Parlamentskorrespondenz Nr. 228 vom 20.03.2014

Ostermayer: Gesetzentwurf für Ende des Amtsgeheimnisses nächste Woche

Wien (PK) – Bereits in der letzten Legislaturperiode hat die Regierung eine Informationspflicht für öffentliche Stellen in Aussicht gestellt, um mehr Transparenz in staatliches Handeln zu bringen. Nun könnte es mit der Lockerung des Amtsgeheimnisses tatsächlich ernst werden. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat in seiner heutigen Sitzung zwar die Beratungen über zwei Gesetzesanträge der NEOS und der Grünen zu diesem Thema vertagt, Kanzleramtsminister Josef Ostermayer will aber, wie er ankündigte, schon nächste Woche einen Begutachtungsentwurf dazu vorlegen. Es gehe darum, das Prinzip der Informationsfreiheit durchzusetzen, betonte er. Für Behörden, staatsnahe Unternehmen und eingeschränkt für die Gerichtsbarkeit soll es demnach künftig grundsätzlich eine Informationspflicht geben. In Bezug etwa auf Sicherheitsfragen und den Datenschutz seien Ausnahmen vorzusehen, sagte er, diese müssten aber auf verfassungsrechtlichen Grundlagen erfolgen.

Vom Ausschuss mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit beschlossen wurde eine Änderung des Publizistikförderungsgesetzes, und zwar jenes Abschnitts, der die Förderung der Parteiakademien regelt. Demnach soll die zweite jährliche Fördertranche, die von der Mandatsstärke der einzelnen Parteien abhängt bzw. den Einrichtungen für internationale politische Bildungsarbeit gebührt, künftig nicht mehr wie bisher am 15. April, sondern erst am 1. Juli ausgezahlt werden. SPÖ und ÖVP begründen diesen Schritt mit einer gleichmäßigeren Verteilung der Förderungen im Jahresverlauf. Die Grundförderung wird wie bisher am 15. Februar ausgezahlt.

Weiters befassten sich die Abgeordneten mit dem Parteiengesetz, dem Recht auf Einbringung von Ministeranklagen, fehlenden Pensionszeiten für Zeitsoldaten und anderen Aspekten des Beamten-Dienstrechts sowie mit der Frage der Nebenbeschäftigung von VerfassungsrichterInnen. Auch die zu diesen Themen vorliegenden Oppositionsanträge wurden ausnahmslos mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt.

NEOS und Grüne fordern umfassende Informationsfreiheit

Grundlage für die Ausschussdiskussion zum Thema Amtsgeheimnis bildeten Gesetzesanträge der NEOS (6/A) und der Grünen (18/A). Beide Oppositionsfraktionen fordern, interessierten BürgerInnen im Sinne einer umfassenden Informationsfreiheit grundsätzlich Zugang zu allen Akten, Dokumenten und sonstigen Informationen öffentlicher Stellen zu gewähren. Einschränkungen sollen nur in wenigen Ausnahmefällen, etwa aus Datenschutz- oder Sicherheitsgründen, zulässig sein.

Beatrix Karl (V) begründete die Vertagung mit dem Hinweis auf den von Minister Ostermayer angekündigten Begutachtungsentwurf. Albert Steinhauser (G) sprach sich dafür aus, die parlamentarischen Beratungen darüber umfassend unter Einbeziehung von ExpertInnen durchzuführen.

Koalition will im Herbst über Parteiengesetz diskutieren

Auch zum Parteiengesetz haben NEOS und Grüne ähnliche Anträge eingebracht (35/A, 48/A). Beide Oppositionsparteien sprechen sich dafür aus, sämtliche Entscheidungen des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats zu veröffentlichen. Nach der derzeitigen Gesetzeslage sind nur gegen Parteien verhängte Geldbußen publik zu machen; ob jemand vom Senat mit einer Geldstrafe belegt wurde, etwa weil er eine unerlaubte Parteispende entgegen genommen hat, bleibt der Öffentlichkeit hingegen verborgen.

Man werde sich mit der Frage im Herbst umfassend auseinandersetzen, versicherte Abgeordnete Angela Lueger (S) und verlangte in diesem Sinne die Vertagung des Antrags. Das provozierte negative Reaktionen seitens der Opposition. Nikolaus Scherak (N) erläuterte nochmals das Anliegen seiner Fraktion und brachte dazu einen Abänderungsantrag ein, der nur formale Fragen betrifft, aber aufgrund der Vertagung nicht zur Abstimmung kam. Dieter Brosz (G) unterstrich seinerseits das Interesse der Öffentlichkeit zu wissen, was mit den Geldern passiert, das die Parteien erhalten, und Gernot Darmann (F) plädierte prinzipiell für eine Gesamtänderung des Parteiengesetzes.

Ministeranklage: NEOS wollen Oppositionsrechte erweitern

Ebenfalls vom Verfassungsausschuss vertagt wurde ein Antrag der NEOS (39/A), der darauf abzielt, einem Drittel der Abgeordneten das Recht einzuräumen, ein Regierungsmitglied wegen einer vermeintlichen Gesetzesverletzung beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) anzuklagen.

SPÖ und ÖVP hegten große Bedenken, an der geltenden Gesetzeslage, die für eine Ministeranklage einen Mehrheitsbeschluss des Nationalrats vorsieht, zu rütteln. Die Ministeranklage sei ein sehr umfassendes Instrument, argumentierte Wolfgang Gerstl (V), die entsprechenden Bestimmungen betreffen neben den Mitgliedern der Bundesregierung auch jene der Landesregierungen, den  Bundespräsidenten und die Landeshauptleute. Im Falle einer von den NEOS vorgeschlagenen Neuregelung befürchtet er ein inflationäres Ausnützen dieses Instruments, wodurch man jede Bundes- und Landesregierung nur aufgrund von Vermutungen lahmlegen könne. Konsequenz wäre eine Gefährdung der Stabilität. Ähnlich sah dies Josef Cap (S). Wenn das zum Stilmittel der öffentlichen Kriminalisierung von Regierungsmitgliedern werde, dann gefährde dies die Handlungsfähigkeit, sagte er.

Naturgemäß anders war der Zugang der Opposition zu dieser Frage. Nikolaus Scherak (N) zeigte zwar Verständnis für die vorgebrachten Bedenken, ihm geht es aber um eine Erneuerung der politischen Kultur. Es sei absurd, Kontrollrechte von Mehrheitsbeschlüssen abhängig zu machen, entgegnete Daniela Musiol den Vertretern der Koalition. Gleichzeitig räumte sie ein, dass man über Details einer solchen Erweiterung der Minderheitsrechte diskutieren müsse. Missbrauch befürchtet sie nicht.

Der Antrag der NEOS wurde auch vollinhaltlich von Gernot Darmann und Harald Stefan (beide F) unterstützt. Eine Gefahr des Missbrauchs konnte Stefan nicht erkennen, zumal sich die Sache bei zu vielen nicht erfolgversprechenden Anklagen von selbst regulieren würde, meinte er.  

Öffentlicher Dienst: FPÖ setzt sich für Zeitsoldaten ein

Weiters im Ausschuss zur Verhandlung standen drei Gesetzesanträge der FPÖ zum öffentlichen Dienst, die ebenfalls vertagt wurden. Zum einen fordern die Abgeordneten Mario Kunsaek und Christian Lausch pensionsrechtliche Änderungen zugunsten von Zeitsoldaten (175/A). Für sie ist es völlig inakzeptabel, dass ehemalige Zeitsoldaten, die vorzeitig in den Ruhestand treten wollen, unabhängig von ihrer Dienstdauer beim Bundesheer maximal 30 Monate als beitragsgedeckte Dienstzeit geltend machen können.

Darüber hinaus drängt die FPÖ darauf, BeamtInnen das Recht auf Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme zu einer Belehrung bzw. Ermahnung einzuräumen, wenn diese dem Personalakt beigefügt wird (197/A). Damit wollen die Freiheitlichen drohende Nachteile für die Betroffenen, etwa bei Beförderungen, verhindern.

Eine von der FPÖ beantragte Änderung des Vertragsbedienstetengesetzes (76/A) zielt schließlich darauf ab, das Erfordernis der vollen Handlungsfähigkeit aus der Liste der unabdingbaren Aufnahmekriterien für den Bundesdienst zu streichen. Anlass für den Antrag ist der Fall einer jungen Frau mit einer leichten geistigen Einschränkung, die zunächst über eine Leiharbeitsfirma in einer Bundesheerkaserne arbeitete und danach nicht als Vertragsbedienstete weiterbeschäftigt werden konnte, da sie aufgrund ihrer Einschränkung einen Sachwalter hatte.

Für alle drei Anliegen zeigten sowohl SPÖ als auch ÖVP Verständnis. Otto Pendl (S) wandte sich jedoch dagegen, jetzt viele kleine Gesetzesänderungen vorzunehmen. Er hielte es vernünftig, die bald anstehende Novelle zum Beamtendienstrechtsgesetz abzuwarten und in dessen Rahmen die in den vorliegenden Anträgen angesprochenen Probleme in Angriff zu nehmen. Einige Fragen bedürften noch einer eingehenderen Erörterung, war er sich mit Wolfgang Gerstl (V) einig. So versicherten beide, dem berechtigte Anliegen der Zeitsoldaten bald Rechnung tragen zu wollen. Christian Lausch (F) und Daniela Musiol (G) hingegen orteten gerade in dieser Frage dringenden Handlungsbedarf.

Keinen Widerspruch sahen Otto Pendl (S) und Beatrix Karl (V) zur inhaltlichen Forderung der Freiheitlichen, dafür Sorge zu tragen, dass Belehrungen und Ermahnungen den Bediensteten keinen Nachteil bringen. Sie wollten dies aber im Zuge einer größeren BDG-Novelle bereinigt wissen. Christian Lausch hingegen meinte, für die Bediensteten sei ein weiteres Hinausschieben der Problematik eine unbefriedigende Lösung.

Besondere Dringlichkeit sah Lausch auch hinsichtlich des dritten Antrags. Dabei spiele die hohe soziale Komponente eine Rolle, es gehe darum, wie man mit behinderten Menschen umgeht, sagte er. Michael Hammer (V) und Otto Pendl (S) zeigten sich durchaus offen, gleichzeitig machten sie darauf aufmerksam, dass es gewisse Bereiche gebe, die die volle Handlungsfähigkeit erforderten. Daher sei diese sensible Frage sehr genau und im Detail zu diskutieren. Der Bund erfülle die Behinderteneinstellungsquote, informierte Minister Ostermayer, auch könne die aufgeworfene Problematik mittels Sonderverträgen zwischenzeitlich gelöst werden.

Verfassungsgerichtshof: Grüne für Offenlegung von Nebentätigkeiten

Schließlich vertagte der Verfassungsausschuss einen Entschließungsantrag der Grünen (53/A), in dem sich Abgeordnete Daniela Musiol und ihre FraktionskollegInnen für eine umfassende Offenlegung von Nebentätigkeiten der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) stark machen. Geht es nach Musiol, sollen VerfassungsrichterInnen etwa auch Beteiligungen an Rechtsanwaltskanzleien, Aufsichtsratstätigkeiten, Gutachtertätigkeiten, Publikationen sowie maßgebliche ehrenamtliche Mitgliedschaften bekannt geben müssen, um jeden Anschein von Befangenheit auszuschließen. Einen ähnlichen Vorstoß hatten die Grünen bereits in der letzten Legislaturperiode gestartet, bislang konnten sie die Mehrheit des Verfassungsausschusses aber nicht überzeugen.

SPÖ und ÖVP signalisierten Sympathie für die Forderung, worüber sich Daniela Musiol (G) erfreut zeigte. Man werde diese Frage eingehend mit dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs diskutieren, betonte Ausschussvorsitzender Peter Wittmann (S), und danach eine entsprechende Regelung erarbeiten. Auch sein Klubkollege Johannes Jarolim outete sich als ein "Fan von Transparenz". Er sprach sich auch dafür aus, die so genannte "dissenting opinion", also die Minderheitenmeinung im Verfassungsgerichtshof, zu veröffentlichen. Die Transparenzregeln für Politiker und Politikerinnen sollten auch für andere Bereich gelten, machte sich Harald Stefan (F) für eine Ausweitung der Bestimmungen stark. (Schluss Verfassungsausschuss) jan/gs