass das Rechtsgutachten, das die EU-Kommission beim Europäischen Gerichtshof zur Frage des Beitritts der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention in Auftrag gegeben habe, im Herbst vorliegen soll.

In der Frage der Fremdkindadoption gleichgeschlechtlicher Paare gibt es laut Ostermayer nach wie vor unterschiedliche Positionen, er hat aber die Hoffnung, dass in nächster Zeit etwas Bewegung in diesen Bereich kommt.

Ausdrückliches Lob gab es von den Abgeordneten Philipp Schrangl (F) und Christoph Hagen (T) für Außenminister Sebastian Kurz. Kurz habe mit seiner klaren Stellungnahme gegenüber dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Erdogan wieder einmal Mut bewiesen, sagte Schrangl.

Regierung soll sich für Rechte von KleinbäuerInnen und gegen Sklaverei einsetzen

Einstimmig angenommen wurde der Entschließungsantrag mit der Aufforderung an die Bundesregierung, sich im Rahmen der Europäischen Union und den Vereinten Nationen für die Förderung und den Schutz der Rechte von in ländlichen Regionen arbeitenden KleinbäuerInnen und bäuerlichen Familienbetrieben (490/A(E)) einzusetzen.

Besonders im Jahr 2014, dem internationalen Jahr der familienbetriebenen Landwirtschaft, müsse man den Blick auf die soziale Lage von KleinbäuerInnen richten, argumentierte Franz Kirchgatterer (S) das Anliegen seiner Fraktion. Als eine "tolle Geschichte" bezeichnete Josef Riemer (F) den Antrag, erwähnenswert sei aber auch, dass die Not von KleinbäuerInnen auch in Österreich groß genug sei. Nikolaus Berlakovich (V) entgegnete Riemer, dass es sich bei der Situation der KleinbäuerInnen in Österreich um agrarpolitische Fragen handle. Alev Korun (G) begrüßte das Anliegen der Initiative, plädierte aber dafür, die Landwirtschafts- und Handelspolitik der EU genau unter die Lupe zu nehmen. Dass die EU Bedenken gegenüber diesem Vorhaben hege, würde nichts Gutes heißen, gab Korun zu bedenken.

Einstimmig sprachen sich die Mitglieder im Menschenrechtausschuss überdies für die Ausweitung der internationalen Zusammenarbeit gegen den Menschenhandel, insbesondere im Zuge des weltweiten Geschäfts mit Garnelen (516/A(E)), aus. Dieses sei systematisch auf Sklaverei und Menschenhandel aufgebaut, erläuterte Elisabeth Pfurtscheller (V). Weltweit würden rund 21 Millionen Menschen zur Zwangsarbeit gezwungen, darunter etwa 5,5 Millionen Kinder, zeigte sie ferner auf. Deswegen beziehe sich der Antrag allgemein auf den weltweiten Menschenhandel, betonte die Mandatarin. "Man braucht viel mehr", sagte Tanja Windbüchler-Souschill (G) und sah vor allem die internationale Staatengemeinschaft hinsichtlich der Sklavenschiffe im Garnelengeschäft gefordert. Philipp Schrangl (F) stellte die Frage in den Raum, ob man beim Konsum sowie im österreichischen Markt nicht andere Wege gehen sollte. Nikolaus Berlakovich (V) verwies in diesem Zusammenhang auf die Entwicklung von Gütesiegeln in Österreich. Diesem Gedanken schloss sich Ulrike Königsberger-Ludwig (S) an, die auch dafür einstand, das Bewusstsein über regionale und saisonale Produkte zu schärfen. Maria Fekter (V) brachte den Vorschlag ein, einen gemeinsamen Antrag hinsichtlich der Entführung der rund 250 Schülerinnen in Nigeria einzubringen.

Kinderrechte, AltösterreicherInnen in Slowenien, umfassendes Diskriminierungsverbot: Anträge vertagt

Diskussionsthema im Ausschuss waren außerdem die Rechte von Kindern in Österreich. Die Grünen (327/A(E)) sowie NEOS (214/A(E)) wollen eine vollständige Verankerung der UN-Kinderrechtskonvention in der Verfassung, die bisherige verfassungsrechtliche Verankerung von Kinderrechten greife nämlich zu kurz, sagen sie. Die in der UN-Kinderrechtskonvention eingeräumten Rechte setze das jetzige Bundesverfassungsgesetz nur teilweise und unvollständig um. Nachholbedarf gebe es mitunter in den Bereichen Bildung, Gesundheit, auch aber beim Recht auf Schutz vor jeglicher Form von Diskriminierung oder auf soziale Sicherheit, mahnen die Antragssteller Tanja Windbüchler Souschill (G) und Nikolaus Scherak (N). Ratifiziert will der Abgeordnete in einem weiteren Vorstoß der NEOS das 3. Fakultativprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention (215/A(E)) sehen. Das würde bei Verletzungen von Kinderrechten die Möglichkeit der Individualbeschwerde an einen unabhängigen UN-Ausschuss nach Erschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs bedeuten. Vertagt wurden diese drei Anträge mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und dem Team Stronach.

"Die Position der Kinder als Rechtsträger würden wesentlich gegenüber dem Staat gestärkt", argumentierte Christoph Vavrik im Ausschuss für den Antrag seiner Fraktion. Tanja Windbüchler Souschill (G) stand im Allgemeinen dafür ein, ein politisches Signal für Kinderrechte zu setzen und wollte außerdem die bestehenden Vorbehalte gegenüber einer vollständigen Umsetzung debattiert sehen. Philipp Schrangl (F) und Maria Fekter (V) verwiesen auf das bestehende Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern. Damit nehme man international gesehen eine Vorreiterrolle ein, merkte Fekter an. In Österreich würden Kinder legistisch gesehen umfassenden Schutz genießen, in der Praxis sehe das aber oft anders aus, sagte die ÖVP-Mandatarin und verwies auf das laut Regierungsprogramm vorgesehene Monitoring.

Zwei Initiativanträge der FPÖ, in denen sie sich Unterstützung für die deutschsprachigen AltösterreicherInnen in Slowenien (389/A(E)) sowie für die deutschen Sprachinseln in Oberitalien (386/A(E)) von Seiten der Bundesregierung, insbesondere von Außenminister Sebastian Kurz erwarten, wurden auch mit den Stimmen der SPÖ und ÖVP vertagt. Gefordert wird darin, eine Direktförderung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien nach dem Vorbild der Förderung der Slowenen in Österreich durch die slowenische Regierung einzurichten und sich für deren Basisförderung einzusetzen. Zudem sollen die deutschen Sprachinseln in Oberitalien durch Gewährleistung des Zugangs zu österreichischen Medien und die Ermöglichung eines deutschsprachigen Unterrichts unterstützt werden, geht es nach der FPÖ.

Josef Riemer (F) stand für eine umfassendere Unterstützung der deutschsprachigen AltösterreicherInnen in Slowenien ein und verwies darauf, dass es sich um rund 4000 bis 5000 Menschen handle. Beziffert würde diese Gruppe oft nur mit rund 1500, sagte er und kritisierte so wie Christoph Hagen (T), dass die nunmehrigen Fördergelder nicht bei den dafür vorgesehenen Vereinen und Menschen ankommen würden. Elisabeth Pfurtscheller (V) wandte unter diesem Blickwinkel ein, dass Fördergelder, egal in welchem Bereich, nicht mit der Gießkanne ausgeschüttet werden sollten. Franz Kirchgatterer (S) sprach sich dafür aus, die Thematik mit Außenminister Sebastian Kurz zu behandeln und stellte einen Antrag auf Vertagung. Hinsichtlich der Sprachinseln in Oberitalien appellierte Josef Riemer (F) auch hier an den Ausschuss, dies weitestgehend zu unterstützen. Auch dieser Antrag wurde mit Verweis auf die Zuständigkeit des Außenministeriums schließlich vertagt.

Auf der Tagesordnung des Ausschusses standen ferner zwei Anträge der Grünen, die auf die Ratifizierung des 12. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention (332/A(E)) sowie auf die Erstellung eines nationalen Aktionsplans (88/A(E)) für Menschenrechte abzielen. Die beiden Oppositionsanträge wurden mit den Stimmen der Regierungsfraktionen vertagt.

Die Ratifizierung des 12. Zusatzprotokolls statuiert ein generelles und umfassendes Diskriminierungsverbot und geht damit über die Regelung der Menschenrechtskonvention hinaus. Verletzungen des Diskriminierungsverbots könnten so vor den nationalen Gerichten sowie gegebenenfalls auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beanstandet werden, erläuterte Grünen-Mandatarin Alev Korun. Sie verstehe nicht, warum Österreich eines der ersten Unterzeichner-Länder gewesen sei, bis heute aber das Zusatzprotokoll nicht ratifiziert habe. Kanzleramtsminister Josef Ostermayer argumentierte, dass in diesem Bereich keine Rechtsschutzlücke bestehe und man zusätzliche Belastungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vermeiden wolle. Philipp Schrangl (F) und Elisabeth Pfurtscheller (V) schlossen sich den Ausführungen des Ministers an. Für Schrangl war evident, dass Rechtswegsverlängerungen keine Vorteile bringen.

Was den Nationalen Aktionsplan für Menschenrechte betrifft, zeigte sich Alev Korun (G) über die begonnenen Arbeiten erfreut. Zu begrüßen sei außerdem, dass NGOs eingebunden werden. Franz Kirchgatterer (S) verwies ebenfalls auf die bereits gesetzten Schritte und stellte aus diesem Grund einen Antrag auf Vertagung, dem SPÖ und ÖVP zustimmten.

Behandelt wurde vom Menschenrechtsausschuss außerdem eine Bürgerinitiative (18/BI) die auf ein bundesweites Antidiskriminierungsgesetz pocht. Die UnterstützerInnen treten darin gegen Rassismus, Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus, Islamophobie sowie Homophobie ein und schlagen in diesem Zuge etwa antirassistische Bildungsinhalte in allen Lehrplänen oder die Schaffung einer Bundesstiftung für aktive Menschen- und Grundrechtsarbeit zur Bekämpfung von Diskriminierungstatbeständen ein.

Im Ausschuss wurde die Bürgerinitiative nicht von allen Fraktionen positiv bewertet. Albert Steinhauser sowie Alev Korun von den Grünen betonten die Wichtigkeit des Anliegens, auch aufgrund der momentanen Unübersichtlichkeit bei den derzeitigen Schutzbestimmungen, wie Steinhauser sagte. Es gehe etwa bei der Forderung, PolizistInnen, RichterInnen oder LehrerInnen zu sensibilisieren, nicht darum, bestimmten Berufsgruppen Rassismen zu unterstellen, unterstrich der Abgeordnete außerdem. Auf die Notwendigkeit, Bewusstsein in diesem Bereich zu verbreiten und zu festigen verwies Franz Kirchgatterer (S). Friedrich Ofenauer (V) meinte hingegen, dass im Nationalen Aktionsplan für Integration bereits ein umfassender gesetzlicher Schutz in diesen Bereichen existiere. Dagegen wandte sich Alev Korun (G), die darin keine diesbezüglichen Regelungen gegen Rassismen und Diskriminierung ortete. Die Grünen-Mandatarin mahnte außerdem ein, dass die Bürgerinitiative kein Formalakt bleiben dürfe. Eher kritisch gegenüber der Bürgerinitiative positionierten sich Christoph Hagen (T) und Josef Riemer (F). Sie sei zu "plakativ und oberflächlich", sagte Riemer und wies darauf hin, dass jeder Mensch persönlich dazu aufgerufen sei, Rassismen und Diskriminierungen zu vermeiden. (Schluss) keg/gs