Parlamentskorrespondenz Nr. 719 vom 17.09.2013

Korruption: Gegenseitige Schuldzuweisungen der Parteien in NR-Sitzung

Wien (PK) – Der Nationalrat trat heute, zwölf Tage vor der Wahl am 29. September 2013, zu seiner ersten der drei von der Opposition beantragten Sondersitzungen zusammen. Im Rahmen einer Dringlichen Anfrage stellten die Grünen gleich 31 Fragen an Justizministerin Beatrix Karl rund um das Thema Korruption. Intention war es, wie die Grünen in der Anfrage betonen, damit den aktuellen Verfahrens- und Ermittlungsstand öffentlich zu machen, sofern dadurch nicht weitere Erhebungen gefährdet werden.

Im Anschluss an die Diskussion erfolgte auf Verlangen des BZÖ eine Kurze Debatte über die Beantwortung der Anfrage hinsichtlich des Seminar- und Freizeitzentrums der Oesterreichischen Nationalbank durch Finanzministerin Maria Fekter.

Schließlich hat die FPÖ einen Antrag eingebracht, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Behandlung ihrer Initiative, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu einem Minderheitsrecht zu machen, eine Frist bis zum 24. September 2013 zu setzen. Demnach soll jedem Klub, der aus zumindest zwanzig Abgeordneten besteht, einmal pro Gesetzgebungsperiode das Recht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eingeräumt werden. Der Fristsetzungsantrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Die nächste Sondersitzung findet auf Antrag des Team Stronach morgen, dem 18. September 2013, statt. Dabei wird es um die Bildungspolitik, insbesondere um das neue LehrerInnendienstrecht gehen. Die von der FPÖ gestern beantragte Sondersitzung ist für den 25. September 2013 anberaumt.

Genesungswünsche aller Abgeordneten für erkrankte Nationalratspräsidentin

Am Beginn der Sitzung wünschte der Vorsitz führende Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer im Namen aller Abgeordneten der erkrankten Nationalratspräsidentin Barbara Prammer alles Gute für eine baldige und dauerhafte Genesung. Diese Wünsche wurden auch durch den Applaus der Abgeordneten zusätzlich unterstrichen.

Aufgrund der Nachricht von der Ermordung dreier Polizisten und eines Sanitäters durch einen Wilderer unterbrach Vorsitzender Neugebauer die Debatte über die Dringliche Anfrage, um eine Schweigeminute abzuhalten.

Schwere Vorwürfe der Grünen an die anderen Parteien

In ihrer Dringlichen Anfrage unter dem Titel "Neubeginn ohne Korruption: Aufklärung, politische Verantwortung und Geld zurück" sprechen die Abgeordneten Peter Pilz (G) und Gabriela Moser (G) den Verdacht aus, SPÖ, ÖVP und FPÖ hätten mit ihrer Mehrheit den damaligen Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen deshalb beendet, um weitere belastende Informationen über illegale Parteienfinanzierung zu verhindern. Dem Thema Korruption war bereits am 8. November 2012 eine Dringliche Anfrage an Justizministerin Beatrix Karl gewidmet (siehe PK-Meldung Nr. 884/2012), nun fordern die Grünen von der Ressortchefin aktuelle Auskünfte über "die neuen Fälle" ein.

Sie werfen vor allem der ÖVP vor, mit Geldern der Telekom, der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich und den Österreichischen Lotterien über Peter Hocheggers Firma Valora und der im Eigentum mehrerer staatsnaher Unternehmen stehenden Inseratenagentur Mediaselect Inseratenkosten abgedeckt zu haben und schließen aus einem Sachverständigengutachten, "dass es sich bei den Zahlungen dieser drei Unternehmen nicht um Einzelfälle" handle, "sondern dass über Mediaselekt ein ganzes System der illegalen Parteienfinanzierung zu Gunsten der ÖVP eingerichtet" worden sei.

Analoge Vorgehensweise vermuten die Grünen auch bei der Agentur Omnimedia, die dieselben Eigentümer wie Mediaselect hat, und bei der SPÖ. Sie thematisieren darüber hinaus Zahlungen der Telekom über Valora an die SPÖ-nahe Werbeagentur Echo.

Aufgelistet werden auch Vorwürfe gegen unerlaubte Finanzierung von Wahlkämpfen und parteinahen Organisationen bis hin zur sogenannten Inseratenaffäre. Sie werfen den Regierungsparteien des Weiteren vor, Budgetmittel durch Aufträge an parteinahe Organisationen "verschwendet" zu haben und führen dabei etwa Gelder des Innenministeriums an den Stadterweiterungsfonds, Beraterverträge von Ministerien sowie die ÖBB-Immobiliengeschäfte an. Harsche Kritik gibt es seitens der Grünen auch an Raiffeisen.

Auch die anderen Parteien, FPÖ, BZÖ und Team Stronach werden ins Visier genommen und verdächtigt, von illegalen

Parteien- bzw. Politikerfinanzierung profitiert zu haben. So werden etwa die Finanzierung der ÖAAB-Zeitung "Freiheit", Zahlungen der Telekom und der Lotterien an das BZÖ sowie Fragen rund um die Eurofighter und das Schloss Reifnitz in Bezug auf das Team Stronach aufgeworfen. Die Grünen verurteilen generell das "System Kärnten".

Pilz prangert systematische Korruption durch Parteien an

Für viele BürgerInnen sei es wohl unverständlich, dass in den letzten Jahren im Hohen Haus so oft über systematische und politische Korruption gesprochen werden musste, meinte eingangs Abgeordneter Peter PILZ (G) in der Begründung der Dringlichen Anfrage. Auch heute müsse sich der Nationalrat wieder die Frage stellen, wie es zur Verschwendung von Milliarden an Steuergeldern, die dringend in anderen Bereichen, wo bereits Notstand herrsche – z.B. Pflege, Bildung, Universtäten – gebraucht würden, kommen kann. Außerdem sei es fraglich, warum es einige wenige in der Republik gibt, die mit Unterstützung einzelner Parteien, insbesondere jener mit Regierungsbeteiligung, keine oder viel zu wenig Steuern zahlen?

Pilz erinnerte sodann an den letzten großen Korruptions-Untersuchungsausschuss, durch den es gelungen sei, den BürgerInnen wieder mehr Vertrauen in die Politik zurückzugeben. Allerdings seien in der Zwischenzeit, nicht zuletzt aufgrund der laufenden Prozesse, höchst bedenkliche Vorgänge rund um die österreichische Volkspartei, den ÖAAB, den Raiffeisen-Konzern und die Agentur Mediaselect bekannt geworden, zeigte der Redner auf. Laut gerichtlichen Aussagen eines hohen ÖAAB-Funktionärs soll es etwa Listen von Firmen geben, die regelmäßig abkassiert werden. Noch immer habe die ÖVP diese Listen nicht vorgelegt und vor allem nicht gesagt, welche Leistungen für die Gelder von Seiten der Partei erbracht wurden. "Wir wissen heute, dass die Österreichische Volkspartei über viele Jahre ein System der geheimen, verdeckten und wahrscheinlich auch der illegalen Parteienfinanzierung aufgebaut hat, von den Lotterien bis hin zu Telekom und Raiffeisen", unterstrich Pilz, und dies müsse endlich aufgeklärt und abgestellt werden.

Betroffen seien aber auch die anderen Parteien, gab Pilz zu bedenken und forderte daher die die FPÖ, das BZÖ und die SPÖ auf, ihre zu Unrecht bezogenen Gelder zurückzahlen - und zwar noch vor dem Wahltag! Er würde sich wünschen, dass am 29. September die politische Korruption abgewählt wird und es dann eine Chance für einen echten Neubeginn gibt.

Karl: Kampf gegen Korruption hat oberste Priorität

Justizministerin Beatrix KARL stellte einleitend grundsätzlich fest, dass die Bekämpfung von Korruption ein zentrales und wichtiges Thema sei, dem sie persönlich besondere Priorität einräume. Die BürgerInnen müssen ausreichend Vertrauen in den Rechtstaat und die Justiz haben, war Karl überzeugt, um negative Konsequenzen für die Gesellschaft und die Demokratie zu vermeiden. Sie habe deshalb immer großen Wert darauf gelegt, dass in allen Korruptionsfällen ohne Ansehen der Personen ermittelt und geurteilt wird. Gerade bei Personen des öffentlichen Lebens dürfe es ganz einfach keine Sonderbehandlung geben, unterstrich sie. In diesem Sinne habe sie auch die StaatsanwältInnen und RichterInnen immer bestmöglich darin unterstützt, alle strafrechtlichen Fälle unbeeinflusst und lückenlos aufklären zu können, hielt die Ressortchefin fest. Sie glaube, dass die Arbeit der Staatsanwaltschaften und Gerichte für sich spreche. Allein in den letzten Monaten habe es viele Verfahren in diesem Bereich gegeben, wo es bereits zu erstinstanzlichen Verurteilungen gekommen sei.

Zudem habe es sich gezeigt, dass der parlamentarische Untersuchungsausschuss einen positiven Beitrag geleistet hat, weil dadurch die sehr gute Arbeit der Staatsanwaltschaften öffentlich sichtbar geworden sei, betonte Karl. Ein wichtiger Schritt sei auch die international anerkannte Reform des Korruptionsstrafrechts im Jahr 2012 gewesen, dem alle Fraktionen zugestimmt haben, erinnerte sie und wies auf die zentralen Eckpunkte hin, wie z. B. die Ausweitung des Amtsträgerbegriffs oder die Verschärfung des "Anfütterns". Weitere bedeutsame Akzente konnten zudem durch die Einrichtung einer "Whistleblower-Homepage", den Ausbau der Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen sowie die Stärkung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, wo es eine massive Ausweitung der Planstellen gegeben hat, gesetzt werden. Karl nannte in diesem Zusammenhang weiters das Transparenz-Paket, das Lobbying-Gesetz und das Parteienfinanzierungs-Gesetz, mit dem gute Rahmenbedingungen für Transparenz und Ehrlichkeit in Politik und Wirtschaft geschaffen worden seien. Anstand, Ehrlichkeit und Moral müssen wieder Leitlinien und Leitprinzipien der öffentlichen Verwaltung sein, bekräftigte die Justizministerin mit Nachdruck.

Bevor die Bundesministerin auf die zahlreichen konkreten Fragen der Dringlichen Anfrage einging, stellte sie fest, es sei ihr schon aus grundsätzlichen Überlegungen verwehrt, Details aus laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bekannt zu geben. Ihre Aufgabe als Ministerin konzentriere sich zudem auf die Ergebniskontrolle, was natürlich auch bedeute, dass sie nicht über jeden Verfahrensschritt informiert werde. Außerdem weise sie den in der Begründung erhobenen Vorwurf der Vertuschung auf das Entschiedenste zurück; es gebe keinen einzigen Anhaltspunkt dafür, dass sie oder ihre MitarbeiterInnen in irgendeinem Stadium auf die Ermittlungen Einfluss genommen hat bzw. haben. Karl appellierte abschließend noch an die MandatarInnen, gerade den Bereich der Justiz aus dem tagespolitischen Hick-Hack herauszuhalten, weil es dabei um das Vertrauen der BürgerInnen in den Rechtstaat gehe.

Kogler für weisungsfreie Staatsanwaltschaft

Abgeordneter Werner KOGLER (G) sah sich durch das Auftreten der Justizministerin in seiner Forderung nach einer weisungsfreien Staatsanwaltschaft bestätigt. Seine Kritik galt der Vorgangsweise in der Causa Faymann, der sich als Verkehrsminister von ÖBB und ASFINAG habe promoten lassen – nun lasse die Ministerin den Fall, zu dem ein Bericht der Staatsanwaltschaft bereits vorliege, im Wahlkampf "weiterköcheln". Die Bemerkung der Ministerin, bei den Vorwürfen, von denen die Dringliche Anfrage handle und die auf einem Gutachten der Staatsanwaltschaft beruhen, handle es sich um "alte Hüte", nannte Kogler unerträglich. Denn erstmals werde deutlich, warum der Raiffeisenkonzern, ein Glückspielkonzern und die Telekom in einen Schmiergeldfonds eingezahlt haben. Es sei darum gegangen, sich Gesetze zu kaufen und die Telekom von der Prüfung durch den Rechnungshof auszunehmen. Angesichts gravierender Vorwürfe wegen "Kick-backs in cash" und Scheinrechnungen sollte die Justizministerin ihre Aussage zurücknehmen oder zurücktreten, lautete die Aufforderung Koglers. Die Grünen werden jedenfalls darum kämpfen, dass Untersuchungsausschüsse in Zukunft nicht mehr abgedreht werden können, sobald die Ermittlungsarbeit ihren Höhepunkt erreicht. Ein Neustart im Kampf gegen die Korruption ist notwendig, die Justizministerin sollte dazu beitragen, meinte der Abgeordnete.

Cap will erfolgreichen Kampf gegen die Korruption fortsetzen

Klubobmann Josef CAP (S) erinnerte an die große Sachlichkeit und an den Erfolg der Arbeit des Justizausschusses und des Nationalrats in der zu Ende gehenden Gesetzgebungsperiode. 647 Gesetze seien beschlossen worden, großteils gemeinsam mit Oppositionsparteien und mehr als ein Drittel davon einstimmig. Er wolle diese Arbeit im Interesse des Landes auch nach den Wahlen fortsetzen, sagte der Klubobmann der SPÖ und ging im Detail auf die guten Resultate der Arbeit gegen die Korruption ein. Die Änderung des Korruptionsstrafrechts, des Parteiengesetzes sowie das Unvereinbarkeits- und Transparenzpaket werden den Kampf gegen die Korruption erleichtern und für mehr Sauberkeit in unserer Republik sorgen, ist Cap überzeugt. Außerdem sei es gelungen, die Korruptionsstaatsanwaltschaft personell auszubauen. Beim Kampf um Sauberkeit und Ordnung sei eine schonungslose Vorgangsweise notwendig, forderte Cap. Aussagen im Wahlkampf, wonach die Entscheidung zwischen Rot-Schwarz oder Schwarz-Blau der Entscheidung zwischen Pest und Cholera gleichkomme, bezeichnete CAP als unerträglich.

Kopf: Korruption ist der größte Feind der Demokratie

"Korruption muss als größter Feind er Demokratie bekämpft werden. Aber nicht alles ist Korruption, was Peter Pilz so bezeichnet und nicht jeder, den Pilz der Korruption bezichtigt, ist korrupt", leitete Klubobmann Karlheinz KOPF (V) seine Ausführungen ein. Kopf verwahrte sich dagegen, Menschen "mit einer vor Unwahrheiten strotzenden Anfrage ohne Beweise" zu diskreditieren und verteidigte die Justizministerin gegen den Vorwurf der Vertuschung. Die Grünen sollten ihre selbstgerechte Haltung überdenken und ihrerseits Vorwürfe entkräften, wonach Agenturen, die für sie in früheren Wahlkämpfen tätig waren, in Wien Aufträge erhalten, seit die Grünen dort mit an der Regierung sind, merkte Kopf an.

Als "alte Hüte" habe der Gutachter der Staatsanwaltschaft die Vorwürfe selbst bezeichnet, die von den Grünen zitiert werden, sagte Kopf und führte die Dringliche Anfrage der Grünen auf die schlechten Umfragewerte dieser Partei im Wahlkampf zurück.

Strache: Österreich-Bezüge im Fall Madoff aufklären!

Klubobmann Heinz-Christian STRACHE (F) erinnerte Abgeordneten Pilz daran, dass die Basis der FPÖ im Jahr 2005 die eigene Partei gereinigt und die gesamte Parteiführung davongejagt habe. Dieses Beispiel empfahl Strache als Vorbild auch anderen Parteien, wenn sie beim Thema Sauberkeit punkten wollen, und machte die Grünen an eine Parteienfinanzierung in Millionenhöhe durch Muammar Gaddafi im Jahr 1993 aufmerksam. Strache kritisierte auch das Schweigen der Wiener Grünen beim Thema Echoverlag, Skylink und die Vertuschung von Kindesmissbrauch in Wiener Kinderheimen.

Die Korruption sei der Kitt, mit dem Rot und Schwarz jahrzehntelang aneinander gekettet waren, kritisierte Strache und warf SPÖ und ÖVP moralische Verwahrlosung vor. Ausführlich ging der FPÖ-Klubobmann dann auf jüngste Nachrichten zum Fall Madoff ein, in den auch die Wiener Bankerin Sonja Kohl verstrickt sein soll. Zu diesem Korruptionsskandal, in dem 65 Mrd. US-Dollar veruntreut wurden, zähle auch der Verlust von 1,7 Mrd. € der Wiener AVC-Stiftung. Die Vorwürfe lauten auf Veruntreuung, Rot und Grün müssten sich vorwerfen lassen, so Strache, an der Vertuschung dieses größten Betrugsskandals der Zweiten Republik mitzuwirken. Strache hielt es für unerlässlich, die Verstrickungen der Wiener SPÖ im Fall Madoff aufzuklären und hielt einmal mehr fest, dass Untersuchungsausschüsse künftig von einer parlamentarischen Minderheit eingesetzt werden können sollen, und es niemals mehr vorkommen dürfe, dass eine Regierungsmehrheit die Untersuchungen "abdrehen" könne.

Bucher: Kampf gegen Korruption ohne Parteien-Hick-Hack 

Durch die bisherige Debatte sah sich Klubobmann Josef BUCHER (B) in seiner Auffassung bestätigt, dass dieses Parlament noch nicht die notwendige Reife besitze, um die Korruption mit letzter Konsequenz zu bekämpfen. Bucher wandte sich gegen parteipolitisches Hick-Hack und erinnerte seine Abgeordneten-KollegInnen, wie sehr es gelte, die Ehre der Politik zu retten. Dazu gehöre, auf den Vergleich von Parteien mit tödlichen Krankheiten zu verzichten und im Kampf gegen Korruption für lückenlose Aufklärung einzutreten. Daher forderte auch der BZÖ-Klubobmann die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Minderheitsrecht zu verankern.

Seine Partei habe bereits vor dem Urteil im Telekomprozess den Betrag von 960.000 € bei einem Notar deponiert und werde nach Analyse des nunmehr vorliegenden Urteils die entsprechenden Verfügungen treffen, kündigte Bucher an. Er stelle aber fest, dass das BZÖ beim Thema Korruption als einzige Partei "wie ein Beelzebub" geschlagen werde, andere Parteien und aktuell der Linzer Bürgermeister, dem Spekulationen mit Steuergeldern vorgeworfen werde, aber eine Sonderbehandlungen genießen. Der vom BZÖ geforderte Untersuchungsausschuss werde sich mit den Malversationen und der Notverstaatlichung der Hypo-Alpe-Adria, mit der Verstaatlichung der Kommunalkredit und mit Vorgängen bei der Nationalbank befassen und zur rückhaltlosen Aufklärung dieser Fälle beitragen müssen, zeigte sich Bucher überzeugt.

Lugar: Lobbyisten haben bei der Regierung das Sagen

Er wolle sich nicht an den gegenseitigen Schuldzuweisungen beteiligen, hielt Klubobmann Robert LUGAR (T) fest. Sinn der angesetzten Sondersitzungen sei es, eine Bilanz der letzten fünf Jahre zu ziehen. Lugar meinte, aufgrund der derzeitigen Regierungskonstellation sei in wichtigen Fragen keine Bewegung zu erwarten. Kanzler Faymann kündige wieder seine Präferenz einer großen Koalition an, obwohl SPÖ und ÖVP einander bisher nur blockiert hätten. Den Grund der Blockade ortete Lugar in der Einflussnahme von Lobbyisten, die im Hintergrund der Koalitionsparteien stünden und das eigentliche Sagen hätten. So könnten die drängende Probleme des Landes niemals gelöst werden, schloss Lugar. Nur mit neuen Mehrheiten abseits von Rot und Schwarz könnten die Veränderungen, welche die Bevölkerung wünsche, erreicht werden.

Appelle zu Neubeginn und mehr Sachlichkeit

Auch Abgeordnete Gabriela MOSER (G) forderte zu einem "redlichen Neubeginn" auf. Dieser müsse damit beginnen, dass Gelder, die der öffentlichen Hand widerrechtlich entzogenen wurden, zurückgezahlt werden. Moser lobte die ausführliche Antwort der Justizministerin, erwartete sich von der Justizministerin aber auch, dass auch schriftliche Anfragen künftig ausführlicher beantwortet werden.

Die Grünen wollten ein Ende der gewohnheitsmäßigen, systematischen Korruption, etwa der Gepflogenheit, Parteispenden über Scheinaufträge und Scheinrechnungen einzusammeln, betonte sie. Dazu brauche man aber mehr Kontrolle. Moser forderte zwei zentrale Maßnahmen: den Untersuchungsausschuss als Minderheitsrecht und eine Wahrheitspflicht gegenüber dem Rechnungshof. Der Rechnungshof müsse auch so ausgestattet werden, dass er voll handlungsfähig bleibe.

Für eine Versachlichung der Diskussion trat Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) ein. Er sprach sich für den Untersuchungsausschuss als Minderheitenrecht aus und hoffte auf eine breite Mehrheit dafür in der nächsten Legislaturperiode. Mit Transparenzpaket und Parteiengesetz habe man bereits auf unerfreuliche Entwicklungen reagiert, die nun von den Gerichten aufgearbeitet werden und bereits zu Urteilssprüchen geführt haben, meinte er. Man könne noch vieles zur Verbesserung der Effizienz in der Korruptionsbekämpfung tun, so Jarolim. Jedenfalls sei es positiv, dass alle Parteien hier guten Willen zeigten.

Den Grünen gehe es nicht um Sachlichkeit, sonst hätten sich Vertreter des Justizausschusses zu Wort gemeldet vermutete Abgeordneter Peter Michael IKRATH (V). Er warf insbesondere Abgeordnetem Pilz vor, seine Rede habe von Arroganz und Hybris gezeugt. Wer mit Halbwahrheiten, Unterstellungen und Verdächtigungen arbeite, gefährde die demokratische Kultur, sagte Ikrath. Das Verhalten der Grünen in Wien zeige, dass auch sie nicht ohne die Fehler seien, die sie gerne anderen zum Vorwurf machten.

Abgeordneter Herbert KICKL (F) hielt den Grünen ihre eigene Forderung vor, wonach Parteien unrechtmäßig erhaltene Gelder zurückzahlen sollten. Im Kärntner Landtag habe die FPÖ in Zusammenhang mit SPÖ-Inseraten genau das beantragt, der Antrag sei auch mit den Stimmen der Grünen abgelehnt worden. Kickl ortete daher bei den Grünen in der Korruptionsdebatte "ideologische Scheuklappen". Korruption gedeihe vor allem dort, wo viele Jahre absolute Mehrheiten herrschten. Auch die Grünen seien aus seiner Sicht in Fragen von Transparenz und Korruptionsbekämpfung nicht glaubwürdig, sagte Kickl und rückte auch den Zugang von Abgeordnetem Pilz zu vertraulichen Unterlagen in die Nähe von Korruptionsverdacht.

Für Abgeordneten Gerald GROSZ (B) lässt der österreichische Parlamentarismus die nötige Reife in der Korruptionsbekämpfung vermissen. Die gesamte Legislaturperiode sei von Skandalen erschüttert worden, umso bedauerlicher sei, dass die Forderung von Abgeordnetem Bucher nach einem ständigen Untersuchungsausschuss nicht aufgegriffen wurde. Grosz forderte in diesem Zusammenhang "strengere Strafen für Korruptionisten". Das BZÖ habe, im Unterschied zu anderen Parteien, offensiv zur Aufklärung von Korruptionsvorwürfen beigetragen, er wünschte sich diese Haltung auch von anderen Parteien.

Team Stronach fordert Politiker-Haftung

Abgeordnete Martina SCHENK (T) meinte, es müsse auch die Frage gestellt werden, wie es geschehen könne, dass immer wieder vertrauliche Unterlagen an die Öffentlichkeit gespielt werden. Hier sah sie Handlungsbedarf seitens der Justizministerin. Schenk wies auf viele "offene Baustellen" der letzten Legislaturperiode hin. In der Frage der Korruptionsbekämpfung warf sie der SPÖ vor, die beschlossenen Gesetze zu mehr Transparenz selbst nicht ernst zu nehmen. Abschließend brachte Schenk einen Entschließungsantrag ein, in dem für politische Funktions- und MandatsträgerInnen eine persönliche Haftung jeweils in Relation zum Kompetenzbereich gefordert wird.

Der Schlagabtausch geht weiter

Abgeordnete Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) erwiderte ihrer Vorrednerin, sie vermisse von Seiten des Team Stronach eine klare Haltung in Frage der Parteispenden, etwa was die Zuwendungen von Frank Stronach betreffe. Die Abgeordnete der SPÖ ortete die Wurzeln des Übels der Korruption in der Zeit der schwarz-blauen Koalition. Der Schaden, den sie den SteuerzahlerInnen in Folge verursacht habe, summiere sich bereits auf mindestens 17 Mrd. €, rechnete sie vor.

Die Verfahren der letzten Zeit hätten gezeigt, dass man Vertrauen in die Justiz haben könne, konstatierte Abgeordnete Gabriele TAMANDL (V). Die Aussage ihrer Vorrednerin, wonach die Korruption Schwarz-Blau zuzuordnen sei, wies sie mit Hinweis auf Korruptionsfälle im Umfeld der SPÖ entschieden zurück. Tamandl kritisierte auch das Verhalten von Abgeordnetem Pilz im Korruptions-Untersuchungsausschuss. Er habe, offenbar aus Geltungsdrang, die an sich gute Vorsitzführung von Abgeordneter Moser negativ beeinflusst, lautete ihr Vorwurf.

In Richtung Grüne erinnerte Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F), die FPÖ habe 2012 keineswegs den Regierungsparteien beim Abdrehen des Korruptionsuntersuchungsausschusses geholfen, wie in der Dringlichen Anfrage an die Justizministerin festgehalten. Vielmehr musste er, Rosenkranz, die Vorsitzführung dieses U-Ausschusses von der Grünen-Abgeordneten Gabriela Moser übernehmen, da diese als Ausschussvorsitzende mit ihrer Weigerung, über Anträge abstimmen zu lassen, gegen ein Grundrecht der ParlamentarierInnen verstoßen habe. Als Hauptgrund für Korruption in Österreich machte er den "Postenschacher, den parteipolitischen Filz und die Parteibuchwirtschaft" in vielen staatlichen und teilstaatlichen Unternehmen des Landes aus.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) schenkte der Aussage von ÖVP-Parteivorsitzendem Michael Spindelegger, er habe in seiner Amtszeit für saubere Verhältnisse in der Partei gesorgt, keinen Glauben. Tatsächlich existiere weiterhin illegale Parteienfinanzierung zu Gunsten der Volkspartei, konkret über die Firma media.at und deren Töchter. Seine Fraktion unterscheide sich klar von der ÖVP, meinte Petzner, da das BZÖ für allfällige Rückerstattungen bereits Geld hinterlegt habe, also "verlässlich" sei.

Rudolf PLESSL (S) hielt fest, durch den Untersuchungsausschuss zu Korruptionsvorwürfen seien eine Reihe von Anti-Korruptionsgesetzen verwirklicht worden und man habe zudem zahlreiche Bestimmungen für mehr Transparenz in Politik und Verwaltung geschaffen. Den weiteren Teil seiner Rede nutzte der SPÖ-Mandatar dafür, seiner Entrüstung über das eingestellte Verfahren gegen den Pestizid-Hersteller Kwizda wegen Grundwasserkontamination in Korneuburg Ausdruck zu verleihen. Er vermutete dabei Schwächen beim zuständigen Gericht und appellierte an die Justizministerin, ein toxikologisches Gutachten in der Sache zu beauftragen.  

ÖVP-Mandatar Johannes SCHMUCKENSCHLAGER erwiderte scharf, es sei "unangebracht" auf Kosten der Betroffenen den verantwortlichen Behörden Vorhaltungen zu machen, auch in Wahlkampfzeiten müsse der Respekt vor staatlichen Organen gewahrt bleiben. In Bezug auf den mehrmals angeführten Korruptionsuntersuchungsausschuss gab der Abgeordnete zu bedenken, als problematisch hätten sich damals die zeitgleich laufenden Justizermittlungen erwiesen. Allzu oft konnten die Auskunftspersonen dadurch von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch machten, bekrittelte Schmuckenschlager. Den Grünen prophezeite er, sie würden durch ihre "oberlehrerhafte" Politik mit Verboten und Zwängen von niedrigen Geschwindigkeitsbegrenzungen bis zur Ganztagsschule die WählerInnen verschrecken.

Für BZÖ-Abgeordneten Rainer WIDMANN stellte sich die Frage, ob denn die Grünen legal zu den in der Dringlichen Anfrage enthaltenen Informationen gekommen seien und er empfahl, die Aufklärung der angeführten Vorwürfe den Gerichten bzw. einem Untersuchungsausschuss zu überlassen. Daher, betonte der Oppositionspolitiker, sei es unbedingt nötig, U-Ausschüsse zu einem Minderheitsrecht zu machen. Er empfehle etwa die Einsetzung eines Banken-Untersuchungsausschusses, nicht nur zur Hypo, sondern auch zu den Vorfällen rund um Kommunalkredit und Volksbanken AG. Was die gemutmaßten Verbindungen zwischen den Regierungsparteien und der Telekom betrifft, sagte Widmann, er bezweifle, dass SPÖ und ÖVP bereits für Rückzahlungen vorgesorgt haben.

Grüne wollen illegale Parteienfinanzierung als Straftat festschreiben

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) befand, es sei "skandalös", dass die Justizministerin die Vorwürfe der Grünen, die ÖVP verfüge über ein System von Schwarzkonten, gefüttert von staatsnahen Betrieben, als "alten Hut" abtue. Karl sei daher rücktrittsreif. Zwar habe der Korruptionsuntersuchungsausschuss des Vorjahres zu wichtigen Gesetzesänderungen gegen Korruption geführt, doch sei das Problem damit noch bei weitem nicht gelöst, bemerkte der Grünen-Justizsprecher. In einem von ihm eingebrachten Entschließungsantrag verlangen die Grünen zusätzlich eine Reform des Strafgesetzbuches, wodurch unter anderem illegale Parteienfinanzierung als Straftat festgeschrieben wird. Die Prüfkompetenz des Rechnungshofes solle außerdem auf Unternehmen mit bereits 25% öffentlicher Beteiligung ausgeweitet werden, so Steinhauser in seiner Ausführung des Antrags.

Bei der Abstimmung blieben allerdings sowohl der Antrag des Team Stronach zur Politikerhaftung als auch der Grünen-Antrag auf StGB-Reform in der Minderheit. (Fortsetzung Nationalrat) red